• Keine Ergebnisse gefunden

Einführung in das Recht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Einführung in das Recht"

Copied!
10
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

I. Einführung

Wer sich mit Rechtsfragen befasst, Rechtsfälle zu lösen hat, ist versucht, die AntwortinGesetzenzusuchen.DabeistößteraufeineVielzahlvonRechtsvor- schriften,dienurselteninleichtverständlicherWeiseformuliertsind,scheinbar zusammenhanglosaneinandergefügtstehenundsichmitunterzuwidersprechen scheinen. Bei genauerem Hinsehen lässt sich jedoch ein System erkennen, das der Ausgestaltungvon Rechtsvorschriftenund Gesetzeswerken zugrunde liegt.

Es lässt sich eine Technik erkennen, deren sich der Gesetzgeber bedient, um AntwortenaufRechtsfragenzugebenundbestimmteRechtsfolgenherbeizufüh- ren.Nicht nurbei derAusgestaltung von Gesetzen ist ein System anzutreffen, sondernauchder Rechtsfindungliegt ein systematischesVorgehen inne,dases zuerkennengilt.

DasvorliegendeBuchverfolgtdasZiel,denStudentenundStudentinnenAnlei- tungenundHilfenimUmgangmitRechtsvorschriftenzugeben.DieseAnleitun- genundHilfensindsowohlimöffentlichenRechtwieimZivilrechtgleicherma- ßenvonBedeutung.SiebildendieGrundlagefürdieRechtsanwendunginallen Rechtsgebieten. Sie liefern das Handwerkszeug für die Rechtssetzung und Rechtsfindung.

BeiderRechtssetzungwurdenTechnikenentwickelt,umdieFüllederRechtsan- wendungsfälle straff und übersichtlich anzuordnen und Techniken, um das RechtflexibelundfürdieZukunftoffenzugestalten.DieKenntnisdieserTech- niken ist erforderlich, um selbst Rechtssätze zu schaffen und um Rechtssätze verstehenundanwenden zukönnen. Eserleichtert denUmgangmitRechtssät- zen,wennder Rechtssuchende das Strickmuster erkennenkann, das Gesetzes- werkenzugrundeliegtunddieeinzelnenNormenzusammenhält.DieseKenntnis vom Strickmuster des Rechts erlaubt es, die Vielzahl oftmals nichtssagender RechtssätzezueinemsinnvollenGanzenzusammenzufügen.

WiealleWissenschaftenverwendetauchdieRechtswissenschaftbestimmteMe- thoden,umsichmitauftretenden Problemenauseinanderzusetzen.DerPsycho- logebedientsichder„Couch“,desFragebogens,desTests.InallenWissenschaf- ten wurden Methoden entwickelt, um in nachvollziehbarer Weise zu Erkenntnissen zu gelangen. Methoden dienen der Erkenntnisgewinnung und Wahrheitsfindunginnachvollziehbaren,transparentenVerfahrenindenjeweili- genWissenschaften. Genauso habensich in derRechtswissenschaft Methoden herausgebildet,dieAnhaltspunkteliefern,inwelchenSchrittensichdieAnwen- dungdesGesetzesaufeinenFallvollzieht,welcherHilfsmittelsichderRechtsan- wenderzu bedienenhat. Hierzuzählen Methoden,um einzelneRechtsnormen

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(2)

I. Einführung

verstehenzulernen,ihnenihrenPlatzinderGesamtrechtsordnungzuweisenzu könnenunddasZusammenspielderRechtsnormenzubegreifen.DieMethoden- lehreistkeineAnleitungzurFalllösung.DochFalllösungsetztMethodenwissen voraus.

Diese Grundkenntnisse sind Voraussetzung dafür, dass die Studierenden das HandwerkszeugfüreinenselbständigenUmgangmitRechtsfragenerwerbenund indieLageversetztwerden,sichspäterinSpezialbereichendesRechtszurechtzu- finden,mitdenensiesichbislangnichtbefassthaben.GeradeinAnbetrachtder Flutständigneuer Rechtsnormen,derzunehmendenKurzlebigkeit vonRechts- vorschriftenbedarfesdesWissensumderenStrukturundFunktionsweise.

DieMethodenlehreistdasEingangstorzurRechtsanwendung.SieistAnleitung zurRechtssucheundRechtsgewinnung.Sieträgtdazubei,dieRechtsanwendung undRechtsfindungmöglichstrational,kontrollierbarundtransparentzugestal- ten,ihrdenRufderWillkürundBeliebigkeitzunehmen.Siezeigtauf,inwieweit sichRechtsfindungzwischenLogikundWertungbewegt.JuristischeMethoden- lehreistdasGrundlagenfachfürdieRechtsanwender.

DieEinführungindasRechtbeschränktsichnichtaufeineDarstellungderJuris- tischen Methodenlehreim Rahmender Rechtsanwendung.Wer sich mitRecht befasst,musssichzumeinendieFragestellen,welchenPlatzRechtswissenschaft zwischenbenachbartenWissenschafteneinnimmtundwelchenBeitragdiesefür dieRechtswissenschaftzuleistenvermögen.ZumanderenschließtsichdieFrage an, welche Aufgaben sich einer Rechtsordnung stellen und welche Ziele diese verfolgt. DieseFragestellungensind für dasVerständnisdes Rechtsund damit für dieRechtsanwendungvongrundlegenderBedeutung.Recht stehtimgesell- schaftlichenKontext,stehtalsMittlerzwischenMenschenundihrenoftgegen- sätzlichenInteressen.DeshalbwirdamEndedesBandesdasAugenmerkaufdie Argumentation im Recht und bei der Rechtsfindung gerichtet.Argumentation istÜberzeugungsarbeit.

Der vorliegende Band versteht sich alseine Einführung in das Recht. Es geht darum,GrundzügeundeineÜbersichtüberdievielfältigenZusammenhängeund ArbeitsweisenimRechtineinprägsamerFormzuvermitteln.Deshalbkannauf vieleBesonderheiten,AusnahmenundDifferenzierungennichteingegangenwer- den.ZuvieleDetailsversperrendenBlickaufdasGesamte.ErstwenndieEck- punkte und Zusammenhänge im Recht erkannt sind, können diese sinnvoll durchDetails,Ausnahmenunddie AusnahmenzurAusnahmeergänztwerden.

Wenigeristmanchmalmehr.DieDetailssinddeneinschlägigenWerkenzuden einzelnenRechtsgebietenzuentnehmen.

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(3)

II. Rechtswissenschaften

DasmenschlicheZusammenlebenunddieGesellschaftwerdenaufallenEbenen vonRechtundRechtsnormenerfasstunddurchdrungen.Rechtsnormenerfassen denMenschenvonderGeburt–demErwerbderRechtsfähigkeit–biszumTode –demVerlustderRechtsfähigkeit.Esdarfdeshalbnichtverwundern,dasssich eineVielzahlvonWissenschaftenmitdemPhänomenRechtbefassen.Diessind die

• Rechtswissenschafti. e. S.

• Rechtsphilosophie

• Rechtstheorie

• Rechtspolitik

• Rechtssoziologie

• Rechtsgeschichteund

• Rechtsvergleichung.

SieuntersuchendasRechtunterverschiedenen, denihrerDisziplin eigenenGe- sichtspunktenundsindengmiteinanderverknüpft.DieserwissenschaftlicheDis- kurshinterfragtdieAusgestaltungdesgeltendenRechtsundträgtzuseinerFort- entwicklungbei.Essollaufgezeigtwerden,welchenBeitragsieleisten.

1. Rechtswissenschaft

DieRechtswissenschafti. e. S.befasstsichmitdemgeltendenRecht,seinerkon- kretenAusgestaltung,WirkungsweiseundAnwendungaufdemWegzurRechts- findung.SiewirdauchDogmatik oderJurisprudenz genannt.Siediskutiert of- fene Rechtsfragen, übt Kritik am geltenden Recht, seiner Wirksamkeit und ÜberzeugungskraftinTheorieundPraxis.SieliefertdemGesetzgeberKritikund AnregungenzurFortentwicklungdesgeltendenRechts.Siesorgtdafür,dassdie vom Gesetzgeber gestern geschaffenen Gesetze heuteihre Aufgabe zu erfüllen vermögen.GleichzeitigzeigtsiePolitikundGesetzgebungdieWirkungsweisedes RechtsaufundliefertdamitAnhaltspunktefürdieSchaffungneuer,zukünftiger Gesetze, denen eine zuverlässige Wirkungskraft zukommt und sie öffnet den Blickfür Gesetze,denenallenfallseineAlibifunktioneigen istohne echtenGe- staltungswillen.

ZurRechtswissenschaftzählt die VermittlungvonFachwissen anHochschulen undinLehrbüchern.HierbedarfesderanschaulichenDarstellungundSystema- tisierungdesRechtsstoffes.DerRechtswissenschaftkommthiereineOrdnungs- funktionzu. DieOrdnung durch Systematisierung trägt zur Überschaubarkeit

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(4)

II. Rechtswissenschaften

desRechtsstoffs bei,zum Verständnisfür Zusammenhänge.Zur Rechtswissen- schaftzählt die AuseinandersetzungmitderPraxis derGerichteundBehörden inRechtssachen,derenwegweisendeEntscheidungenveröffentlichtundkritisch beleuchtetwerden.DamitträgtsiezurTransparenzundKontrollederRechtsfin- dungundzurkritischenDiskussionbei.

Die Rechtswissenschaft bedient sich gewisser Methoden, um das Verständnis und den Umgang mitdem Recht zu fördern und umKriterien und Techniken fürdieRechtsfindungaufzuzeigen.DieLehrevondenMethodenimRechtver- sucht,denVorgangderRechtsfindungkalkulierbarzumachenunddemVorwurf der Willkürentgegen zu treten.Der Vorgang der Rechtsfindungsoll zu einem rationalenProzessgemachtwerden.DamitträgtsiezurRechtssicherheitbei.Die Methodenlehrezeigtauf,dassRechtswissenschaftmehristalsdieKenntnisvon GesetzenundUrteilen.

DieMethodenlehreistTeilderRechtswissenschaft.

DieMethodenlehreistRechtsanwendungslehre.

SiestellteineAnleitungzur Rechtsgewinnungfürden Rechtsanwender bei der Bearbeitung konkreter Rechtsfragen dar. Siewird bereitsan den Hochschulen gelehrtalsunabdingbaresHandwerkszeugfürdieArbeitmitRechtsnormenzur Rechtsfindung.SieisteinInstrumentaufderSuchenachderrichtigenEntschei- dung,die esimRechtnichtimmergibt.DerRechtsanwenderbenötigt dieMe- thodenlehrezursystematischenLösungvonRechtsfälleninderPraxis.Siebietet ihmdieMöglichkeitderSelbstkontrolle.Ihr Zielistes,dassGerichtenachein- heitlichen Maßstäben bei der Rechtssuche vorgehen, um gleichgelagerte Fälle gleichzubehandeln.DieRechtsgewinnungdarfnichtdemZufallunddemBelie- ben desGerichts oderder Behördeüberlassen bleiben,bei denendie Entschei- dung zu fällen ist. Die Rechtswissenschaft kommentiert und kritisiert diese Rechtspraxis, seien es Entscheidungen der Gerichte, der Verwaltung oder der Regierung.Siedurchleuchtet,welcheKonsequenzendieseEntscheidungenhaben könnenund zeigtAlternativenzudieserEntscheidungspraxisaufunderforscht deren Konsequenzen. Sie eröffnet einen ständigen Diskurs im Spannungsfeld zwischenWissenschaftundPraxis.DieRechtspraxisliefertständigneueFragen- undAufgabenstellungen. DieRechtswissenschaft mussunterBeweisstellen, ob siedieseneuenHerausforderungenmitihremHandwerkszeugzubewältigenver- magundwiesichdiesemitdenbislanggefundenenLösungsansätzenvereinbaren lassen. Diese Auseinandersetzung mit der Rechtspraxis ist der Spiegel für die LeistungsfähigkeitderRechtswissenschaft.

Gesetz Recht

Rechtswissenschaft Darstellung Systematisierung Vermittlung Methodenlehre

• Arbeitstechniken

• Lösungsstrategien Rechtsanwendung © 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(5)

2. Rechtsphilosophie

DieRechtswissenschafti. e. S.wirdergänztdurcheineReihevonGrundlagenfä- chern.DiesebefassensichmitderEinbettungdesRechtsinPolitikundGesell- schaft.SieleisteneinenBeitragzurEntwicklungdesRechtsundtragenzudessen Verständnisbei.

2. Rechtsphilosophie

DieRechtsphilosophie ist ein Zweig der Philosophie, der sich mit juristischen Grundsatzfragenbefasst.SiefragtnachdemSinndesRechtsunddenMaßstäben richtigen Handelns. Sie sieht imRecht das Gefüge der Beziehungen der Men- schen untereinander und zu den Dingen. Sie erforscht sinngebende Prinzipien wie Gerechtigkeit und Freiheit und sucht nach zeitlosen idealen Werten des Rechts.IhrZielistGerechtigkeit,diesieüberdasStrebennachrichtigemRecht zufindentrachtet.SuchtdieRechtsphilosophieaufdereinenSeitenachabsolu- ten,zeitlosenWerten,soforschtsieaufderanderenSeitenachKriterienfürdie RichtigkeitdesRechtsinkonkretengesellschaftlichenZusammenhängen.Inder RechtsphilosophiefindensichzahlloseStrömungen,diemalinextremenPositio- nen,malinvermittelndenLehrenanzutreffensind.AufdereinenSeitestehtdie Naturrechtslehre, die von einem vorgegebenen zeitlosen göttlichenRecht aus- geht,dasüberallenGesetzensteht.AufderanderenSeitestehtderGesetzesposi- tivismus, wonach der Staatals Souverän die Gesetze erlässt, die so unfehlbar undunumstößlichwiederSouveränselbstsind.

1

DerGesetzespositivismusfand sein Extrem im Unrechtsstaat des Nationalsozialismus. Das Naturrecht führt einerseitszurErstarrungineinemüberkommenenWertesystemundinderVari- antedes Vernunftrechtszueinem Glaubenandie Vernunftbegabungdes Men- schenunddamitdesRichtersalsQuelledesRechts.AlldieseextremenPositio- nen öffnen der Willkür Tür und Tor. Gleichwohl hat die Naturrechtslehre im GlaubenanunverrückbareMenschenrechtebreiteZustimmunggefunden.

DieRechtsphilosophiebrachteunterschiedlicheundkonkurrierendeStrömungen imRechthervor.SieentwickeltedieBegriffsjurisprudenz.DiesewillRechtssätze undErkenntnisseausBegriffendurchlogischeAbleitungentwickeln.Dadieju- ristische Person eine Person ist, ist sie beleidigungsfähig.

2

Hingegen fragt die Interessenjurisprudenz nach den Interessen und Zielen, die hinter dem Recht stehenunddiegegeneinanderabzuwägensind.DieteleologischeAuslegungund dieRechtsfortbildungbedienensichderInteressenjurisprudenz.

• SiehinterfragtSinnundZweckdesStrafens,derBefugniseinermenschlichen Gesellschaft und des Staates zum Richten über den Täter. Die hieraus entwickel- tenStrafzwecktheorienhabenEingangindasgeltendeStrafrechtgefunden.

• DieRechtsphilosophiegehtvonderGrundannahmeaus,derMenschverfüge übereingewissesMaßanWillensfreiheit.DieseWillensfreiheitist imZivil- rechtnach§§104 ff.BGBundim Strafrechtnach§§19 ff. StGBzumAus- gangspunktfürdieVerantwortlichkeitimRechtgeworden.

Wiedie Rechtsphilosophiefragtdie Methodenlehre nachSinn undZweck des Rechts,dendurchdasRechtzubewältigendenAufgaben.HatdieRechtsphiloso-

1 HornRdn.57;Kaufmann/vonderPfordtenS.66.

2 BeispielnachKaufmann/vonderPfordtenS.116.

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(6)

II. Rechtswissenschaften

phiedasRechtalsGanzesimBlick,sogehtesderMethodenlehreumdieRechts- anwendungimEinzelnen.DieMethodenlehrestrebtnachLösungsstrategien,die die Grundwerte menschlicher Gesellschaft wie Gerechtigkeit und Freiheit im konkreten Fall wahren, sie hinterfragt gefundene Lösungen anhand dieser Grundwerte. Die Lösung von Rechtsfragen lässt sich jedoch nicht schlechthin aufsolcheGrundwertereduzieren.

3. Rechtstheorie

Die Rechtstheorie bewegt sich zwischen Rechtsphilosophieund Rechtswissen- schaft. Sie hat sich aus der Rechtsphilosophie entwickelt. Im Gegensatz zur Rechtsphilosophiegrenzt siedie Frage nachallgemeinenGrundwerten wieder Gerechtigkeit,einemallgemeinensinngebendenPrinzipweitgehendaus,dasol- chekeinerallgemeinenwissenschaftlichenErforschungzugänglichseien.Siewill dasRechttheoretischbeschreibenundgehtdabeiweitestgehendohneRücksicht aufdiekonkreteRechtslageundohneBezugzumgeltendenRechtvor.Siesucht nachGrundstrukturenvonRechtssätzenundGrundbegriffen,die allenRechts- gebietengemeinsamsindwieRechtspersönlichkeit,Handlung alspositivesTun undUnterlassen,subjektivesRecht.

3

• SobeschreibtsiedasEigentumalseinRecht.MitdieserabstraktenKategorie kann dessenWirkweisejederzeit dargestelltwerden,unabhängigdavon wie derGesetzgeberErwerb,InhaltundUmfangdesEigentumsaktuellausgestal- tethat.

SieentwickeltgenerelleAussagen,wasRechtistundwieRechtwirkt,wobeidie inhaltlicheRichtigkeit,FragenderGerechtigkeitzurückgestelltwerden.Siefragt danach, welche Auswirkungen Recht auf die Gesellschaft hat. Sie entwickelt ArbeitsanweisungenaufhohemAbstraktionsniveau,wiedieRechtswissenschaft beiderErfassungundStrukturierungdesRechtsvorgehenkannundsoll.Damit trägtsiezurEinheitderRechtsordnungbei.

Siebefasstsich mitlogischenStrukturen imRechtwiedieRechtsnormstruktur

„WennDann“ (wennjemandeinenanderenschuldhaftverletzt,dannwirder bestraft).DieseRechtsnormstrukturkann überallimRecht verwendetwerden.

SiewirdaufallenGebietendesgeltendenRechtsangewandtundführtzusach- lichnachvollziehbarenErgebnissen.

Die Methodenlehre greift auf solche von der Rechtstheorie entwickelten Er- kenntnisse undArbeitsanweisungen zurück, soweitsie bei der Arbeit mitdem geltenden Recht dienlich sind.Sie erlangt hierdurch ein Instrumentarium, das unabhängigvomjeweiligenRechtsstoffundtrotzWandelderNorminhalteein- gesetztwerdenkann.

4. Rechtspolitik

DieRechtspolitikfragtnachdenpolitischenAkteuren,derenAbsichten,Streben undEntscheidungen.Siebefasst sichmitdem Einflussunddem Wirkenpoliti-

3 Röhl/RöhlS.9;Rüthers/Fischer/BirkRdn.24 f.

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(7)

5. Rechtssoziologie

scherParteienundgesellschaftlicherInteressengruppenbeiderEntwicklungdes Rechts.Die Rechtspolitik hinterfragt, welche politischen Ziele mit dem Recht verfolgtwerdensollen,obdasRechtindenDienstwirtschaftlicherodersozialer Interessengestelltwerdensoll.

Regierungen bedienen sich Rechtsnormen zur Durchsetzung ihrer politischen Programme,zur Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft.

4

Mit Rechtsnor- men wird versucht, politische und gesellschaftliche Entwicklungen zu steuern.

DiePolitik, obnun Regierung, Parlamente,Parteien undVerbände tragen zur Gestaltung des Rechts bei und das Recht, insbesondere das Verfassungsrecht setzt diesen Akteuren Grenzen. Die Entscheidungsträger in Staat und Gesell- schaft verfolgen politische Interessen und Ziele. Für deren Durchsetzung und GestaltungbietetihnendasRechtssystemverschiedeneMöglichkeiten,wiediese umzusetzensind.

• DasGGschränktmitderVertragsfreiheitinArt. 2Abs. 1GGundderKoali- tionsfreiheitinArt. 9Abs. 3GGdieEingriffsmöglichkeitenderExekutiveins Wirtschaftslebenein.

• Das konstruktive Misstrauensvotum nach Art. 67 GG und die Vertrauens- fragenachArt. 68GGzeigen Möglichkeitenauf,wieParlamentundRegie- rungaufveränderteMachtverhältnissereagierenkönnen.

GegenstandderRechtspolitik ist obendrein die Frage, mitwelchen rechtlichen Instrumenten auf gesellschaftliche und politische Herausforderungen reagiert werdensollundkann. SiefragtnachSteuerungsinstrumenten undSteuerungs- wirkungen im Recht. Den politischen Akteuren steht eine gewisse Entschei- dungs-undGestaltungsfreiheitzur Seite,welche Zieleerstrebenswert sindund welcheMittel zurZielerreichung eingesetztwerdensollen.Umweltschutzkann aufverschiedenen Wegenangestrebtwerden.SchädlichesVerhaltenkanndurch VerboteoderAbgabensanktioniertwerden.FörderlichesVerhaltenkannbelohnt werdendurchZuschüsseoderMinderungvonSteuernundAbgaben.Schließlich könnenalldieseInstrumentegekoppeltwerden.UmgekehrtistjuristischeArgu- mentationvonrechtspolitischenErwägungengeleitet.

5. Rechtssoziologie

DieRechtssoziologieuntersuchtdenWirkungszusammenhangunddieAbhängig- keit von Recht und Gesellschaft, die Macht und Ohnmacht des Rechts in der Gesell- schaft.SieverstehtNormenalsInstrumentsozialerKontrolleundzeigtderenWir- kungsweise und Effizienz auf. Sie untersucht den sozialen Hintergrund des geltendenRechtsimZugeseinerNormierungundUmsetzungundfragtnachder RolledesRechtsimAblaufsozialerProzesse.SieerforschtVeränderungeninder GesellschaftundderenAkzeptanz.Sieuntersucht,inwieweitdasRechtsozialeUn- gleichheiten und Diskriminierungen zu mildern oder zu verstärken vermag. Die em- pirischenSozialwissenschaftendurchleuchtendieRealitätdesRechts,dieRechts- praxisunddieFunktionsweisedesRechts.SiebefassensichmitderFrage,unter welchenBedingungenundinwieweitdasRechtinderRealitätbeachtetwirdund

4 Starck(2015)S.28 ff.;Rüthers/Fischer/BirkRdn.78 f.;Schwintowki(2014)S.99 ff.mitBeispielen zurFehlsteuerung.

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(8)

II. Rechtswissenschaften

obdieOrganisationvonInstitutionenwieParlamentenundGerichtensichaufdie EntstehungvonRechtundseineUmsetzungauswirken.

• DieRechtssoziologieuntersuchtdieUrsachenundWirkungenabweichenden Verhaltens undleistet damit einenBeitrag zum materiellen Strafrecht,dem Strafvollzug und der Kriminologie. Sie liefert Erkenntnisse zur Wirkungs- weise von Strafen, zur Vorbeugung und der Wirkungsweise sozialer Kont- rolle.

• Sie leistet Rechtstatsachenforschung, indem sie bei Entscheidungen nach

§1671 BGB zum Sorgerecht bei Getrenntleben der Eltern, den Gerichten Anhaltspunkte zu den sozialenBeziehungeninnerhalb einer Familie,zu El- ternundGeschwisternliefert.RechtstatsachenforschungwirdbeidenOrga- nisationsformeninHandel,WirtschaftundbeiderAbwicklungvon Masse- verkehrenbetrieben.

• Sie erforscht die sozial-familiären Beziehungen bei offener oder anonymer Samenspende, die Motivation der Beteiligten, die Konsequenzen für das Kind.

• SieuntersuchtGewohnheiten,ÜberzeugungenundWertvorstellungen,wenn das Recht wiein §§346 HGB, 826BGB, 44 Abs. 2 Nr. 6 VwVfGauf Ge- wohnheitenundSittenabstellt.

• Sieuntersucht,welcheBedeutungdiesozialeHerkunftdesRechtsanwenders für sein Rechtsverständnishat. Hieraus leitet sich die Aufgabenstellungan dieMethodenlehreab,einenBeitragzueinerverobjektivierten,nachvollzieh- barenBindungdesRechtsanwendersanGesetzundRechtzuleisten,alsGe- gengewichtzursubjektivenPrägung.

5

Sollen Rechtswissenschaften die Gesellschaft und ihre Mitglieder lenken und überzeugen kommt ihnen die Aufgabe anwendungsorientierter Sozialwissen- schaftenzu.

6. Rechtsgeschichte

DieRechtsgeschichtebeleuchtetrückblickenddieWurzelndesRechtsunddenhis- torischenWerdegangdesRechts.DasgeltendeRechtistgeprägtvonseinerEntste- hungsgeschichte, den Herausforderungenund Denkweisen,die die Gesellschaft zumZeitpunktseinerEntstehungbewegten.Siebefasstsichmitdensozialen,öko- nomischenundgeistesgeschichtlichenHintergründendesRechts.DieGegenwarts- problemedesRechtshabenoftmalsihreUrsacheinderVergangenheit.DieKennt- nisderRechtsgeschichteschärftdasVerständnisfürdasgeltendeRecht.

• DieSelbstverwaltungsgarantiederGemeindeninArt. 28Abs. 2GGistdurch die geschichtliche Entwicklung und die verschiedenen Erscheinungsformen derSelbstverwaltunggeprägt.

6

DieMethodenlehreschöpftausderRechtsgeschichtewichtigeAnhaltspunktebei der historischen Auslegung von Rechtsnormen undbei der Rechtsfortbildung.

BeiderSuchenachderBedeutungvonRechtsnormenistdieKenntnisderhistori- schen Rahmenbedingungen, ihre Entstehung und Ausformulierung hilfreich.

5 SchneiderS.329 f.

6 BVerwGNJW1976S.2175 f.;BVerfGE119S.247,261 f.

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(9)

7. Rechtsvergleichung

Rechtsnormen stehen in einem sozialen und gesellschaftspolitischen Kontext.

Der Blickauf diese historischen Rahmenbedingungen eröffnetdas Verständnis darauf, welche Vorstellungen den Gesetzgeber damals geleitet haben, welcher Wandel sich seither in der Gesellschaft vollzogen hat und wie das Recht sich diesemWandelstellt.RechtsgeschichtezeigtdieEntwicklungslinievonGesetzen auf.

7. Rechtsvergleichung

DieRechtsvergleichungbefasstsichmitdemRechtandererStaaten,Rechtskreise undKulturen.DerVergleichkannAnregungenfürdie GestaltungundFortent- wicklungdesnationalenRechtsliefern.DieRechtsgeschichteliefertzahlloseBei- spielefürdie EntlehnungfremdenRechtsunddieÜbertragung vonRechtsstoff andererStaatenundKulturenindasdeutscheRecht.HierzuzähltdieRezeption römischenRechts.AusdemVergleich könnenProblemlösungsstrategien entwi- ckeltwerden. In Zeiten der Globalisierung, zunehmender Mobilität der Men- schenundgrenzüberschreitendemVerkehrdarfderBlickaufdieRechtslageund dieRechtsentwicklungandererStaatennichtverschlossenwerden.Deshalbspielt dieRechtsvergleichungimEuroparechteinebesondereRolle.

• DasimJahr2002erlasseneGewaltschutzgesetzprofitiertevon Erfahrungen undRegelungeninÖsterreich.

• ImKartellrechtwirdaufdasamerikanischeRechtzurückgegriffen,dasVor- bild-undVorläuferfunktionfürzahlreicheandereStaatenhatte.

7

Es liegt für die Methodenlehre nahe,bei der Auslegung und Anwendung von Normen,dieParalleleninanderenRechtsordnungenhaben,ebenfallsVergleiche anzustellen. Zeigen sich Lücken im geltenden Recht, kann die Rechtsverglei- chung Anhaltspunkte liefern, wie diese sachgerecht und systemkonform zu schließensind.DieExistenzundTragweiteallgemeinerRegelndesVölkerrechts nachArt. 25 GGwerdenvomBVerfGausderPraxisderRegierungen,derGe- setzgeber und der Gerichte anderer Staaten entwickelt. Der Europäische Ge- richtshof leitet allgemeine Rechtsgrundsätze des Europarechts aus der Rechts- praxis derMitgliedsstaaten her.

8

ZunehmendeVerschränkungenim Raumder EuropäischenUnion förderndenRufnacheinerAngleichungderVerwaltungs- verfahrenindenMitgliedstaaten.RechtsvergleichendeErkenntnissekönnenzur Optimierungbeitragen.

9

Rechtsphilosophie Sinnfrage

Rechtstheorie Wirkung

Rechtspolitik Herausforderungen

Rechtssoziologie Wirksamkeit Rechtswissenschaft

Rechtsgeschichte Anregungen

Rechtsvergleichung Anregungen

7 BleckmannS.226.

8 EuGHSlg.1964S.1251,1269 ff.;BVerfGE75S.223,244;BVerfGE109S.38,54;BVerfGENJW 2009S.2267,2284 f.Lissabon;Pechstein/DrechslerS.105 f.,110 f.

9 Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/VoßkuhleS.162 f.

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

(10)

III. Aufgaben und Ziele des Rechts

Das Recht verfolgt verschiedene Aufgaben. Zum einen kommtihm eine Ord- nungsfunktion zu. Menschliches Verhalten sollmittels Geboten und Verboten gesteuertwerden.

10

EsbegründetRechteundPflichtendeseinzelnenRechtssub- jekts.DieEffektivitätdesRechtshängtentscheidenddavonab,dassseineDurch- setzung und Einhaltung sichergestellt werden können, staatliche Organe über seineEinhaltungwachenunddemRechtzurDurchsetzungverhelfen.Aberauch diestaatlichenOrgane sindandasRechtgebunden.DasRechtbeschränktihre AutoritätundWillkür.IndemdieDurchsetzungdesRechtsstaatlichenOrganen undnichtPrivatenanheimgestelltist, verfolgtdasRechteineFriedensfunktion.

DasstaatlicheGewaltmonopolverdrängtFaustrechtundFehde.

1. OrdnungsfunktiondesRechts

DasRechtregeltebensowieSitteundMoralmenschlichesVerhalten.Wergegen die Sitten als äußerer Verhaltenskodex verstößt wird mit sozialer Verachtung bestraft.WergegendieMoralalsinneresLeitprinzipfürVerhaltenverstößt,den bestraftseinGewissen.RechtsetztwiedieSittenanäußerenGegebenheitenund Verhaltensweisenan.DiesewerdenmitRechtsfolgenverknüpft,diemitstaatli- chemZwangundnichtalleinemitsozialenMechanismendurchgesetztwerden können. DasRechtfunktioniertam besten,wennessichmitden Gebotenvon Sitte und Moral deckt. Es wird sodann von inneren und äußeren Leitbildern gestütztundbedarfimAlltagnurgeringerÜberwachungundKontrolle.Inder vielgestaltigen, pluralistischen und dynamischen Gesellschaft des 21.Jahrhun- dertskönnenSitteundMoralnurwenigeBereichedesmenschlichenVerhaltens undZusammenlebenserfassenundzurVerhaltenssteuerungdurchRechthinzu- treten. Es hatweithin eine Trennungzwischen Rechtauf der einenSeite,Sitte und Moral auf der anderen Seite stattgefunden.

11

Moralapostel wurde zum Schimpfworterhoben.JemandmoralisierewirdzumVorwurf.

DieseVerhaltenssteuerungunterscheidetsichvonRegelungsprozessen,mitdenen sichNaturwissenschaftenundTechnikbefassen.Diesebedienensichnatürlicher Kausalketten, um gewünschte Erfolge herbeizuführen: Drückt man auf den Lichtschalter,gehtdasLichtan.

10 Schwintowski(2005)S.13;Rüthers/Fischer/BirkRdn.76 ff.

11 HornRdn.14 ff.

© 2017 W. Kohlhammer, Stuttgart

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wesentlich ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in die Lage versetzt werden muss, eine eigene gemeinsame Plattform für alle Verbreitungswege zu entwickeln; und dass auch

Warum sind Sie der Meinung, dass die Nutzung des Handys im Unterricht sinnvoll oder nicht sinnvoll

a) Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit.... Kapitel 12 Spielregeln des Gerichtsverfahrens... 133. b) Die gesetzliche Bestimmtheit

23 Es entstammt keiner förmlichen Rechtset- zung (wie das geschriebene Recht), sondern einer gleichmäßigen, ständigen, andauernden tatsächlichen Übung (dh eine Regel

Der souveräne Umgang mit dem Recht verlangt auch von „Nicht-Juristen“ (dh kein mit Staatsprüfung abgeschlossenes klassisches rechtswissenschaftliches Studium) nicht nur eine sehr

3.3.2 Grenzen der Rechtsfortbildung für die Exekutive und Judikative.. Auslegung

Der in diesem Zusammenhang gelegentlich - etwa gegen Herman Giesecke und Rolf Schmiederer - erhobene Vorwurf einer "Rückkehr zur Formalität", um die eigenen Inhalte

Vermittelt werden im Kurs folgende Inhalte: Definition einer Datenbank, Erstellung und Bearbeitung von Datenbanktabellen, Importieren und Verknüpfen von Excel- Tabellen, Sortieren