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Eine Konsequenz dieses veränderten Konsumverhaltens ist die private Verschuldung

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I 110/2008 FIN 20. August 2008 FIN C Interpellation

1362 Jost, Thun (EVP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 07.04.2008

Folgen veränderten Konsumverhaltens und privater Verschuldung

Das Konsumverhalten hat sich in den letzten Jahrzehnten dahingehend entwickelt, dass private Verschuldung schneller und unüberlegter in Kauf genommen wird als zu der Zeit, als Bargeld und Kredit weniger schnell verfügbar waren. Eine Konsequenz dieses veränderten Konsumverhaltens ist die private Verschuldung. (Bei Minderjährigen ist es eine Verschuldung, die kaum genau statistisch festgestellt werden kann, weil diese oft bei Angehörigen oder Freunden verschuldet sind.

Verschiedene Studien gehen von 30 Prozent verschuldeten Jugendlichen aus.) Verschuldung ist aber nicht einfach eine Frage des Alters. So sind denn auch Personen der unterschiedlichsten Generationen verschuldet und auf Beratung angewiesen (laut Beratungsstellen). Verschiedenste Faktoren spielen eine Rolle. So z.B.: Arbeitslosigkeit, Scheidung, missglückliche Geschäftsgründung, einfache Finanzierungsmöglichkeiten wie Leasing, Konsumdruck durch Werbung und Trends oder Kaufsucht. Die wachsende private Verschuldung belastet nicht nur die Gemeinschaft und die Wirtschaft, sondern wird auch in den verminderten Einnahmen des Kantons ihren Niederschlag finden.

Zur Überwindung einer Verschuldungssituation sind vor allem drei Faktoren notwendig:

Eine Grundüberzeugung, die Schulden allmählich, aber definitiv abzuzahlen, oft ausgelöst durch ein Schlüsselerlebnis, das zu einem nachhaltigen Umdenken führt; ein niederschwelliges professionelles Unterstützungsangebot und; eine Vertrauensperson für eine längerfristige Begleitung sowie für die Vermittlung zwischen Schuldner/in und beratender Organisation.

In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat um das Beantworten der folgenden Fragen:

1. Ist dem Regierungsrat bekannt, in welchem Umfang Jugendliche einerseits und Erwachsene andererseits im Kanton Bern von der Verschuldung betroffen sind?

Welche Angaben können dazu gemacht werden?

2. Wie hoch ist die Summe der Steuerforderungen, die der Kanton Bern jährlich durch Uneinbringlichkeit verliert?

3. Was hat der Regierungsrat bisher gegen diese Entwicklung unternommen?

4. Wie hoch ist der Anteil jener Personen, die ihre Steuerraten pünktlich zahlen?

5. Bestehen Leistungsvereinbarungen mit Schuldenberatungsstellen? Wo und in welchem Umfang?

6. Wie viele Schuldenberater/innen sind im Kanton Bern momentan aus Sicht der Regierung nötig?

7. Welche weiteren Massnahmen gegen private Verschuldung und uneinbringliche Steuerforderungen fasst der Regierungsrat ins Auge?

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Antwort des Regierungsrates

Zu Frage 1:

Ist dem Regierungsrat bekannt, in welchem Umfang Jugendliche einerseits und Erwachsene andererseits im Kanton Bern von der Verschuldung betroffen sind?

Über die Verschuldungssituation von Jugendlichen und Erwachsenen existiert sowohl für die Schweiz als auch für den Kanton Bern nur wenig Zahlenmaterial. Der Bundesrat erklärte sich darum im Jahre 2005 im Rahmen der Beantwortung eines Postulats von Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz (CVP) bereit, die Möglichkeit zu prüfen, wie die statistische Situation verbessert werden kann. Die Ergebnisse dieser Prüfung sind noch nicht bekannt.

Eine im Juni 2007 veröffentlichte Untersuchung zur Verschuldungssituation bei jungen Erwachsenen1 aus der Deutschschweiz zeigt auf, dass rund 38 Prozent der 18- bis 24- jährigen offene Geldverpflichtungen haben. Darunter fallen insbesondere Geldschulden bei Familie oder Freunden, Schulden bei Kreditinstituten, offene und bereits gemahnte Rechnungen sowie Leasing- und Abzahlungsverträge. Die durchschnittliche Verschuldung beträgt 3’400 Franken. Der Median2 liegt bei 300 Franken. Die Studie kommt zum Schluss, dass eine „kaufwütige Jugend“ kein Massenphänomen ist, sondern eine anteilsmässig eher geringe, aber besonders gefährdete Gruppe darstellt, die besondere Aufmerksamkeit verdient. Die Studie eruierte überdies folgende Zahlen:

• Knapp 30 Prozent haben informelle Geldschulden bei Familie oder Freunden;

• Knapp 4 Prozent haben Schulden bei Kreditinstitutionen;

• 8 Prozent haben offene und bereits gemahnte Rechnungen;

• 11 Prozent haben Leasing- und Abzahlungsverträge abgeschlossen;

• 3 Prozent wurden ein- oder mehrmals betrieben;

• Die Hälfte der verschuldeten Jugendlichen hat weniger als 1’000 Franken Gesamtschulden;

• In der Deutschschweiz hat rund jede zehnte bzw. jeder zehnte Schulden von mehr als 2’000 Franken;

• Bei rund jeder bzw. jedem siebten sind die Schulden höher als die monatlichen Einnahmen;

• Gläubiger sind in erster Linie die Eltern.

Eine andere Untersuchung3 unter Basler Schülerinnen und Schülern zwischen 16 und 21 Jahren hat aufgezeigt, dass 4 Prozent mehr als 1’000 Franken und 2,5 Prozent mehr als 2’500 Franken Schulden haben. Der Median liegt bei 120 Franken, der Durchschnitt bei 770 Franken.

Zu Frage 2:

Wie hoch ist die Summe der Steuerforderungen, die der Kanton Bern jährlich durch Uneinbringlichkeit verliert?

Der Kanton Bern betreibt eine systemunterstützte Verlustscheinbewirtschaftung, welche ermöglicht, dass bereits abgeschriebene Steuerforderungen weiter bearbeitet werden. Die dadurch eingebrachten Forderungen bilden den Verlustscheinsertrag. Die ursprünglichen Abschreibungen abzüglich den Verlustscheinertrag ergeben die Netto-Abschreibungen.

Diese machen – gemessen am Gesamtertrag – einen bestimmten Prozentsatz aus.

1 Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, Elisa Streuli: Verschuldung junger Erwachsener – Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse, Juni 2007.

2 Der Median bezeichnet die ‚mittlere’ Verschuldung, d.h. 50 Prozent der Befragten sind mit geringeren, 50 Prozent mit höheren Beträgen verschuldet.

3 Elisa Streuli u.a.: Eigenes Geld und fremdes Geld. Jugendliche zwischen finanzieller Abhängigkeit und Mündigkeit. Eine empirische Untersuchung bei 500 Schülerinnen und Schülern, edition gesowip, Basel 2008.

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Übersicht Netto-Abschreibungen auf dem Steuerertrag:

Jahr Steuerertrag Abschreibungen Verlust- scheinertrag

Netto-

Abschreibungen

in % 2007 4’244’948’217 54’146’730 3’400’498 50’746’232 1,20 2006 3’885’089’210 57’515’842 2’631’029 54’884’813 1,41 2005 3’834’512’639 56’650’235 2’114’678 54’535’557 1,42 2004 3’576’407’228 33’747’016 2'137’242 31’609’773 0,88 2003 3’196’436’415 22’188’696 2’695’677 19’493’019 0,61 Infolge Veranlagungsrückstände (Umstellung auf die einjährige Veranlagung) fielen die Abschreibungen in den Jahren 2003 und 2004 unterdurchschnittlich aus. Der Rückstand wurde 2005 und 2006 aufgeholt, was die Abschreibungen überproportional erhöhte. 2007 erreichten sie nunmehr wieder das langjährige Mittel von 1 bis 1,2 Prozent.

Zu Frage 3:

Was hat der Regierungsrat bisher gegen diese Entwicklung unternommen?

Die Steuerverwaltung ist bestrebt, das Veranlagungsverfahren für die steuerpflichtigen Personen möglichst attraktiv und einfach zu gestalten und die Höhe des geschuldeten Steuerbetrags schnell und transparent zu vermitteln:

• Ein Schwergewicht wurde auf die Online-Deklaration gelegt.

• Die Möglichkeit, sich Informationen über das TaxMe-Portal zu beschaffen, wurde ausgebaut.

• Für Jugendliche wurde ein Lehrmittel entwickelt, das ihnen die Online- Steuererklärung näher bringt.

• Mit verschiedenen Hinweisen, wie Sammlung der Belege in einem Steuerordner oder die Eröffnung eines Steuerkontos mit Dauerauftrag, werden Personen mit Zahlungsschwierigkeiten Hilfen angeboten. Dabei geht es nicht um eine Bevormundung der Steuerzahlenden oder um Zwangsmassnahmen, sondern um Hilfe zur Selbsthilfe.

• Als Zahlungserleichterung werden zusätzliche Einzahlungsscheine neben den Ratenrechnungen angeboten, so dass bereits heute eine monatliche Überweisung möglich ist.

• Seitens der Steuerverwaltung sollen in Zukunft auch elektronische Zahlungen über Paynet oder Yellownet ermöglicht werden, was ein möglichst vereinfachtes Einzahlen der Steuerrechnungen erlaubt.

• Weiter ist mit der Steuergesetz-Revision 2008 die Möglichkeit von Vorauszahlungen geschaffen worden. Diesbezügliche Umsetzungarbeiten sind im Gange.

Zu Frage 4:

Wie hoch ist der Anteil jener Personen, die ihre Steuerraten pünktlich zahlen?

Nachfolgende Übersicht zeigt die Entwicklung der pünktlichen Begleichung der Steuerraten seit 2003:

Steuerjahr 1. Rate 2. Rate 3. Rate

2007 74,65% 80,13% 83,04%

2006 74,05% 79,81% 82,97%

2005 72,94% 79,50% 82,48%

2004 74,19% 79,17% 82,76%

2003 74,42% 80,09% 83,64%

Seit Jahren schwanken die Prozentzahlen in engen Grenzen und sind damit stabil.

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Zu Frage 5:

Bestehen Leistungsvereinbarungen mit Schuldenberatungsstellen? Wo und in welchem Umfang?

Der Kanton Bern hat die Bedeutung der Schuldenberatung schon früh erkannt und finanziert den Verein Schuldensanierung seit dem Jahr 1987. Basierend auf dem Projekt

„Konzept für die Schuldenberatung im Kanton Bern“ aus dem Jahr 2006 baut der Kanton Bern ab dem Jahr 2008 sein Angebot an Schuldenberatung schrittweise aus. Gleichzeitig wird das Angebot regionalisiert, um den Zugang zur Schuldenberatung für die überschuldeten Privatpersonen zu erleichtern. Als neues Angebot soll die Überschuldungsprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufgebaut werden.

Für dieses neue Konzept der Schuldenberatung im Kanton Bern werden die finanziellen Mittel von bisher jährlich rund 380’000 Franken sukzessive auf rund eine Million Franken aufgestockt.

Ab dem Jahr 2009 wird der Kanton in folgenden Regionen Schuldenberatungen anbieten können: Bern/Mittelland, Jura/Biel-Seeland, Emmental/Oberaargau, Thun/Berner Oberland.

Für den deutschsprachigen Kantonsteil hat der Kanton zum jetzigen Zeitpunkt einen Leistungsvertrag mit dem Verein Schuldensanierung Bern. Der französischsprachige Kantonsteil wird durch das Centre Social Protestant in Moutier abgedeckt.

Zu Frage 6:

Wie viele Schuldenberater/innen sind im Kanton Bern momentan aus Sicht der Regierung nötig?

Gestützt auf das Projekt aus dem Jahre 2006 (vgl. Frage 5) finanziert der Kanton nach Abschluss des Ausbaus und der Regionalisierung der Schuldenberatung Leistungen im Umfang von 700 Stellenprozenten.

Zu Frage 7:

Welche weiteren Massnahmen gegen private Verschuldung und uneinbringliche Steuerforderungen fasst der Regierungsrat ins Auge?

Der Trend zum kreditfinanzierten Konsum, die ‚Working-Poor’-Problematik und die Instabilität der Familien führen dazu, dass immer mehr Haushalte in eine Überschuldungslage geraten. Mit Präventionskampagnen und einer verbesserten Ausbildung bezüglich Budgetverwaltung und Zahlungswissen kann diesem Trend ein Stück weit Gegensteuer gegeben werden.

Der Regierungsrat hat den Verein Schuldensanierung Bern beauftragt, ein Projekt zur Überschuldungsprävention unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ins Leben zu rufen. Dabei geht es darum, situationsbezogen Zahlungswissen und Budgetkompetenz bei den Adressatinnen und Adressaten zu verbessern. Sie sollen beispielsweise besser verstehen, wie das Steuerwesen funktioniert und weshalb für die Begleichung der Einkommenssteuern Rückstellungen gemacht werden müssen. Ebenso sollen sie die Funktionsweise der obligatorischen Krankenversicherung verstehen oder erkennen, wie teuer sie der Konsum auf Kredit zu stehen kommt.

An den Grossen Rat

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