• Keine Ergebnisse gefunden

8 Wiederaufbau nach 1945

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "8 Wiederaufbau nach 1945"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Foto: Magistrat der Stadt Hanau

Dienststelle des DV 1952–1954 in der Savignystr. 37 in Frankfurt/M.

Geschäftsbericht 1947, vorgetragen von Hilde Eiserhardt auf der Vorstandssitzung am 2.3.48 in Heidelberg.

Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Wilhelm Polligkeit durch Hessens Innenminister Zinnkan am 30.4.1952. Rechts im Bild Hilde Eiserhardt.

8

D eu ts ch er V er ei n r öf fe nt li ch e un d pr iv at e rs or ge e .V .

Wiederaufbau nach 1945

Kurt Blaum

* Straßburg 10.4.1884, † Bad Homburg 26.11.1970

1908 Straßburger Sozialreferent, 1910 Dr. rer. pol., seit 1912 Verwaltungs- direktor des Straßburger Armenamtes, Urheber des sog. „Straßburger Systems“ der sozialen Fürsorge, nach Ausweisung aus dem Elsass 1919 im württembergischen Innenministerium tätig, Verfasser des Werkes „Jugend- wohlfahrt“, 1921–1933 Oberbürgermeister von Hanau, 1933 aus politischen Gründen aus dem Amt geschieden, danach Gutachter und Schriftsteller, 1942–1944 Leiter des Motorenforschungswerkes Oberursel, nach Kriegsende kurzzeitig Oberbürgermeister von Hanau und Frankfurt a.M., 1916–1933 und 1946–1953 Mitglied des DV-Hauptausschusses, 1946–1951 des DV-Vorstandes, 1949/50 DV-Geschäftsführer, 1946–1951 stellvertretender Vereinsvorsitzender.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lag der Deutsche Verein in Trümmern, seine Berliner Geschäftsstelle war ausgebombt, die Bibliothek verloren, das Vereinsvermögen eingefroren

und die Vereinsspitze durch NS-Funktionäre diskreditiert. In dieser hoffnungslos erscheinenden Situation ergriff Wilhelm Polligkeit die Initiative für einen Neubeginn.

Ludwig Neundörfer

* Mainz 13.3.1901, † Frankfurt a.M. 25.9.1975

Seit 1922 als Kulturwissenschaftler tätig, 1929 Dr. phil., 1927–1932 Leiter der Städtischen Volksschule in Offenbach, anschließend Hilfsreferent im Volksbildungsreferat des Hessischen Kulturministeriums, 1933–1939 Stadt- und Sozialplaner in Heidelberg mit soziografischen Untersuchungen betraut, seit 1940 für die Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung tätig, seit 1943 Direktor des „Instituts zur Erforschung des deutschen Volksaufbaus Frank- furt/Main“ (Soziographisches Institut). Nach Kriegsende Umorientierung der Institutsarbeit auf Wiederaufbauplanung und Flüchtlingsintegration, 1949 Professor für Soziologie in Jugen- heim, 1961 Ordinarius in Frankfurt a.M. 1955 Mitverfasser der „Rothenfelser Denkschrift“, 1966 an der Sozialenquête der Bundesregierung beteiligt, im DV wichtiger Impulsgeber insbesondere zur Familienversorgung, 1960–1975 Mitglied des DV-Hauptausschusses.

Hans Achinger

* Elberfeld 5.10.1899, † Frankfurt a.M. 6.7.1981. 1924

Dr. rer. oec., anschließend in der Fürsorgeerziehung des Rheinlandes und als DV-Referent beschäftigt, 1925–1937 Geschäftsführer der Centrale für private Fürsorge in Frankfurt/Main, Schriftleiter der Zeitschrift der Gau- wirtschaftskammer des Rhein-Main-Gebietes, 1938 Habilitation und Dozent für Sozialpolitik an der Frankfurter Universität. Nach 1945 Redakteur und Dozent, 1952 außerordentlicher Professor, 1957 Ordinarius für Sozialpolitik der Universität Frankfurt a.M. 1955 Mitverfasser der „Rothenfelser Denk- schrift“. In zahlreichen sozialpolitischen Gremien und Verbänden aktiv, im DV 1949–1979 Mitglied des Hauptausschusses und 1951–1975 des Vorstandes, 1962–1974 stellvertretender Vereinsvorsitzender.

Das „Soziographische Institut“

als Ausgangspunkt

Polligkeit hatte seit 1943 im Sozio- graphischen Institut in Frankfurt a.M.

einen Zirkel von Fürsorgefachleuten um sich geschart, zu denen Hans Achinger, Kurt Blaum, Hans Schenk, Rudolf Prestel und Hilde Eiserhardt gehörten. Sie bildeten den perso- nellen Kern für den Wiederaufbau des DV. Allerdings war das Soziogra- phische Institut keine fortschritt- liche, regimekritische Institution, wie von den Beteiligten rückblickend suggeriert wurde, sondern betrieb

Raumforschung im Sinne der nationalsozialistischen Siedlungs- und Aggressionspolitik. Da sowohl der Institutsleiter Ludwig

Neundörfer als auch Polligkeit nicht der NSDAP angehört hatten und sie den amerikanischen Besatzungsbehörden den Eindruck unpolitischer wissenschaftlicher Institutsarbeit vermitteln konnten, erhielt die Einrichtung die Genehmigung zur Fortsetzung der Arbeit.

Neundörfer stellte dem DV im Soziographischen Institut Räumlich- keiten für eine provisorische Geschäftsstelle zur Verfügung. Im Herbst 1945 wurde Polligkeit zum Stadtrat und Leiter des Frank- furter Wohlfahrtsamtes ernannt. Mit dieser Stellung im Rücken

beantragte Polligkeit im Frühjahr 1946 bei der US-Militärverwaltung erfolgreich die Wiederzulassung des DV für „Großhessen“.

Reorganisation nach Weimarer Vorbild

1946 wurde ein erster Fürsorgetag nach Frankfurt a.M. einberufen, auf dem Vorstand und Hauptausschuss gewählt, die demokratische Satzung der Weimarer Republik erneut be-

schlossen und Polligkeit zum Vereins- vorsitzenden und 1. Geschäftsführer sowie Hilde Eiserhardt zur 2. Geschäfts- führerin berufen wurden. Der DV

knüpfte folglich sowohl personell als auch organisatorisch nahtlos an die Zeit vor 1933 an. Rasch wurde er

wieder zu einem Sammelbecken von anerkannten Persönlichkeiten aus der öffentlichen Fürsorge sowie der freien Wohlfahrtspflege. Im Vorstand saßen u.a. der Sozial-

demokrat Heinrich Treibert, der zeitweilig als Präsident des Deut- schen Landkreistages fungierte, der christdemokratische Flüchtlings- politiker Peter Paul Nahm, die angesehenen Repräsentanten der evangelischen und katholischen Wohlfahrtspflege, Otto Ohl und Albert Lenné, und die CDU-Politikerin Helene Weber, eine der vier

„Mütter“ des Grundgesetzes. Inhaltlich nahm sich der DV aller relevanten Fürsorgethemen der Nachkriegszeit an, insbesondere der Jugendverwahrlosung und der Bekämpfung der Geschlechts- krankheiten. Sein zentrales Anliegen, das er weitgehend verwirk- lichen konnte, bildete allerdings die Wiederherstellung eines

einheitlichen Fürsorgerechts auf der Basis der Weimarer Bestim- mungen.

Wilhelm Polligkeit – die zentrale Persönlichkeit des Wiederaufbaus

Polligkeit leistete in der Nachkriegszeit überragende Aufbauarbeit für den DV und war nahezu omnipräsent. Nachdem er wie- derholt um Entlastung durch einen haupt- amtlichen Geschäftsführer gebeten hatte, betraute der Vorstand im November 1949 den sozialpolisch erfahrenen Kurt Blaum mit dieser Schlüsselposition. Rasch er- wuchs aus der neuen Gewichtsverteilung in der DV-Leitung ein ernster Konflikt zwi- schen Polligkeit und Blaum, der in einer Führungskrise im DV mündete. Auf dem Fürsorgetag im Oktober 1950 drängte der Vorstand Blaum, zum Jahresende aus der Geschäftsführung auszuscheiden, und Polligkeit räumte mit sofortiger Wirkung das Amt des Vorstands. Rückblickend er- wies sich so die Kontroverse als Glücksfall, denn unter dem neuen Vereinsvorsitzenden Hans Muthesius brach das „goldene Zeit- alter“ des DV an.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Insgesamt gesehen handelte es sich bei den Jüdinnen und Juden, die nach 1956 in die Bundesrepublik übersiedelten, überwiegend um ältere Menschen, die nach

kriegszeit nicht mehr die alles überragende Stellung inne, was allerdings nicht als struktureller Nieder- gang (trading down) interpretiert werden kann. Viel- mehr ist dies Folge

vorangestellt wird die Betrachtung von Herausforderungen, die zwar nicht gänzlich neu waren – sowohl die Besatzung durch eine ausländische Militärregierung als auch die Diskussion

Um die Anerkennung der Regierung Renner durch die Alliierten zu erreichen, wurde ihre Grundlage verbreitert: Vorarlberg wurde in der Person des früheren Landeshauptmannes

Da sich diese Datei auch auf Informationen aus Gerichtsakten stützt, die nach § 82a StPO entlehnt wurden, ist ihre Weitergabe an Dritte aus rechtli- chen Gründen nicht möglich..

Obwohl Lutz Leisering für die 1960er-Jahre eine „Latenz des Armutsproblems“ 2 konstatiert hat, wur- den laut Haunschild gerade in dieser Zeit in- nerhalb der Caritas zahlreiche

Es gab keine Wäsche und nur ei- nen Nachtstuhl und eine Toi- lette für 40 Patienten auf der Alten- station." So beschrieb der Pfleger Karl-Heinz Hilgers beim „Dürener

meldungen nach ihm geistern bis heute durch die Weltpres- se, halten die Erinnerung wach an Greueltaten, die im- mer unvorstellbarer werden, je weniger von uns Heutigen in