A 458 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 9|
4. März 2011 therapeut etc.). Dadurch lassensich über 80 Prozent der Rehabili- tanden auch beruflich wiederein- gliedern.
Schade ist, dass ein nur geringer Anteil der neurologischen Rehabili- tanden in Tageskliniken behandelt
wird – vertane Chancen, zum Nach- teil der Betroffenen und der Sozial- gemeinschaft.
Dr. med. Herwig Lange, Leitender Arzt des RehaZentrums Dinslaken, Tagesklinik für neurolo- gische und orthopädische Rehabilitation im Gesund- heitszentrum Lang der Sanitätshaus Lang GmbH, 46539 Dinslaken
gesellschaftlich zu entsprechen wäre – Multimorbidität ist doch wohl weniger eine Summe von Krank- heiten des Einzelnen, vielmehr als Risikostruktur für den betroffenen Menschen zu beachten, das kann gelegentlich schon mit 40 Jahren anfangen, ist also in dem Sinne kei- ne Alterserscheinung, aber diagnos- tisch zu bewerten und therapeutisch anzugehen
– Was ist das eigentlich: Reha vor Pflege? Bei einer Vielzahl von Er- krankungen gehört Rehabilitation zur Gesamtbehandlung, allerdings spielt der Funktionserhalt bei der Altenpflege praktisch keine Rolle.
Das Letztgenannte fördert die Pfle- gebedürftigkeit.
Einer komplexen Behandlung steht die Spezialisierung eigentlich nicht im Wege, wenn ein Arzt die für den Patienten nötige Übersicht hat.
Das setzt eine vertrauensvolle Arzt- Patientenbeziehung voraus.
Leider gewinnt man derzeit den medialen Eindruck, dass gerade diese zugunsten einer ökonomisier- ten Dienstleistung zerstört werden soll.
SR Dr. med. Klaus Muschert, 16321 Bernau
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Der Altenbericht der Bundesregierung hat eine kontroverse Debatte ausgelöst (DÄ 1–2/2011:
„Ärztliche Versor- gung alter Men- schen: Reale Probleme und viel Pole- mik“ von Birgit Hibbeler).
Die Mängelliste
Bemerkenswert ist, dass ein Geron- tologe in dem Artikel nicht zu Wort kommt, die Gerontologie/Geriatrie werden nicht einmal erwähnt.
Seit Jahrzehnten bestehen nachfol- gende Mängel bei der Betreuung al- ternder und alter Menschen:
– Gerontologische Gesichtspunkte
fehlen im Gesundheitsschutz (wich- tig unter anderem für den altersad - äquaten Arbeitseinsatz, zur Präven- tion von Krankheit im Alter, die ir- reführenderweise „Alterskrankheit“
genannt wird)
– Lebenslanges Bemühen um ein gesundes Altern und Alter ist nicht erwähnt, öffentlich als Program - matik kaum vorhanden und wird erst recht im Alter und im Rahmen der Pflege nicht praktiziert – Analysen der Pflegebedürftigkeit und sich daraus ergebende Vorbeu- gungsmaßnahmen spielen keine Rolle, sind auch wohl kaum vor- handen
– Altwerden wird noch immer als
„Kunstprodukt von Medizin und Pharmazie“ verstanden, nicht als ein biologisches Phänomen, dem
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Beschäftigte mit überlangen Arbeits- zeiten leiden beson- ders häufig unter Schlafstörungen (DÄ 3/2011: „Lange Ar- beitszeiten machen krank“).
Der dynamische Arbeitsplatz
Es gilt der Bundesanstalt für Ar- beitsschutz und Arbeitsmedizin zu- zustimmen, dass der Faktor Ar- beitszeit eine wichtige Indikator- funktion für das jeweilige Niveau der Arbeitsbelastung sowie für ar- beitsbezogene gesundheitliche Fol- gen hat. So gehen überlange Ar- beitszeiten beispielsweise mit ei- nem erhöhten Verletzungs- und Er- krankungsrisiko oder psychosoma- tischen Beschwerden einher. Aktu- ellen Untersuchungen zufolge ha-
ben die wöchentlichen Arbeitsstun- den aber auch einen signifikanten Einfluss auf den Multirisikofaktor Übergewicht. So verdoppelt sich ab elf Stunden Arbeitszeit pro Tag das Risiko für Adipositas. Als Erklä- rung wird unter anderem genannt, dass die Gelegenheit für körperli- che Aktivitäten in der Freizeit sinkt, dagegen die Fernsehzeit und die Frequenz einer höheren Ener- giezufuhr als Coping-Strategie stei- gen, das heißt, beim Bewältigen von schwierigeren Lebens-/Ar- beitssituationen greifen viele Men- schen nach fettreichen und süßen Speisen.
Vor dem Hintergrund der Tatsache
„If you feel good, you work good“
dürfen Arbeitnehmer und -geber da- her zumindest ein bewegungsergo- nomisches Systemdenken nicht vernachlässigen . Arbeitsorganisato- rische Maßnahmen sollten den
„homo sedens“ bei normalen und obesogenen „long working hours“
dazu zwingen, alle zehn bis 15 Mi- nuten tätigkeitsbedingt aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen, Treppen zu steigen etc. Dies gelingt durch veränderte Anordnung der Arbeitsmittel (z. B. Drucker, Kopie- rer stehen im Nebenraum; integrier- te Stehpulte zum Telefonieren, für Lese- und Korrekturarbeiten etc.) und der Ablageorganisation (nicht alles in Griffnähe). Bewegungser- gonomisch günstig sind demnach Arbeitsstrukturen, die den häufigen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Bewegen fördern, sozusagen vom „dynamischen Sitzen“ zum
„dynamischen Arbeitsplatz“. So fordern Arbeitsmediziner seit 20 Jahren als gesundheitliches Muss ein Verhältnis von 50 Prozent Sitzen, 25 Prozent Stehen und 25 Prozent Bewegen.
Literatur beim Verfasser Dr. oec. troph. Martin Hofmeister, Verbraucherzentrale Bayern e.V., Referat Ernährung, 80336 München
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