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(1)Deuteronomion 33,2—3 Von H

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(1)

Deuteronomion 33,2—3 Von H. S. Nyberg, Uppsala»)

Der hebräische Text (='30'?) lautet:

S3 "<3"'DM mn"' «

iwb T'STrTa n-iTT

■]"ISE3 -iHTa »lEJin TSTp'a ranna nnsi' ^

niab Crmas nria-'Ta

n^iTas» ann C]n '

Tiaip ba

"(bjib iisrj nm :']"'nhaiTa siri

'^y\ nt:i>3 nsb ms n-nn «

Die LXX (= ©) bietet den folgenden Text :

*KvQiog ix Eeiva rjxei

xai enecpavEv ex ZtjeiQ i^filv

xai xareanevaev ogovi; 0aQav

avv [ivQidaiv Kadrji;,

ex ÖE^icöv avrov ayyeloi fiex' avrov.

*xal iqjEiaaro rov ).aov avrov

xai ndvrEQ oi rjyiaafievoi vnd rag %etßdc aov.

xai ovroi vnd ai elaiv

xai ide^aro and rcöv ).6yoiv avrov

*v6fiov ov EVErEllar 0 vfilv Moivafjg xrL

1) Vortrag beim IX. Deutschen Orientalistentag in Bonn am 2. Sept.

1938; etwas erweitert und mit Anmerlcungen versehen.

2) Q^rS zwei Wörter; rn las.

(2)

H. S. Ntbbbo, Deuteronomion 33,t-i 321

Die P«§ittä (=6):

iU wi.j.np ^ i<-*2o

;.\CY) ^ ^ wmJIo

»0>1.Y<. ^ {y>xK\.

^•i /»Q^ ^ w^L/o

|ju^1 ('l.Q2>¥ ^ OpQ\0 ysxJti .3>io >^o)^ -^o^

><otQjL.*i3 >^o)^o

#^b\X> ^ ^\"^0Y>0

|jlq» ^ jasQ^Qj *

Das Onkelos-Targum (5:°) ist schon stark paraphrasierend :

■^bins "»jiDTa 2 N3b •^Tnrs "T^POTa n">ip"i -nn"'TT

pDT N-nta by nTmaw ■^bans

picnp ri3-i n-'TazJT

:sab an">T snms sniais uia niDiTa"! ara s-'Daiab p3'a"'an C]« '

ni-iaTow D-'DN N-nasa bsiiri n-^a •'m^a•^^p ba

yss mnn p-iania ■]^3■^N^

b» ^■«bus

msTa sab an^ snms «

„JHWH offenbarte sich vom Sinai aus,

und der Glanz seiner Herrlichkeit wurde uns von Se'ir

aus sichtbar;

er offenbarte sich in seiner Macht auf dem Berge Paran,

indem mit ihm Myriaden von Heiligen waren.

Seine Hechte schrieb aus dem Feuer heraus das Gesetz

Auch liebte er die Stämme;

alle seine Heiligen, das Haus Israel, führte er mit Macht

und er gab es uns.

aus Ägypten heraus,

(3)

322 IT. S. Nyberg, Deuteronomion 33,2-3

indem sie unter deiner Wolke geführt wurden,

auf deinem Worte aufbrachen.

Das Gesetz gab uns Mose" usw.

Dieses Targum deutet also V. 2 auf die Theophanie und

die Gesetzgebung auf Sinai, V. 3 dagegen auf die Wüsten¬

wanderung. In den zwei späteren Targumen (Pseudo-Jona¬

than und Targum Jerusalmi) ist die Paraplirasierung noch

viel weiter getrieben und nimmt mehr den Charakter einer

Textauslegung an; die Sinndeutung zeigt viele eigentümliche

Züge. Da diese Übersetzungen den jetzigen masoretischen Text

voraussetzen und für die Textgeschichte nichts abwerfen,

mögen sie hier unberücksichtigt bleiben.

Wenn es gilt, das Onkelos-Targum textkritisch auszu¬

werten, ist erstens die allgemeine jüdische Tendenz zur

Milderung oder Ausmerzung der Anthropomorphismen mit

in Anschlag zu bringen. Sie macht sich in dem oben zitierten

Stück deutlich geltend. Jahwe „kam" nicht, sondern ,, offen¬

barte sich" vom Sinai aus; statt Jahwe selber wird ,,der

Glanz seiner Herrlichkeit" zum Subjekt von niT gemacht

und dieses seinerseits als ,, wurde sichtbar" gedeutet; V^sin

wird mit ,,er offenbarte sich in seiner Macht", ffa mit

,,mit Macht" wiedergegeben, "jb^lb wird mit ,, unter deiner

Wolke" umschrieben; vielleicht hat der Übersetzer "jb^Tb

gelesen, wozu ihm der graphische Zusammenfall der Buch¬

staben 1 und T die Möglichkeit gab. Zweitens ist zu be¬

rücksichtigen, daß mehrere Worte und Sätze nur um der

Auslegung willen hinzugesetzt worden und also nicht auf die

Textvorlage zurückzuführen sind; so arr^T am Ende von

V. 2, b.s-na^ r-^n und nn::72^ p-'SS V. 3. Vielleicht ist auch

■]"l2T)a nur eine solche Ergänzung, also Glosse des Aus¬

legers, so daß die wirkliche Entsprechung zu 'sn in mnri

stecken würde'). Das könnte auf eine Lesart ~-i"iD rnn72 nm

(bzw. "(2312) führert, vgl. ©: y.ai ovroi vrtö ae eiaiv.

1) Siclior ist jedenfalls, daß ',ZT\ sonst von der jüdischen Tradition

nicht so gedeutet wird, daß es sich mit hätte wiedergeben

lassen. Rasi sagt: "j-jiP ■'"iriw" -Db D-'ist Dm :-;bj-ib i^n om

(4)

H. S. Nybero, Deuteronomion 33,2-3 323

Es steht schon längst fest, daß Q nahe Verwandtschaft

mit der Targum-Tradition zeigt, und in der Tat lassen sich

einige auffällige Lesarten in S nur als Überbleibsel der Tar-

gum-Auslcgung verstehen. So entstammt doch wohlA^oi^ ■^ot^,

das zu V. 3 gezogen worden ist, ganz einfach der Targum-

Auslegung amT; oo»-. ist also nicht als Übersetzung der

Buchstabengruppe riTCN zu betrachten'). Es ist mir

ferner wahrscheinlich, daß ^'»^d V. 3, das keinen richtigen

Sinn gibt, eine Verderbnis des piaTJO der Targum-Tradition

ist; vielleicht stand sogar ursprünglich in S ^V^»». Jeden¬

falls scheint mir die Übersetzung ^S^o gar nicht geeignet,

über die Bedeutung des dunklen I3n Licht zu verbreiten.

Stellen wir jetzt die Textabweichungen zusammen.

V. 2. Erstes l^b] alle Übersetzungen "I3b.

raa-in nnsi] @ rna-i ns — 3:° nam rrnsi _ e naa-iTo nnsi .

"dip] ® irnp — über die übrigen s. unten.

l3^'a''T2] hat das 12 von laip zweimal gelesen und dann

iD-iTa-i cia = rt^T->2'' ana geteilt?

mirs] © als ein Wort = äyye/.oi — SO^Ö T\l — 5:" m TaSTO

— £: unübersetzt gelassen; dafür ein der Targum-

Auslegung entnommenes Wort.

ITOb] ^J" -isb — © 172^.

V. 3. aan] alle Übers. Perf.

ba] ©e ba\

■jT^a] e -n'a = t|-i2.

lan] © -bj-i nnn oder ~nnn — "^b^ib nnnxj om? — Q:

wahrscheinlich ohne Entsprechung; dafür ein der

Targum-Auslegung entnommenes Wort.

Sia-] i«Tai — der Samaritanus iNTai.

"^■n■1a^72] alle Übers.: tnin -f- irgendeine Form von "lai.

.-jnräT:: -nnb irrnm ib^iD iizib tdtp .■':^on -jbj-ib -inn n\-inn -{in

Ibn Ezra: -in2 a^Db^^ ib-'ND -nr: irobr :D-'-ir'iN ffl-'i .ns Nbn tdh

D-'-iDNb Ti^nn vr,2 s'n mp'in T-nn "'S Di-iris o-'-inNi .-jbj-i

•jiaam pim nn .o-'-im int--' Nb -b'z-^3 iDra VrsN djdd (Hos. Ii,»)

iai iS'C'is NI-w. Über die Bedeutung s. weiter unten.

1) Entgegen mcinor Behauptung boim Vortrage.

2

(5)

324 H. S. Ntbebo, Deuteronomion 33, t-t

Die moderne Exegetik hat keinen Versuch gemacht, mit

dem masoretischen Text ins Reine zu kommen, betrachtet

ihn von vornherein als verderbt und sucht ihn durch kräftige

Eingriffe zu heilen (s. BIP), wodurch ein ganz neuer Text

entsteht. Ich werde auf diese recensio moderna keine Rücksicht

nehmen. Im Prinzip steht die moderne Auslegung auf genau

derselben Stufe wie die alten Übersetzungen und setzt die

von diesen angebahnte Enthistorisierung und Entkonkreti-

sierung des Textes unaufhaltsam fort. Mein Hauptanliegen

hier ist, den überlieferten masoretischen Text zu verstehen,

und ich werde zeigen, daß er sich gut verstehen läßt und eine

Fülle von konkreten religionsgeschichtlichen Tatsachen in

sich birgt.

Ein Stein des Anstosses war von jeher Tab in TSJTBta mn

Tab und in Tab rmSN. Mit der ersten Verbindung hat

man wenig, mit der zweiten nichts anzufangen gewußt,

„nab = nnb ist ohne Beziehung, = ib kann es als dat. ethicus

aufgefaßt werden, cf. G.-K. [26. Aufl.] S. 103f., Note 3,119 s;

aber ein solcher hat hier keinen rechten Sinn, die Richtig¬

keit des Textes erscheint mir daher zweifelhaft" sagt Stkuer-

NAGEL im Göttinger Handkommentar, übersetzt aber dennoch

„und glänzte ihnen auf von Seir". Dillmann konjizierte in

■»Tayb, was noch in BH' gebucht wird. Die soeben zitierten

Bedenken Steuernagel's sind an sich insofern berechtigt,

als er wie alle anderen Ausleger nur mit der einen Möglich¬

keit rechnet, daß lab zu nm gehöre. In solchem Falle

wäre allerdings yob, als Plural aufgefaßt, völlig beziehungs¬

los, was höchstens dann anzunehmen wäre, wenn man in

V. 2 nicht den wirklichen Anfang des Gedichtes, sondern

ein versprengtes Bruchstück erblicken wollte, wofür aber

nichts spricht. Daß es auch als singularer Dat. ethicus nicht

am Platz ist, hat Steuernagel richtig empfunden; die völlige

Unmöglichkeit einer solchen Auffassung wird sich bald

herausstellen. In Wirkhchkeit verhält es sich so, daß "iiab

aus grammatischen Gründen nicht mit mTl verbunden

werden kann. Für die Präpositionen b und 2, wenn sie

suffigiert sind und auf ein Verbum bezogen werden, gelten

(6)

H. S. Ntbrro, Deuteronomion 33,2-3 325

im Hebr. gewisse ziemlich feste Wortstellungsregeln, die hier

die Verbindung von iwb mit nin verbieten oder jedenfalls

ganz unwahrscheinlich machen. Diesen Regeln müssen wir

zunächst nachgehen. Was hier von iTab gilt, ist selbstver¬

ständlich auch für die von allen Übersetzungen gebotene

Lesart nsb gültig, deren sekundärer und erleichternder Cha¬

rakter so auf der Hand liegt, daß es aussichtslos sein dürfte,

sie für die ursprüngliche auszugeben.

Es ist eine bekannte Tatsache, daß in allen modernen

arabischen Dialekten die Präposition li- -f Suff, mit dem

Verbum eine feste Verbindung nach Art der Objektssuffixe

eingeht, so daß man hier mit vollem Recht von „mittel¬

baren Suffixen" sprechen kann'). Mit anderen Worten:

suffigiertes Zi- wird genau so wie die Objektssuffixe dem

Verbum enklitisch nachgehängt. Im Ägyptisch-arabischen,

einem Dialekt, den ich aus eigner Erfahrung kenne, steht

z. B. 4(^räbni „er schlug mich" phonetisch und morphologisch

auf genau derselben Stufe wie fatdhli „er öffnete mir", 'aZa

„er sagte es" (klass. qalahu) auf derselben Stufe wie 'älli

„er sagte mir" (klass. qäla ll. Beide Suffixarten können am

Verbum vereinigt werden, wobei das mittelbare Suffix dem

direkten Objektssuffix nachgehängt wird: 'ultülu ,,ich sagte

es ihm" (klass. qultuhu lahu), ma 'uUulak-S „ich sagte es dir

nicht". Eine andere Stellung gibt es nicht; wenn das im

mittelbaren Suffix enthaltene Pronomen betont werden soll,

wird es durch Nachsetzung des entsprechenden selbstän¬

digen Pronomens hervorgehoben: läzim a'ululak inte „ich

muß es dir sagen", genau so wie man 4<^rabni ana „er schlug

mich" sagt. Dieselbe Regel wie für li- mit Suffixen gilt auch

für bi- mit Suffixen: hargd'-bu „ich werde mit ihm zurück¬

kehren (= ihn zurückbringen)", simihti-bu") „ich habe davon

gehört" (vgl. 'ultilu „ich sagte ihm"). Aus der alten festen

Verbindung gä'a bi- ist frühzeitig ein neues Verbum gäb,

äg.-ar. gäb entstanden, das in den meisten neuarabischen

1) S. Brockblmann, Grundriß d. vgl. Gramm, d. sem. Spr. II, 320ff., mit reicher Materialsammlung.

2) < simi'ti-bu, klassisch sami'tu bihi.

(7)

326 H. S. Nybekg, Deuteronomion 33.2-3

Dialekten vorbreitet ist. Dieselben Verhältnisse finden wir

im neuaramäischen Dialekt von Ma'lülaM. Besonders lehr¬

reich ist die Entwicklung in den neuabessinischen Sprachen.

Im Amharischen*) loben die alten Präpositionen la- und ba-

mil Suffixen überhaupt nur als mittelbare Suffixe beim

Verbum fort und sind in dieser Funktion sehr häufig, während

der Gebrauch der Formen ohne Suffixe ziemlich stark be¬

schränkt ist: näggärä-llin „er sprach zu mir" (Verdoppelung

des -l- nach Analogie der OLjektssuffixe, die auf einer frühe¬

ren Stufe wie im Ge'ez -anni, -akka usw. gelautet haben

müssen; -Iih <*-li-nl mit Angleichung an das Objektssuffix),

nmsäkkärü-hbäl ,,sie legten Zeugnis gegen ihn ab" (-bät

<äth. bölü), iinäggdr-dlläiau-äl ,,er spricht zu ihnen" (mit

Setzung des sonst mit dem Hauptverbum zusammenge¬

wachsenen Hilfsverbum -äl nach den mittelbaren Suffixen,

wie das auch bei den Objektssuffixen der Fall ist). Im Tigrina')

ist la- vor Nomina (außer in einem Dialekt) gänzlich ausge¬

storben, dagegen sind die damit gebildeten mittelbaren Suf¬

fixe in vollem Gebrauch: gähärä-llöm ,,er machte ihnen" usw.;

die Präposition ba- wiederum, die auch vor Nomina ge¬

braucht wird, obgleich ihr Bereich stark verengt ist, bildet

hier keine mittelbaren Suffixe. Im Tigre*) sind die beiden

Präpositionen in vollem Umfang bewahrt; auch hier kommen

sowohl la- wie ba- mit Suffixen als Enklitika beim Verbum

vor: fägrä-bü ,,er ging mit ihm aus (= führte ihn aus)",

'sgaZ ^amsd'-'glkä ,, damit ich dir bringe" usw.

Dieser moderne Sprachzustand ist nur das Endergebnis

einer Sprachentwicklung, die in den alten semitischen Spra¬

chen tiefe Wurzeln hat. Tatsächlich herrscht schon in diesen

1) A. SpiTAi.ER, Grammatik des neuaramäischen Dialekts von Ma'lüla

{Antilibanon) (Abli. f. d. Kunde des Morgenlandes XXIII, I), Leipzig

1938, S. 196.

2) Nach M. Cohen, Traite de langue amharique (University de

Paris. Travaux et memoires de l'institut d'ethnologie XXIN ), Paris 1936;

G. J. .\fevork, Grammatica della lingua amarica, Roma 1905.

3) Nach don \'orlPsungen des verstorbenen J. Koi-modin.

■')) Heispiele aus Littmann, Publications of the Princeton Expedition to Abyssinia, Vol. I, I-.eyden, Brill, 1910.

(8)

H. S. Nybeeg, Deuteronomion 33,2-s 327

die Tendenz zur enklitischen Anlehnung der mit Suffix ver¬

sehenen Präpositionen li- und bi- ans Verbum durchaus vor.

Ich werde mich hier natürlich ausschließlich mit dem Althebr.

beschäftigen. Um über die Stellung dieser Präpositionen zum

Verbum, wenn sie suffigiert sind, Klarheit zu gewinnen, habe

ich die ganze Genesis durchgearbeitet und exzerpiert und

außerdem Stichproben in den übrigen alten Büchern ge¬

nommen. Auf Grund des so gesammelten Materials glaube ich

folgende Wortstellungsregeln aufstellen zu können.

1. Wenn das durch das Suffix ausgedrückte Pronomen

betont ist, steht die Präposition vor dem Verbum: "jb "'S

rr:3ns Gen. 13,1?; »IT nnns sb "'b p 15,3; is^nns man "]n

ip 22,5.

2. Wenn das Pronomen nicht betont ist, wird die Prä¬

position dem Verbum unmittelbar nachgestellt und enklitisch

angehängt, wobei die Enklise gelegentlich durch äußere

Mittel kenntlich gemacht wird: durch Setzung des Maqqef,

durch Zurückziehung des Akzents der Verbalform und bei

vokalisch auslautenden Verbalformen durch das Dages forte

coniunctivum in der Präposition: "fb'^b; ■'b~]nn-sb ; lb~mri'S ;

la-nraPTT ! IT Gen. 30,33;'II: nb i73^n.V T •

Das sind die Hauptregeln. Es gibt einige Abweichungen,

die ich folgendermaßen klassifiziere.

3. Wenn die Objektsformen TN "jns usw. und die

Partikel ^3" zum Verbum hinzutreten, muß die mit Suffix

versehene Präposition nach diesen gestellt werden: "«b N3-^3n

Gen. 30, u ; masb ib nns w-isr 34, s, vgl. yj^n -^b-ism

masb 34,12: beim Infinitiv z. B. nns TrTa "jb nriN im mu

ins tsisb 29,19, wo indessen auch die gegensätzliche Gliede¬

rung "ins ^a-ND "jb zu beachten ist, vgl. unten Nr. 6.

Analog ist ^b nach HD^aa gestellt in in "jb nSTOTa inn3

Gen. 17, le.

4. Das Subjekt kann zwischen das Verbum und die mit

Suffix versehene Präposition eingeschoben werden: TasiT

nb mn-i Gen. 25,23; i:b mm nmin nrs» 26,22; nb -pb in^n

nsbT 29,21; "iiabn ns nnb ny-i3 nsoii 41, s; Tsn Tcyv

',1 2 •

(9)

328 H. S. Nybebg, Deuteronomion 33, s-a

m^r -nrs3 -p nb 50,12; selbst bei zwei Subjekten: nnas np->T

niias nnb "nn:T 11,29.

5. Wenn ein direktes nominales Objekt und ein indirektes,

aus b -f Suffix bestehendes Objekt beim Infinitiv zusammen¬

stehen, kann das direkte Objekt dem Infinitiv als Genitivus

objectivus untergeordnet werden und ihn von der mit Suffix

versehenen Präposition trennen: "fb nna T\T\ Gen. 4,12. Häu¬

figer wird jedoch die mit Suffix versehene Präposition dem

Infinitiv enklitisch nachgehängt und das nominale Ob¬

jekt erscheint dahinter in Objektsform: y"iNn HS "jb nnb

15,7; ms nnb nnbi 42,25; nnsTa nab mmb 45,7.

6. Auch in einigen anderen Fällen sind mit Suffix versehene

b und a durch dazwischentretende Wörter von dem voran¬

gehenden Verbum getrennt. In solchen Fällen liegen aber

immer besondere Gründe für diese Wortstellung vor: es

handelt sich bisweilen um eine syntaktische Zwangslage,

oder auch ist der Grund stilistischer Natur. IS^nsa ns isnDI

"isb-nps na^nsa nsT nab Gen. 34, le: hier bilden die zwei Sätze

einen Gegensatz, und in diesem Gegensatz ist nab betont,

es konnte aber nicht in üblicher Weise vor das Verbum

gestellt werden, weil dies das Wäw consecutivum Perfecti

bei sich hat und" durch dieses mit dem Vorhergehenden ver¬

knüpft werden sqII. Ähnlich ^b "jnnaa ns nra n-iaia 25,31:

lb ist betont, konnte aber nicht vor das Verbum treten, weil

dies ein Imperativ ist. Bei anaphorischer Wiederholung von b

vor einer Reihe von Gliedern steht auch ein b -\- Suffix, vom

Verbum getrennt, mit den übrigen Gliedern der Reihe zu¬

sammen, ist aber dann häufig auch dem Verbum enklitisch

angehängt, so daß die Form zweimal vorkommt : ns "jb^^n^T

fns "fS'-iTbi ^b nmas na-ia 28,4. Besonders ist zu beachten,

daß in der Konstruktion mit zwei b, von denen das erste,

mit einem Suffix versehen, einen Dativus commodi bzw.

incommodi und das zweite, ein Nomen regierend, einen

Dativus finalis vertritt, die Tendenz vorherrscht, beide un¬

mittelbar nebeneinander zu rücken unabhängig vom Verbum;

doch wird auch in diesem Falle das b + Suffix gern doppelt

gesetzt, einmal enklitisch beim Verbum und dann unmittel-

(10)

H. S. Nyberg, Deuteronomion 33,!-s 329

bar vor den Dativus finalis. Man kann noch sagen lb~]rirn

nxsaö ... nnbn 30,4; m22sb nsos ns ib-)niT 41,45; für

gewöhnlich heißt es aber n^5sb lb inn bm ns nb-imi 29, 28.

Schließlich als selbständige Epexegese vorher erwähnter

Nomina, z. B. nnsrjb nb ... nnbn ns ... bmb inb in^n 29,29;

masb "lb mais nmsb nns-jnm 16,3. Beimn: n:nbn onbinm

insb 11,3; aber ainbsb ib mm mm 28,21, und so für ge¬

wöhnlich. In -ynb nn» psn imi 9,26.27 liegt tatsächlich

ein Nominalsatz vor, und im steht hier als reine Kopula, die

nur zu dem Zwecke gesetzt worden ist, um dem Nominalsatz

optativischen Sinn zu geben. — In onb niTO mni nniTO y) 9,21

bildet nna nniTD einen einheitlichen Ausdruck und dient als

Umschreibung eines einfachen Verbums, darum ist onb an

den ganzen Ausdruck und nicht an das Verbum, das in Wirk¬

lichkeit nur ein Hilfsverbum nach Art des neup. kärdän, türk.

etmek ist, angeschlossen. Ebenso verhält es sich offenbar mit

Hos 6, u "]b -|iirp ma mini as. Ähnlich erkläre ich mir Sinin

"13b 011333 Hos 6,3: nicht daß Jahwe zu uns kommen wird

ist die Hauptsache, sondern daß er wie ein wohltuender Regen

kommt, uns zu Nutz und Frommen; nirjn sini bildet ge¬

wissermaßen einen Begriff, dem sich I3b enklitisch anschließt.

QTOn I3b~sini wäre mißverständlich und würde die Nuance

verfehlen, und die Konstruktion wäre hart, da entweder

I3ibs oder l3Sini zu verlangen wäre. Auffallend ist il^n ipbni

onb y> 22,19; auch hier hat man wohl anzunehmen, daß

nnb~ipbni mißverständlich gewesen wäre oder eine nicht

erwünschte Nuance ergeben haben würde.

Eine kleine Statistik wird hier von Interesse sein. Ich

habe in der Genesis rund 360 Fälle gezählt, wo b und n -|- Suf¬

fixe mit einem Verbum zu verbinden sind. Von diesen Fällen

stehen 14 vor dem Verbum, weil das Pronomen betont ist.

Für die Regeln 3—6 kommen insgesamt 21 Fälle in Betracht.

Für Regel 2, d. h. für enklitische Anlehnung der mit Suffixen

versehenen Präpositionen an das Verbum, bleiben also rund

325 Beispiele. Von diesen sind rund 150 nicht ganz beweis¬

kräftig, weil der Satz nur aus Verbum und Präposition mit

Suffix besteht (hierher z. B. die sehr häufige Formel lb liasii)

(11)

330 H. S. Nyberg, Deuteronomion 33,2-8

oder aus anderen Gründen keine andere Stellung als unmittel¬

bar nach dem Verbum möglich war. Voll beweiskräftig für

Enklise bleiben unter allen Umständen etwa 175 Beispiele,

gegen nur 21 Fälle der Nachsetzung ohne unmittelbaren

Anschluß ans Verbum, von denen aber die meisten nicht ins

Gewicht fallen, weil sie unter Regel 3—5 fallen oder auch

eine Lockerung der Konstruktion bedeuten, wie mehrere

Fälle unter Regel 6. Man sieht, daß die Wortstellung noch bei

weitem nicht so gebunden ist wie in Sprachen mit voll aus¬

gebildeten ,, mittelbaren" Suffixen, aber man sieht auch ganz

deutlich, was hier als Regel zu betrachten ist und wohin die

Tendenz geht.

Um nach dieser etwas weitläufigen, aber wie ich glaube

ganz notwendigen Untersuchung auf Deut. 33,2 "iiyiaia n~n

yüb zurückzukommen, so dürfte es jetzt auf der Hand liegen,

daß man nicht gut "lab mit niTl verbinden kann. Es müßte

n2b~nin heißen, und es lassen sich keine triftigen stilistischen

oder syntaktischen Gründe für die unnormale Stellung aus¬

findig machen. T'ym'a nm bildet keinen einheitlichen Begriff,

dem man Tab anhängen könnte; die Beispiele I3b Dir^D sin^n

und onb niTa mni nr^tS sind ganz anders geartet. Da nun

"lab in so gut wie allen der rund 50 Fälle, wo es im A.T. vor¬

kommt, am Satzende steht, so könnte man vielleicht versucht

sein, die Stellung am Satzende als überhaupt für TOb cha¬

rakteristisch anzusehen und darin einen Grund für die Wort¬

stellung '"ob T^Z^TTTa nm zu suchen. Das wäre aber ein Trug¬

schluß, denn wie T\rab^ Tab "ipa nni Hi. 24,17 zeigt,

ist diese Stellung nicht obligatorisch, und in allen übrigen

Fällen konnte "lab gar keinen anderen Platz erhalten. Es

dürfte sich so verhalten, daß in poetischer und gehobener

Sprache Tab am Satzende aus rhythmischen Gründen statt

nnb bevorzugt wurde, woraus aber natürlich nicht folgt, daß

es nur da möglich gewesen wäre. Ganz besonders möchte ich

hervorheben, daß Tab unter keinen Umständen als Dativus

ethicus aufgefaßt werden kann. Ein Dativus ethicus steht nach

meiner Erfahrung immer und notwendig enklitisch dem

Verbum unmittelbar angeschlossen: "{b~n'Tn Gen. 27,43;

(12)

H. S. Nyberg, Deuteronomion 33,2-3 331

127212-; "ib-n-in 32,32; Tnb-iDbnni ^ 58,8 usw. Außerdem

ist Tab, entgegen einer weitverbreiteten Annahme, immer nur

Plural. Wenn man in gewissen Fällen geglaubt hat, einen

singularischen Gebrauch feststellen zu müssen, so beruht

das auf einer Verkennung des Schwankens zwischen indivi¬

dueller und kollektiver Auffassung, das für das hebräische

Sprachgefühl so charakteristisch ist. Diese schillernde Be¬

ziehung tritt besonders in dem klassischen Beispiele Gen.

9, 26.27. Tab ^aI? IPSS klar zutage. Hier ist zwar von

Kanaan, Sem und Japheth als Individuen die Rede, aber

nur äußerlich; in Wirklichkeit stehen die Völker, die sie als

Heroes eponymi vertreten, im Blickpunkte und bestimmen

die syntaktische Konstruktion.

Wenn man die Stellen mit Tab durchmustert, so fällt es auf,

wie beliebt diese Form ist, um kurze MZ-Sätze oder asyn¬

detische Relativsätze zu bilden. Diese Sätze dienen oft zur

Umschreibung von Begriffen. Hier einige Beispiele. Deut.

32,32: lab nnh-a rbaias tdti ^nDJ? raa:^ „die herbe Trauben

haben". Jes. 30,5: vab ibi^T sb üV „an einem nichts¬

nutzigen Volke" (lab ist hier wenig mehr als ein Dativus

ethicus). Jes. 43,8: lab Di^TST niiain „taub, obgleicli ihnen

Ohren sind" (parallel la^ niJiyn "Tiy üV). ip 49,14: boj QD-n HT

"lab ,,das ist der Weg derer, denen Torheit ist" = ,,der

Weg der Toren". Kühn Prov. 23, 20: lian ^bbn ^nn bi«

"iiab „sei nicht mit den Ausschweifenden von denen, denen

Fleisch ist" = ,,sei nicht mit den ausschweifenden Fleisch¬

lichen". Ein solcher Satz kann auch von einer Präposition

regiert werden. Hab. 2,7: tab moiaab niim „und du (d. h.

das Volk Israel) wirst zu solchen werden, denen Ausplünde¬

rungen sind", d. h. zu solchen, die ausgeplündert werden;

nur mit dieser Analyse wird man der Konstruktion voll

gerecht, und nur so gewinnt man den richtigen Hintergrund

zu 2,8. Analog fasse ich auch die umstrittene Stelle Jes. 53,8:

jTab iToy yiasia c^in y-isia itm id

„denn er ist abgeschnitten worden vom Lande der Le¬

benden, von denen, denen der Frevel meines Volkes ein

Aussatz ist".

(13)

332 H. S. Ntbkrq, Deuteronomion 33,i-s

d. h. von den Propheten und Gottesmännern, denen die

Sünde des Volkes das schwere, unheilbare Leiden ist^).

Für asyndetische Relativsätze, die von einer Präposition

regiert werden, vgl. auch Jes. 65, i : ibsTH Nlbb ,,für diejenigen, die nicht fragten".

Mit Rücksicht auf die jetzt behandelten sprachlichen

Tatsachen fasse ich "lab 1"'»'U:'>3 als einen asyndetischen Rela¬

tivsatz, der von der Präposition "172 regiert wird : „von denen,

denen Se'ir ist". Analog erkläre ich dann auch Tab mias als

einen asyndetischen Relativsatz: „diejenigen, denenmT23S ist."

Um von hier aus weiter zu kommen, müssen wir eine

zuerst von Julius Lkwy*) schärfer ins Auge gefaßte Er¬

scheinung berücksichtigen : die häufig zu belegende Identität

zwischen Stadt- bzw. Landesnamen und Gottesnamen auf

dem altsemitischen Gebiete. Der Name einer Stadt bzw.

eines Landes ist zugleich Gottesname, und der Name eines

Gottes ist zugleich Stadt- oder Landesname. Gleichzeitig

kann der Name auch den Heros eponymos der Stadt bzw.

des Landes bezeichnen, der dann bisweilen als Sagenfigur

weiterlebt. Mit anderen Worten: das Volk, das in der Stadt

bzw. im Lande lebt, wird als kollektive Persönlichkeit auf¬

gefaßt und sein Ursprung auf einen Gott zurückgeführt, der

ihm und damit auch dem von ihm bewohnten geographischen

1) Nur so wird man der tiefen und unerbittliciien Dialelctili des

Verses gereciit. „Von Absperrung und Gesetz ist er weggenommen

worden, und wer bedenlct sein Schicljsal (nn, vgl. arab. j^jj? Denn

er ist abgeschnitten worden vom Lande der Lebenden, von denen,

denen der Frevel meines Volkes ein Aussatz ist." Die Welt der Lebenden,

von der der Knecht Jahwes abgeschnitten worden ist, besteht eben aus

den Gottesmännern, die die Sünde des Volkes wie einen schweren -Aus¬

satz tragen. Weil er unter diesen lebt, ist er von der Außenwelt abge¬

sperrt, wie die richtigen Aussätzigen es sind, und steht unter dem Ge¬

setz der .\ussätzigen. Darum geht sein Tod an der Welt spurlos vorbei, es ist als ob er darin gar nicht existierte. Die Welt der wirklichen Leben¬

den ist aber die Welt der leidenden Gottesmänner; die übrige, sündige Welt ist tot. — ins erinnert stark an nbTJD in der Esmunazar-lnschrift Z. 2, wodurch der frühzeitige Tod des Königs bezeiclmet wird.

2) Les textes paleo-assyriens et VAncien Testament, RHR CX, 1934,

S. 29—65; vgl. S. 42ff.

(14)

H. S. Nybehg, Deuteronomion 33,a-s 333

Gebiete seinen Namen gegeben hat und fortan als Stadt- bzw.

Landesgott verehrt oder als Heros eponymos menschlich

umgedeutet wird. In vielen Fällen ist dabei natürlich der

Gottesname das Primäre gewesen: die Stadt bzw. das Land

wurde nach dem Gotte benannt, den die ursprünglichen Sied¬

ler verehrten. War aber diese Art der Namengebung einmal

vorhanden, so konnte auch der umgekehrte Vorgang statt¬

finden: aus einem reinen Ortsnamen wurde ein Gott bzw.

ein Heros eponymos. Wir haben es hier mit einer uralten,

angeborenen Anschauungs- und Denkform der Semiten zu

tun. Das ganze genealogische Denken der alten Semiten ist

auf diesem Doppelsinn der Namen aufgebaut.

Von den hier anzuführenden Beispielen steht in erster

Linie Tälern, das der Name des altwestsemitischen Haupt¬

gottes ist (altwestsemitisch Salim z. B. in den altassyrischen

Kültepe-Texten), in Gen. 14, is aber auch die von diesem

Gotte gegründete und beherrschte Stadt bezeichnet, die des¬

halb J^rü-Sälem „Gründung Sälems" heißt ^). ASSur ist der

Gott der Stadt, des Landes und des Reichs, die unter seinem

Namen in die Weltgeschichte eingegangen sind: ''Mififur,

al ^^^ASSur und mät ^^"ASSur sind eins. Wenn meine Ver¬

mutung") zutrifft, daß "lobs Gen. 14, i aus *'il-''aSSur ent¬

standen ist, so war das Land in Vorderasien allgemein als

„Gott ASsur" bekannt. Amurru ist das Westland und das

dort wohnende Hauptvolk, zugleich aber der Gott dieses

Landes und dieses Volkes: wir finden in den altassyrischen

Kültepe-Texten Namen wie ^^'^Amurru-ba-ni „Gott Amurru

ist Erzeuger" und A-mur-A-Sur, A-mur-IStar, A-mur-^^^Samaä

in denen der Gott Amurru mit den assyrischen Hauptgöttern

identifiziert wird. In theophoren amoräischen Eigennamen

im Altbab. tritt eine Göttin Anata, in den altassyrischen

Kültepe-Texten ein Gott Ana auf, die allem Anschein nach

ein amoräisches Götterpaar bilden. Ana ist zweifellos mit

1) Ausführliclier darüber in einem im Druck befindlichen Aufsatz

Studien zum Religionskampf im Alten Testament im Archiv f. Religions¬

wissenschaft.

2) In dem zitierten Aufsatz.

(15)

8^4 H. S. Nybero, Deuteronomion 33,2-3

" l\ebräischen Namen njy identisch, der Gen. .36, 20

einen der Heroes eponymi der Horiter in Se'ir bezeichnet,

denjenigen, der in der Wüste die iemlm^) fand, als er für

seinen Vater Sib'ön die Esel weidete (V. 24). Anata ist ri3:y,

die bekannte Göttin, die schon in den Texten von Ras

Schamra auftritt und die in Palästina und von den jüdischen

Kolonisten in Elephantine verehrt wurde; dieser Name lebt

noch heutigen Tages im Namen der uralten Stadt 'Ana am

Euphrat fort*). Eine Göttin Harränatum ist belegt; ofTenbar

ist dann ffarrän ihr männlicher Paredros, der der bekannten

Stadt in Nordmesopotamien seinen Namen gegeben hat*).

Sichem 03113 ist zweifellos von Haus aus ein Ortsname, denn

das Wort bedeutet ,, Landrücken"; dennoch tritt in Gen. 34

0312 als Heros eponymos der Stadt und der Sohn Hamörs auf.

In Gen. 36, 20 tritt ,, Se'ir der Horite" als Heros eponymos

des Landes auf. Selbstverständlich konnte dann Se'ir auch

als Gott und Gottesname aufgefaßt werden. Der Gott des

Landes Se'ir hieß selber Se'ir; die Bewohner des Landes

konnten dann als ,, diejenigen, die Se'ir als Gott haben" be¬

zeichnet werden. So übersetze ich also Tab "1"5?1273 ,,von den¬

jenigen, denen Se'ir Gott ist", ,,von denjenigen, die Se'ir

als ihren Gott haben", und sehe darin eine poetische Um¬

schreibung für die Bewohner von Se'ir.

Unter solchen Umständen wird man auch für "lab miiDS

„diejenigen, denen ni3S ist" die Erklärung in derselben

Richtung suchen müssen. Die Hauptschwierigkeit dabei liegt

an ri"ri3S. Die Teilung der Masoreten in m las, wonach hier

die Wörter ,, Feuer" und ,, Gesetz" vorliegen würden, ist von

vornherein ausgeschlossen; m ,, Gesetz" ist altpersisch und

gerade deswegen im Althebräischen undenkbar. Damit werden

alle Deutungen, die auf diese Teilung aufgebaut sind (die

Targume), hinfällig''). Hier stand von Anfang an nur ein

1) Die Bedeutung des Wortes ist niclit festzustellen.

2) Lewv, a. a. O. S. 'i'ff.

3) Ebenda.

4) und selbstverständlich alle neueren Umdiclitungen, die mit dem

Begriffe wS spielen : r^j'^ •w^5 u. ä.

(16)

H. S. Nybero, Deuteronomion 33,2-3

Wort. Nach Analogie von "lab lipTSTa erwartet man hiereinft

Gottesnamen. Die Juden in Alexandria scheinen davon noch

eine undeutliche Ahnung gehabt zu haben, wie ihre Über¬

setzung ayyeloi zeigt. Was steckt aber in den Konsonanten?

Eine Gottheit rTDN ist meines Wissens bisher nicht zum

Vorschein gekommen. Bis auf weitere Belehrung möchte ich

vorschlagen, hier nias zu lesen ; das ist keine Textänderung,

denn T und "i waren gleich, und es hing vom Wissen des

Lesers und seiner Auffassung des Zusammenhanges ab,

welchen dieser beiden Buchstaben er in jedem einzelnen

Falle wählen sollte, nmas ist natürlich ri"ii;i:N < ''AHrat zu

lesen, mit altertümlicher Bewahrung der Endung -at im

Status absolutus. Diejenigen, denen 'Aserat ist, sind Leute,

die die Asera verehren. Daß der Asera-Kult im äußersten

Süden vorhanden gewesen ist, braucht man angesichts der

starken Verbreitung desselben über das ganze westsemitische

Gebiet nicht zu bezweifeln. Ich komme auf die Frage zurück.

Von den übrigen örtlichkeiten in V. 2 ist Har Pärän

(eig. Pa'rän) einigermaßen sicher zu bestimmen: Pärän ist

die Wüste, die das Gebiet südlich von Qadeä von Edom bis

nach Ägypten bildet, heute et-Tih. Har Pärän ist also ein zu

dieser Wüste gehörender Berg südlich von Qadeä. Meiner

Meinung nach ist mit I^SS b^s Gen. 14, e, das „auf die

Wüste geht" (iman b» "nas), gerade diesen Berg Pärän

gemeint, b^s ist nur masoretischer Umdeutung zuliebe statt

bs geschrieben: ,,Gott Pärän", denn nach altsemilischer

Anschauung waren die Berge selber Götter. Dieser Berg liegt

also gerade am Wüstenrande. Schwieriger ist laip r32"l. Daß

darunter Qade§ zu verstehen ist, bezweifle ich ebensowenig

wie andere Ausleger, ganz entschieden lehne ich aber die

Textänderung lai;? ri?"'"!')^ ab. Die gesamte Überlieferung ohne

Ausnahme bietet die Konsonanten laip nam, und damit

haben wir uns abzufinden, ob wir wollen oder nicht; sie

stellen die lectio dijficilior dar, quae praejerenda est. Ich be¬

trachte laip rinn"! ,, unzählige Heiligenscbaren" als eine poe¬

tische Umschreibung von laip ri3i"ia, die in die Form eines

Wortspieles gekleidet ist. Die Vokalisation "ianp halte ich un-

ZeitBchriJt d. DMG Bd. 92 (Neue Folge Bd. 17) 22

(17)

336 H. S. Nyberg, Deuteronomion

bedingt fest; das Abstraktum hat hier kollektive Bedeutung

„Heiligenschar", vgl. z. B. yipT ,, Schar, Gruppe von Un¬

gerechten" in yTÜT ibrisn „in den Zelten der Ungerechten"

y) 84,11. Das Abstraktum hat in solchen Fällen den Wert

eines gebrochenen Plurals oder eines Sibhu l-gamH (z. B. rakb-

als Kollektiv zu räkib-, sahb- zu sähib- usw.) im Arabischen.

Das haben die Targume gut verstanden, wie ihre Übersetzung

■fiTOilp (2 qaddUe) zeigt. Die Lesung des @ Kadrjg ist an sich

nicht unrichtig, da ohne jeden Zweifel Qades gemeint ist,

verkennt aber den Sinn und die Art des Ausdruckes. Unter

den „Heiligen" ist der himmlische Hofstaat des jeweils re¬

gierenden Gottes zu verstehen, d. h. die untergeordneten

Götterwesen, die ihn umgeben und seine Befehle ausrichten *).

Für diese Bedeutung gibt es im A.T. verschiedene Beispiele.

Hos. 12,1 stehen sich bs und DiipilJ? gegenüber, und zwar so,

daß mit den letzteren auch Götterwesen gemeint sein müssen ;

ich habe anderswo-) die Vermutung ausgesprochen, daß sich

das Wort hier auf die fremden, in erster Linie die assyrischen

Götter bezieht. In y) 16,3 stehen die D^mip für die lokalen

Götter Kanaans, auch hier dem höchsten Gotte 'AI = 'El

gegenüber*). In y) 89,8 ist von 'El im „großen Rat der

Heiligen", nm a^Tanp noa, die Rede. Sach. 14,5 mn^

"Tay QiTaip ba ^nbs „und Jahwe mein Gott wird kommen,

indem mit dir*) alle Heiligen sind." Dan. 8, i3 erscheint ein

solcher himmlischer TSllp und enthüllt im Gespräch mit einem

anderen TCnip den göttlichen Ratschluß. Durch den sakral¬

poetischen Namen laip rnai wird der Kultort T21p Pa^n'ta als

in hervorragendem Maße Platz der göttlichen Anwesenheit

bezeichnet, na^lia bedeutet „Rechtsstreit"; zum Orte gehörte

o

1) Studien zum Hoseabuche, Uppsala Universitets Arsslirift 1935: 6, S. 93, 121, 123.

2) Ebenda S. 93. Unbedingt halte ich nicht an der Deutung der

a'ianp als assyrischer Götter an dieser Stelle fest; es kann sich äuch

um die niederen kanaanäischen Gottheiten, die Be'alim, die Asera usw.

handeln.

3) Ebenda S. 120f.

4) D. h. Jahwe, mit dem gewöhnlichen Übergang von der 3. Person

zur .\nredeform.

(18)

H. S. Ntbebo, Deuteronomion 33,2-» 337

eine Quelle, £331273 yv, und damit steht auch «1273 „Orakel"

in Verbindung. Es war also eine Orakelstätte, wo Recht ge-i

sprochen wurde i). Die dort herrschende Gottheit hieß natür-j

lieh ursprünglich 127.J3. Welche diese vorjahwistische Gottheit

war, wissen wir nicht, aber allem Anschein nach war sie diei

Göttin Qades, die auf ägyptischen Denkmälern zusammen!

mit ReSef und Min oder mit Set-Suteh auftritt und von derj

wahrscheinlich auch Qades ara Orontes seinen Namen er-j

halten hat*). i

Für die grammatische Analyse von V. 2 ist sonst nur!

folgendes zu bemerken. Das Verbum nnsi ist unbedingt der'

Präposition HS der Übersetzungen vorzuziehen. Wie © zeigt,i

gab es neben I2np raa-i72 nnsl auch die Lesart I2np nan-i rs,!

wo ns als defective geschriebenes TN aufzufassen ist: „er kam:

nach 121p r33-|". Die Worte I73b mi2S 13173172 bilden einen

häl-Satz: „indem zu seiner Rechten diejenigen waren, deneni

die A§era ist." 1

Ich übersetze also V. 2 folgendermaßen :

„Jahwe kam vom Sinai j

und strahlte auf von den Se'ir-Verehrern (= vom Lande

Se'ir); j

er glänzte empor vom Berge Pärän ,

und kam von (Var. nach) „Unzähligen Heiligenscharen",

(= Qades), :

indem er zu seiner Rechten die Asera-Verehrer (d. h. ihr,

Land) hatte." ;

Offenbar wird hier der Reiseweg beschrieben, den Jahwel

nimmt, wenn er sich von seinem Wohnsitze zu seinem Volki

Israel begibt. An anderen Stellen, wo die Theophanie Jahwes!

geschildert wird, wird Se'ir bzw. Edom als Ausgangspunkt der!

Reise angegeben, wie im Deboralied Jud. 5,4 = y 68, 8;j

Hab. 3,3 kommt Jahwe von Temän, das nach Gen. 36, u usw.i

5) Vgl. Johs. Pedersen, Israel IIJ—IV, Kopenhagen 1934, S. 13:t.!

6) S. Kurt Galling, Biblisches Reallexikon (in Handbuch zum]

Alten Testament hrsg. v. O. Eissfeldt, 1. Reihe I), Tübingen 1937,|

Sp. 223, 234 f. I

(19)

338 H. S. Nybbbg, Deuteronomion 33,»-»

zu Se'ir bzw. Edom gehört. Dabei wird jedoch vorausgesetzt,

daß das Sinai der eigenthche Wohnsitz Jahwes ist: Jud. 5,5 =

y) 68, 9 w ird Jahwe IjID nt „der von Sinai" (arab. wäre das

*dä Slnai^)) genannt. Demnach ist der Berg Sinai auf dem

Gebiete Se'Irs bzw. Edoms zu suchen. Anders ist es wohl

auch nicht hier, denn Se'ir steht ohne Zweifel nur als Parallel¬

glied zum Sinai. Zunächst gelangt dann Jahwe an den Berg

Pärän (auch Hab. 3, s), der ihm also ebenfalls heilig ist. Die

nächste Station ist ,, Unzählige Heiligenscharen", d. h. Qadeä

oder APrlbat Qade§. Nach'S}? und der jüdischen Überlieferung

fährt Jahwe an diesem Ort vorbei, offenbar um die Reise weiter

nach Norden, nach Jerusalem oder irgendeiner anderen Zentral¬

stelle des israelitischen Kultes fortzusetzen. Die aus ® ge¬

wonnene Lesart laip n33"i ris setzt dagegen voraus, daß das

Reiseziel Qade§ ist, und das spiegelt eine ältere Stufe der

israelitischen Religionsgeschichte wider und ist als das Ur¬

sprüngliche zu betrachten. Der Vers schildert also Jahwes

Reise vom Sinai nach Qades, wo er seinem Volke erscheinen

wird. Wenn er so nach Qades kommt, hat er auf seiner Rechten

ein Land, wo die Aäera verehrt wird. Über dieses Land können

wir bis auf weiteres nur Vermutungen aufstellen. Es wäre

verlockend, hier den Keret-Text von Ras Schamra heranzu¬

ziehen; dort scheint das Südland, Negeb, Schauplatz der

Ereignisse zu sein, und unter den Stämmen des Südlandes

finden wir auch einen Stamm ITDS*). Doch scheint hier vor¬

läufig große Vorsicht geboten zu sein. Vielleicht darf ich in

1) In der exegetischen Ijteratur habe ich die.se Deutung nicht ge¬

funden. Sie ist von Grimme ZDMG 50, 573 aufgestellt worden und wird

auch in Ges.-Bchl s. v. riT gebucht, scheint aber wenig beachtet zu

sein. Sie ist.aber evident. ^2^0 m steht auf derselben Stufe wie die

Götternamen ^£'ß^\ jj (Nicn, Dusares), l,aLj\ „der vom Kiesel"

(Ibn al-Kalbi, Kitäb al-^asnäru ed. .\bmed ZekI Basä, 2. .\ufl. Kairo

1343 = 1924, S. 34ff., 37f.) u. a. Vgl. auch W'ellhacsen, Reste ara¬

bischen Heidentums, 2. .Vufl., Berlin u. Leipzig 1927, S. 45 ff.

2) \'isoLLEACD, La legende de Keret roi des Sidoniens (Mission de

Ras-Shamra T. II), Paris, Geuthner, 1930, S. 17 f. Die Xegeb-Hypothese wurde auf dem Orionfalistenicongreß in Brüssel Sept. 1938 von Albright lebhaft be.stritten, aber auch von anderen erfolgreich verteidigt. Es ist

noch kaum möglich, zur Frage endgültig Stellung zu nehmen.

(20)

H. S. Ntbers, Deuteronomion 33, s-s 339

diesem Zusammenhange auch an einen Beleg für einen weit

östlicheren A§era-Kult erinnern. Laut der wahrscheinlich ins

5. vorchristl. Jahrh. zu datierenden altaramäischen Inschrift

aus Teima (CIS II, 113)*) zählte zu Beginn der Perserzeit

unter den Hauptgöttern Teimas auch eine Gottheit siiUJi*.

Darin steckt nach der wahrscheinlichsten Deutung eben die

ASera"). Wenn ihr Kult im 5. vorchristl. Jahrh. bis tief in

Nordarabien vorgedrungen war, so können wir ihn viel früher

unter den Aramäern weiter nördlich im Randgebiete gegen

die syrische Wüste östlich von Edom voraussetzen. Damit

wären wir allerdings ziemlich weit von Jahwes Reiseweg nach

Qade§ abgekommen. Aber V. 3, zu dem ich jetzt übergehe,

zeigt, daß wir uns auch sonst in diesem Stücke in der Nähe

der aramäischen Welt befinden.

V. 3 ist völlig unverständlich, wenn man, wie von jeher

(vgl. oben die alten Übersetzungen) geschehen ist, hart¬

näckig darauf besteht, in Qi»» aan einen Satz zu sehen,

denn ein solcher Satz läßt sich schlechterdings nicht in den

Zusammenhang hineinfügen. Anstatt aber sich nun auf Kon¬

jekturen zu werfen und Umdichtungen, die eine plattere und

nichtssagendere als die andere, mühsam zusammenzustöppeln,

sollte man doch einmal versuchen, die Augen ein wenig um¬

zustellen und die Dinge so wie sie sind zu sehen. Die Zeile

-{Ta Tiaip ba niW» aan Cl« läßt sich nach den elementaren

Regeln der semitischen Grammatik glatt analysieren und

verstehen : n^Ta» aan — Partizip im Stat. constr. zum folgenden

Worte — ist Subjekt eines zusammengesetzten Nominal¬

satzes, dessen Prädikat der Satz "{Ta Tiaip ba bildet; das

Subjekt Q"'T35' 33n wird im Prädikatssatz durch das Suffix

in TTClp aufgenommen: ,,Auch der D^Ta» aan — alle seine

Heiligen sind in deiner (d. h. Jahwes) Hand". Da der aan

1) Lidzbabski, Handbuch der nordsemitischen Epigraphik, Weimar

1898, S. 447; Cooke, A Text-Book of North-Semitic Inscriptions, Ox¬

ford 1903; ,S. 195—199.

'■ 2) Cooi^E a. a. O. S. 198. NT'ON liann nicht echtaramäisch sein,

wenn anders Ras Schamra mriN d. h. 'atirat hierher gehört; das würde

auf Aram. mnN* ergeben. NiiON ist wohl einer amoräischen Sprach¬

schicht entlehnt.

*, ■)

^ .>

(21)

340 H. S. Nybehg, Deuteronomion 33,2-3

ffiaJ? auch niTCTTp hat, so ist er selber ein Gott, und zwar ein

Hochgott; sein Name ist aramäisch, darum ist er ein ara¬

mäischer Hochgott. 32" ist das Partizip des bekannten ara¬

mäischen Verbums ann ,, lieben", und ny ist streng in seiner

eigentlichen, überall im A.T. lebendigen Bedeutung „Blut¬

sippe" bzw. ,, Mitglied einer auf Blutsverwandtschaft gegrün¬

deten Sippe" zu nehmen. Diese Bedeutung schließt aber auch

in sich einen tieferen religiösen Sinn: der Gott einer Sippe ist

selber ihr erster Blutsverwandter, ist ihr erster ny, und die

Sippe ist der ny des Gottes, ny ist ein doppelseitiger Begriff

und bezieht sich auf die Kultgemeinde ebensogut wie auf

ihren Gotti). Der Titel n^Tay nnn hat seine nächste Ent¬

sprechung im stehenden Epithet der nabatäischen Könige

rray nm „der sein Volk liebt""), was gewiß nicht nur der

Ausdruck einer allgemeinen landesväterlichen Gesinnung ist,

sondern vielmehr die Könige als Vertreter der Gottheit

kenntlich macht. Daß ny in n^Toy nnn im Plural auftritt, be¬

sagt wohl, daß der betreffende Gott mehrere Gruppen, von

denen eine jede sein ny ist, unter sich hat, d. h. er ist ein

großer Volksgott, dem eine Mehrzahl von Stämmen und

Kultgruppen untersteht.

In den danach stehenden Sätzen wird die Szene gemalt,

wie dieser Gott Jahwe empfängt:

:-{n-ii3TO NtDi -(bjib nsn nm

Die Satzverbindung ist sehr einfach und durchsichtig:

zuerst kommt ein ÄäZ-Satz und dann der übergeordnete

Satz, also ,, indem sie (d. h. die n^imp) dir zu Füßen lan,

hebt er (d. h. der n^T^y nnn) deine m-imia empor." Alle

Schwierigkeiten liegen hier auf dem lexikalischen Gebiete.

ST23 nehme ich hier als Opferterminus in der Bedeutung

„darbringen", die wir sehr gut aus dem Phoenikischen und

Punischen') und neuerdings auch aus den Texten von Ras

1) Studien zum Hoseabuche S. 27 f.

2) CooKE a. a. O. S. 215, 245, 256.

3) Die Belege bei Zbllig S. Habbib, A Grammar of the Phoenician

Language (American Oriental Series Vol. 8), New Haven 1936, Glos¬

sary s. V.

(22)

H. S. Nybebg, Deuteronomion 33, s-s 341

Schamra^) kennen. In "jriTimTa hat man also eine Opferbe¬

zeichnung zu suchen. Da es sich um einen aramäischen Gott

handelt, trage ich keine Bedenken, darin einen aramäischen

Opferausdruck zu sehen, und leite die Form, deren Vokalisa¬

tion ri"i3TO so auffällig ist, daß sie unbedingt echt sein muß,

vom aramäischen "QT „führen, leiten" ab; das Suffix be¬

zieht sich auf Jahwe: „die zu dir zu führenden Dinge", d. h.

die Opfergaben, die dazu bestimmt sind, vor Jahwe geführt

zu werden.

isri ist im A.T. ein Hapaxlegomenon"). Es hat indessen

sichere Anknüpfung im semitischen Wortschatz und muß

durchaus als ein echtes, wirklich einmal existierendes Wort

betrachtet werden, wenn auch die Wortsippe und ihre Ver¬

wandten auf dem semitischen Gebiete überhaupt etwas

spärlich vertreten sind. Durchaus zu Unrecht bestreitet die

at. Exegetik diesem Worte das Recht aufs Leben, indem sie

es wegemendiert und an seiner Stelle allerlei Plattheiten in

den Text hineinzaubert'); ein solches Verfahren, leider in

der at. Exegetik sehr beliebt und, wie es scheint, bisweilen

geradezu zum Prinzip erhoben, widerstreitet aller philolo¬

gischen Methode. Wir haben es hier mit einem hochalter¬

tümlichen Stück sakraler Dichtung zu tun, und man sollte

es lieber vermeiden, seinen Charakter durch Umdichtungen

in späterem Psalmenstil zu verwischen, isrj kann offenbar

1) Z. B. nc:, s. James A. Montgomeby and Zbllig S. Harris,

The Ras Shamra Mythological Texts (Memoirs of tlie American Philo¬

sophical Society Vol. IV), Philadelphia 1935, Glossary s. v. NISD and anp.

2) über die jüdische, sicher unrichtige Deutung des Wortes s. oben S. 322 Fußn.

3) In BH" wird für -;m-imaDni die folgende prachtvolle

..Emendation" geboten: Tjns irr'-iD -laiai -{bna -jnn Nim, was mit

der Note versehen ist: ,,praeclare, sed vix certe, propositum est." Ich finde das alles eher als praeclarum. In BH ' erscheint eine etwas schwung¬

vollere Umdichtung: Vnii3-ic iNb-' ibaib isb; om, leider daneben auch

das ungemein platte inn^Nn (so! nicht DNt)-;) DNto'; ibaib "iDbn Dm.

Glaubt man wirklich allen Ernstes, durch solche Emendationen den

Urtext zu erreichen? Diese Lesarten haben höchstens für die Geistes¬

geschichte des 20. Jahrh. ein Interesse, dem Philologen und Historiker bieten sie keines.

(23)

342 H. S. Nybbbo, Deuteronomion 33, j-»

als ein Passivum vom St. "jari gedeutet werden und steht hin¬

sichtlich der Bildung auf genau derselben Stufe wie i"i^

< *zurrü Jes. 1, 6. Zum St. "{Sri gehört im Hebr. das Wort Tjri

V 10, 7; 55, 12; 72, 14, wie der Plural Dissn Prov. 29, 13 zeigt.

Der Singular steht in den zitierten Psalmenstellen zusammen

mit nTaiTa oder Dian und wird mit „Bedrückung, Gewalttätig¬

keit" übersetzt; der Plural steht in der Verbindung aiSDn TD^N,

die mit dem Begriffe lüT antithetisch zusammensteht und

annähernd den Bedrücker bezeichnen dürfte. Dazu arab. i^"

oder d^jj „etwas Weiches mit den Füßen zertreten", vom

»» « ,

Wein „jm. betäuben", <± ,, verdutzt sein", dt „stockdumm".

_ ^ ^ 1

Syr. ..jL ^obo bedeutet ,, vexavit, laesit, oppressit", auch

■nv 0

„puduit", »jLt' „frustratus est, passus est damnum", poL

" . z

„damnum", vgl. aucb .,jo6a „quievit, subsedit",

„laesit"; jüd.-aram. NDSFi „Zernager, Motte", TfW ,, verletzen".

Die Grundbedeutung liegt wohl sicher im Arab, vor: „unter

die Füße treten"; dann allgemein „quälen; zerstören".

Vielleicht gehört hierher der altwestsemitische Personen¬

name Ta-ku-AN^), der also bedeuten würde „dem Gotte

unterworfen", „vor dem Gotte demütig daliegend", so daß

er auf ihn treten kann, sei es daß ta-ku für takku geschrieben

ist oder wir ein mit "jan paralleles nan anzunehmen haben.

Man kann auch fragen, ob nicht äth. takaza „traurig sein"

eine sekundäre Weiterbildung dieses Stammes darstellt,

so daß die Grundbedeutung „niedergeschlagen sein" wäre.

Die hier festgestellte Bedeutung des St. "{an paßt vorzüglich

in unseren Zusammenhang hinein, und wir können danach,

ßcheini, es mir, den Satz "{b^lb lari om mit ziemlicher Sicher¬

heit so deuten: „indem sie dir zu Füßen niedergeworfen

daliegen". Daß ein Perfekt hier im ÄäZ-Satz erscheint, hat

nichts Befremdliches, da das Passiv zuständliche Bedeutung

hat und wenig mehr als ein verbal flektiertes Partizip ist.

1) Theo Bauer, Die Ostkananäer, Leipzig 1926, S. 40,81; der

Name wird als alt bezeichnet.

(24)

H. S. Nybebo, Deuteronomion 33, j-s 343

Beispiele mit einem Perfekt im Zustandssatz neben einem

Imperfekt im übergeordneten Satze kommen auch sonst vor,

vgl. in-i TTDTD Q^sn-n y-iN labTa Tnäri 2, 2 gegenüber V. 1

T5fr QiTasbT n^ia =rü55n mab. Auf das weitschichtige Pro¬

blem des Wechsels der Tempora im Hebr. kann hier nicht

weiter eingegangen werden, obgleich noch viel dazu zu sagen

wäre.

Ich übersetze also V. 3 folgendermaßen:

„Auch der Blutsverwandten-Freund — alle seine Heiligen

sind in deiner Hand; während diese dir zu Füßen niederge¬

worfen daliegen, bringt jener die dir zuzuführenden Opfer¬

gaben dar."

Das hier von mir benutzte Präsens hat natürlich den Wert

eines Präsens historicum; die Situation ist auf Jahwes in

V. 2 beschriebene Reise von Sinai nach Qade§ zu beziehen.

Dt. 33, 2-3 beschreibt nicht nur den Reiseweg Jahwes

vom Sinai nach Qadeä, sondern malt auch seinen Triumphzug

aus durch die umgebende und mit ihm konkurrierende Götter¬

welt, die hier noch ganz unbefangen als vollkommen real

vorgestellt wird. Alle Götter der Umwelt beugen sich dem

dahinfahrenden Jahwe. Er bricht auf von dem Lande, dessen

Bewohner ihren Gott Se'ir anrufen; Se'ir ist nur sein Statt¬

halter oder Vasall. Er glänzt empor vom Berge Pärän, der

selber ein Gott ist, der aber sich dazu verstehen muß, nur als

Platz seiner überwältigenden Theophanie zu dienen. Die

A§era, deren Anbeter er links passiert, vermag nichts gegen

ihn. Ja, sogar der 01122? aan, selber ein mächtiger Gott, tritt

ihm nebst seinem ganzen Hofstaat, den niiaiip, voller Ehr¬

furcht entgegen ; die Diicilp liegen vor Jahwe auf dem Boden

ausgestreckt, und ihr Herr bringt als Vasall dem mächtigen

Oberherrn Jahwe den ihn zukommenden Tribut dar. In

Qade§ erwarten ihn „unzählige Heiligenscharen", die ihn

sicher in derselben demütigen und unterwürfigen Stellung

empfangen werden.

Der Name W'av aan ist sonst nirgends zu belegen, was

an sich nicht wunder nimmt, da er nur ein sakrales Epithet oder

eine sakralpoetische Umschreibung ist. Es kann aber, wie schon

.'i .t «

(25)

344 H. S. Nybero, Deuteronomion 33, z-s

oben hervorgehoben wurde und wie die ganze Aufmachung der

Szene zeigt, daran kein Zweifel sein, daß dieser Gott der

aramäische Hochgott ist. Die Aramäer haben vollkommen

sicher schon in sehr alter Zeit östlich von Moab gewohnt, wo

vielleicht sogar ihre Urheimat gelegen hat^), und auch Edom

hat frühzeitig einen starken aramäischen Einschlag gehabt;

gewiß ist, daß die Namen in Gen. 36 teilweise ein rein aramäi¬

sches Gepräge tragen. Der am meisten verehrte Gott der

Aramäer war unzweifelhaft Hadad und dessen Name kommt

auch als Königsname in Edom vor Gen. 36, 35 f. Es ist in¬

dessen auch möglich, daß der D'^TOV aan der altwestsemitische

Hochgott 'AI war, der im A. T. häufiger unter dem Namen

'El 'Eljön auftritt. Sein Name liegt dem edomitischen Orts¬

namen mby Gen. 36, 40 zugrunde, und sein mit dem hebr. "jTby

paralleler Name "jibs ist jetzt in der dem 8. vorchristl. Jahrh.

entstammenden aramäischen Inschrift von Sefire unweit

Aleppo aufgetaucht; außerdem kommt er in älteren und

jüngeren aramäischen theophoren Personennamen vor. Für

diese Identifikation sprechen vor allem die D^ianp, die ihn

begleiten; wie oben dargelegt wurde, ist im A.T. dieser Be¬

griff vorzugsweise mit 'El oder 'AI verbunden. Es ist nicht

meine Absicht, hier diesen Zusammenhängen näher nach¬

zugehen'). Über Vermutungen kommen wir jedenfalls vor¬

läufig nicht hinaus.

1) Kittel, Geschichte des Volkes IsraeV, Stuttgart 1932, S. 320

Anm. 6; Vincent, La religion d-es Judeo-Arameens d' Elephantine, Pari.s, Geutliner, 1937, S. 132f. (mit Literatur).

2) Vincent ebd.

3) Näheres in meinem oben S. 333 Fußn. 1 zitierten, im Drucli be¬

findlichen Aufsatz Studien zum Religionskampf im Allen Testament; vgl.

vorläufig meine Studien zum Hoseabuche S. 58ff., 60, 74, 78, 90, 120.

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Probleme und Aufgaben der tibetischen Philologie Mit einem Anliang: Zur Gescliiclito der Bon-Religion^

Von Helmut Hoffmann, Berlin

Im Jahre 1922 hätte die Wissenschaft von jenem für das

Abendland seit langer Zeit mit einer wahren Aura des Ge¬

heimnisvollen umgebenen Lande, das wir Tibet nennen, ihren

100. Geburtstag feiern können. Denn im Jahre 1822 war es,

daß der berühmte ungarische Gelehrte Alexander Csoma

de Körös nach mehr denn zweijähriger abenteuerlicher Reise,

die ihn über Alexandria, Bagdad, Teheran, Buchara und Kabul

nach Nordindien geführt hatte, in Leh am oberen Indus den

Plan eines Vorstoßes nach Chinesisch-Turkestan aufgab, um

sich den Rest seines Lebens mit größter Energie der Er¬

forschung tibetischer Dinge hinzugeben, mit denen er eben

im Jahre 1822 in Leh zum ersten Male vertraut geworden

war. Was man bisher im Westen über das ferne ,, Schneeland"

erfahren hatte, vornehmlich enthalten in des Pater Georgi

1773 zu Rom erschienenen ,,Alphabetum Tangutanum sive

Tibetanum" wie in den Schriften des Sinologen Abel Remusat,

war aus dürftigen und kaum authentischen Quellen geflossen.

Csoma erst hat in intensivem Studium begonnen, die tibe¬

tische Originalliteratur zu erschließen. Die Fülle des Stoffes,

die Csoma in den 20 Jahren bewältigt hat, die ihm noch zu

wirken vergönnt waren, will uns schier unwahrscheinlich

groß erscheinen. Neben vielen kleineren wertvollen Arbeiten

schenkte er der Wissenschaft seine ,, Grammar of the Tibetan

Language", den „Essay towards a Dictionary, Tibetan and

English" sowie eine auch heute noch nicht zu entbehrende

1) Vortrag beim IX. Deutschen Orientalistentag in Bonn, am 2. Sept.

1938.

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