Uniklinik Göttingen
Heilversuche in Massen
400 Patienten wurden mit experimentellem Impfstoff behandelt.
B
ereits rund 400 Patienten sind in Göttingen mit ei- nem experimentellen Impf- stoff gegen Nierenzellkarzi- nome behandelt worden, des- sen Wirkung von außenste- henden Experten angezwei- felt wird. Die Pressestelle der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen bestä- tigte gegenüber dem Deut- schen Ärzteblatt damit einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ von Ende Juli.Eine Gruppe um Dr. med.
Alexander Kugler und Prof.
Dr. med. Rolf-Hermann Rin- gert von der Urologischen Universitätsklinik Göttingen hatte nach positiven Erfah- rungen mit dem Impfstoff ei- ne Freigabe der Ethik-Kom- mission für eine Studie zur Er- probung des experimentellen
Vakzins erhalten. Dennoch wurden die etwa 400 Patien- ten dann außerhalb des Proto- kolls in „individuellen Heil- versuchen“ behandelt. Dieser Verzicht auf eine kontrollierte Erprobung kompliziert die Affäre zusätzlich, die sich um den Impfstoff entwickelt hat.
Derzeit untersucht ein von der Universität Göttingen ein- gesetztes Gremium, inwieweit die Daten überhaupt glaub- würdig sind, die Grundlage der Hoffnung in das Vakzin sind. Kugler hatte zusammen mit Dr. med. Gernot Stuhler von der Universität Tübin- gen unter anderem im März 2000 in einem Artikel in „Na- ture Medicine“ (2000; 6: 332) über Therapieerfolge mit dem
„Hybridzell-Vakzin“ berich- tet. Beide haben laut Vor- spann „gleichwertig zu der Arbeit beigetragen“.
Bereits im Januar hatte die humanmedizinische Fakultät in Göttingen eine Kommissi- on eingesetzt, um Vorwürfe gegen Kugler zu untersuchen.
Diese Kommission kam aber nicht zu eindeutigen Schluss- folgerungen. Der Bericht der zweiten Kommission soll bis Mitte September vorliegen.
A K T U E L L
A
A1996 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 31–32½½6. August 2001
DAMI
Anti-Mobbing- Initiative
Interdisziplinäre
Organisation im Aufbau
V
om 14. bis 16. September findet in Frankfurt/Main die konstituierende Sitzung der „Deutschen Anti-Mob- bing-Initiative e.V.“ (DAMI) statt. Erwartet werden un- ter anderem betroffene Ärzte und Beobachter von Interes- senverbänden aus dem be- nachbarten Ausland, insbe- sondere aus Frankreich (dort gibt es seit Ende Mai ein Anti- Mobbing-Gesetz), Österreich und der Schweiz.DAMI ist konzipiert als bundesweite Forschungs- und Arbeitsgemeinschaft aus Ärz- tevertretern, Betriebsärzten,
Betriebsräten, Journalisten, Gewerkschaftern und Arbeit- gebern, Krankenkassen- und Kirchenvertretern, Mobbing- Selbsthilfegruppen, Repräsen- tanten aus Parteien und Poli- tik, Psychiatern, Psychologen und Psychotraumatologen, Ju- risten sowie Vertretern von Versorgungsträgern.
Kontakt: DAMI e.V., Nie- mandsfeld 17, 60435 Frank- furt/Main, Telefon und Fax:
0 69/95 20 86 60. Anfragen wer- den vertraulich behandelt.
M
ehr als 17 Milliarden Eu- ro sollen 2003 bis 2006 aus Mitteln der Europäischen Union für Forschungsvorha- ben neu verteilt werden. EU- Kommissar Philippe Busquin kam nun zu ersten Gesprächen über Förderprojekte in das Fraunhofer-Institut für ange- wandte Lasertechnologie (ILT) in Aachen. Die dortige Laser- technologie gilt weltweit als führend. Ziel der Förderung ist Busquin zufolge der Auf- bau integrierter Projekte und Netzwerke höchster Kompe- tenz in Schlüsseltechnologien, um besonders anwenderorien- tiertes Wissen zu erzeugen und die amerikanische und japani- sche Konkurrenz zu überflü- geln. Die Fraunhofer-Gesell- schaft hat sich vorwiegend mitVertragsforschung für die In- dustrie einen Namen gemacht.
Busquins Gespräche in Aachen markierten eine Abkehr vom Gießkannenprinzip der Un- terstützung vieler kleiner Pro- jekte hin zur Förderung der Spitzenforschung, so ILT-Spre- cher Franz Miller. Die Kon- zentration der EU-Mittel wer- de künftig zulasten vieler der bislang geförderten Ein- zelprojekte gehen, vor allem an Hochschulen. Die Fraun- hofer-Gesellschaft werde die Kompetenzen besser bündeln und effizienter mit den öffent- lichen Geldern umgehen, sag- te Institutsleiter Prof. Rein- hard Poprawe.
Medi-Praxisverbund
KV muss aussteigen
Landessozialgericht Baden-Württemberg erlässt einstweilige Verfügung.
D
as Landessozialgericht Baden-Württemberg hat es der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nord-Württemberg per einstweiliger Anordnung untersagt, sich an der Medi Ver- bund GmbH zu beteiligen. Eine endgültige Entscheidung dar- über werde aber erst im Hauptverfahren getroffen, betonte die KV. Geklagt hatten elf Vertragsärzte, die Mitglieder eines konkurrierenden Ärztenetzes, der Med.eon AG, sind.Die KV war bislang mit 20 Prozent an den Medi-Gesell- schaften beteiligt. Mit der Entscheidung des Landessozialge- richts werde sie in ihren Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt und von der Mitgestaltung der gesundheitspoli- tischen Entwicklungen abgekoppelt, heißt es dort. Es entspre- che nicht dem Selbstverständnis der KVen als Interessenver- tretung der niedergelassenen Ärzte, dass sie sich unter ande- rem an integrierten Versorgungsformen und den Disease- Management-Programmen nicht aktiv beteiligen können. Ur- sprüngliches Ziel der Beteiligung an Medi war es, die Gesell- schaft als Parallelorganisation zur KV aufzubauen, um so ge- nannte Einkaufsmodelle der Krankenkassen zu verhindern.
Forschungsförderung
Schluss mit
Gießkannenprinzip
EU-Kommissar Busquin setzt Signal für künftige
Wissenschaftsförderung.
Philippe Busquin
Foto: Europische Union