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Archiv "Therapeutische Systeme: Eine neue Klasse von Darreichungsformen" (15.02.1979)

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1. Einführung

Es gibt prinzipiell zwei Möglichkei- ten, Arzneibehandlung zu optimie- ren: die Entwicklung von neuen Arz- neistoffen beziehungsweise Deriva- ten sowie den Versuch, bereits be- kannte Substanzen mittels moder- ner Technologie effektiver und si- cherer anzuwenden. Vor allem Fort- schritte in der Pharmakokinetik und Biopharmazeutik haben die begin- nende Ära membrankontrollierter Arzneistoff-Abgabe-Systeme mög- lich gemacht. So unterschiedliche medizinische Probleme wie Glau- kom und Kontrazeption konnten durch die rationale Anwendung von Therapeutischen Systemen bereits wesentlich beeinflußt werden.

2. Problematik konventioneller Arzneibehandlung

Für alle konventionellen, vom Pa- tienten selbst anzuwendenden Me-

dikamente ist ein Abgabemuster zweiter Ordnung charakteristisch:

der Arzneistoff wird zunächst rasch aus der Darreichungsform abgege- ben, so daß schnell eine initial hohe Konzentration aufgebaut wird, die bis zur nächsten Darreichung ex- ponentiell abfällt (Darstellung 1). In Form eines wellenförmigen Konzen- trationsmusters im Blut beziehungs- weise in den Geweben wechseln ho- he Konzentrationen mit niedrigen ab, und nur für eine begrenzte Zeit wird eine optimale therapeutische Konzentration erreicht.

2.1 Begrenzte Wirkungsdauer Eine problematische Eigenschaft konventioneller Darreichungsfor- men ist die, daß mit ihnen nur eine Wirkungsdauer von einigen Stunden erreicht werden kann. Wenn heute die eine oder die andere orale Arz- neispezialität eine Wirkungsdauer von 1 oder 2 Tagen besitzt, so kann lagen. Damit ist sichergestellt, daß

über einen beträchtlichen Zeitraum antibiotisch wirksame Konzentratio- nen in unmittelbarer Nähe des Infek- tionsherdes herrschen (4, 5). Im Se- rum des systemischen Blutes der Behandelten überstiegen die Genta- mycin-Konzentrationen nicht 0,5 mcg/ml und im Urin nicht 10 mcg/

ml. Damit ist die Gefahr systemi- scher Intoxikationen durch Genta- mycin, das, wie andere Aminoglyko- side, ototoxische und nephrotoxi- sche Wirkungen verursachen kann, ausgeschlossen (4, 5).

Der Kunststoffträger Polymethyl- methacrylat ist seit vielen Jahren in Gebrauch (2). Eine Gewebsschädi- gung, die hin und wieder bei der intrakorporalen Autopolymerisation aufgetreten ist, ist ausgeschlossen, weil die Aushärtung der Kugeln ex- trakorporal erfolgt. Die intensive to- xikologische Untersuchung der Kü- gelchen (1, 3) ergab keinen Anhalts- punkt auf gewebsschädigende Wir- kungen. Dabei ist zu berücksichti- gen, daß die Kügelchen im geringen Umfang Monomeren-Reste (Meth- acrylat) Reste des Katalysators für die Polymerisation (Benzoylperoxid) sowie Reste des Sterilisationsmittels (Äthylenoxid) enthalten; außerdem ist den Kügelchen zur Schattenge- bung im Röntgenbild Zirkondioxid zugesetzt.

Sicherlich sind die heute verfügba- ren Erfahrungen mit der lokalen An- wendung von Antibiotika bei Kno- cheninfektionen noch nicht ausrei- chend, um ein abschließendes Urteil zuzulassen. Sie sind indes außeror- dentlich ermutigend. Die Entwick- lung auf diesem Gebiet dürfte auch noch keineswegs abgeschlossen sein; die Anwendung polymerer Arz- neistoffträger steht erst am Anfang.

Literatur beim Verfasser Professor Dr. med.

Wolfgang Forth

Ruhr-Universität Bochum Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie

Im Lottental Postfach 10 21 48

4630 Bochum-Querenberg

Therapeutische Systeme

Eine neue Klasse von Darreichungsformen

Klaus Heilmann

Aus der Augenklinik der Technischen Universität München (Direktor: Professor Dr. med. Hanns-Jürgen Mertö)

Für die Herstellung und Anwendung von Arzneimitteln gilt es heute als unerläßlich, eine pharmakologisch wirksame Substanz pharmakoki- netisch zu charakterisieren. Damit die aus derartigen Untersuchungen gewonnenen Informationen auch therapeutisch genutzt werden kön- nen, ist es in zunehmendem Maße notwendig, konventionelle Dar- reichungsformen zu verlassen und zu Methoden der Arzneiverabrei- chung zu gelangen, mit denen Arzneistoff - ausgerichtet auf ein bestimmtes therapeutisches Programm - in vorprogrammierter Rate kontinuierlich über einen definierten Zeitraum abgegeben wird. Es ist zu erwarten, daß das Therapeutischen Systemen zugrunde liegende Prinzip membrankontrollierter Arzneiverabreichung die Herstellung und Anwendung von Arzneimitteln in der Zukunft tiefgreifend beein- flussen wird.

420 Heft 7 vom 15. Februar 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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dies einerseits auf einer verbesser- ten Formulierung beruhen, anderer- seits mit einer Veränderung zusam- menhängen, die am Arzneistoffmo- lekül selbst vorgenommen wurde.

Für viele therapeutisch bewährte Substanzen ist eine Vielzahl von De- rivaten entwickelt worden, die sich durch eine längere biologische Halbwertzeit auszeichnen. Da so- wohl der pharmakologische als auch der toxische Effekt eines Wirk- stoffes weniger mit der zugeführten Arzneistoffmenge korrelieren, als vielmehr mit den Konzentrationen im Plasma und in Geweben, ist die Anwendung von Substanzen mit

langer biologischer Halbwertzeit

nicht unproblematisch.

2.2 Begrenzte

Patientenzuverlässigkeit

Eine der Voraussetzungen für thera- peutischen Erfolg ist die, daß der Patient den Verordnungsplan des Arztes einhält, ohne selbst in ihn einzugreifen. Hierzu durchgeführte Untersuchungen machen deutlich, daß hinsichtlich dieses Problems il- lusionistische Vorstellungen beim Arzt vorherrschen. Das Problem der Patienten-Compliance ist nicht neu, wissenschaftlich beschäftigt man sich mit ihm erst seit kurzem. ln ver- schiedenen, in Europa und in den USA durchgeführten Studien wurde festgestellt, daß von etwa 40 bis 60 Prozent der Patienten der Therapie- plan in der vorgeschriebenen Weise nicht eingehalten wird. Beispiels- weise werden von den für 1,5 Millio- nen Hochdruckkranke in der Bun- desrepublik Deutschland für 365 Be- handlungstage hergestellten und abgegebenen Medikamenten diese von nur etwa 400 000 bis 500 000 Patienten regelmäßig eingenom- men, woraus geschätzt werden

kann, daß die Non-compliance etwa

50 bis 80 Prozent beträgt und rund 150 bis 180 Millionen DM/Jahr ko- stet. Die Non-compliance korreliert vor allem mit der Dauer und Komple- xität einer Therapie sowie mit der Art, Stärke und Häufigkeit uner- wünschter und den Patienten beein- trächtigender Wirkungen.

Überdosierung

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1

4

I

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Unterdosierung

Überdosierung

r ~ I I I I I I

Darstellung 1: Arzneistoff-Spiegel nach konventioneller Arzneiverabreichung. Die unterbrochene Kurve stellt die Arzneistoffkonzentration am Applikations- ort. die fortlaufende Kurve die Konzentration in der Umgebung der Rezepto- renstelle dar. Die Gerade zeigt den optimalen Arzneistoffsp1egel. Pfeile ~ Applikationen

3. Therapeutische Systeme 3.1 Konzept und Definition

Ein Therapeutisches System ist eine Darreichungsform, die einen Arznei- stoff oder mehrere i.n vorausbe- stimmter Rate kontinuierlich über einen festgelegten Zeitraum abgibt, entweder systemisch oder an einen spezifischen Anwendungsort. Der Arzneistoff kann mit konstanter Rate (Nullter Ordnung), mit festlegbar konstant abfallender Rate (Erster Ordnung) oder mit jedem anderen Zeitmuster abgegeben werden. Der eigentliche Zweck eines Therapeuti- schen Systems liegt in der ständigen Überwachung einer medika.mentö- sen Therapie über längere Zeiträu- me. Die kontinuierliche Arzneistoff- abgabe führt dazu, daß im Vergleich zu konventionellen Darreichungs- formen wesentlich geringere Sub- stanzmengen erforderlich werden. Dies bedeutet für den Patienten eine Verringerung unerwünschter Wir- kungen, eine Reduzierung des the- rapieinduzierten Schadens und- da

die effektive Dosis ED 50 reduziert und die therapeutische Breite da- durch vergrößert werden kann - ei- ne erhöhte Sicherheit der Arznei- stoffanwendung.

3.2 Aufbau eines Therapeutischen Systems

Ein Therapeutisches Systf;lm besteht aus vier Komponenten:

~ dem Arzneistoff beziehungswei- se den Arzneistoffen,

~ der Arzneistoff-Abgabe-Einheit,

~ der Plattform und

~ dem therapeutischen Programm. Die Arzneistoff-Abgabe-Einheit ist in der Plattform, dem Trägerelement lokalisiert und für die Abgabe des Arzneistoffes entsprechend dem festgelegten therapeutischen Pro- gramm verantwortlich (siehe Dar-

stellung 2). I>

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 7 vom 15. Februar 1979 421

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ln dem ein- oder mehrkammerigen Arzneistoffreservoir wird die Sub- stanz in stabiler Form gespeichert, wobei die Speichermenge der funk- tionellen Lebenszeit des Systems angepaßt ist. Über das Abgabe-Kon- trollelement wird während des funk-

tionellen Lebens des Systems die Beibehaltung des programmierten Abgabemusters überwacht. Eine Energiequelle hält den Transport der Arzneistoffmoleküle vom Reser- voir zur Abgabeöffnung aufrecht, wobei physikalische, chemische,

Therapeutisches System

r- --- - ·

: i 1

Programm

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I

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I

Arzneistoff- J

I

Reservoir

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Abgabe- Kontrollierte Kontroll- ...__ _ _ _ _ ...

Element Strömung

L - - - -

Biosystem

Therapeutischer Effekt

't

Erwünschter Arzneistoffspiegel am erwünschten Wirkort Abgabe-J Öffnung

Darstellung 2: Aufbau eines Therapeutischen Systems. Die Arzneistoff- Abgabe-Einheit besteht aus vier Elementen: dem Arzneistoffreservoir, dem Abgabekontrollelement, der Energiequelle und der Abgabeöffnung

.~

Die Arzneistoff-Abgabe _kontrollierende

polymere Membran Weirier Rand zur Ortung, _des Systems im Auge

Arzneistoff-Reservoir

~- Polymer-Membran

Polymer-Membran Arzneistoff-Reservoir

p 40 p 20

~~~~~== ~ L l

Weißer Rand zur Ortung

t1"

0,5 0,3 mm mm

Darstellung 3: Schematische Darstellung der Diffusions-Einheit OCUSEAT. Wahrend bei konventioneller Pilokarpin-Tropfen-Behandlung in 7 Tagen ins- gesamt 28 mg Wirkstoff zugeführt werden. benötigt die OCUSEAT -P-20-Ein- heit zur Erreichung des gleichen drucksenkenden Effektes 3,4 mg; die lokalen Nebenwirkungen (Miosis, Myopie) werden dadurch signifikant reduziert. Die Lebensdauer des Systems beträgt 7 Tage

422 Heft 7 vom 15. Februar 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

mechanische oder elektrische Ener- gie genutzt werden kann. Durch die Abgabeöffnung tritt der Arzneistoff aus dem System aus, um an einem für das System bestimmten Anwen- dungsort mit dem Biosystem in Re- aktion zu treten.

Das therapeutische Programm ist in- tegrierter Bestandteil eines Thera- peutischen Systems, genau definiert und ausdrückbar als Abgabe eines Arzneistoffes pro Zeiteinheit und als Gesamtdauer der Arzneistoffab- gabe.

Für die Arzneistoff-Abgabe-Einheit und die Plattform werden syntheti- sche polymere Membranen verwen- det, die durch ihre Löslichkeitsei- genschaften und ihre Dichte charak- terisiert sind. Die Membran kann li- pophil oder hydrophil sein, aber auch beide Eigenschaften besitzen. Eine synthetische polymere Mem- bran besitzt Mikroporen, die die Passage von Molekülen durch die Membran von einem Niveau hoher Konzentration zu einem solchen niedriger Konzentration zulassen.

Die Zahl der Mikroporen bestimmt die Dichte der Membran, durch de- ren Variation die Durchtrittszeit der Moleküle variiert werden kann.

4. Therapeutische Systeme für lokale Anwendung

4.1 Therapeutische Systeme für das Auge

Die Augenheilkunde ist das erste Fach gewesen, in dem Therapeuti- sche Systeme klinisch erprobt wur- den. Entsprechend der für die Arz- neistoffabgabe gewählten Energie werden diese Systeme in Diffusions- einheiten, Osmotische Einheiten und Auflösbare Einheiten eingeteilt.

Seit 1974 wird die Diffusionseinheit OCUSERT (Darstellung 3) mit Pilo- karpin in der Glaukombehandlung erfolgreich eingesetzt. Therapeuti- sche Systeme kommen darüber hin- aus für die Behandlung von Augen- erkrankungen immunologischen Charakters sowie bakteriellen und viralen Ursprungs in Betracht.

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Darstellung 4: Diagramm des intrauterinen kontrazeptiven Therapeutischen Systems Biograviplan

Darstellung 5: Darstellung des Infusionssystems AR/MED. Die wesentlichen funktionellen Elemente sind das unter Druck stehende Arzneistoffreservoir, ein Präzisions-Kontroll-Ventil, ein 0,2-Mikron-Filter und ein nicht-kollabierbares Schlauchsystem

Äthylen-V inyl-Acetat -Copolymer Arzneistoff-Reservoir

Progesteron/Silikonöl/BaSO4 Abgabe-Kontroll-

Element

i ny I-Acetat- Copolymer-Membran

4-0 blauschwarzer Monof ilament-Faden

Volumen-Anzeiger

Loch für Schlüssel zur Einstellung der Ladungs-Dosis Loch für Schlüssel zur Einstellung der Abgabe-Rate

Anzeiger der Abgabe-Rate

4.2 Das uterine Therapeutische System (Progestasert, Biogravi- plan)

Das uterine Therapeutische System (Darstellung 4) wurde für die lokale Anwendung von Substanzen oder körpereigenen Hormonen am Uterus konzipiert. Im Gegensatz zu anderen uterinen Pessaren wird ein pharma- kologisches Agens in vorbestimmter Rate kontinuierlich über einen be- stimmten Zeitraum abgegeben. Als kontrazeptives System verwendet Biograviplan zum ersten Mal das körpereigene Hormon Progesteron, von dem täglich 25 tg (insgesamt 24 mg) an das Uteruslumen abgege- ben werden. Das System vermeidet die Gefahren der generalisierten Wirkung von Gestagenen, indem es die Veränderung auf die für die Im- plantation des befruchteten Eies wichtigen oberen Schichten des En- dometriums beschränkt. Das funk- tionelle Leben der Einheit ist derzeit auf ein Jahr festgelegt; zahlreiche klinische Ergebnisse haben gezeigt, daß intrauterine Systeme auch für andere therapeutische Aufgaben eingesetzt werden können (Hyper- menorrhöen, Dysmenorrhöen).

5. Therapeutische Systeme für systemische Anwendung 5.1 Infusionssystem

Das Infusionssystem AR/MED (Dar- stellung 5) ist zur intraarteriellen oder intravenösen Anwendung von Arzneistoffen in Lösung konzipiert und bewußt auf kleinste Abmessun- gen und geringstes Gewicht hin konstruiert worden. Das Arzneistoff- reservoir ist als Patrone für einmali- gen Gebrauch ausgebildet und wird vom Patienten selbst ausgewech- selt. Die Abgaberate ist allein vom Arzt einstellbar und bewegt sich zwi- schen 0,4 und 2,0 ccm/h. Eine konti- nuierliche Infusionstherapie kann über Wochen und Monate durchge- führt werden.

Das System scheint vor allem für ei- ne kontinuierliche Antikoagulan- tienbehandlung mit Heparin, für die antibiotische Behandlung chroni-

scher Nieren- und Harnwegsinfekte sowie für die zytostatische Behand- lung verschiedener Malignome er- folgversprechend zu sein.

5.2 Gastrointestinales Therapeutisches System

Das orale osmotische System OROS (Darstellung 6) erinnert äußerlich an eine konventionelle Tablette, ver-

meidet jedoch einige wesentliche Nachteile konventioneller oraler Darreichungsformen.

Dem Konzept liegt die Überlegung zugrunde, daß Wasser ein wesentli- cher Körperbestandteil und seine thermodynamische Energie prak- tisch überall gleich ist. Die Plattform selbst ist inert und wird nach Been- digung des funktionellen Lebens der Einheit ausgeschieden.

DEUTSCHES ARZ.F.EBLATT

Heft 7 vom 15. Februar 1979 423

(5)

Folgende Vorteile zeichnen sich für die Arzneimittelabgabe bei diesem Therapeutischen System ab:

~ Kontinuierliche Abgabe des Arz- neistoffs mit voraussagbar konstan- ter Rate, so daß auch Substanzen verwendet werden können, die eine für konventionelle Formulierung zu

kurze biologische Halbwertzeit be- sitzen.

..,.. Anwendungsmöglichkeit von Wirkstoffen, die in konventioneller Darreichungsform den Magen- Darm-Trakt reizen oder schädigen, da Arzneistoff in fester Form die Ein- heit nicht verlassen kann.

Arzneistoff in flüssiger Form

~---'-;:>-..;:--Öffnung für die

1•--. -~1 Arzneistoffabgabe

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...--:---:e::;---,,

Arzneistoff- Reservoir Semipermeable Membran

in das System eindringendes Wasser

Darstellung 6: Schematische Darstellung des Aufbaus und der Funktion des gastrointestinalen Therapeutischen Systems OROS. Wird die selektiv für Was- ser permeable Membran, deren eine Seite mit einer kristallinen wasserlösli- chen Substanz in Berührung steht, mit ihrer anderen mit Körperflüssigkeit in Kontakt gebr.acht, so fließt Wasser in konstanter St~ömung so lange durch die Membran in das Arzneistoffreservoir, als in diesem Arzneistoff in fester Form vorliegt. Wassereinstrom und Arzneistoffausstrom stehen in einem Gleichge- wicht

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I

0,17 mm

~

Darstellung 7: Darstellung des transdermalen Therapeutischen Systems TRAN- SIDERM. Das Pflaster ist etwa 150 ~~m dick und bedeckt eine Hautfläche von 1 bis10cm2

424 Heft 7 vom 15. Februar 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

..,.. Unabhängigkeit von der Azidität des Gastrointestinaltraktes als Vor- aussetzung für eine konstante Arz- neistoffabgabe, da die Membran den Eintritt von Magensäure in das Arz- neistoffreservoir verhindert.

Ein Beispiel für die vielfältige Ver- wendbarkeit des Systems ist der Arzneistoff Acetazolamid (Diamox), eine potente augendrucksenkende Substanz. Wegen der nicht unerheb-

1 i chen system ischen Nebenwi rku n- gen ist die Anwendung der Substanz für die Behandlung chronischer Glaukome bislang kaum möglich gewesen. Die meisten unerwünsch- ten Wirkungen des Acetazolamid sind als dosisabhängig bekannt, und die kontinuierliche Abgabe der Sub- stanz in der effektiven Minimaldosis über das Oros-System hat im Ver- gleich mit herkömmlichen Retard- formen zu signifikant reduzierten . Plasmaspiegeln und damit zu einer Reduzierung unerwünschter Wir- kungen geführt. Da bei jeder medi- kamentösen Behandlung die Zuver- lässigkeit des Patienten in einem en- gen Zusammenhang mit der Art, der Schwere und der Häufigkeit von un- erwünschten Wirkungen steht, ist es zumindest vorstellbar, daß es über eine Reduzierung von Nebenwirkun- gen gelingt, die Zuverlässigkeit des Patienten in bezug auf die Durch- führung einer Behandlung zu erhöhen.

5.3 Transdermales Therapeutisches System

Die Funktion des transdermalen Therapeutischen Systems TRANSI- DERM (Darstellung 7) beruht auf molekularer Diffusion. Die Einheit ist einem Stück Pflaster ähnlich, wird vom Patienten selbst auf bestimmte Hautflächen appliziert, wobei der Arzneistoff durch die intakte Haut zum subkapillaren Plexus transfe- riert wird.

Das System wurde zunächst mit Skopolamin für die Behandlung von Kinetosen erfolgreich eingesetzt.

Skopolamin gilt als der für Kineto- sen wirksamste Arzneistoff, kam aber wegen seiner langen biologi-

(6)

Anstieg

der Serumdigoxinspiegel unter Chinidin

Bei Patienten, bei denen gleichzeitig Digoxin und Chinidin verordnet wer- den, ist mit einem gehäuften Auftre- ten einer Digitalisintoxikation zu rechnen. Die Digoxinkonzentration betrug bei 116 Patienten, die vorwie- gend mit ß-Methyldigoxin behandelt wurden, im Mittel 1,23 ng/ml. Im Serum von 18 Patienten mit gleich- zeitiger Chinidinmedikation lag die Digoxinkonzentration dagegen bei 2,39 ng/mI. Da beide Gruppen die gleiche Erhaltungsdosis erhielten und normale Kreatininwerte aufwie- sen, scheint die Kombination von Digoxin und Chinidin zu gehäuften Nebenwirkungen zu führen, die of- fenbar nicht auf eine Kreuzreaktion

bei der Serumdigoxinbestimmung zurückzuführen sind. Die Autoren empfehlen deshalb eine niedrignor- male Glykosiddosierung und eine Reduktion der Chinidindosis nach Erreichen des gewünschten Thera- pieerfolgs.

Doering, W.; König, E.: Anstieg der Digoxin- konzentration im Serum unter Chinidinmedi- kation, Med. Klin. 73 (1978) 1085-1088, II. Me- dizinische Abteilung des Städtischen Kranken- hauses München-Schwabing, Kölner Platz 1, 8000 München 40

Rezidivtumor

nach Strahlentherapie des Prostatakarzinoms

50 Patienten mit Prostatakarzinom wurden mit Supervolt-Strahlenthe- rapie behandelt. 6500 Rads wurden auf die Prostataregion und 4500 auf das benachbarte Beckenlymphkno- tengebiet gestrahlt. Von den 50 Krebspatienten befanden sich 5 Pa- tienten im Stadium A, 12 Patienten im Stadium B und 33 Patienten im Stadium C. 67 Biopsien (perineal oder transurethral) wurden in ver- schiedenen Zeitabständen ausge- führt und histologisch untersucht. 6 der 17 Patienten im Stadium A und B und 15 der 33 Patienten im Stadium C hatten positive histologische Be-

funde. Von den 17 Patienten, die länger als drei Jahre nach der Strah- lenbehandlung biopsiert wurden, hatten 10 Patienten (59 Prozent) definitive histologische Krebsbefun- de. Die Autoren kamen zu dem Schluß, daß man eine Persistenz von deutlich positivem histologischem Krebsbefund drei Jahre nach Strah- lenbehandlung als TherapiernIßer- folg bezeichnen muß. 8 der 50 Fälle haben bereits Fernmetastasen. Krh

Nachtsheim, D. A.; McAninch, J. W.; Stutzman, R. E.; Goebel, J. L.: Latent residual tumor fol- lowing external radiotherapy for prostate ade- nocarcinoma, J. Urology 120 (1978) 312-314;

Letterman Army Medical Center, San Francis- co, Cal., USA.

Somatostatin bei der Ulkusblutung

Die schwere Ulkusblutung ist in den meisten Fällen nur durch einen ope- rativen Eingriff zu beherrschen, die konservative Therapie beim Risiko- patienten ist problematisch. In Basel wurden jetzt 14 Blutungsepisoden bei 13 Patienten erfolgreich mit So- matostatin behandelt, nachdem die Blutung trotz mehrerer Blutkonser- ven anhielt. Jeder Patient erhielt ei- ne Bolusinjektion von 250 p.g Soma- tostatin (Sereno) sowie anschlie- ßend 250 lig/h in 40 ml Kochsalzlö- sung für 24 bis 120 Stunden intrave- nös. Der Therapieerfolg wurde en- doskopisch kontrolliert, Nebenwir- kungen des Somatostatins wurden nicht registriert. Die Blutung konnte in allen Fällen gestoppt werden. Re- zidivblutungen konnten bei zwei Pa- tienten wiederum durch Gabe von Somatostatin beherrscht werden.

Bei zwei Patienten mußte die Blu- tung schließlich chirurgisch ver- sorgt werden. In einer kontrollierten Studie wird gegenwärtig die Wir- kung von Somatostatin mit der von Cimetidin bei der konservativen Be- handlung der Ulkusblutung unter- sucht.

Kayasseh, L.; Gyr, K.; Stalder, G. A.; Allgöwer, M.: Somatostatin in acute gastroduodenal hemorrhage, Lancet 11 (1978) 833-834, Abtei- lung für Gastroenterologie, Kantonsspital Basel

schen Halbwertzeit und seinen star- ken Nebenwirkungen in konventio- neller Darreichungsform bislang für die Therapie nicht in Betracht. Aus- gedehnte klinische Studien auf See haben gezeigt, daß das transderma- le Skopolamin-System die erwarte- ten therapeutischen Wirkungen zeigt unter weitgehender Vermei- dung der unerwünschten anticho- linergischen Effekte. Großbritannien hat als erstes europäisches Land dem transdermalen System Zulas- sung erteilt.

Nachdem es gelungen ist, die Haut als Applikationsort zumindest be- grenzt für systemische Behandlung heranzuziehen, werden derzeit wei- tere Substanzen für diesen Anwen- dungsweg geprüft. Mit großem In- teresse müssen vor allem klinische Versuche verfolgt werden, über die Haut eine kontinuierliChe Beeinflus- sung des systemischen Blutdruckes zu erzielen.

Literatur

(1) Alza Corporation (ed.): AR/MED Infusor.

Product information. Palo Alto, Calif., 1976 - (2) Chemie Grünenthal, Abt. Medi-Konzept (Hrsg.)• Ocusert P20/P40, Therapeutisches Sy- stem zur Glaukombehandlung, Wissenschaftl.

Druckschrift. Stolberg, Rhld., 1975 - (3) Che- mie Grünenthal, Abt. Medi-Konzept (Hrsg.):

Biograviplan Progestasert; Uterines Therapeu- tisches System, Wissenschaftl. Druckschrift.

Stolberg, Rhld., 1975 - (4) Heilmann, K.: Thera- peutische Systeme, Konzept und Realisation organspezifischer Arzneiverabreichung; Enke, Stuttgart, 1977 - (5) Heilmann, K.: Therapeutic Systems, Pattern-specific drug delivery: Con- cept and development, Thieme, Stuttgart, 1978 - (6) Shaw, J.; Chandrasekaran, S.; Michaels, A.; and Taskovich, L.: Controlled transdermal delivery, in vitro and in vivo, in: Relevance of Animal Models, H. Maibach (ed.), Churchill/

Livingston, London, In press - (7) Theeuwes, F.: The elementary osmotic pump. J. Pharm.

Sci. 64 (1975) 1987-1991 - (8) Yates, F.; Ben- son, H.; Buckles, R.; Urquhart, J. and Zaffaroni, A.: Towards a new concept of precision in drug administration, Pharm. J. 205 (1970) 400 - (9) Yates, F.; Benson, H.; Buckles, R.; Urquhart, J.

and Zaffaroni, A.: Engineering development of therapeutic systems: a new class of dosage forms for the controlled delivery of drugs, In:

Advances in Biomedical Engineering, J. Dick- son (ed.), Vol. 5. Academic Press, New York 1975 - (10) Zaffaroni, A.: Towards a new con- cept of precision in drug administration, Pharm. J. 205 (1970) 400-402

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Klaus Heilmann Beethovenplatz 2-3 8000 München 2

426 Heft 7 vom 15. Februar 1979

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