Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Lungenfibrose
werden, daß die Antibiotikathera- pie die Vernichtung der Krank- heitskeime durch Unterbindung ih- res Stoffwechsels erzielt, sich also nur am lebenden Erreger auswirkt.
Wenn dieser beseitigt ist, das heißt wenn der Erregerreiz entfällt, muß er durch abgetötete Keime glei- cher Art ersetzt werden. Auf diese Weise läßt sich, auch bei fortge- setzter Antibiotikawirkung, die Ab- würgung des zum Heilungserfolg benötigten Immunisierungseffektes verhindern. Die Möglichkeit dazu bietet sich in der Applikation erre- gerspezifischer Vakzinen. Dadurch kann nämlich erreicht werden, daß die erwähnten Irregularitäten in dem zur Krankheitsüberwindung erforderlichen reparativen Prozeß wegfallen. Experimentelle Beweise hierfür wurden von uns erbracht.
Die vakzinale Zusatztherapie zwecks Lungenfibrosebekännpfung bietet insofern keine besonderen Schwierigkeiten, als sie sich durch Nasenspray oder Inhalation vollzie- hen läßt. Hierbei wirkt sich über- dies ein lokalimmunisatorischer Ef- fekt — nach Raettig — therapiebe- günstigend aus.
Da beim bronchitischen Syndrom durchweg verschiedene Keimarten mit unter Umständen örtlich ver- schiedenen Angriffspunkten wirk- sam sind, kommen für die vakzina- le Immunbehandlung hauptsäch- lich Mischvakzinen in Frage, wie sie beispielsweise in Form des IRS 19 als „Fertigpräparat" bereits vor- liegen. Dabei handelt es sich um lysierte Gemische der hauptsäch- lich bei der Bronchitis pathogen wirksamen Keime, wie: Pneumo- kokken-, Staphylokokken-, Strepto- kokken-, Neisseria-Typen verschie- dener Art neben Hämophilus-, Klebsiella- und Moraxellabakterien.
Allerdings muß bedacht werden, daß die genannten Applikationsar- ten keine exakte Dosierung gestat- ten und deshalb nicht beliebig ein- gesetzt werden können. Die Ge- brauchsanweisung des Herstel- lers der Fertigpräparate ist deshalb besonders zu beachten.
Leider stehen wegen der bisheri- gen Fehlinterpretierung des Zu-
standekommens der Lungenfibrose noch keine allgemeinen Durchfüh- rungsbestimmungen für diese zu- sätzliche Immuntherapie zur Verfü- gung. Es ist daher anzustreben, daß Kliniker im Verein mit Mikro- biologen und Impfstoffherstellern entsprechende Verfahrensrichtlini- en ausarbeiten. Dabei sind auch Erwägungen über die zweckmäßig- ste Zusammensetzung der Misch- vakzinen notwendig. Ist doch bei den im Handel befindlichen Präpa- raten bisher nicht genügend Be- dacht auf die ökologische Tatsa- che genommen worden, daß früher harmlose Bakterien (nach Verdrän- gung pathogener Keime durch wirksame Chemotherapie) zuneh- mend pathogene Eigenschaften entwickelt haben. Deshalb sollten derartige Keime mitberücksichtigt werden.
Bei Anwendung der genannten Vakzinen sind vorläufig die Ver- träglichkeitstestungen mit ein- schleichenden Dosierungen und allmählich steigenden Keimmen- gen besonders sorgfältig durchzu- führen, wie dies bei der seit Jahr- zehnten geübten Autovakzinthera- pie selbstverständlich ist. Bei nicht hinreichender Wirksamkeit der Fer- tigpräparate sind ohnehin Injektio- nen von Autovakzinen der jeweils besonders hervortretenden Keim- arten in nichtlysierter Form vor- zunehmen. Der Immunisierungsreiz korpuskulärer Erregerstrukturen ist nämlich erfahrungsgemäß stärker und nachhaltiger als der von lysier- ten Keimen.
Aus diesem Grunde sollten auch die Hersteller von Fertigpräparaten die totale Lysierung vermeiden. Ge- langen doch — nach Haurowitz — korpuskuläre Substanzen parado- xerweise besser in die Zelle als ly- tisches Material.
Abschließend sei noch darauf hin- gewiesen, daß als Folge der mo- dernen antibakteriellen Therapie unsere Keimflora durch vermehrtes Wachstum der Pilzarten abgewan- delt wurde, was sich bekanntlich in der Zunahme der Mykosen aus- wirkt. Bei Versagern der Antibioti-
kabehandlung muß deswegen be- dacht werden, inwieweit Pilze ur- sächlich beteiligt sind. Falls dies — zum Beispiel serodiagnostisch — kennbar wird, müssen folgerichtig Antimykotika eingesetzt werden.
Auch hierbei sollten zusätzlich Vakzinen der jeweiligen Pilzsorten zur Verwendung kommen. Zwar lie- gen bisher nur wenig Erfahrungen über deren Wirksamkeit vor. Doch berichtet Theissing ausdrücklich von Therapieerfolgen mit abgetöte- ten Candida-Aufschwemmungen.
Man kann nur wünschen und hof- fen, daß die bisherigen Behand- lungsverfahren beim bronchiti- schen Syndrom den vorstehend er- örterten Einsichten und Erforder- nissen angepaßt werden.
Literatur beim Verfasser
Anschrift des Verfassers:
Professor
Dr. med. habil. K. W. Clauberg 1 Berlin 38
Spanische Allee
ECHO
Zu: „Schutzimpfung gegen Mumps" in Heft 31/1975, Seite 2220
Impfstoff aus den USA
„Schutzimpfungen gegen Mumps sind ab sofort mög- lich. Wie die Bundesärzte- kammer gestern in Köln in ihrem ÄRZTEBLATT mitteilte, ist ein in den USA entwickel- ter Lebendimpfstoff für das Gebiet der Bundesrepublik zugelassen. Eine öffentliche Empfehlung oder ein allge- meines Angebot zur unent- geltlichen Mumpsimpfung sei durch die zuständigen Lan- desgesundheitsbehörden in der Bundesrepublik noch nicht erfolgt."
(General-Anzeiger für Bonn und Umgebung sowie andere Zeitungen)
2764 Heft 40 vom 2. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT