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Archiv "Ethik in der Berufsordnung: Unmissverständlich" (20.05.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 20

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20. Mai 2011 A 1085

K

urswechsel“ – das war der Begriff aus Zeitungs- überschriften zur Jahreswende 2010/2011, der eine heftige Diskussion über die Haltung der verfassten Ärzteschaft zur Sterbebegleitung ausgelöst hat. Mochte Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bun- desärztekammer, noch so oft versichern, die Überarbei- tung der Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung ziele nicht auf einen Kurswechsel ab, sondern sie sei al- lein schon wegen der gesetzlichen Regelung der Patien- tenverfügung und des Urteils des Bundesgerichtshofs zur Sterbehilfe vom 25. Juni 2010 geboten – er über- zeugte einige Kritiker nicht. Und läuft nicht zumindest eine Formulierung in der Neufassung der Grundsätze vom Januar 2011 tatsächlich auf eine Liberalisierung hinaus? „Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttö- tung ist keine ärztliche Aufgabe“, heißt es darin. Dann könne der Arzt ja als Privatmensch mitwirken, arg- wöhnte die Darmstädter Philosophin Petra Gehring.

Und nicht nur sie. Hoppe stellte deshalb klar, dass die beruflichen Pflichten eines Arztes unteilbar seien.

Gleichwohl wird der Satz zur ärztlichen Suizidbeihilfe weiterhin von vielen als Liberalisierung verstanden.

Dabei spielt mit, dass manche diese Aussage mit einer berufsrechtlichen Norm verwechseln. Tatsächlich sind die „Grundsätze“ eine Orientierungshilfe für die ärztli- che Praxis, eine wichtige allemal, aber kein Gesetz.

Die Berufsordnung enthält bisher kein ausdrückli- ches Verbot der ärztlichen Suizidbeihilfe. Der Vorstand der Bundesärztekammer will das, sicher auch unter dem Eindruck der jüngsten Diskussion, nun ändern. Er hat nach eingehender Beratung eine Formulierung be- schlossen, die dem 114. Deutschen Ärztetag in Kiel vorgelegt wird. § 16 (Muster-)Berufsordnung soll künf- tig lauten: „Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden un- ter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Wil- lens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“ Das ist unmissverständlich. Wäre der Vorschlag früher gekommen, hätte sich die Bundes- ärztekammer manche Aufregung erspart. Jedenfalls dürfte die Neufassung von einer breiten Mehrheit in Kiel beschlossen werden. Dann wird das Berufsrecht bei der ärztlichen Suizidbeihilfe strenger sein als das Strafrecht, das die Beihilfe zur Selbsttötung nicht ahn- det. So soll es sein: Nicht alles, was strafrechtlich er- laubt ist, muss für Ärzte zulässig sein.

Dabei ließe es die neue Berufsordnung zu, dass im Ausnahmefall gegen einen Arzt nicht vorgegangen wird, der keine andere Möglichkeit gesehen hat, einen Patienten von unerträglichen Schmerzen zu befreien, als ihm dabei zu helfen, aus dem Leben zu scheiden. Darin besteht große Übereinstimmung. In dem Zusammen- hang ist wichtig, was erfahrene Palliativmediziner wie Prof. Dr. med. Georg Maschmeyer (Berlin) berichten:

Ärzte werden nicht von Sterbenden mit der Frage einer Hilfe beim Suizid konfrontiert. Diese haben dazu nicht mehr die Kraft, manche wünschen sich, dass ihr Arzt sie direkt erlöst von ihrem Leiden. Diesem Wunsch darf der Arzt nicht entsprechen. Er kann allerdings, so steht es in den „Grundsätzen“, bei Sterbenden die Linderung des Leidens so in den Vordergrund stellen, „dass eine möglicherweise dadurch bedingte unvermeidbare Le- bensverkürzung hingenommen werden darf“.

Über all dies gibt es keinen wirklichen Streit. Und doch sind Unterschiede im Grundsätzlichen deutlich geworden. Suizidbeihilfe widerspreche dem ärztlichen Ethos, hieß es bisher in den „Grundsätzen“. Dieser Hin- weis ist in der Neufassung weggefallen. Weil man Ärz- te mit anderer Einstellung nicht mit der moralischen Keule bedrohen solle, lautet eine Begründung. Sie ist zu hinterfragen. Sicher gibt es in einer pluralistischen Gesellschaft unterschiedliche ethische Vorstellungen.

Und tatsächlich ist der Begriff des ärztlichen Ethos im- mer wieder missbraucht worden. Aber macht ihn das überflüssig? Ein Kernelement des ärztlichen Ethos fin- det man in der alten wie der neuen Berufsordnung:

„Ärzte dürfen weder ihr eigenes noch das Interesse Dritter über das Wohl des Patienten stellen.“

ETHIK IN DER BERUFSORDNUNG

Unmissverständlich

Heinz Stüwe

Heinz Stüwe Chefredakteur

S E I T E E I N S

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