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Archiv "Rheinische Psychiatrie 1945 bis 1955: Von der Bewahranstalt zum Fachkrankenhaus" (25.12.1995)

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Fernsehraum in der Landesklinik Bedburg-Hau. Die Auf stammt aus dem Jahr 1962.

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en Patienten standen 800 bis 1 000 Kalorien pro Tag zu. Es gab keine Wäsche und nur ei- nen Nachtstuhl und eine Toi- lette für 40 Patienten auf der Alten- station." So beschrieb der Pfleger Karl-Heinz Hilgers beim „Dürener Abend" die Situation in den psychia- trischen Krankenhäusern unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

Hilgers hat ebenso wie die übrigen ge- ladenen „Zeitzeugen" die Entwick- lung der rheinischen Psych-

iatrie seit Ende der 40er Jahre miterlebt. Die Veran- staltung sollte einer interes- sierten Öffentlichkeit das psychiatriegeschichtlich we- nig erforschte Jahrzehnt nach 1945 näherbringen.

Neben der schlechten Ausstattung hatten viele der ehemaligen Provinzial- Heil- und Pflegeanstalten aufgrund von Fremdbele- gungen kaum Platz für ihre eigenen Patienten. So wur- den beispielsweise Räum- lichkeiten des Landeskran-

kenhauses Bedburg-Hau vom Allge- meinkrankenhaus Kleve, der örtli- chen Kreisverwaltung und der Polizei genutzt. „Dementsprechend waren die Wachsäle für die psychiatrischen Patienten überfüllt. Ein Bett stand dort neben dem anderen", erinnert sich Dr. med. Margarete Leischner, die ab 1951 als Abteilungsärztin in Bedburg-Hau arbeitete.

Die Jahre von 1945 bis 1953 wa- ren auch in anderer Hinsicht Jahre des Übergangs. Der Provinzialverband, der bis dahin die psychiatrischen

BERICHTE

Krankenhäuser verwaltet hatte, wur- de aufgelöst. 1946/47 gingen die ehe- maligen „Provinzial-Heil- und Pflege- anstalten" zunächst in die Zuständig- keit des Sozialministeriums Nord- rhein-Westfalen und 1953/54 in die des neugegründeten Landschaftsver- bands Rheinland (LVR) in Köln über.

Der erste Landesdirektor des LVR, Dr. jur. Udo Klausa, und der erste Ge- sundheitsdezernent des LVR, Prof.

Dr. med. Hans-Werner Müller, fanden

bei ihrem Amtsantritt ein „höchst verbesserungswürdiges System der psychiatrischen Versorgung vor".

Zunächst sei es in erster Linie darum gegangen, so Müller, die Klini- ken auszustatten und funktionsfähig zu machen. Außerdem sei es für die Verantwortlichen schwierig gewesen, die große Verunsicherung und das Mißtrauen der Angehörigen gegen- über der Psychiatrie zu überwinden, da im Rahmen der Euthanasieprozes- se erste Informationen über die Ver- brechen an Psychiatriepatienten an

die Öffentlichkeit drangen. 1945 be- fanden sich rund 4 000 Psychiatriepa- tienten in den rheinischen Kliniken.

1947 war ihre Zahl auf rund 9 000 ge- stiegen, was Müller auch als Vertrau- ensvotum der Bevölkerung gegenüber den Landeskrankenhäusern wertet.

In den Nachkriegsjahren seien außerdem die Weichen dafür gestellt worden, daß sich die psychiatrischen Krankenanstalten von reinen Be- wahranstalten zu fachärztlichen Spe- zialkrankenhäusern entwickelten.

Dabei galt es allerdings, den durch die NS-Zeit bedingten Entwicklungs- rückstand der westdeutschen Psychia- trie aufzuholen.

Dennoch bildeten die psychiatri- schen Anstalten bis in die 70er Jahre eine geschlossene Gesellschaft. Ärzte und Pflegepersonal lebten auf dem Klinikgelände. Die Patienten waren in den klinischen Arbeitsablauf einge- bunden und trugen mit ihrer Arbeit in Landwirtschaft und Viehzucht zur Selbstversorgung der psychiatrischen Krankenhäuser bei. Diese Struktur habe, so Hilgers, neben dem negativen Aspekt der Abgrenzung jedoch den Vorteil gehabt, daß der Zu- sammenhalt in der Klinik größer gewesen sei als heute.

Revolutionär war für alle Beteiligten in der Psychia- trie die Einführung der Psy- chopharmaka zu Beginn der 50er Jahre. Obwohl die Dosierung der Medikamen- te noch Probleme aufwarf, wirkte sich die neue Thera- pieform oft positiv auf den Alltag von Patienten und Pflegepersonal aus. So wur- den Blechnäpfe und Löffel bei Tisch von Messern, Ga- beln und Tellern abgelöst, und die Männer durften sich wieder selbst rasieren. Außerdem rückten Aktivität und Individualität der psychiatrischen Patienten stärker in den Vordergrund. Angestrebt wurden kleinere Zimmer statt Bettensäle, of- fene Häuser sowie eine Verbesserung der Therapie.

• Über die „Zeit der Konsolidie- rung" von 1955 bis 1968 ist im Juni 1996 ein weiteres Gespräch mit Zeit- zeugen im Psychiatriegeschichtlichen Dokumentationszentrum Düren ge- plant. Heike Korzilius

Rheinische Psychiatrie 1945 bis 1955

Von der Bewahranstalt zum Fachkrankenhaus

„Zweimal Neubeginn — Rheinische Psychiatrie 1945 bis 1955" lautete der Titel der Gesprächsrunde, zu der das Psychiatriegeschichtliche Dokumentationszen- trum der Rheinischen Landesklinik Düren Mitte Oktober eingeladen hatte. Als Zeitzeugen berichteten eine Ärztin, ein Pfleger und zwei Verwaltungsbeamte über Wiederaufbau und Entwicklungen in der Psychiatrie der frühen Nachkriegszeit.

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 51/52, 25. Dezember 1995 (27) A-3607

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