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Archiv "Wachstum fördert die Beschäftigung und füllt die öffentlichen Kassen" (08.01.1990)

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1989 1990

Staatsverbrauch — 0,5 + 1,5

Bauten + 5,5 + 3,5

Ausfuhr + 11,0 + 6,0

Einfuhr + 7,0 + 7,0

Eckdaten der Konjunkturprognose

(Reale Werte in Prozent gegenüber Vorjahr)

Bruttosozialprodukt + 4,0 + 3,0

Privater Verbrauch + 1,5 + 3,5

Ausrüstungsinvestitionen + 10,0 + 7,0

Bruttolohn- und -gehaltssumme + 4,5 + 6,5 Bruttoeinkommen aus Unternehmer-

tätigkeit und Vermögen + 9,0 + 7,0

Lebenshaltungskosten + 3,0 + 3,0

A TUELLE POLITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Wachstum fördert die Beschäftigung und füllt die öffentlichen Kassen

Die Konjunkturpropheten sind sich diesmal einig: der wirtschaft- liche Aufschwung, der nun schon ins achte Jahr geht, wird auch 1990 an- halten, nachdem im abgelaufenen Jahr ein reales Wirtschaftswachstum von etwa vier Prozent erreicht wor- den ist. Umstritten ist allenfalls die zu erwartende Wachstumsrate des Sozialprodukts. Die Pessimisten rechnen mit einem Zuwachs von et- wa 2,5 Prozent, die Optimisten mit 3,5 Prozent. Der Sachverständigen- rat hält sich auf der mittleren Linie und sagt ein Wachstum von drei Pro- zent voraus. Am Ende kommt es für die konjunkturelle Einschätzung ent- scheidend darauf an, daß der Preis- und Kostenauftrieb unter Kontrolle gehalten werden kann. Daher er- mahnt der Sachverständigenrat vor al- lem die Tarifparteien: Vereinbarten sie Verträge, die die Lohnstückkosten massiv und stabilitätswidrig in die Hö- he trieben, so könnte sich die Bundes- bank gezwungen sehen, den restrikti- ven Kurs der Geldpolitik zu verschär- fen, was dann 1991 in eine Stabilisie- rungskrise und einen Wirtschaftsab- schwung einmünden könnte.

Dieser Hinweis ist begründet, nachdem die Industriegewerkschaft Metall ihr Paket von Tarifforderun- gen auf den Tisch gelegt hat. Ver- langt werden Lohn- und Gehaltser- höhungen bis zu neun Prozent, die 35-Stunden-Woche mit vollem Lohn- ausgleich, ein besser gesichertes frei- es Wochenende sowie der Abbau von Überstunden. Die Forderungen werden nur teilweise ökonomisch mit dem Anstieg der Preise und der Produktivität begründet. Eingerech- net in die Lohnforderung wird eine

„Umverteilungskomponente" von sechs Prozent.

Mit diesem Paket will die IG Metall der vorhersehbaren Strategie der Arbeitgeber, die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung durch ein at- traktives Lohnangebot zu Fall zu bringen, entgegenwirken. Arbeits- kämpfe werden unter diesen Um- ständen kaum zu vermeiden sein.

Der Sachverständigenrat stellt diesen Forderungen sein eigenes „ta- rifpolitisches Paket" gegenüber: Die Unternehmen zahlen einen einmali- gen Nachschlag, um die Arbeitneh- mer an der unerwartet guten Ge- winnentwicklung zu beteiligen. Es werden erneut mehrjährige Tarifver- träge abgeschlossen, in denen eine wieder sinkende Preisrate unterstellt wird und die den Betrieben die Mög- lichkeit geben, die Löhne auch an die Ertragsentwicklung zu binden.

Auf die Verkürzung der Arbeitszeit sollte zugunsten von Einkommens- steigerungen verzichtet werden.

Auswirkungen auf die Sozialfinanzen

Auch für die Sozialfinanzen und die öffentlichen Haushalte wäre der Vorschlag des Sachverständigenrates vorteilhaft: Einkommensverbesse- rungen sind beitrags- und steuer- pflichtig; Arbeitszeitverkürzungen

treiben zunächst die Kosten und spä- ter die Preise, aber sie bringen nichts in die öffentlichen Kassen und ver- ringern in der gesetzlichen Kranken- versicherung zum Beispiel den Grundlohnanstieg.

Die Sozialversicherung profitiert vor allem vom Anstieg der Beschäfti- gung. Die Zahl der Erwerbstätigen hat 1989 um gut 300 000 zugenom- men; sie könnte 1990 um weitere 400 000 steigen. Der Sachverständi- genrat rechnet damit, daß — wichtig auch für die Ausgabenpolitik im Ge- sundheitswesen! — die Bruttolohn- und -gehaltssumme 1990 um 6,5 Pro- zent wachsen wird. Dabei wird aber eine halbwegs stabilitätsorientierte Tarifpolitik unterstellt. Das verfüg- bare Einkommen würde sogar um 7,5 Prozent steigen, da die Steuerre- form wirksam wird. Der Entlastungs- effekt wird inzwischen mit 25 Mil- liarden DM veranschlagt. Damit flie- ßen rund 100 Milliarden DM zusätz- lich in die Kassen der privaten Haus- halte. Selbst wenn man annimmt, daß die Sparneigung wieder zu- nimmt, so ist doch mit einer kräftig wachsenden Verbrauchernachfrage zu rechnen.

Die Konjunktur wird 1990 ihre Impulse vor allem vom Konsum,

Dt. Ärztebl. 87, Heft 1/2, 8. Januar 1990 (17) A-17

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aber auch vom Wohnungsbau erhal- ten. Das Wohnungsprogramm der Bundesregierung stützt das Wachs- tum; da die Baukapazitäten aber be- grenzt sind, muß wohl auch mit stär- ker steigenden Baupreisen gerechnet werden. Alles spricht dafür, daß die Unternehmen, die sich auf den EG- Binnenmarkt vorbereiten, auch wei- terhin kräftig investieren werden; die Zuwachsrate könnte sich freilich im Jahresverlauf verringern, wenn die Tarifrunde Unruhe stiftet und sich die Exportkonjunktur abschwächen sollte. Allgemein wird mit einer ge- ringeren Zuwachsrate des Welthan- dels als 1989 gerechnet.

Inflationsrate unter drei Prozent

Auch die kräftige Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Dollar und anderen Währungen wird den Exporteuren das bislang glänzend laufende Geschäft erschweren. Aber der Kurs der D-Mark gibt bislang zu Besorgnis keinen Anlaß. Das Kursni- veau hat sich in den letzten Wochen normalisiert; dramatische Entwick- lungen sind nicht zu erwarten. Die Aufwertung der D-Mark hat aber ei- nen sehr erwünschten Nebeneffekt:

Die Einfuhr trägt zur Stabilisierung der Preise bei. Es gibt eine gute Chance, die Preisrate wieder unter drei Prozent zu drücken. Die Bun- desbank hat angekündigt, daß sie den Zuwachs der Geldmenge 1990 auf vier bis sechs Prozent begrenzen will. Das entspricht dem bisherigen Kurs. Wenig spricht jedenfalls dafür, daß die Bundesbank vor Abschluß der Lohnrunde 1990 ihre Geldpolitik lockern wird. Sie wird inflationär wirkende Tarifvereinbarungen nicht finanzieren wollen. Damit dürfte es in den nächsten Monaten auch keine wesentlichen Veränderungen bei den Zinsen geben.

Die Finanzpolitik des Wahljah- res 1990 ist expansiv angelegt, ob- wohl die gute Konjunktur 1989 und

1990 zusammen etwa 20 Milliarden DM zusätzlich in die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden schwemmt und sich damit die Defizi- te und die Neuverschuldung verrin- gern. So wie die Haushalte derzeit

angelegt sind, ergibt sich der expan- sive Effekt aber nicht von der Ausga- benseite, sondern durch die massive Steuerentlastung zum Jahreswechsel und die damit verbundene struktu- relle Verbesserung des Steuerrechts.

Die von der Koalition durchgesetzte Reform des Steuertarifs führt zu ei- ner fühlbaren und dauerhaften Ab- senkung der Grenzsteuersätze, vor allem bei den mittleren Einkommen.

Dennoch ist auch 1990 mit wachsen- den Steuereinnahmen zu rechnen.

Risiken für die deutsche Kon- junktur gehen mit Blick auf 1991 nicht nur von der T_ arifpolitik und von der möglichen Abschwächung der amerikanischen Konjunktur aus.

Ungewiß ist auch, welche ökonomi- schen und finanziellen Konsequen- zen sich aus den dramatischen Um- wälzungen im Ostblock und vor al- lem in der DDR ergeben. Sicher ist, daß zunächst mit einem erheblichen zusätzlichen Finanzbedarf gerechnet werden muß, den Bundesfinanzmini- ster Waigel über einen Nachtrags- haushalt finanzieren muß. Das könn- te die bislang recht gute Optik des Bundeshaushaltes beeinträchtigen.

Andererseits können die neuen Auf- gaben mittelfristig auch einen Wachs- tumsschub bringen, von dem nicht nur die Bundesrepublik, sondern auch die DDR profitieren würde.

Umwälzungen in der DDR:

Erheblicher Finanzbedarf

Bundesfinanzminister Theo Waigel hat unmißverständlich klar- gestellt, daß er die zusätzlichen Aus- gaben, die durch die Zuwanderung aus der DDR und die wegen der not- wendigen finanziellen Unterstützung des Demokratisierungsprozesses in der DDR entstehen, weder durch Verschieben der Steuerreform noch durch Steuererhöhungen abdecken wird. Er setzt auf wirtschaftliches Wachstum. Er will die Politik der Verbesserung der steuerlichen Rah- menbedingungen fortsetzen. Er ver- spricht sich davon die Verstetigung der Konjunktur und damit Mehrein- nahmen, mit denen zusätzliche Auf- gaben finanziert werden können. Die Erfahrungen der letzten Jahre spre- chen für dieses Konzept. wst

Qualitätssicherung

Ein sensibles Terrain

Die Qualitätssicherung in der ambulanten ärztlichen Versorgung ist ein zu wichtiges und sensibles Terrain, als daß es durch leichtferti- ge Experimente und politische Plan- spiele in Frage gestellt werden darf.

Kein anderer Leistungsbereich hat nicht zuletzt dank der Initiativen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der ärztlichen Selbstverwaltung ein so breites Spektrum qualitätssichern- der Maßnahmen aufzuweisen wie ge- rade der ambulante Sektor. Quali- tätssicherung hat nicht erst mit dem

„Gesundheits-Reformgesetz" begon- nen. Sie wird seit vielen Jahren tag- täglich in den Arztpraxen und von den Kassenärztlichen Vereinigungen erfolgreich praktiziert.

Qualitätssicherungsmaßnahmen der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung und der KVen der Länder bil- den das Fundament dafür, daß diese eine zentrale Rolle in der ärztlichen Berufsausübung einnehmen und ei- nen hohen Standard erreicht haben.

Dies wird auch vom Sachverständi- genrat für die Konzertierte Aktion anerkannt, gleichzeitig aber bemän- gelt, daß die Maßnahmen in der am- bulanten und stationären Versor- gung trotz gleichlautender gesetzli- cher Grundlagen noch wenig koordi- niert praktiziert werden. Die Spit- zenorganisationen der Ärzteschaft und der Krankenhausgesellschaft wollen deshalb vorrangig „übergrei- fende Modelle" zur Qualitätssiche- rung entwickeln und auf vertrag- licher Basis im stationären Bereich in Gang setzen. Grundbedingung:

Die Maßnahmen sollten praktikabel und weitgehend gleichgewichtig ein- gesetzt werden können.

Die Fachleute sind sich darüber einig: Qualitätssicherung darf nicht verkürzt mit Qualitätskontrolle gleichgesetzt werden. Qualitätskon- trolle — also die Beobachtung und Beurteilung der Qualität — stellt nur den ersten Schritt der Sicherung der Qualität dar. Entscheidend ist: Maß- nahmen zur Sicherung der Qualität müssen von den Betroffenen auch verstanden, akzeptiert und imple- A-18 (18) Dt. Ärztebl. 87, Heft 1/2, 8. Januar 1990

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