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Hormontherapie bei Frauen unter Antikoagulation

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Academic year: 2022

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Patienten mit tiefer Venenthrombose (deep venous thrombosis, DVT) oder Lungenembolie (pulmonary ebolism, PE) benötigen eine Antikoagulation, um rezidivierende venöse Thromboem- bolien (VTE) zu verhindern. Frauen im reproduktiven Alter, die eine Antiko- agulation mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) erhalten, brauchen eine sichere Kontrazeption, da VKA die Plazenta passieren, was potenziell zu Blutungen des Fetus und/oder zu einer schweren Embryopathie führen kann. Ähnliches gilt für Frauen, die direkte orale Anti- koagulanzien einnehmen.

Bei Frauen, die wegen VTE mit Antiko- agulanzien behandelt werden, setzen Ärzte nicht gerne östrogenhaltige Kon- trazeptiva oder eine postmenopausale Hormonersatztherapie ein, da diese Hormonpräparate das VTE-Risiko er- höhen. Die Beipackzettel kombinierter oraler Kontrazeptiva enthalten im All- gemeinen den Hinweis, dass ihr Einsatz bei Patientinnen mit aktiver oder frühe-

rer VTE kontraindiziert ist, wobei keine Aussage dazu gemacht wird, was bei gleichzeitiger Antikoagulation gilt.

Antikoagulanzien und Östrogene – ist das riskant?

In der medizinischen Literatur findet man offensichtlich keine Daten zum Ri- siko rezidivierender VTE unter Anti- koagulation bei Frauen, die gleichzeitig eine Hormontherapie erhalten. Den- noch heisst es in der WHO-Guideline von 2010, dass der Einsatz östrogen- haltiger Kontrazeptiva während einer Antikoagulanzientherapie aufgrund ei- ner VTE ein «inakzeptables Gesund- heitsrisiko» darstellt.

Im Gegensatz dazu empfiehlt das Scien- tific and Standardization Committee der International Society on Thrombo- sis and Haemostasis, dass Frauen, bei denen eine hormonassoziierte VTE di- agnostiziert wurde, die Einnahme von oralen Kontrazeptiva beziehungsweise die Östrogenersatztherapie fortsetzen sollen, bis die Antikoagulation abge- setzt wird, da mögliche prothromboti- sche Effekte der Hormontherapie sehr wahrscheinlich durch die Antikoagula- tion in therapeutischer Dosis unter- drückt werden, wohingegen das mit einem Absetzen der Hormontherapie assoziierte Menorrhagierisiko durch Antikoagulanzien erhöht werden könnte.

Vergleichende Studie

zum Einfluss der Hormontherapie Tatsächlich ist die Beurteilung uteriner Blutungen bei antikoagulierten Frauen

wichtig, da das Absetzen einer Hor- montherapie zu einem erhöhten uteri- nen Blutverlust beitragen könnte, wäh- rend der Einsatz einer Hormontherapie eine Option sein könnte, uterine Blut- verluste zu verhindern oder zu stoppen.

Eine kürzlich veröffentlichte Metaana- lyse wies darauf hin, dass der Einsatz von Rivaroxaban, Apixaban und Xi- melagatran zur akuten oder erweiter- ten VTE-Therapie bei Frauen mit einer erhöhten Blutungsrate assoziiert war.

Eine aktuelle Studie verglich die Inzi- denzen von rezidivierenden VTE sowie von abnormen uterinen Blutungen mit oder ohne gleichzeitige Hormonthera- pie bei Frauen, die eine Antikoagula- tion mit Rivaroxaban oder Enoxapa- rin/VKA aufgrund einer bestätigten symptomatischen DVT und/oder PE erhielten. Die Daten stammten aus der grossen EINSTEIN-DVT- und EIN- STEIN-PE-Kohorte.

Untersuchte Patientinnen und Medikation

Analysiert wurden die Daten von 1888 Frauen unter 60 Jahren (Durchschnitts- alter: 41,3 Jahre), von denen 925 Riva- roxaban und 963 Enoxaparin/VKA er- hielten.

Von den 705 Frauen (37,3%), die unter Hormontherapie standen, als ihre DVT und/oder PE diagnostiziert wurde, hat- ten 303 zum Zeitpunkt der Randomi- sierung jegliche Hormontherapie abge- setzt. Damit erhielten 402 Frauen zu- mindest für eine gewisse Zeit während der Analyseperiode eine Hormonthera- pie. Von den 1183 Frauen, die nicht unter Hormontherapie standen, als ihre DVT und/oder PE diagnostiziert wurde, begannen 73 (6,2%) während der Analyseperiode eine Hormonthera- pie. Frauen, die mit Hormonen behan- delt wurden, waren jünger und wiesen seltener eine aktive Krebserkrankung auf.

Rezidivierende VTE

Insgesamt traten unter Hormonthera- pie 7 rezidivierende VTE-Ereignisse auf, in der Zeit ohne Hormontherapie kam es zu 38 Ereignissen. Dies ent- spricht einer VTE-Inzidenz-Dichte von 3,7 Prozent/Jahr unter Hormonthera- pie beziehungsweise 4,7 Prozent/Jahr ohne Hormontherapie (adjustierte Ha- zard Ratio [HR]: 0,56; 95%-Konfi- denzintervall [KI]: 0,23–1,39). Die In-

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STUDIE REFERIERT

Hormontherapie bei Frauen unter Antikoagulation

Ist das Risiko für rezidivierende venöse Thromboembolien erhöht?

Frauen, die mit Vitamin-K-Antagonisten oder direkten oralen Antikoagulan- zien behandelt werden, benötigen eine adäquate Kontrazeption, da die Anti- koagulation potenziell zu Schäden beim Ungeborenen führen könnte. Doch erhöht eine (östrogenhaltige) Hormontherapie unter Antikoagulation das Ri- siko für rezidivierende venöse Thromboembolien?

Blood

Eine östrogenhaltige Hormontherapie oder eine Gestagenmonotherapie ist bei antikoagulierten Frauen nicht mit einem erhöhten Risiko für rezidivie- rende venöse Thromboembolien asso- ziiert.

Abnorme uterine Blutungen traten unter Rivaroxaban häufiger auf als unter Enoxaparin/VKA.

MERKSÄTZE

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zidenzdichten lagen für östrogenhaltige Therapieschemata bei 3,7 Prozent/Jahr und für eine Gestagenmonotherapie bei 3,8 Prozent /Jahr. Rezidivierende VTE traten bei den mit Rivaroxaban bezie- hungsweise mit Enoxaparin/VKA be- handelten Patientinnen ungefähr gleich häufig auf.

Abnorme uterine Blutungen Nach Ausschluss der Frauen, bei denen eine Hysterektomie durchgeführt wor- den war, wurden insgesamt 1737 Pa- tientinnen evaluiert, von denen 463 eine Hormontherapie bekamen. Insge- samt traten 37 abnorme Uterusblutun- gen unter Hormontherapie auf (bei 28 Frauen, die Östrogene erhielten, und bei 9 Frauen unter Gestagenmonothe- rapie). Ohne Hormontherapie kam es zu 148 Blutungsereignissen. Dies ent- spricht Inzidenzdichten von 22,5 Pro- zent/Jahr unter Hormontherapie und

21,4 Prozent/Jahr ohne Hormonthera- pie. Die adjustierte HR für alle abnor- men uterinen Blutungen (mit vs. ohne Hormontherapie) war 1,02 (95%-KI:

0,66–1,57).

Abnorme uterine Blutungen wurden bei Frauen unter einer Rivaroxaban- therapie häufiger beobachtet als bei Frauen, die Enoxaparin/VKA erhielten (HR: 2,13; 95%-KI: 1,57–2,89). Die Inzidenzdichte abnormer uteriner Blu- tungen unter Hormontherapie betrug 29,8 Prozent/Jahr bei Rivaroxaban- anwenderinnen und 15,5 Prozent/Jahr für Enoxaparin/VKA-Anwenderinnen, während diese Werte bei 30,7 Pro- zent/Jahr beziehungsweise 13,4 Pro- zent/Jahr ohne Hormontherapie lagen.

Fazit

Bei Frauen, die eine therapeutische An- tikoagulation erhielten, war die Hor- montherapie nicht mit einem erhöhten

Risiko für rezidivierende VTE assozi- iert, fassen die Autoren zusammen. Sie weisen darauf hin, dass das unter Riva- roxaban beobachtete erhöhte Risiko für abnorme uterine Blutungen genauer untersucht werden sollte. Andrea Wülker

Quelle: Martinelli I et al.: Recurrent venous thromboem- bolism and abnormal uterine bleeding with anticoagulant and hormone therapy use. Blood 2016; 127(11): 1417–

1425.

Interessenlage: Einige der beteiligten Autoren haben Honorare und/oder Forschungsgelder von verschiedenen Pharmaunternehmen erhalten.

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