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Archiv "Fluorchinolone zu oft verordnet" (03.05.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 18

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3. Mai 2013 327

M E D I Z I N

DISKUSSION

Fluorchinolone zu oft verordnet

Abweichend von wohlbegründeten Empfehlungen werden zu oft Fluorchinolone bei unkomplizierten Harnwegsinfekten verordnet. Das hat gravierende und negative Auswirkungen auf die epidemiologi- sche Situation bei diesem Krankheitsbild.

Ursache für diese ärztliche Handlungsweise könn- ten auch die Musterabgaben der Industrie sein. Auf diesem Wege wurden in den letzten Jahren zahlrei- che Fluorchinolone in den Verkehr gebracht. Es lässt sich belegen, dass Musterabgaben, trotz des guten und unverdächtigen Rufes (auch bei kritischen Ärz- ten), dazu führen, dass unangemessene Verordnun- gen vorgenommen werden (1). Selbst das Argument, dass es sich bei Mustern um eine Unterstützung von finanziell schwachen Patienten handelt, lässt sich nicht belegen (2).

Der „gesunde Menschenverstand“ hilft bei der Analyse weiter: Warum sollte die Industrie Sozialar- beit leisten? Pharmazeutische Hersteller sollen und müssen verkaufen. Um das zu verbessern, werden zum „Anfüttern“ Proben verteilt. Ärztinnen und Ärz- te sind nicht verpflichtet, diese Verkaufsstrategie zu unterstützen. Zusätzlich gibt es gute medizinische Gründe, keine Muster einzusetzen. Das Argument, durch den Mustereinsatz könne man therapeutische Erfahrungen sammeln, verblasst angesichts von zwei erlaubten N1-Packungen pro Medikament und Jahr.

Allerdings lassen sich andere Erkenntnisse sammeln:

Muster führen zur besseren Marktpräsenz, selbst wenn Leitlinien gegen den Einsatz sprechen.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0327a LITERATUR

1. Adair RF, Holmgren R: Do drug samples influence resident prescri- bing behavior? A randomized trial. Am J Med 2005; 118: 881–4.

2. Cutrona SL, et al.: Free drug samples in the United States, characte- ristics of pediatric recipients and safety concerns. Pediatrics 2008;

122: 736–42.

3. Velasco E, Noll I, Espelage W, Ziegelmann A, Krause G, Eckmanns T:

A survey of outpatient antibiotic prescribing for cystitis. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(50): 878–84.

Thomas Lindner Hennigsdorf

thomaslindner_bln@t-online.de

Interessenkonflikt

Der Autor hat Vortragshonorare von der Rosa-Luxemburg-Stiftung erhalten.

Er ist im Vorstand von MEZIS e.V. („Mein Essen zahl ich selbst“).

Ergänzungen

Intention und Thema dieses Artikels sind sehr zu be- grüßen. Leider wurden dabei einige wichtige Punkte nicht erwähnt: Bei einer unkomplizierten Harnwegs- infektion sind durchaus auch höhere Resistenzraten als 20 % akzeptabel, wenn dadurch andere Probleme vermieden werden können.

Trimetoprim wirkt gleich gut wie Cotrimoxazol bei deutlich geringeren Nebenwirkungen, insbeson- dere Allergieraten. Cotrimoxazol ist daher bei dieser Indikation obsolet. Ausweislich der Beipackzettel muss bei Fosfo mycin der Einnahmemodus (2 Stun- den vorher und 1 Stunde danach keine Nahrungsauf- nahme) genau beachtet werden, sonst geht leicht die Wirkung trotz sensibler Erreger verloren. Dies ist den meisten Kollegen nicht bekannt und sie wenden sich dann enttäuscht wieder von diesem Mittel ab.

Nitrofurantoin ist bisher in Deutschland nur zuge- lassen, wenn andere Alternativen nicht eingesetzt werden können oder unwirksam sind.

Die meisten dieser Punkte stehen in der DEGAM- Leitlinie „Brennen beim Wasserlassen“, die von den Autoren des Artikels offensichtlich ignoriert wurde.

Schade, dass bei der Durchführung der Studie und der vorliegenden Publikation Primärversorger nicht einbezogen wurden.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0327b LITERATURT

1. Schmiemann G, Gebhardt M, Matejczyk M, Hummers-Pradier E:

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin:

Leitlinie Nr 1; Brennen beim Wasserlassen – Update 2009;

http://leitlinien.degam.de/index.php?id=73.

2. Velasco E, Noll I, Espelage W, Ziegelmann A, Krause G, Eckmanns T: A survey of outpatient antibiotic prescribing for cystitis. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(50): 878–84.

Prof. Dr. med Erika Baum Biebertal

Baum064092007@t-online.de

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Methodische Mängel

Die Aussagekraft der Arbeit von Velasco et al. (1) wird durch methodische Mängel erheblich einge- schränkt:

Die Repräsentativität der Stichprobe („Ärzte, die angaben, dass ihre häufigste Diagnose unkomplizier- te HWI/Zystitis war“) scheint fragwürdig, da Verord- nungsstatistiken belegen, dass Atemwegsinfektionen der mit Abstand häufigste Grund für Antibiotikaver- ordnungen sind.

Die gemeinsame Auswertung des Antwortverhal- tens von Hausärzten und Gebietsärzten ist wenig sinnvoll, da der Versorgungsebene wesentlicher Ein- zu dem Beitrag

Survey zur ärztlichen Verschreibung von

Antibiotika: Ergebnisse zur akuten Zystitis in der ambulanten Versorgung

von Dr. Edward Velasco, S.M., Dipl.-Psych. Ines Noll, Dr. med. vet. Werner Espelage, Dr. sc. nat. Antina Ziegelmann, Prof. Dr. med. Gérard Krause, Dr. med. Tim Eckmanns in Heft 50/2012

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M E D I Z I N

fluss auf Erkrankungsschwere und Therapie zu- kommt. Urologisch behandelte Harnwegsinfekte sind eher kompliziert und häufiger auf Problemkei- me zurückzuführen. Sie erfordern daher eine andere Behandlung, als die in der hausärztlichen Praxis ty- pischen unkomplizierten Harnwegsinfekte.

Die Monosubstanz Trimethoprim (in der evidenz- basierten Leitlinie „Brennen beim Wasserlassen“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin [DEGAM] empfohlen) scheint (in einer offenen Frage) von keinem Befragten genannt worden zu sein. Wurden hier die Ergebnisse (2) Tri- methoprim (TMP) und Trimethoprim-Sulfamethoxa- zol (TMP-SMX) zusammengefasst? Auch aufgrund neuerer Studienergebnisse (3) halten wir TMP wei- terhin für das Antibiotikum der ersten Wahl. In je- dem Fall sollte Cotrimoxazol nicht als angemessene Behandlungsalternative vorgeschlagen werden.

Aktuelle Leitlinien (DEGAM, AWMF) raten von einer Erregerbestimmung bei unkomplizierten Harn- wegsinfekten ab. Resistenzdaten wie das erwähnte Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) können daher keine Aussagen zum Resistenzspektrum un- komplizierter Infektionen machen.

Ein aktueller Vergleich mit unselektierten Daten aus der Primärversorgung (4) zeigt deutliche Unter- schiede zu den Ergebnissen des ARS.

Zusammenfassend empfehlen wir eine Analyse der in der vorliegenden Arbeit dargestellten Ergeb- nisse auf der jeweiligen Versorgungsebene.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0327c

LITERATUR

1. Velasco E, Noll I, Espelage W, Ziegelmann A, Krause G, Eckmanns T:

A survey of outpatient antibiotic prescribing for cystitis. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(50): 878–84.

2. Schmiemann G, Gebhardt K, Matejczyk M, Hummers-Pradier E:

Brennen beim Wasserlassen – Anwenderversion der S3 Leitlinie Harnwegsinfekte. Düsseldorf: Omicron publishing; 2009.

3. Kuehlein T, Goetz K, Laux G, Gutscher A, Joos S: Antibiotics in urinary-tract infections. Sustained change in prescribing habits by practice test and self-reflection: a mixed methods before-after study.

BMJ Qual Saf 2011; doi: 10.1136/bmjqs.2010.047357.

4. Schmiemann G, Gágyor I, Hummers-Pradier E, Bleidorn J:

Resistance profiles of urinary tract infections in general practice – an observational study. BMC Urology 2012; 12: 33.

doi: 10.1186/1471–2490–12–33.

Dr. med. Guido Schmiemann MPH Abteilung Versorgungsforschung Institut für Public Health Universität Bremen schmiemann@uni-bremen.de

Dr. med. Ildikó Gágyor

Prof. Dr. med. Eva Hummers-Pradier Institut für Allgemeinmedizin, Universität Göttingen

Dr. med. Jutta Bleidorn Institut für Allgemeinmedizin Medizinische Hochschule Hannover

Interessenkonflikt

Dr. Schmiemann und Prof. Hummers-Pradier sind Autoren der DEGAM-Leitlinie

„Brennen beim Wasserlassen“ und waren als Vertreter der DEGAM an der S3-Leitlinie „Harnwegsinfektionen“ beteiligt.

Die übrigen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Schlusswort

Herr Schmiemann und Koautoren sehen in der Arbeit (1) in einigen Punkten erhebliche methodische Mängel.

Wir können diese Befürchtungen zum Teil widerlegen, zum Teil konnte wegen des Studiendesigns nicht anders vorgegangen werden. Wir halten die Studie dennoch für aussagekräftig. Frau Baum spricht teilweise ähnliche Punkte an.

Die Repräsentativität dieser Stichprobe wurde in- tensiv geprüft (2). Im Artikel wurde ein vergleichender Überblick verschiedener Leitlinien gegeben. Während der Studie (2008) arbeiteten Vertreter der DEGAM in- tensiv an der neuen S3-Leitlinie mit, daher konnten diese Leitlinien im Überblick nicht berücksichtigt wer- den. Wie schon im Editorial zu unserem Beitrag er- wähnt, lag unser Stichprobenzeitraum etwa zwei Jahre vor den aktuellen Publikationen der S3-Leitlinien zur Therapie der unkomplizierten Harnwegsinfektion. In Regionen mit einer Resistenzrate von unter 20 % bei Trimethoprim/Cotrimoxazol bei E. coli ist Trimetho- prim/Cotrimoxazol nach wie vor Mittel der ersten Wahl (3). Das gewählte Antibiotikum wurde im Survey im Freitext eingegeben. Trimethoprim allein wurde nur 39-mal (0,01 %) erwähnt, Clotrimaxazol (Kombination aus Sulfonamiden und Trimethoprim) dagegen 554-mal (7 %), daher wurden die Ergebnisse zusammengefasst.

Es ist bekannt, dass Antibiotikaresistenz-Surveil - lance-Systeme die Resistenzen im ambulanten Bereich überschätzen. Daher sind Studien wie die von Herrn Schmiemann sehr wichtig.

Herr Lindner stellt den möglichen Einfluss von Musterabgaben der Industrie auf die Antibiotika - verschreibung heraus. Mögliche Einflussfaktoren der Pharma industrie sowie Musterabgaben sind ein wichti- ges Thema. Dieses wurde intensiv während der Fokus- gruppendiskussionen, die vor dieser Befragung statt- fanden, erörtert (4). Mögliche Einflussfaktoren der Pharmaindustrie wurden in unserer Studie untersucht.

Diese Faktoren hatten jedoch keinen Einfluss auf die Verschreibung von Antibiotika bei HWI.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0328 LITERATUR

1. Velasco E, Noll I, Espelage W, Ziegelmann A, Krause G, Eckmanns T:

A survey of outpatient antibiotic prescribing for cystitis. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(50): 878–84.

2. Velasco E, Espelage W, Faber M, Noll I, Ziegelmann A, Krause G, Eck- manns T: A national cross-sectional study on socio-behavioural factors that influence physicians’ decisions to begin antimicrobial therapy. Infection 2011; 39: 289–97.

3. Velasco E, Ziegelmann A, Eckmanns T, Krause G: Eliciting views on antibiotic prescribing and resistance among hospital and outpatient care physicians in Berlin, Germany: results of a qualitative study.

BMJ Open 2012; 2: e000398.

4. Wagenlehner FME, Hoyme U, Kaase M, et al.: Clinical practice guide- line: uncomplicated urinary tract infections. Dtsch Arztebl Int 2011;

108(24): 415–23.

Dr. Edward Velasco, S.M.

Robert Koch-Institut, Berlin VelascoE@rki.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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