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Bleischwer und freudlos

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130 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Februar 2018 | www.diepta.de

Fast jeder Mensch kennt übellaunige Tage, an denen er mutlos und traurig ist.

Normalerweise gibt es jedoch auch Momente, in denen man Freude spürt. Ist dies gar nicht mehr der Fall, könnte eine Depression vorliegen.

© DREIDREIEINS Foto / stock.adobe.com

PRAXIS EMOTIONEN

Bleischwer und

freudlos

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raurigkeit ist zunächst ein ganz normales Ge- fühl, das jeden heimsu- chen kann und das jeder Mensch schon einmal erlebt hat. Ein trauriger Mensch zieht sich von an- deren zurück, ist ruhig oder lethar- gisch. Die Emotion kann durch ein besonderes Ereignis hervorgerufen werden, wie durch den Tod naheste- hender Personen, durch Krankhei- ten, unerfüllte Liebe, nichterfüllte Erwartungen, soziale Ablehnung oder durch Erfolglosigkeit. Traurig- keit hält meist länger an als andere Gefühle. Emotionen wie Überra- schung, Langeweile oder Ärger ver- fliegen in der Regel schneller.

Definition Laut Pierer´s Universal- lexikon stellt Traurigkeit „das allge- meine, lebhafte, wenn auch nicht durch eine bestimmte, im Augen- blick eben vorhandene Ursache er- regte Schmerzgefühl“ dar. Die Emo- tion zeige sich „im Äußern durch erschlaffte Züge, gesenkte, matte, oft tränenvolle Augen, herabgezogene Mundwinkel, Blässe des Gesichts, kraftlose, langsame Sprache, Seufzen, gebeugte Haltung des Körpers“.

Zweck von Traurigkeit Der Psy- chologe Joseph Paul Forgas von der Universität in New South Wales in Australien erforschte die Frage nach dem Nutzen von trauriger Stim- mung. Durch seine 2008 erschienene Studie belegte er, dass Menschen leichtgläubiger und unkritischer werden, wenn sie sich in guter Stim- mung befinden. In negativer Stim- mung sind Betroffene skeptischer, außerdem scheint sich die Gefühls- lage auf die Gedächtnisleistung posi- tiv auszuwirken. Eine weitere Fest- stellung: Wer eine leichte Traurigkeit verspürt, kommuniziert besser mit seinen Mitmenschen.

Eine Studie von Kawakami et al. von der Tokio Universität der Künste und des RIKEN Brain Science Insti- tut in Japan legte dar, dass Menschen es genießen, traurige Musik zu hören.

Die Erklärung dafür ist, dass die Klänge auch als romantisch wahrge-

nommen werden. Sie helfen dabei, Emotionen zu bewältigen, mögli- cherweise, weil sie keine Bedrohung für die Sicherheit darstellen.

Tipps für die Beratung Berichten Kunden, dass sie sich traurig fühlen, sollten PTA und Apotheker sensibel im Gespräch vorgehen. Informieren Sie Betroffene am besten darüber, dass Traurigkeit eine ganz natürliche Reaktion und nicht das Ende der Welt ist. Die als negativ erlebte Situ- ation ist eine Chance, gestärkt daraus hervorzugehen und ein neues Leben zu beginnen. Machen Sie traurigen Kunden außerdem klar, dass es völ- lig in Ordnung ist, sich Zeit zu neh- men. Ist die Trauer schließlich über- wunden, werden sie sich nach und nach wieder in das Leben integrie- ren. Manchmal ist es hilfreich, die Gedanken auf schöne Dinge zu fo- kussieren, damit die Traurigkeit ver- schwindet.

Besteht jedoch der Verdacht, dass Kunden unter einer Depression lei- den, sind eine ärztliche Behandlung und/oder eine Psychotherapie not- wendig. PTA und Apotheker sollten daher ganz genau nachfragen, wie lange das Gefühl schon besteht und ob ein offensichtlicher Auslöser vorliegt.

Bad Mood Die Melancholie be- zeichnet eine durch Schwermut oder Nachdenklichkeit geprägte Gemüts- stimmung, die ohne spezielle Ursa- che entsteht. Im 20. Jahrhundert ist diese durch den Begriff der Depres- sion ersetzt worden. Bei letzterer handelt es sich um eine Erkrankung mit großem Einfluss auf die Emotio- nen. Im Gegensatz zur Traurigkeit gibt es keine offensichtliche Ursache – Betroffene haben häufig ein völlig intaktes Leben und sind dennoch schwer depressiv. Die Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und die innere Leere treiben Erkrankte im Extrem- fall in den Suizid.

Einfluss der Neurotransmitter Der Botenstoff Serotonin ist an zahl- reichen Steuerungsprozessen für physiologische und psychische Reak-

tionen beteiligt. Er wird aus der Ami- nosäure L-Tryptophan hergestellt und gehört zur Gruppe der Mono- amine, ebenso wie Dopamin, Adre- nalin und Noradrenalin. Serotonin beeinflusst unter anderem die Stim- mungslage, ein Mangel kann zu de- pressiven Symptomen führen. Jedoch sind auch andere Regulationssysteme (wie das noradrenerge oder das do- paminerge System) an der Entste- hung von Depressionen beteiligt.

Abgrenzung zur Traurigkeit Zu den typischen Symptomen einer De- pression gehören laut ICD-10 der Verlust von Interesse und Freude, Niedergeschlagenheit, eine erhöhte Ermüdbarkeit sowie Antriebsman- gel. Eine besonders schwere Form stellt die Major Depression dar.

Betroffene empfinden anhaltende Traurigkeit und Mutlosigkeit, fühlen sich leer und haben die Freude am Leben vollkommen verloren. Das In- teresse an Dingen, die ihnen zuvor wichtig waren, ist stark reduziert.

Hinzu kommen Störungen der Kon- zentrationsfähigkeit, Energielosig- keit oder Schlafstörungen. Viele Pa- tienten verlieren an Gewicht, erleben Schuldgefühle und denken über den eigenen Tod oder über einen Suizid nach. Wie oben bereits erwähnt, ge- hören depressive Personen in ärzt- liche Behandlung. Zur medikamen- tösen Therapie werden Arzneimittel wie trizyklische Antidepressiva, Serotonin-, Noradrenalin- oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederauf- nahmehemmer eingesetzt. Psycho- therapeutische Verfahren wie die kognitive Verhaltenstherapie beste- hen aus intensiven Gesprächen und Verhaltensübungen. Ihr Ziel besteht darin, problematische Verhaltens- muster (bei einer Depression sind dies oft negative Denkmuster wie Schuldgefühle oder Selbstzweifel) zu erkennen und sie zu modifizieren. ■

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Februar 2018 | www.diepta.de

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