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Untersuchung pferdehaltender Betriebe in Niedersachsen

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem Institut für Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde)

der Tierärztlichen Hochschule Hannover

____________________________________________________________________

Untersuchung pferdehaltender Betriebe in Niedersachsen Bewertung unter dem Aspekt der Tiergerechtheit, bei Trennung in

verschiedene Nutzungsgruppen und Beachtung haltungsbedingter Schäden

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines

Doktors der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Olaf Carsten Korries

aus Hindorf

Hannover 2003

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. med. vet. H. Hackbarth

Dr. rer. nat. Willa Bohnet

1. Gutachter: Univ. Prof. Dr. med. vet. Hansjoachim Hackbarth 2. Gutachter: Univ. Prof. Dr. Dr. h. c. Eckehard Deegen.

Tag der mündlichen Prüfung: 26. November 2003

(3)

„Ethik ist nicht nur ein Verhalten zum Nebenmenschen im Hinblick auf die Ermöglichung einer möglichst geordneten und glücklichen menschlichen Gesellschaft, sondern ein aus innerer Nötigung kommendes Erleben der

Verantwortung gegen alles Lebendige.“

Albert Schweitzer

(4)

Für Reinhold Denker

† 27.6.1997

(5)

Inhalt Seite

1. Einleitung 9

2. Literatur

2.1 Pferdehaltung in Niedersachsen 11

2.2 Gesetzliche Vorgaben 17

2.3 Das Verhalten des Pferdes 19

2.4 Nutzung von Pferden 25

2.5 Ansprüche an die Haltung von Pferden 28

2.6 Ansprüche an die Pferdefütterung 33

2.7 Überblick über haltungsbedingte Schäden der Pferdegesundheit 36

2.8 Ansprüche an die Pferdebetreuung 51

3. Eigene Untersuchungen

3.1 Beschreibung des Testverfahrens 51

3.2 Auswahl der Betriebe in Niedersachsen 52 3.3.1 Vorgehensweise bei der Datenerhebung 55 Statistisches Titelblatt als Musterbeispiel 58

3.3.2 Erfassen der Daten 59

Checkliste als Mustercheckliste 60

3.3.3 Bewertung des Betriebes 63

3.3.4 Items (Bewertungspunkte) des Bewertungsbogens 64 Bewertungsbogen als Musterbewertung 69

3.4. Allgemeine Testauswertung 79

3.4.1 Summenblatt 79

3.4.2 Profilblatt 80

3.4.3 Gesamtauswertung 81

3.5 Statistik 81

(6)

4. Ergebnisse

4.1 Betriebsgrößen 83

4.2 Ställe/Stalltypen und Haltungssysteme 85

4.3 Nutzungsgruppen 87

4.4 Infrastruktur der Betriebe 89

4.5 Pensionspreis 92

4.6 Qualifikation der Betriebsleiter 95

4.7 Hufschmiedeintervalle 97

4.8 Kontrolle von Zähnen und Gebiss 100

4.9 Impfungen und Wurmkuren 103

4.10 Gesundheitliche Schäden 104

4.11 Punkteergebnisse der Betriebe 109

4.12 Statistischer Vergleich der Nutzungsgruppen 116

4.13 Bewertungspunkte-Kennwerte 120

5. Diskussion 122

6. Zusammenfassung 135

Summary 138

7. Literaturverzeichnis 142

Anhang

Urliste (Rohwerte) 156

Statistische Berechnungen 161

Daten des Autors 166

Danksagung 167

HINWEIS: Die Angaben zu Kosten und Preisen erfolgtem im Jahr 2001 in Deutscher Mark, und sind in dieser Arbeit auf die neue Währung Euro umgerechnet.

(7)

Abbildungsverzeichnis

Abb.Nr. Titel Seite

1 Zuchtstutenbestand 16

2 Evolutionsschritte 20

3 Einflussfaktoren auf die Pferdehaltung 28

4 Aufstallungssysteme 29

5 Gebiet der untersuchten Betriebe 54

6 Statistisches Titelblatt 58

7 Checkliste 60

8 Bewertungsbogen 69

9 Summenblatt 79

10 Profilblatt 80

11 Betriebsgrößen 85

12 Ställe, Stalltypen und Haltungssysteme 87

13 Nutzungsgruppen 89

14 Pensionspreis 92

15 Pensionspreis Zuchtbetriebe 93

16 Pensionspreis Sportpferde 93

17 Pensionspreis Freizeitbetriebe 94

18 Qualifikation der Betriebsleiter 97

19 Hufschmiedintervalle 99

20 Kontrolle von Zähne und Gebiss 102

21 Inzidenzen der gesundheitlichen Schäden 108 22 Relative Häufigkeiten der Neuerkrankungen 108

(8)

Tabellenverzeichnis

Tabelle Nr. Titel Seite

1 Bestandszahlen Pferde 13

2 Gliederung Pferdebestand 14

3 Pferdebestand Jahresbericht 1999 14

4 Daten aus der Vollblutzucht 15

5 Haltungs- und Umgangsbedingte Verhaltensstörungen 46

6 Unerwünschtes Verhalten 49

7 Haltungssysteme 56

8 Reithallen 90

9 Reithallengrößen 90

10 Infrastrukturmerkmale 91

11 Impfungen und Wurmkuren 103

12 Kontingenztabelle Gesamtergebnis 111

13 Punkteergebnisse der Zuchtbetriebe 113

14 Punkteergebnisse der Sportbetriebe 114

15 Punkteergebnisse der Freizeitbetriebe 115

16 Kontingenztabelle Skala A.1 117

17 Kontingenztabelle Skala A.2 117

18 Kontingenztabelle Skala B.1 118

19 Kontingenztabelle Skala B.2 119

20 Bewertungspunkte und Kennwerte 120

21 Kennwerte Hessen 121

(9)

1. Einleitung

Die Haltung von Pferden verschiedener Nutzungsarten und Rassen hat einen Wechsel von der landwirtschaftlichen Pferdehaltung und Züchtung zu einer vermehrten Privat- und Pensionshaltung erfahren. Diese Entwicklung vollzog sich in den letzen nahezu 30 Jahren kontinuierlich. Gleichzeitig stieg auch die Aufmerksamkeit der gesamten Öffentlichkeit, nicht nur der Fachkreise, was sämtliche Aspekte des Tierschutzes in der Gesellschaft betrifft. Die Anzahl der Menschen, die sich mit den Pferden beschäftigen wollen, ohne vorher jemals Kontakt mit Tieren gehabt zu haben, nimmt ständig zu. So ist es nicht verwunderlich, dass die Sensibilisierung für den pferdegerechten Umgang mit den Tieren mehr und mehr in Vergessenheit gerät. Für viele Menschen, die heutzutage mit dem Pferd befasst sind, ist und bleibt es oft ein „unbekanntes Lebewesen“.

Nach § 2 des Tierschutzgesetzes muss, wer ein Tier hält, „sachkundig“ sein und es seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Er darf die Möglichkeiten des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. In den Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten (BME, 1995) wird erwähnt, dass

die Häufigkeit von Erkrankungen und Dauerschäden beim Pferd darauf schließen lässt, dass diesen Bestimmungen nicht immer ausreichend entsprochen wird und auch eine tierschutzgerechte Nutzung vielfach nicht gegeben ist. Allgemein stellt sich die Aufgabe einer in seiner Gesamtheit tiergerechten Pferdehaltung.

Die erhöhte Sensibilisierung der Bevölkerung, öffentliche Auszeichnungen von Musterbetrieben „Pferdehaltung“ durch verschiedene Institutionen und Einrichtungen, immer neue Vorgaben, Erkenntnisse oder Leitlinien sowie die verschiedenen Untersuchungsansätze und Untersuchungen waren Anlass, eine „Bestandsaufnahme“

der gegenwärtigen Pferdehaltung in Niedersachsen vorzunehmen.

(10)

Besonderes Augenmerk soll auf der Trennung nach Sport-, Freizeit- und Zuchtnutzung unter dem Aspekt der haltungsbedingten Gesundheitsschäden liegen.

In der Pferdehaltung in Niedersachsen sind viele verschiedene Haltungssysteme und ökonomische Formen von Pferdehaltungen vorhanden. Man findet dort zum Beispiel einzelne Pferdebesitzer mit nur wenigen Pferden, die ganz privat und in relativ kleinen Stallstrukturen gehalten werden genauso, wie Großbetriebe, die eigene oder auch Pferde von fremden Besitzern betreuen.

Die Vielzahl der vorhandenen Pferde und die Besitzerstruktur führen dazu, dass die Pensionspferdehaltung immer weiter an der ohnehin schon großen Bedeutung gewinnt. Aufgrund der vielen verschiedenen Haltungsformen und Unterstellmöglichkeiten, ist eine tiergerechte Haltung nicht in allen Pferdehaltungen deutlich zu erkennen. Das Interesse an besonders „pferdefreundlichen“

Haltungssystemen nimmt aber besonders auch in der Öffentlichkeit, also nicht nur bei Fachleuten immer mehr zu (z. B., Darstellungen von Musterbetrieben oder diverse Wettbewerbe in der Presse). 90% der Vereinsreiter und 89% der Nicht- Vereinsmitglieder nennen die Art und Weise der Unterbringung ihres Pferdes als wichtigstes Kriterium bei der Beurteilung einer Reitanlage (IPSOS, 2001). Aber selbst für Fachkreise ist die objektive Beurteilung einer Pferdehaltung oft durch subjektive Erfahrungen geprägt. Darum wurden in dieser Arbeit Pferdehaltungen untersucht, die Pferde für ihre Besitzer in Obhut und Pension nehmen. Neben der standardisierten Bewertung der Pferdegerechtheit waren die Beachtung haltungsbedingter Schäden der Gesundheit der Pferde und die sachgerechte Betreuung zur statistischen Erfassung Bestandteil der Untersuchung. Es sollte festgestellt werden, ob die Pensionsbetriebe eine tiergerechte Pferdehaltung anbieten, und ob dies Zusammenhänge mit dem Auftreten von bestimmten Krankheitsbildern hat.

Die Betriebe wurden in drei Gruppen eingeteilt, die sich nach dem Nutzungszweck der Pferde richteten. Die Frage war, ob es bei Zucht-, Sport- und Freizeitpferden Unterschiede in der Haltung und Gesunderhaltung gibt.

(11)

2. Literatur

2.1 Pferdehaltung in Niedersachsen

Zurzeit werden in der Bundesrepublik nach offiziellen Zählungen cirka 652.400 (1999) Pferde gehalten. Seit je her ist bei den deutschen Reitpferdezuchten die des Hannoveraners die größte. Das Zuchtgebiet erstreckt sich auf das Bundesland Niedersachsen. Als wichtigstes Warmblut aus deutscher Zucht reicht die Entstehungsgeschichte dieser Pferderasse bis zur Gründung des Landgestütes Celle im Jahre 1735 zurück. Als Zuchtgrundlage dienten Holsteinische Pferde. Zwölf Holsteiner Hengste wurden vor rund 266 Jahren als erste Beschäler in die Boxen im Landgestüt Celle eingestellt (BADE, 2001). Mit derzeit rund 18.066 (1999) eingetragenen Zuchtstuten und fast 330 (2001) für die hannoversche Zucht anerkannten Hengsten stellt sie die umfangreichste Reitpferdezucht zumindest innerhalb Europas dar. Eine Vielzahl von Pferden anderer Rassen und Herkünfte erhöht die Pferdeanzahl in Niedersachsen auf rund 113.500.

Nicht nur Reitpferde werden hier und heute genutzt, sondern Pferde und Ponies aller Coleur. Die Palette reicht von Minishetties über Westernpferde bis hin zu Hobby- Fahrpferden oder allen anderen Nutzungsrassen.

Es ist bezeichnend, dass das Wappen des heutigen Niedersachsens ein springendes weißes Pferd auf rotem Grund darstellt. Auch die gekreuzten Pferdeköpfe auf den Giebeln niedersächsischer Bauernhäuser sind Zeugnis für die in Niedersachsen seit alters her bestehende Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd (VON STEGLIN, 1983).

Das Pferd war über Jahrhunderte ein Arbeits- und Nutztier. Die Domestikation begann vor cirka 5000 Jahren, davor waren die Pferdeartigen bejagtes Wild. Nach der Mechanisierung des Militärs und der Landwirtschaft in den fünfziger und sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, hat sich die Nutzung vom Arbeitstier in den Bereich der Reiterei zu Sport-, Hobby- und Freizeitzwecken verlagert. Die Angst, Pferde würden irgendwann nur noch in Zoologischen Gärten vorhanden sein, ist inzwischen ausgeräumt, da sich immer mehr Menschen für die Pferdehaltung und

(12)

-nutzung zu privaten Gestaltungszwecken interessieren. Die Pferdehaltung nimmt bundesweit ständig zu, obwohl zum Teil die nötige Erfahrung bei den Pferdehaltern fehlt. Nach einem Tiefstand der Pferdezahlen in den siebziger Jahren (250.000) ist seit dem mit steigenden Pferdezahlen bis zum heutigen Tage aufzuwarten. Nach REICHERT (1990) ritten in den alten Bundesländern bis 1990 über 3 Millionen Menschen häufig oder gelegentlich. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl mittlerweile weiter gewachsen ist. Laut einer Marktanalyse der FN sind 8.740.000 Menschen generell am Thema Pferd und Pferdesport interessiert (IPSOS, 2001).

Diese Zahlen sind nicht nur durch sportliche Gesichtspunkte zu erklären, zumal eine klare Verschiebung von der turniersportlich ambitionierten Reiterei hin zur Freizeitreiterei erkennbar ist. Vielmehr ist es das mit Tieren verknüpfte Naturerlebnis, das dem Freizeitpartner Pferd zu diesem Boom verhilft. Nach Schätzungen von WENDEL et al. (1996) werden maximal 10 % der Pferde im Leistungssport eingesetzt.

In Bezug auf die Betreuung und Zuständigkeit in der Pferdehaltung hat sich durch diese Entwicklungen eine Änderung von der Reiterei und Pferdehaltung in hauptsächlich landwirtschaftlichen Bereichen hin zu Dienstleistungsbetrieben ergeben, die eingestellte Pferde in Pension betreuen.

CAMP hat schon 1983 ermittelt, dass etwa 72 % der Freizeitpferde in Pensionsstallungen gehalten wurden, in Ballungsräumen sogar annähernd 91 %.

REICHERT geht 1990 davon aus, dass etwa 50 % aller Pferde in Pensionsbetrieben gehalten werden. Der Pensionsbetrieb wird sich in Zukunft weiter als neue Alternative zur herkömmlichen Landwirtschaft ausbauen, da immer mehr Menschen mit Pferden umgehen möchten und die Verdienstmöglichkeiten bei anderen landwirtschaftlichen Nutztieren mehr und mehr zurückgehen.

Die Verantwortung für die Pferde wird aufgeteilt zwischen dem Reiter, sprich Besitzer und dem Stallbetreiber, sprich Boxen- und Anlagenvermieter. Dies ist für eine tiergerechte Haltung als Vorgabe nicht unwichtig, da Kompetenzen und Zuständigkeiten bei oft unterschiedlicher Interessenlage betrachtet werden.

Die Komplexität dieser Problematik entsteht aus Gewinnstreben, Versorgung, reiterlichem Ehrgeiz, fachlicher Kompetenz, unterschiedlicher Fürsorgebetrachtung und menschlichem Verständnis.

Anders als bei landwirtschaftlichen Nutztieren ist das Pferd heute hauptsächlich als ein Luxustier zu betrachten, dessen Haltung durch nur wenige gesetzliche Regelungen näher bestimmt wird.

(13)

Das Bundesland Niedersachsen (Bremen) hat 7,82 (0,67) Millionen Einwohner und eine Fläche von 47.612 (404) qkm. Die landwirtschaftliche Fläche beträgt 62,0 % (30,8

%) und Wald 21,0 % (1,9 % in Bremen). Der Pferdebestand beträgt in Niedersachsen etwa 113.500, in Bremen cirka 1.200 Tiere. Die Bundesrepublik Deutschland hat 82,01 Millionen Einwohner und eine Fläche von 357.027 qkm.

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche beträgt 54,1 % und die Waldfläche 29,4 %.

Laut statistischem Bundesamt werden 652.400 Pferde gehalten (Stand 14. März 2000). Die letzte offizielle Zählung fand im Mai 1999 statt, auf Grund eines erneut geänderten Zählverfahrens ist eine realistische Bestandszahl derzeit nicht zu ermitteln, und somit auch kein Vergleich zu den Vorjahren möglich (DEUTSCHE REITERLICHE VEREINIGUNG, 1999). Die Bestände an Pferden werden nur alle zwei Jahre gezählt. Ab 1999 ist die Vergleichbarkeit mit früheren Jahren aus methodischen Gründen eingeschränkt. Im Statistischen Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2000 (BME, 2000) werden die in Tabelle 1 dargestellten Angaben zu den landwirtschaftlichen Bestandszahlen der Pferde gemacht. Laut POTTHOFF (1990) werden nach Angaben von Freizeitforschern 200.000 Pferde zusätzlich gehalten. In der Tabelle 2 ist der Pferdebestand in landwirtschaftlichen Betrieben aufgegliedert nach dem Alter der Pferde im Vergleich der Jahre 1990 bis 1999. Wie sich der Pferdegesamtbestand nach dem Jahresbericht 1999 der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Reitpferde, Ponies, Kaltblüter, schweres Warmblut und Trab- sowie Galopprennpferde aufteilt, ist in den Tabellen 3 und 4 ersichtlich.

Tab.: 1 Bestandszahlen der Pferde aus dem STATISTISCHEN JAHRBUCH 2000 (BME) Früheres Bundesgebiet Deutschland

1935 /38 1.542.000 1990 491.000 1940 1.374.000 1992 531.000 1950 1.570.000 1994 599.000 1960 712.000 1996 652.000 1970 253.000 1999 476.000 1980 382.000 (keine Vergleichbarkeit, s.o.)

(14)

Tab.: 2 Gliederung Pferdebestand (BME, 2000) (Pferde in landwirtschaftlichen Betrieben, je 1000 Stück.)

Pferde Jahr Ponies

(unter

148 cm) Unter 1 Jahr

1 – 3 Jahre

3 – 14 Jahre

14 u.

mehr Jahre

Total Darunter 3j. und

älter.

1990 126 30 58 230 47 491 277 1992 134 35 64 242 55 531 297 1994 156 39 73 265 66 599 331 1996 171 37 77 291 76 652 367 1999 98 19 53 259 47 476 306

Tab.: 3 Pferdebestand Jahresbericht 1999 (DEUTSCHE REITERLICHE VEREINIGUNG)

Reitpferd

Eingetragene Stuten 78.362

Stutbuchaufnahmen 11.149

Privathengste 3.416 Landbeschäler 609 Deckberechtigte Hengste

Insgesamt 4.025 Privathengste 28.497 Landbeschäler 19.343 Bedeckungen

Insgesamt 47.840

Registrierte Fohlen 30.162

Gekörte Hengste 510

Ponies

Eingetragene Stuten 35.223

Stutbuchaufnahmen 4.687

Privathengste 3.703 Landbeschäler 59 Deckberechtigte Hengste

Insgesamt 3.762 Privathengste 15.279 Landbeschäler 610 Bedeckungen

Insgesamt 15.889

Registrierte Fohlen 11.265

Gekörte Hengste 515

Kaltblut

Eingetragene Stuten 4.299

Stutbuchaufnahmen 508

Privathengste 244 Landbeschäler 61 Deckberechtigte Hengste

Insgesamt 305 Bedeckungen Privathengste 1.896

(15)

Landbeschäler 930 Insgesamt 2.826

Registrierte Fohlen 1.395

Gekörte Hengste 43

Schweres Warmblut

Eingetragene Stuten 1.209

Stutbuchaufnahmen 186

Privathengste 31 Landbeschäler 27 Deckberechtigte Hengste

Insgesamt 58 Privathengste 172 Landbeschäler 521 Bedeckungen

Insgesamt 693

Registrierte Fohlen 407

Gekörte Hengste 11

Tab.: 4 Daten aus der Vollblut- und Traberzucht (DT. REITERL. VEREINIGUNG, 1999)

Vollblüter Traber

Anerkannte Hengste 128 303

Eingetragene Stuten 2.511 2.456

Stutenbedeckungen 1.933 2.456

Fohlen 1.371 2.049

Die bundesweite Verteilung der Pferde in Deutschland lässt sich annähernd aufzeigen, wenn man die Anzahl der bei den Zuchtverbänden eingetragenen Zuchtstuten darstellt. Das Bundesland Niedersachsen umfasst die Oldenburger- und Hannoveranerzucht, die auch zahlenmäßig überragende Bedeutung des Landes Niedersachsen wird in Abbildung 1 graphisch dargestellt. (Bemerkung: Trakehner, Araber und Zuchtverband für deutsche Pferde sind Bundeszuchten, dass heißt, die Tiere sind auf das gesamte Bundesgebiet Deutschlands verteilt und für diese Darstellung vernachlässigbar.)

(16)

Abb.: 1 Zuchtstutenbestand in den Reitpferdezuchten (DEUTSCHE REITERLICHE VEREINIGUNG, 1999)

18066 9386

9103 6633

4776 4529 3360 3350 2628 1929 1927 1812 1615 1532 831 484

1909

4492

0 5000 10000 15000 20000

Hannover Oldenburg Westfalen Holstein Baden-Würtemberg Trakehner Bayern Araber Rheinland Hessen Sachsen-Anhalt Berlin-Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Rheinl.-Pfalz-Saar Sachsen ZV f. dt. Pferde Thüringen Shagya-/Anglo-/Arab.

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2.2 Gesetzliche Vorgaben

Für die Tierart Pferd gibt es keine Haltungsverordnung, die genauere Angaben zur Durchführung des Tierschutzgesetzes macht. Zu diesem Zweck sind „Leitlinien zu Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ von einer Sachverständigengruppe im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft formuliert worden (BME, 1995). Die Leitlinien führen aus, welche Anforderungen an eine tierschutzgerechte Haltung von Pferden zu stellen sind. Sie dienen auch den zuständigen Behörden als Anordnungsgrundlage, und im Rechtsfall können sich streitende Parteien darauf beziehen.

Gleichwohl besitzen die Leitlinien nicht dieselbe Rechtsverbindlichkeit wie Haltungsverordnungen.

Als gesetzliche Vorgabe ist das deutsche TIERSCHUTZGESETZ 1998 anzusehen, hier speziell der § 2 „Tierhaltung“.

§ 2 [Tiergerechte Haltung und Betreuung] Wer ein Tier hält, betreut, oder zu betreuen hat,

1. muss das Tier, seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend, angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,

2. darf die Möglichkeiten des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, 3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte

Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

Nach der letzten Änderung des Tierschutzgesetzes vom 25. Mai 1998 wird im zweiten Abschnitt „Tierhaltung“ unter § 2, Abs. 3 die Sachkunde des Tierbetreuers gefordert.

An sich ist dies eine Selbstverständlichkeit, da sich aber heute viele „Neueinsteiger“

dem Pferd, der Pferdehaltung und dem Reitsport zuwenden, sind diese Voraussetzungen leider nicht immer gegeben. Die Forderung nach dieser Sachkunde ist jetzt im Tierschutzgesetz verankert. Sollten im Einzelfall Defizite bei den Kenntnissen und Fähigkeiten des Tierhalters vorliegen, hat die zuständige Behörde nunmehr im Tierschutzgesetz einen konkreten Bezugspunkt, um – gestützt auf § 16a des Tierschutzgesetzes – die notwendigen Maßnahmen zur Behebung diese Defizite

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anzuordnen. So wird das Bundesministerium beispielsweise ermächtigt, Vorschriften zu erlassen über Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten von Personen, die Tiere halten, betreuen oder zu betreuen haben und an den Nachweis dieser Kenntnisse und Fähigkeiten bei Personen, die gewerbsmäßig einer derartigen Tätigkeit nachgehen (BAUMGARTNER, 1998). Diese gibt es aber bisher für Pferde nicht. Neben den oben erwähnten Leitlinien gibt es noch weitere Empfehlungen und Vorgaben, die gutachterlich Rechtsgültigkeit besitzen. Hier sollen beispielhaft die

„ECKDATEN ZUR BEURTEILUNG VON PFERDEHALTUNGEN UNTER GESUNDHEITLICHEN ASPEKTEN“ des Pferdegesundheitsdienstes der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe aus dem Jahre 1998 Erwähnung finden.

Neben Vorgaben zur Unfallverhütung im Stallbau, sind Bedingungen der Gruppenhaltung und des freien Auslaufes erfasst. Pflege und Fütterungsmaßnahmen finden in den aus den Gesetzen folgenden Schriften ebenso Beurteilungskriterien, wie Grenzwerte für das Stallklima und Richtmaße für die Größen und Abmessungen der Haltungssysteme.

Erkannt werden kann die geringe Bedeutung der Pferdehaltung im deutschen Recht auch daran, dass Verstöße gegen das Tierschutzgesetz nur 1% aller Klagen zur Pferdehaltung in den Jahren 1980-1998 ausmachten (EDER, 1999).

Rechtsvorschriften, die im Rahmen des Europarates und des Rates der Europäischen Gemeinschaft verabschiedet wurden, betreffen die Pferdehaltung nur sehr allgemein und tragen nicht zur Festlegung von tiergerechten Bedingungen in der praktischen Umsetzung der Pferdehaltung bei (BERNHART, 1990). In Deutschland setzt sich die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz dafür ein, als Vertreter der tierärztlichen Berufsgruppe Diskussionen über Tierschutz sachlich zu führen, um wissenschaftlichen Erkenntnissen in Anforderungen und Ansprüchen in Tierschutzfragen gerecht zu werden (KALINKE, 2001).

(19)

2.3 Das Verhalten des Pferdes

Jede Tierart wurde im Laufe der Evolution durch natürliche Auslese an ganz bestimmte Lebensräume angepasst. Unter diesen Aspekten entwickelte sich die Tierart Pferd wohl in Baum-, Savannen- und Tundrengebieten, also in halboffenen, nicht großflächig mit Wald bewachsenen Landschaften (ZEEB et al., 1995).

Artangehörige weideten in Herden und wanderten in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen, je nach Futterangebot. Natürliche Feinde waren Beutegreifer wie Großkatzen oder Wölfe. Die jahreszeitlichen Wanderungen und die Notwendigkeit, mit großer Geschwindigkeit vor den Feinden fliehen zu können, ließen ein hochspezialisiertes Lauf- und Fluchttier entstehen. Atmung und Kreislauf sind an diese Anforderungen angepasst. Ebenso hat das Pferd hochsensible Sinnesorgane für Hören, Sehen und Riechen. Wie in Abbildung 2 dargestellt, entwickelte sich die Anatomie so, dass die Körpergröße zunahm und das heutige Pferd nur noch auf der Spitze der mittleren Zehe fußt. Auch der Kauapparat ist spezifisch an die pflanzliche Nahrung angepasst worden.

Außerdem stiegen die Chancen im Sinne der Erhaltung der Art, wenn zwischen den Herdengenossen ein guter sozialer Kontakt gegeben war. Dies wird durch ein sehr differenziertes Sozialverhalten erreicht.

Das Pferd ist also ein hochspezialisiertes, laufausdauerndes, herdenlebendes Fluchttier, das sich als Einzeltier, getrennt von Artgenossen, nicht wohl fühlt (ZEEB et al., 1995).

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Abb.: 2 Evolutionsschritte des Pferdes (BUURMANN-PAUL und PAUL,1991)

Im Zuge der allgemeinen Sensibilisierung der öffentlichen Meinung gegenüber Wechselwirkungen zwischen modernen Haltungssystemen und den artspezifischen Verhaltenansprüchen von Tieren findet das normale Verhalten des Pferdes zunehmend Interesse unter Pferdehaltern (LEBELT, 1998). Die Kenntnisse über das Normalverhalten des Pferdes sind Voraussetzung für eine tiergerechte Haltung von Pferden und die Beurteilung derselben. Das Verhalten eines Pferdes resultiert aus seinen natürlichen Instinkten und seinen gesammelten Erfahrungen, wobei natürlich auch die charakterliche Veranlagung eine Rolle spielt. Aufgabe des Menschen ist es deshalb, sich das Wissen um die Kommunikationsweise und Psyche des Pferdes anzueignen, um sich ihm dann mit verständlichen Gesten ausdrücken zu können.

Auch begünstigen eine nicht tiergerechte Haltung, unerkannte Schmerzen oder Neben jeder

Rekonstruktion ist das Skelett des jeweiligen Vorder- und Hinterbeines zu sehen, sowie die Aufsicht und seitliche Ansicht eines

Backenzahnes.

Von oben nach unten:

Equus (heutiges Pferd

)

, Pliohippus,

Merychippus, Mesohippus, Eohippus.

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unpassende Ausrüstung das Entstehen von Verhaltensauffälligkeiten, die sich also letztlich immer auf den Menschen zurückführen lassen (UHLENBROCK, 2002).

Ethogramm und Funktionskreise

Ein Ethogramm ist eine systematische Zusammenstellung aller Verhaltensweisen einer Tierart. Es wird auch als Verhaltensinventar bezeichnet.

Es ist in der Ethologie üblich, das Gesamtverhalten in verschiedene „Funktionskreise“

zu unterteilen (LEBELT, 1998):

- Nahrungsaufnahmeverhalten (Futter und Wasser) - Ausscheidungsverhalten (Kot- und Harnabsatz) - Fortbewegungsverhalten

- Sozialverhalten (Verhalten in der Gruppe) - Erkundungs- und Feindvermeidungsverhalten - Mutter - Kind – Verhalten

- Fortpflanzungsverhalten

- Komfortverhalten (Körperpflege)

- Ausruhverhalten - Spielverhalten

Vergleicht man die täglichen Zeitabschnitte von frei lebenden Pferden in der französischen Camarque mit denen von Tieren in den häufigsten Stallhaltungsformen, wird deutlich, wie sich der Zeitbedarf für die Nahrungsaufnahme verändert.

Fortbewegung- und Nahrungsaufnahmeverhalten weichen weit vom natürlichen Verhalten ab. Freilebende Camarquepferde fressen 60 % des Tages, während bei Boxenhaltung auf Späne nur noch 16 % der Zeit für das Fressen genutzt werden können. Der Anteil der reinen Stehzeit erhöht sich von 20 % bei frei lebenden Pferden auf 68 % bei rationierter Rauhfutterfütterung und Boxenhaltung (KINLEY- WORTHINGTON, 1990). Hier besteht auch bei der Gruppenhaltung unter den Bedingungen der Auslaufhaltung keinen Unterschied. Auch bei diesem Haltungssystem mit der Möglichkeit für die Pferde, sich mehr zu bewegen, entspricht die prozentuale Verteilung der Verhaltenselemente Fressen und Dösen (Stehen) eher der von Pferden in Boxenhaltung (RISCHBIETER, 2001). Im Hinblick auf die

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Nahrungsaufnahme kann man zusammenfassend und kurz folgende Grundlagen im Pferdeverhalten als wichtige Punkte für Haltungsanforderungen formulieren: Das Pferd ist ein typischer Pflanzenfresser, der auf Grund seiner Anatomie darauf eingerichtet ist, große Mengen ballaststoffreichen, aber energiearmen Futters aufzunehmen. Bei langsamer Bewegung nimmt es dabei kleine Portionen pflanzlichen Materials auf.

Das Ausscheidungsverhalten dient durch den Kot- und Harnabsatz neben der Abgabe von Stoffwechselprodukten der intraspezifischen Kommunikation. Man kann bei Pferden, die auf der Weide gehalten werden, ein Markierverhalten beobachten.

Dabei werden bestimmte Gebietsbereiche nicht zum Fressen genutzt, sondern dienen der Defäkation. Nicht nur deshalb ist ein ausreichend großer Auslauf oder ein Weideterritorium nötig.

Unsere heutigen Pferde sind immer noch Steppentiere und sie verhalten sich auch immer noch so, trotz aller züchterischen und genetischen Fortschritte (HEUSCHMANN, 2002). Unter natürlichen Bedingungen ist Fressen gleichzeitig ständige Fortbewegung im langsamen Schritt. Unnatürliche Haltungsbedingungen führen zu drastischen Veränderungen. Die Befriedigung des Bewegungsbedarfes wird durch die Stallhaltung eingeschränkt. In der Natur bewegen sich Pferde bis zu 16 Stunden überwiegend im langsamen Schritt grasend vorwärts. Pferde haben demnach ein täglich vielstündiges Bewegungsbedürfnis und dies vor allem im Schritt. Durch diese ständige, ruhige Bewegung wird der Organismus permanent trainiert und gleichmäßig in physiologischen Bereichen gehalten. Je weiter die Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt werden, und je mehr die Futtermenge rationiert wird, desto weniger Zeit wird auch für die Nahrungsaufnahme verwendet, was zum verhaltensuntypischen, vermehrtem „Stehen“ führt. WACKENHUT ermittelte 1994 eine durchschnittliche Arbeit an der Hand oder unter dem Sattel bei Hochleistungspferden von cirka 2 Stunden täglich. RODEWALD (1989) fand eine reiterliche Arbeit von etwa 40 Minuten bei Freizeitpferden pro Tag heraus. Außerdem ist hier eine überwiegend schnelle Fortbewegung gefordert, während unter natürlichen Begebenheiten der langsame Schritt den Großteil der Bewegung ausmacht.

Auch das Sozialverhalten hat sich in Millionen von Jahren entwickelt. Das Pferd ist ein Herdentier. Sein natürliches Leben spielt sich im festgefügten Verband ab, was ein ausgeprägtes Sozialverhalten beinhaltet. Innerhalb einer natürlichen Herde bilden sich unter der Führung älterer, erfahrener Stuten kleinere Gruppen von fünf bis maximal

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dreißig Tieren. Im gesamten Herdenverband ist nur ein älterer Hengst vorhanden, der außer Jungtieren keine weiteren männlichen Tiere duldet. Auf weiten Weideflächen lässt sich auch die hierarchische Struktur in Form einer Rangordnung innerhalb der Herde erkennen (KOLB, 1984). Bedingung für diese Sozialkontakte ist eine intraspezifische Kommunikation, die über Gesten, Lautäußerungen und chemische Botenstoffe (Pheromone) ermöglicht wird (MILLS und NANKERVIS, 1999). Die Einzelhaltung steht dazu im krassen Gegensatz. Ein Mindestmaß an Kontakt zu Artgenossen muss auch unter heutigen Haltungsbedingungen befriedigt werden.

Pferde brauchen Sozialkontakt und Rangzuweisungen, um sich sicher, beschützt und

„wohl“ zu fühlen (ZEEB, 1993). Das Sozialverhalten in Sinne einer sozialen Organisation beinhaltet dabei die Rangordnung, individuelle Bindungsverhältnisse und Individualdistanzen.

Ethologisch werden das Erkundungsverhalten und die Feindvermeidung zu einem Funktionskreis zusammengefasst. Das Pferd als pflanzenfressendes Steppentier ist ein Fluchttier, was seine evolutionäre Spezialisierung zum Lauftier bedingt hat. Nur in Ausnahmesituationen geht ein Pferd zu Angriffen über (LEBELT, 1998). Nur wenn es seine Umgebung beobachten und einschätzen kann, fühlt es sich sicher. Es ist daher ständig bereit, Umweltreize aufzunehmen.

Das Mutter-Kind-Verhalten ist die grundlegende Basis für die Verhaltensontogenese eines Pferdes. Unter natürlichen Begebenheiten bleibt ein Fohlen von der Geburt an bis zum nächsten Fohlen (nahezu ein volles Jahr) bei immer größer werdender Selbstständigkeit bei seiner Mutterstute. Wichtig ist hier auch der soziale Kontakt zu anderen Herdenmitgliedern, was für das soziale Gefüge im Herdenverband eine wichtige Rolle spielt. Fohlen lernen so in natürlicher Umgebung das soziale Verhalten als Herdentier mit einer hierarchischen Rangfolge. Heute stellt das abrupte Absetzen im Alter von cirka sechs Monaten eine erhebliche Belastung für Fohlen und Stute dar.

Das Fohlen hat meistens noch nicht genügend andere Artgenossen als Sozialpartner gefunden. Ein solches einschneidendes negatives Erlebnis, wie das übliche abrupte Absetzen wird als „Initialtrauma“ bezeichnet, welches mit dem Auftreten von Verhaltensstörungen in Zusammenhang gebracht wird (ZEITLER-FEICHT, 2001a).

Das natürliche Fortpflanzungsverhalten ist bei heutigen modernen Zuchtmethoden per se nicht mehr vorhanden. Das Zusammenleben im Herdenverband erzeugt eine Vertrautheit der Tiere untereinander. Daneben ist für die natürliche Paarung ein mehrstündiges Vorspiel Voraussetzung, wobei ausreichend Raum und Zeit für den

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Signalaustausch benötigt werden. Das komplexe Paarungsverhalten des Pferdes wird unter modernen Haltungs- und Zuchtbedingungen auf den nur wenige Minuten dauernden Deckakt oder die künstliche Besamung beschränkt, was Probleme beim Sexualverhalten und der Fruchtbarkeit bedingen kann, da die Nichtbeachtung essentieller Verhaltensmuster zu übersteigerter Aggressivität bei Hengsten oder massivem Abwehrverhalten der Stute trotz Hochrosse führen kann.

Als Komfortverhalten betrachtet man in der Ethologie alle Verhaltensweisen, die der Körperpflege dienen. Beim Pferd sind dies alle Verhaltensweisen wie Wälzen, Sonnenbaden, Strecken, Scheuern, gegenseitige Fellpflege oder Hautmuskelzuckungen z. B. zur Insektenabwehr.

Das Schlafverhalten des Pferdes ist wenig ausgeprägt, denn Pferde sind klassische Fluchttiere, deren ständige Bereitschaft zur schnellen Bewegung bestens in ihrer Anatomie konstruiert ist. Dazu können sie durch den Bau ihres aktiven und passiven Bewegungsapparates ermüdungsfrei Stehen und Dösen. Das Ruheverhalten ist in mehrere Phasen über den Tagesablauf verteilt, dessen einzelne Abschnitte etwa zwanzig Minuten lang sind, und täglich dann fünf bis neun Stunden betragen.

Unterschiedliche Schlafphasen wechseln sich bei Pferden im Tagesrhythmus ständig ab, im Allgemeinen dösen Pferde im Stehen (ZEITLER-FEICHT, 2001a). Um richtig zu schlafen müssen Pferde sich niederlegen. Dabei lassen sich zwei Schlafphasen unterschiedlicher Ruheintensität unterscheiden. Die Regeneration des Körpers findet während des Non-Rem-Schlafes statt. Der Tiefschlaf (REM – rapid – eye – movement- Schlaf), der für das psychische Wohlbefinden von Bedeutung ist, macht nur cirka 45 Minuten pro Tag aus.

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2.4 Nutzung von Pferden

Seit Anbeginn der Domestikation des Pferdes durch den Menschen war es je nach zeitlicher Epoche zu landwirtschaftlichen und militärischen Zwecken oder als Transport- und Lasttier eingesetzt worden. Man kann die Nutzung von Pferden heute in Anlehnung an das Handbuch Pferd (THEIN, 2000) und nach allgemeiner, weitverbreiteter landläufiger Meinung in die drei große Bereiche Zucht, Sport und Freizeit einteilen.

Zuchtpferde

Züchterische Planung in der Pferdezucht begann mit der Gründung von staatlichen Gestüten (z. B. in Trakehnen 1723), um Pferde für Landwirtschaft und Militär bereitstellen zu können. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen die Züchter der bisher rein staatlichen Initiative durch die Bildung von Vereinen auf regionaler Basis entgegen, aus denen später die Zuchtverbände entstanden (HARING, 2000).

Die landwirtschaftliche Betriebsrichtung „Pferdezucht“ wird heute mehr und mehr durch private, interessierte Pferdefreunde abgelöst, da sich die finanzielle Lage derart verschoben hat, dass dreijährige Reitpferde oftmals billiger zu erwerben sind, als die Kosten für die eigene Zucht und Aufzucht verursachen.

Die Zucht und Aufzucht von Pferden wird dadurch oft auch in Pensionsbetrieben für den Besitzer möglich gemacht. Zuchtpferde machen etwa 25 % der Pferdepopulation aus. Eine Jungpferdeaufzucht auf Weiden im Kehdinger Land bei Cuxhaven an der Nordsee erfolgt ebenso als Pensionshaltung, wie beispielsweise eine ganzjährige Zuchtstutenunterbringung mit der zusätzlichen Dienstleistung der Besamungsarbeiten und einer Abfohlüberwachung. Als Zucht und Aufzuchtpferde gelten Zuchtstuten, Deckhengste, Fohlen, Jährlinge und Zweijährige, die keiner reiterlichen Nutzung zugänglich sind. Bei der Haltung ist besonders auf Herdenmanagement und Weideauslauf, sowie die Haltung in Gruppen zu achten, um natürliche Verhaltensentwicklungen des einzelnen Pferdes möglich zu machen. Nach der ARBEITSGEMEINSCHAFT „ARTGEMÄßE PFERDEHALTUNG“ (1995) machen die Zuchtpferde etwa 25% der gesamten Pferdepopulation aus.

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Freizeitpferde

Bei dieser Bezeichnung muss man in der Erläuterung etwas weiter ausholen, denn was bedeutet Freizeit- oder Breitensport im Rahmen des Reitsports? Nach der Terminologie des Deutschen Sportbundes (DSB) versteht man unter Freizeitsport einen von jedem Wettbewerbs- und Wettkampfdenken losgelösten Sport. Nach der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) ist der Freizeit- bzw. Breitensport der Normalzustand der gesamten pferdesportlichen Szene und wird daher als

„Allgemeiner Reit– und Fahrsport“ bezeichnet. Der Turniersport ist bei dieser Definition der Ausnahmezustand. Das mag überraschen, ist aber zahlenmäßig zu belegen : Von 645.000 Mitgliedern in den deutschen Reitvereinen sind allein 560.000 dem Freizeitreiten (Breitensport) zuzurechnen, denn nur eine kleine Minderheit von gut 80.000 Reitern besitzt überhaupt einen Reitausweis, der zu Starts auf Turnieren berechtigt.

Um einen Reitausweis zu erhalten, muss man Mitglied in einem eingetragenen Reitverein sein, der der FN angeschlossen ist. Wer außerhalb dieser Vereine reitet, startet nicht auf Turnieren und ist immer Breitensportler, sprich Freizeitreiter.

Nach Schätzungen sind dies 300.000 oder mehr. Summiert mit den 560.000 in Reitvereinen organisierten Freizeitreitern ergibt sich also eine Summe von 860.000 Menschen, die ihre Pferde ausschließlich „freizeitmäßig“ nutzen (WAGNER, 1995).

Es gibt kein spezifisches Freizeitpferd. Da ja jede Pferderasse und jeder Schlag ganz spezifische Besonderheiten, die ihn für verschiedene Sportzwecke oder auch für Haltungsformen besonders geeignet erscheinen lassen, besitzt. Man muss für die Einteilung in die Gruppe der Freizeitpferde also eine Grenze bei der reiterlichen Nutzung ziehen. „Gebrauchspferde mit weniger als einer Stunde reiner Arbeit pro Tag“

werden von der AG „ARTGEMÄßE PFERDEHALTUNG“ (1995) von Pferden im Leistungssport (Nutzung über eine Stunde pro Tag) abgetrennt. Dies erscheint keine sinnvolle Einteilung zu sein, da gerade eine Freizeitgestaltung mit Pferden viel mehr Pflege und soziale Aspekte des Umgangs mit dem Pferd hervorruft. Die Zeit der Beschäftigung mit dem Tier ist oftmals wesentlich länger, als die reine Arbeit. Dies erscheint ein nicht unwichtiger Aspekt bei der Einteilung in Nutzungsgruppen. Bei

„Freizeitpferden“ mag gleichwohl die körperliche Belastung der Tiere aber trotzdem im Vergleich mit „Sportpferden“ geringer sein, da hier der Wettkampfgedanke nicht im Vordergrund der Nutzung steht.

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Sportpferde

Besonders im heutigen modernen Hochleistungssport wird den Pferden und Reitern viel abverlangt (BLÜECHEL, 1981). Der Springsport ist wohl der spektakulärste und deshalb publikumswirksamste Teil des Reitsports. Aber auch in Dressur, Military, Fahrsport, Distanz- und Westernreiten werden an die Pferde hohe Ansprüche im Hinblick auf die Belastbarkeit und das Training gestellt. Hohe Geldsummen und Kosten haben zu einer starken (auch werbeträchtigen) Kommerzialisierung des Reitsportes geführt, was sich neben modernen Trainingsmethoden, Transportmitteln und Veranstaltungen auch in den immer höheren Marktpreisen für erfolgreiche Sportpferde zeigt. Ob das Pferd nur noch modernes Sportgerät ist, oder durch sachgerechte Haltung und tiergerechten Umgang weiterhin als Lebewesen betrachtet wird, hängt im Wesentlichen vom Halter ab. Trotzdem scheint es angebracht, Turnierpferde in eine abgesetzte Nutzungsgruppe einzuteilen. Ihre Nutzung unterscheidet sich durch die oben genannten Faktoren doch stark von Freizeitpferden.

Durch den sportlichen Grundgedanken bei diesen Pferden kommt es zu sowohl terminlichem als auch leistungsabhängigem Erfolgsdruck. Was eine vermehrte körperliche und psychische Belastung der Tiere nach sich zieht. Dies muss durch die reiterliche und halterische Fürsorge für das Lebewesen Pferd ausgeglichen werden.

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2.5 Ansprüche an die Haltung von Pferden

Die tiergerechte Pferdehaltung muss die physiologischen und psychologischen Bedürfnisse des Pferdes als Ausgangsbasis haben. Das allgemeine Wohlbefinden der Tiere hängt im großen Maße von der Stall– und Auslaufgestaltung ab, wobei bei der Pferdehaltung der Kontakt zum Menschen eine größere Rolle als bei anderen Nutztieren spielt (RICHTER, 1992).

Neben den Belangen des Tieres sind die Belange des Halters maßgebend (GOLD, 1977). Hier sind eine möglichst preisgünstige Unterbringung (Stallbau) und die Arbeitswirtschaftlichkeit gemeint, um laufende Kosten in einer angemessenen Höhe zu halten.

Die Einflussfaktoren auf die „artgerechte“ Pferdehaltung sind in Abbildung 3 dargestellt, Abbildung 4 zeigt eine Aufteilung von Aufstallungssystemen (SCHÄEFER, 1991).

Abb.: 3 Einflussfaktoren auf die Pferdehaltung

Naturbedingte Ansprüche

Haltungsbedingte Restriktionen

Bewegung Frische Luft Licht Sozialer

Kontakt

„Artgerechte“ Pferdehaltung

Haltungs- kosten

Raumangebot Investitionen

für Bau und Technik Arbeit

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Abb.: 4 Aufstallungssysteme

Die Haltung von Pferden in einem geschlossenen Stallsystem (Warmstall) resultiert aus der Vergangenheit, wo Pferde als Arbeits- und Nutztiere zu landwirtschaftlichen und militärischen Zwecken gehalten wurden. Eine hohe Arbeitsintensität der Tiere und ihre umfassende Nutzung formten diese Haltungssysteme. Die Pferde verbrachten nur wenig Zeit in den Ställen. Der Anbindestall war das traditionelle geschlossene Haltungssystem, das seit früher historischer Zeit verbreitet war. Pferde wurden in Reihen nebeneinander zur Fütterung und nach der Arbeit zur Nachtruhe angebunden.

Die Fläche je Tier war cirka vier Quadratmeter groß und durch Stangen oder Trennwände seitlich abgegrenzt. Heute wird die Arbeitszeit der Tiere in der Regel auf vergleichsweise kurze Reprisen verkürzt, weil mehr der Trainingsgedanke, respektive das Freizeitvergnügen der Reiter die Nutzungszeit bestimmen. Damit ist der Aufenthalt im Haltungssystem wesentlich länger pro Zeiteinheit und muss den tiergerechten Ansprüchen nach Bewegung auf andere Weise gerecht werden. Eine Anbindehaltung, bei der das Pferd in seiner Bewegung sehr stark eingeschränkt ist, ist heute nicht mehr akzeptabel. Die Einzelbox ist ebenfalls ein geschlossenes Stallsystem, aber im Unterschied zur Anbindehaltung in Ständern ist das Pferd nicht angebunden und hat etwas mehr Bewegungsfreiheit auf einer umschlossenen Rechteckfläche von etwa zehn bis elf Quadratmetern. Aber auch die Einzelboxenhaltung ohne Kontakt zu Artgenossen und der Außenwelt beinhaltet erhebliche Bedürfnismängel im Hinblick auf das Sozial- und Erkundungsverhalten. Bei mehreren Tieren in einer größeren Haltungseinheit spricht man von Gruppenhaltung, sei es als Laufstall in einem geschlossenen System, oder als Offenstall, das heißt, mit Zugang zu einem Auslauf ins Freie. Es müssen jeweils großräumige Verhältnisse vorhanden sein, eventuell auch baulich getrennte Funktionsbereiche für Liege- und

Anbinde- stand

Stallsystem Einzeltier

Offener Stall mit Auslauf Einzel-

box Laufstall

Gruppe

Geschlossener Stall (Warmstall)

Sammel- box

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Fressverhalten. Außerdem muss eine Pferdegruppe hier auch untereinander harmonieren.

Bei der Aufstallungsart wird auch laut den Leitlinien (BME, 1998) grundsätzlich in Gruppenhaltung und Einzelaufstallung, sowie Ställe mit oder ohne angeschlossene Auslaufmöglichkeit unterschieden. Bei der Gruppenhaltung werden wie erwähnt, mehrer Tiere in einem Haltungssystem gemeinsam gehalten. Es müssen baulich getrennte Bereiche geschaffen sein, um dem einzelnen Pferd eine ungestörte Futteraufnahme und Ruhemöglichkeit zu bieten, da sonst rangniedere Tiere von anderen Gruppenmitgliedern abgedrängt werden. Die Größe des Haltungssystems muss in den Flächenmindestmaßen der Pferdezahl entsprechen. Bei der Einzelhaltung wird jeweils ein Tier in einem Haltungssystem allein untergebracht.

Hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeiten und des Kontaktes zu Artgenossen muss baulich die Größe und der Sicht-, Hör- und Geruchskontakt möglich sein. Für die einzelnen Stallsysteme sind weitere Mindestforderungen an die Flächen (und Höhen) pro Pferd in Beziehung zur Widerristhöhe formuliert. Dies ist das anatomische Maß vom Erdboden zum Anfangsteil der Rückenlinie des Tieres. Zum Beispiel soll bei der Haltung eines Pferdes in einer Einzelbox die Fläche eine Größe von der doppelten Widerristhöhe zum Quadrat nicht unterschreiten. Die Höhe der Decke muss mindestens das Anderthalbfache der Widerristhöhe betragen. Zur Bemessung der Liegeflächen bei der Haltung in Gruppen variiert das Mindestflächenmaß pro Pferd je nach Aufbau und Ausstattung des Haltungssystems von der zwei- bis dreifachen Widerristhöhe zum Quadrat.

Bei einem reinen Sauerstoffverbrauch im Zustand körperlicher Inaktivität braucht ein 500 kg Pferd 75 Liter Sauerstoff pro Minute (KRZYWANEK, 1999), laut GOLD (1977) stündlich 91 Kubikmeter Atemluft, das heißt, Licht, Luft und Reinlichkeit im Stall fördern die Pferdegesundheit und damit jede Art von Leistung (GOLD, 1977).

Also ist der Anspruch an die Qualität der Luft im Stall schon seit längerer Zeit bekannt.

Die Atemluft muss hygienischen Anforderungen in dem Masse genügen, dass sie für die Pferdegesundheit, besonders die der Atmungsorgane unbedenklich ist. In geschlossenen Stallungen sind optimale Bedingungen, die den Außenklimareizen entsprechen, nicht zu erreichen (BENDER, 1999). So konnten zum Beispiel bei einer Konzentration von 20 ppm Ammoniak in der Stallluft Beeinflussungen des Zellstoffwechsels der Respirationsschleimhaut nachgewiesen werden (TESCHNER, 1998).

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Bei der Stallhaltung von Pferden sollen folgende Anforderungen erfüllt werden:

Luftfeuchte 60 –80 %

Luftströmungsgeschwindigkeit im Tierbereich mindestens 0,1 m/s Kohlendioxidgehalt der Luft als Schadgasindikator unter 0,1 Vol.%

Ammoniakgehalt der Luft unter 10 ppm

Schwefelwasserstoff 0 ppm

Licht / Fensterfläche 5% der Stallfläche

Es muss also für eine ständige Luftbewegung und Lüftung gesorgt werden, wobei keinerlei Probleme mit den daraus oft befürchteten Temperaturschwankungen zu erwarten sind. Pferde sind nicht in dem Maße temperaturempfindlich, wie es oft vermutet wird, und können große Schwankungen der Temperatur vertragen.

Dies zeigt sich auch bei der Auslaufhaltung im Freien, welche den Tieren so oft wie möglich zu gewähren ist. Sie ist zum einen ein Ausgleich für den Aktivitätsverlust bei allen Stallhaltungssystemen, dient aber auch Sozialkontakten, wenn sie in Gruppen erfolgt. Für Pferde, die täglich mehrere Stunden im Einsatz sind, sei es als Schul-, Arbeits- oder Sportpferde kommt auch unter dem Bewegungsaspekt die Einzelaufstallung in Frage. Pferde, die nur unregelmäßig unter dem Sattel bewegt werden, brauchen auf jeden Fall täglichen Ausgleich, entweder indem die Einzelhaltung (Boxen) durch Paddocks oder Weiden ergänzt wird, oder durch eine Gruppenauslaufhaltung. Bei der Einzelhaltung von Reitpferden muss der Mensch die Rolle des Sozialpartners bei der Körperpflege durch tägliches Putzen übernehmen, auch wenn dies nur einen minimalen Ersatz des natürlichen Verhaltens darstellen kann. Zuchtbetriebe müssen zusätzlich ausreichend große Weideflächen zur Verfügung haben. Die Aufzucht junger Pferde muss in Gruppen erfolgen, damit pferdegemäßes Verhalten durch spielerische Rangordnungskämpfe geübt werden kann. Außerdem ist für die Ausbildung eines gesunden und leistungsfähigen Bewegungsapparates und Herz-Kreislaufsystems regelmäßige Bewegung auf großen Flächen unverzichtbar (auch im Winter). Bei der ganzjährigen Haltung von Pferden im Freien benötigen die Tiere in den Wintermonaten in unseren Breiten einen Witterungsschutz in Form einer einfachen Schutzhütte (VERWALTUNGSGERICHT GOETTINGEN, 2001).

Für fohlenführende Stuten ist die gemeinsame Haltung im Laufstall weit verbreitet und sinnvoll. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Tiere zur individuellen

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Fütterung und für Pflegemaßnahmen angebunden werden müssen. Dies muss hinsichtlich des Arbeitszeitbedarfes beachtet werden. Unter diesem Gesichtspunkt bietet die Haltung in großen Einzelboxen einige Vorteile. So wird die Gewöhnung des Fohlens an den Menschen und dadurch die Durchführung von Kontroll- und Pflegemaßnahmen erleichtert und das Verletzungsrisiko verringert. Natürlich gilt auch hier, dass mehrere Stuten mit ihren Fohlen regelmäßigen gemeinsamen Auslauf benötigen.

Wesentlich für das Wohlbefinden der Pferde ist nicht das Haltungssystem an sich, sondern es sind auch die Rahmenbedingungen im jeweiligen Betrieb. Insbesondere die Zuwendung und Qualifikation der Betreuer / Halter, die Sicherstellung ausreichender Bewegung, gute Pflege und individuelle, bedarfsgerechte Fütterung sind unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einsatzgebiete des Pferdes wichtig.

Zum Beispiel legen sich Pferde nur in vertrauter Umgebung nieder, was auch bei der Strukturierung von Gruppenhaltungssystemen (individuelle Ruhebereiche als abgegrenzte Parzellen) eine wichtige Rolle spielt (POLLMANN, 2002). Und bei der Einzelhaltung ist im Gegensatz dazu die Boxengröße im Hinblick auf die Seitenlage für den Tiefschlaf auf jeden Fall zu berücksichtigen. Die Zusammenhänge von Haltungssystemen und dem Management sind bei vielen Pferdehaltern nicht mit dem gleichen Verständnis anzutreffen. Dies wird zum Beispiel betont durch eine recht kontroverse Diskussion in Schleswig-Holstein, wo im März 2002 die Ständerhaltung von Pferden durch eine Verordnung des Ministeriums für Umwelt, Natur und Forsten verboten wurde. Diverse Sachverständige bemängeln nicht die Haltungsform an sich, sondern wollen das „Management“ der Pferdehaltung optimiert wissen (JENSEN, 2002). Wobei anzumerken ist, dass selbst bei den eher als „duldsam“

charakterisierten Rindern eine Nackenrohranbindung als nicht verhaltensgerecht beurteilt wird, weil viele Abweichungen von der Norm des Bewegungsverhaltens beobachtet werden können (SAMBRAUS, 2000).

Es bleibt zu bemerken, dass die zurzeit vorhandenen Haltungssysteme für Pferde heutzutage einer ständigen Weiterentwicklung unterzogen sind. Neue Forschungen und Erkenntnisse im Hinblick auf die Tiergerechtheit ziehen öffentliches Interesse und neue gesetzesähnliche Vorgaben nach sich, die auch Veränderungen in der Pferdehaltung erwarten lassen. Zu den natürlichen Bedürfnissen des Pferdes muss man bemerken, dass sich viele Verhaltensprobleme in schlechten Haltungsbedingungen begründen, welche pferdespezifische Ansprüche nur unzureichend berücksichtigen.

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2.6 Ansprüche an die Pferdefütterung

Wie man Pferde richtig ernährt, ist heute für viele Pferdebesitzer, die nicht mit den Jahrhunderte lang traditionierten bäuerlichen Erfahrungen auf diesem Gebiet vertraut sind, nicht immer klar. Doch auch die alten, zum Teil recht starren Vorstellungen über die Fütterung helfen heute nicht immer weiter, angesichts der veränderten Haltungsbedingungen, des vielfältigen Futtermittelangebots und der unterschiedlichen Nutzungsarten (MEYER, 2002).

Die traditionelle Heu- / Haferration ohne Kenntnis der für das Pferd notwendigen Energie- und Nährstoffgehalte der Ration wird auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse immer stärker aus der Pferdefütterung verdrängt.

Während sich jedoch bei der Fütterung der übrigen landwirtschaftlichen Nutztiere schon seit Beginn der fünfziger Jahre rasch tiefgreifende Veränderungen in der Fütterung auf Grund neuer Erkenntnisse und Haltungssysteme durchgesetzt haben, hat sich die Masse der Pferdehalter über eine bedarfs- und verhaltensgerechte Ernährung von Sport-, Zucht- und Freizeitpferden nur am Rande Gedanken gemacht.

Dies ist auch nicht verwunderlich, da zu Beginn der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts das Pferd für die Zukunft scheinbar keine Bedeutung mehr zu haben schien. Vor zirka dreißig Jahren hat man sich dann auf breiter Ebene mit den ernährungsphysiologischen Besonderheiten des Pferdes in verstärktem Maße auseinandergesetzt.

Unter heute vorherrschenden Haltungsbedingungen wird ein Großteil des Futters durch energiekonzentrierte Futtermittel (Hafer, Pellets) ersetzt. Damit ist eine Reduzierung der Fresszeit verbunden und das führt zu einer Nichtbefriedigung des Fress-, Kau- und Beschäftigungsbedürfnisses (ZEITLER-FEICHT, 2001a). Dafür sind Arbeitstechnik und intensive Nutzung als Gründe zu nennen, aber auch dadurch bedingte Probleme des Verdauungsapparates (Koliken, Schlundverstopfungen) müssen beachtet werden. Auch eine ganze Reihe von anderen Erkrankungen wird ursächlich auf eine falsche Pferdehaltung mit dreiundzwanzigstündigem Boxenaufenthalt und intensiver Fütterung zurückgeführt und sorgt dafür, dass “die Zunft der Tierärzte wohl noch lange nicht arbeitslos wird“ (HEUSCHMANN, 2002).

Heute wird, auch im Zeitalter der angebotenen Futterautomaten für Pferde, ein wichtiger Aspekt besonders beachtet, nämlich eine möglichst tiergerechte Fütterung.

Diese soll den angeborenen Verhaltensweisen und anatomischen Begebenheiten des Pferdes nicht entgegenstehen.

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Es gelten allgemeine Futterregeln für Pferde (modifiziert nach MEYER, 2002). Jedes Pferd muss individuell gefüttert werden, da der Nährstoffbedarf und somit die Futtermenge vom Körpergewicht und der Leistung abhängt. Die Fütterung sollte regelmäßig (drei mal täglich) durchgeführt werden. Dafür muss die Krippe vor jeder Mahlzeit neu gereinigt werden. Plötzliche Futterwechsel sind in jedem Fall zu vermeiden. Es ist ständig Rauhfutter anzubieten, um das Kaubedürfnis zu befriedigen und optimale Gärbedingungen im Dickdarm zu schaffen. Für die Aufnahme des Futters muss aus den gleichen Gründen ausreichend Zeit und Ruhe gewährt werden.

Im Vergleich z. B. mit Wiederkäuern sind für Pferde nur qualitativ einwandfreie Futtermittel geeignet. Pferde sollen ständig ausreichend frisches Wasser zur Verfügung haben. Sofern keine Selbsttränken vorhanden sind, muss vor und nach der Fütterung, mindestens aber drei mal pro Tag bis zur Sättigung getränkt werden.

Tränken müssen täglich kontrolliert und gereinigt werden. Ab einer Wasserrestriktion auf 4 l/100 kg Körpergewicht am Tag kommt es zu einer Dehydratation der Pferde, die das Wohlbefinden mindert und zum Rückgang der Futteraufnahme führt (HOUPT et al., 2000). Für den Natriumbedarf muss ein Salzleckstein zur Verfügung stehen, da besonders bei Schweißverlusten dieses Element substituiert werden muss.

Der Ernährungszustand eines Pferdes lässt sich nach dem äußeren Anblick und der Palpation beurteilen. Während HENNECKE et al. (1983) neun verschiedene Grade von ausgezehrt bis extrem fett unterscheiden, findet sich bei MEYER (2002) eine Beurteilung von sechs Noten von sehr mager bis sehr fett. Der normale angemessene Ernährungszustand zeigt am Hals keine Fettkammbildung, die Rippen sollen nicht sichtbar, aber leicht tastbar sein und die Kruppe muss rund erscheinen. Allgemein ist bei deutlich sichtbaren Rippen ein Pferd unterernährt und Fettpolster am Hals und am Schweifansatz zeigen Überernährung an. Das Bemühen bei den heutigen Haltungsformen muss dahin gehen, die Verhältnisse der Natur möglichst nachzuvollziehen. Die Verdauung des Pferdes ist anatomisch und physiologisch auf permanente Futteraufnahme abgestimmt. Der Magen ist mit cirka zwölf bis fünfzehn Litern Fassungsvermögen relativ klein und nicht dehnbar. Der Darm ist mit einer Bakterienflora ausgestattet, die es ermöglicht, besonders Rauhfutter, insbesondere Zellulose, zu verwerten. Dies macht deutlich, dass nicht nur der Energie- und Nährstoffgehalt der Futtermittel stimmig sein muss, sondern dass das Pferd auch genügend lange Zeit für die Futteraufnahme benötigt, um Verdauungsprobleme (Koliken, Schlundverstopfungen) und Störungen im Verhalten zu vermeiden. Eine

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moderne Möglichkeit, diesen Forderungen nachzukommen sind individuelle Futterautomaten für das Krippenfutter. Stehen Futterautomaten zu Verfügung, bietet sich die optimale Nutzung dadurch an, häufig kleinerer Kraftfuttermengen zu verabreichen (SOMMER, 2001). Diese Technik ist noch relativ teuer, bringt nur wenig Zeitersparnis, kann aber eine sehr häufige Frequenz der Fütterung in kleinen Portionen erreichen. Bewährt hat sich laut Anwendern eine Gabe des Krippenfutters in acht Portionen pro Tag zwischen 7.00 Uhr und 21.00 Uhr, wobei die Menge der jeweiligen Portion zeitgesteuert über die Vorlagedauer bestimmt wird. Je größer die Portion, desto länger die einzelne Auswurfzeit. Bei häufigerer Fütterungsfrequenz als acht Mal pro Tag sind nach Praxiserfahrungen die einzelnen Portionen zu klein. Nach jetzt zirka vierjähriger Beobachtungszeit lässt sich ein deutlicher Rückgang von Kolikfällen verzeichnen, und eine auffallende Ausgeglichenheit der Pferde im gesamten Verhalten feststellen.

Allgemein sollte bei der Rationszusammenstellung im Hinblick auf die Beschäftigung der Pferde beachtet werden, dass bei Stallhaltung in Einzelsystemen der Zeitbedarf für die Futteraufnahme sehr drastisch zurückgeht. Die Pferde stehen teilweise bis zu 68% des Tages ohne irgendeine Beschäftigung in ihrem Haltungssystem. Dass bei einem natürlicherweise auf Grund seines Verhaltensrepartoirs so aktivem Tier daraus Langeweile resultiert, ist eine logische Konsequenz. Verhaltensprobleme sind als Folge davon belegt. Die Rauhfuttergaben in der Rationsgestaltung sollten daher auf ihre Wichtigkeit hin überprüft werden, da ein Pferd für die Aufnahme von einem Kilo Heu etwa 40 Minuten benötigt, ein Kilo Krippenfutter aber in etwa nur 10 Minuten gefressen wird (ZEITLER-FEICHT, 2001a). Aus verhaltenskundlicher Sicht scheint eine ad-libitum-Fütterung von Rauhfutter erstrebenswert zu sein, um Verhaltensprobleme zu verhindern. Die Notwendigkeit von routinemäßigen Zahnkontrollen zur Vorbeugung schwerwiegender Gebiss- oder Verdauungsstörungen ist bekannt. Neben konventionellen Zahnkorrekturen werden in letzter Zeit für Turnierpferde auch aggressivere Maßnahmen in Form von starken Kürzungen der kantigen Bereiche im Verlauf der Zahnreihen diskutiert. Diese „Überkorrektur“ könnte die Fähigkeit, Rauhfutter zu kauen, verschlechtern. Entgegen solchen Erwartungen besteht aber hierbei kein signifikanter Unterschied bezüglich der Verdaulichkeit der Futtermittel (RALSTON et al., 2002).

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2.7 Überblick über haltungsbedingte Schäden der Pferdegesundheit

Basis einer Pferdehaltung stellt das Angebot dar, Bedürfnisse in den Bereichen Licht, Luft, Raum, Bewegung, Sozialkontakte und Ernährung sicherzustellen. Der Halter hat durch regelmäßige Beobachtung das Verhalten der Pferde einzustufen und ein betriebsbezogenes Management in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Infektionsschutz umzusetzen. Der Nutzer muss differenzieren können zwischen Leistungserwartung und Leistungsmöglichkeiten. Die Grundlage für diese Forderungen liegt in der Biologie des Pferdes unter besonderer Berücksichtigung von Alter, Rasse, Geschlecht und Individuum. Verhaltensstörungen, Erkrankungen, z. B., des Magen-Darm-Kanals, des Bewegungsapparates, der Atemwege, von Haut, Haaren oder Hufen, oder der komplexe Bereich der Fruchtbarkeit können grundsätzlich oder gehäuft in Betrieben auftreten, wo die beschriebenen Grundsätze nicht erkannt oder ignoriert werden (AHLSWEDE, 2001).

Anhand von Untersuchungen von krankheitsbedingten Abgangsursachen von Schlachtpferden nach BUTLER und ARMBRUSTER (1984) wurden folgende Werte ermittelt:

42,4 % Atemwegserkrankungen 23,7 % Lahmheiten allgemein 10,7 % Beinbrüche

7,7 % Hufrollenerkrankungen 4,4 % Hufrehe

2,4 % Sehnenverletzungen

2,4 % Erkrankungen der Verdauungsorgane

Laut einer Schadensstatistik der Vereinigten Tierversicherungsgesellschaft a.G. über Ausfallsursachen und –frequenzen bei der Zucht und Haltung von Sport- und Freizeitpferden in den Jahren 1984 bis 1994 dominieren als Schadensursache die Bewegungs- (46,8-55,9%) und Verdauungsorgane (10,6-18,2%).

Der Atmungsapparat beträgt hier anteilsmäßig 6,7 bis 17,6%, der Herz- Kreislaufapparat 7,2 bis 9%. Die durchschnittliche Schadensfrequenz betrug zirka vier bis fünf Prozent aller versicherten Pferde (HOMMERICH, 1995). Bei diesen Zahlen

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muss beachtet werden, dass nur bei gut zehn Prozent der Pferde in Deutschland überhaupt Versicherungen auf Tod, Nottötung und dauernde Unbrauchbarkeit abgeschlossen werden. Innerhalb ihrer Analyse kommen BUTLER und ARMBRUSTER (1984) zu dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer der erfassten Pferde bei 5,5 Jahren liegt. REICHERT stellt 1990 ein Durchschnittsalter von 7,8 Jahren fest, was diesem Ergebnis entspricht, wenn man von einem Beginn der Nutzung im Alter von cirka drei Jahren bei Reitpferden ausgeht. Für Turnierpferde ermittelten WOEHLK und BRUNS (1999) eine mittlere Nutzungsdauer von 3,4 Jahren, wobei die Springpferde durchschnittlich fünf Monate länger (3,6 Jahre) als die Dressurpferde (3,2 Jahre) eingesetzt werden. Nur 34 % der Pferde sind älter als zehn Jahre, diese geringe Nutzungsdauer ist zum großen Teil haltungsbedingt und die Eindämmung haltungsbedingter Schäden stellt eines der wichtigsten Ziele bei der Entwicklung tiergerechter Haltungssysteme dar (FRENTZEN, 1994).

Über 30 % der Fälle, in denen eine Unbrauchbarkeit des Pferdes für den Reitsport eintritt, sind durch chronische Veränderungen der Atemorgane mit entsprechender Leistungsminderung begründet (SCHLICHTING, 2001). PICK (1986) geht davon aus, dass etwa 80 % der Stallpferde symptomatische oder latent vorhandene Schäden der Atemwege aufweisen. Da heute in Niedersachsen nur ein geringer Teil der Pferdepopulation geschlachtet wird, sind die Problemkreise der haltungsbedingten Schäden wohl eher nach klinischen Aspekten mit Einbeziehung von Verhaltensproblemen zu untersuchen und zu beurteilen, als nach den Abgangsursachen von Schlachthöfen oder Versicherungsstatistiken.

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Erkrankungen der Atemwege

Aufgabe der Atmung ist die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff und die Ausscheidung von Kohlendioxid. Sauerstoff benötigt der Organismus zur Verbrennung von Nährstoffen im Prozess der Energiegewinnung in den Zellen. Kohlendioxid entsteht neben Wasser als Endprodukt der energieliefernden Verbrennungsvorgänge und wird von den Zellen abgegeben. Man unterscheidet eine „innere Atmung“, die den Gesamtaustausch in den Geweben betrifft, von der „äußeren Atmung“, die in der Lunge stattfindet und bei der der Gaswechsel zwischen Blut und Außenluft vor sich geht (LAUNER et al., 1992). Das Blut bildet das Transportsystem, damit besteht ein direkter Einfluss auf die Prozesse der Energiegewinnung. Erkrankungen im Bereich der Atmungsorgane können zu Leistungseinschränkungen führen.

Die der äußeren Atmung dienenden Organe sind Nase, Kehlkopf, Luftröhre und Lunge. Neben einfachen Katarrhen („Nasenschleimhautentzündung“) können auch Luftsack- und Kehlkopfentzündungen, sowie das belastungsinduzierte Lungenbluten auftreten. Besondere Bedeutung beim Pferd haben aber wohl die akute und die chronisch-obstruktive Bronchitis. Hiervon muss noch die Lungenentzündung als akut oder chronisch verlaufende Erkrankung des Lungengewebes im engeren Sinne abgegrenzt werden (LAUNER et al., 1992). Affektionen der Atmungsorgane sind neben den Koliken beim Pferd die häufigsten inneren Erkrankungen (VERTER et al., 1999). Obligates Symptom ist Husten, auch Nasenausfluss, Dyspnoe und Leistungsminderung sind Zeichen für Veränderungen der Atemwege. Neben infektiösen Ursachen sind wichtige Faktoren für die Auslösung einer Atemwegserkrankung in der Stallhaltung begründet. Hauptursache ist hier eine nicht ausreichende Qualität des Mikroklimas, also der Luft im Stall und mangelnde Ventilation der Atemwege bei zu langem Boxen- und Stallaufenthalt. Pferdeställe beherbergen eine Reihe von Schadfaktoren, die die Gesundheit sowohl der Tiere als auch der Menschen beeinträchtigen können. Eine zentrale Bedeutung bei der Entwicklung der equinen Pneumopathien wird Bioaerosolen in Pferdehaltungen zugeschrieben. Diese Bioaerosole entstehen aus Staubmilben, Pflanzenteilen, gasförmigen Substanzen, Viren, Bakterien einschließlich Aktinomyzeten und Pilzen (VISSIENNON et al., 1999).

Entzündungen der unteren und oberen Atemwege bei jüngeren Pferden sind in Abgrenzung zur Weidehaltung mit der Aufstallung verbunden, dies ist vor allem auf den hohen Staubgehalt in der Stallluft zurückzuführen (HOLCOMBE et al., 2001).

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Die chronischen Bronchitiden des Pferdes gehören zu den sogenannten Domestikationskrankheiten, in freier Wildbahn treten sie nicht auf (LAUNER et al., 1992), da das Pferd optimale Bedingungen nur im Freien findet (PIOTROWSKI, 1992).

Als pathogenetische Ursache wird eine Allergie diskutiert. Diese kann durch eine Infektion ausgelöst werden, wenn aus zerfallenden Bakterien und Leukozyten Eiweißsubstanzen frei werden und eine allergische Reaktionsbereitschaft (Sensibilisierung) bedingen. Dann können andere Umweltantigene (Staub, Pollen, Pilzsporen) die Allergie auslösen. Stallhaltung und ständige Staubentwicklung, besonders in schlecht belüfteten Ställen, fördern die Krankheitsentstehung (LAUNER et al., 1992). Es bestehen zwar Hinweise darauf, dass die manifeste allergiebedingte Lungenerkrankung an eine genetisch fixierte Disposition gebunden ist, sichere Beweise für diese Hypothese stehen aber noch aus (GERBER, 1982).

Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes

Schlundverstopfung nennt man die teilweise oder vollständige Verlegung der Speiseröhre (LAUNER et al., 1992). Trockenschnitzel, spelzenreiches Mischfutter und hastig abgeschlucktes Heu sind die häufigsten Ursachen. Die wenig eingespeichelten, trockenen Bissen setzen sich besonders vor dem Zwerchfell fest und werden durch Speiseröhrenkrämpfe fixiert (DIETZ, 1999).

Kolik ist eine Bezeichnung für sämtliche Magen- und Darmerkrankungen, bei denen Pferde auffälliges Schmerzverhalten und Unbehagen äußern (DIETZ, 1999). Bei einer Einteilung nach der Ursache des Schmerzes gibt es im Prinzip drei Arten von Koliken:

Krampfkolik, Aufblähung und Anschoppung. Dazu kommen Darmverdrehungen und – verschlingungen. Ferner wird eine Kolik nach ihrem Sitz benannt (STRAITON, 1982).

(40)

Nach LAUNER et al. (1992) begünstigen folgende anatomische Faktoren die Entstehung von Magen-Darm-Koliken des Pferdes:

- das Unvermögen des Pferdes zu Erbrechen, begünstigt Magenüberladungen;

- das besonders lange Gekröse, an dem der Dünndarm in der Bauchhöhle aufgehängt ist, gestattet ihm eine abnorme Beweglichkeit, so dass Verdrehungen möglich werden und der Darm sich einklemmen kann;

- der Grimmdarm (Dickdarm) ist frei beweglich und kann sich bei seinem Fassungsvermögen mit bis zu 130 Litern leicht verlagern;

- mehrere Übergänge von relativ weiten zu relativ engen Darmabschnitten halten große Futterteile fest und fördern Verstopfungen;

- häufige parasitäre Erkrankungen der Pferde, wandernde Parasitenlarven verursachen nicht selten Gefäßwandschäden in den die Darmwand versorgenden Blutgefäßen, die sind der Anlass von Thrombosen, die schmerzhafte Durchblutungsstörungen der Darmwand auslösen;

- erhöhte Anfälligkeit des vegetativen Nervensystems, das die Magen- und Darmtätigkeit reguliert, es reagiert empfindlich auf Witterungseinflüsse, Fütterungs- und Haltungsfehler.

Der Pferdehalter muss besonders die letzten beiden Punkte beachten, da bei Stallhaltung die Nahrungsaufnahme durch den Menschen diktiert wird. Die meisten Kolikanfälle sind Folge von Fütterungsfehlern (STRAITON, 1982). Als häufigste Ursachen in Folge falscher Fütterung gelten die folgenden:

- Überfütterung, vor allem auch zu langes Grasen auf fetter, stickstoffüberdüngter Weide;

- unreifes, nicht abgelagertes, überhitztes, verschimmeltes Getreide, - schlechtes Heu;

- angewelktes oder gefrorenes Grünfutter;

- zu kurze Häcksel, - unsaubere Haferspreu;

- unregelmäßige Fütterung, - plötzlicher Futterwechsel;

- ungenügendes oder unsauberes Wasser;

- Tränken im erhitzten oder erschöpften Zustand;

- Überanstrengung oder ungewohnte Anstrengung;

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