Ständige Konferenz für Umweltfragen
Entsprechend der wachsenden Be- deutung der Fragen des Umwelt- schutzes hat der Vorstand der Bun- desärztekammer eine Ständige Konferenz für Umweltfragen ge- gründet. Unter dem Vorsitz von Dr.
Lienhoop, Präsident der Ärztekam- mer Bremen, hat sich diese Ständi- ge Konferenz im Berichtsjahr kon- stituiert. Die Konferenz wird sich mit der Information, der Koordina- tion der verschiedenen Aktivitäten in den einzelnen Bereichen und mit Schwerpunktthemen befassen. Sie wird sich zuerst den Fragen der Lufthygiene widmen. Diese Themen sollen unter Hinzuziehung von Ex- perten abgehandelt werden. Die enge Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Beirat wird ge- wünscht. Der ständige Kontakt wird durch Dr. Ahrens, Hamburg, in seiner Eigenschaft als Geschäfts- führer des Wissenschaftlichen Bei- rates gewährleistet. Die Konferenz sieht sich als Mittler zwischen Wis- senschaft und der Durchführung in der Praxis.
Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen
Die Bundesärztekammer wurde auf Veranlassung von Prof. Klosterköt- ter, Essen, als Mitglied in die "Ar- beitsgemeinschaft für Umweltfra- gen" berufen. Die Bundesärzte- kammer wird in diesem Gremium durch den Vorsitzenden der Stän- digen Konferenz für Umweltfragen, Dr. Lienhoop, vertreten. Es handelt sich dabei um ein von der Interpar- lamentarischen Union gegründetes Gremium, dem Vertreter gesell- schaftlicher Gruppen, Verbände und Einzelpersonen angehören.
Die Arbeitsgemeinschaft hat sich die Aufgabe gesetzt, die Umweltge- staltung und den Umweltschutz zu fördern, insbesondere die damit zusammenhängenden Probleme unter Berücksichtigung der Erfah- rungen und Aktivitäten vorhande- ner Organisationen und Institutio- nen zu studieren, den Erfahrungs- austausch der vorhandenen Ein- richtungen und Organisationen zu fördern und hierbei im außerparla- mentarischen Raum koordinierend zu
B. Aktuelle Fragen der Gesundheitspolitik
wirken, an der Aufklärung der Be- völkerung durch eigene Maßnah- men oder durch Unterstützung und Koordinierung von Aktionen ande- rer Stellen mitzuwirken.
Die Arbeitsgemeinschaft für Um- weltfragen hat ein Umweltforum eingerichtet, das im Berichtsjahr zum ersten Mal tagte. Es dient der Förderung des Austausches von Meinungen und Informationen über Umweltschutz und Umweltgestal- tung unter den beteiligten gesell- schaftlichen Gruppen.
EWG-Programm
Von der Gipfelkonferenz der Staats- und Regierungschefs im Oktober 1972 wurde ein Umwelt- programm für die EWG gefordert.
Nach dreimonatigen Beratungen in den Ausschüssen des Europä- ischen Parlaments fand es die Zu- stimmung des Plenums. Das Ak- tionsprogramm sieht für alle Mit- gliedsstaaten die Beseitigung, zu- mindest aber eine rasche Eindäm- mung der bestehenden Umweltbe- lastungen vor und leitet Aktionen zur Verhütung drohender Umwelt- belastungen ein. Die EWG fordert eine gemeinschaftliche Kontrolle der Umweltverunreinigung sowie
VI. Suchtgefahren
1. Betäubungsmittel- Gesetzgebung
In Ergänzung des am 22. Dezember 1971 in Kraft getretenen Betäu- bungsmittelgesetzes hat die Bun- desregierung im Berichtszeitraum eine Novelle der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln vorgelegt, die am 1. April 1974 in Kraft getreten ist. Damit wurden die bisherigen - noch auf das Jahr 1930 zurückge- henden - Vorschriften weitgehend reformiert.
Gegenüber den bisherigen Rechts- vorschriften ergeben sich für den ärztlichen Bereich folgende Neue- rungen:
eine wirksame Überwachung der Einhaltung gemeinschaftlicher Rechtsakte im Bereich des Um- weltschutzes. Angestrebt wird dar- über hinaus eine gemeinsame Defi- nition für Qualitätsziele bei Boden, Luft, Grundwasser und Seen. Ge- meinschaftsmaßnahmen werden gefordert zur Lösung des Problems der Rückstände von Schädlingsbe- kämpfungsmitteln sowie Schadstof- fen jeder Art, unter anderem alle Blei- und Bleiverbindungen, Orga- ne-Halogene, Schwefelverbindun- gen und Schwebeteilchen, Stick- stoffoxyde, Kohlenmonoxyde, Quecksilber, Kadmium, Phenole, Kohlenwasserstoffe, außerdem zur Behandlung und Lagerung radioak- tiver Abfallstoffe. Das Programm befaßt sich außerdem mit den not- wendigen Regionalprogrammen, der verstärkten Aufforstung, der Schaffung von Erholungsgebieten und der Anlegung von Naturparks.
Über eine Europäische Stiftung soll die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen untersucht und auch die Koordinierung der Forschung und Studien im Bereich des Umweltschutzes neutralisiert werden. Ein umfassendes Informa- tionsprogramm soll ein stärkeres Umweltbewußtsein der Bevölke- rung heranbilden.
..,.. An Stelle von bisher 69 Betäu- bungsmitteln werden nur noch 23 Stoffe und deren Salze zur Ver- schreibung zugelassen.
..,.. Die Ausnahmeregelungen für bestimmte Hydrocodon (Cardiazoi- Dicodid®), Methylphenidat (Piima- sin®, Ritalin®), Normethadon (Ti- carda®), Phenmetrazin (Cafilon®, Preludin® compositum) u. a. ent- haltende Zubereitungen sind weg- gefallen.
..,.. In besonders schweren Krank- heitsfällen dürfen künftig nicht nur Morphin oder Opium enthaltende Zubereitungen, sondern alle zuge- lassenen Analgetika bis zur zweifa- chen der festgesetzten Höchstmen-· ge verschrieben werden (§ 6 Abs.
2). Die "Eingetragene Verschrei-
DEUTSCHES ARZTEBLATT Sondernummer 26a vom 19. 7.1974 1955
B. Aktuelle Fragen der Gesundheitspolitik
bung" entfällt, damit auch das Co- cain- und das Morphinbuch.
Die bisherige Unterscheidung zwischen öffentlichen und gemein- nützigen bzw. privaten Kranken- häusern wird aufgehoben. Somit gelten die jeweiligen Verschrei- bungsregelungen für den Bedarf eines Krankenhauses oder einer Klinik für alle derartigen Einrich- tungen, die von einem Arzt geleitet werden oder seiner Aufsicht unter- stehen (§ 6 Abs. 4).
Zur Verschreibung von Betäu- bungsmitteln darf nur noch ein dreiteiliges Betäubungsmittelrezept verwendet werden, das im Durch- schreibeverfahren beschrieben werden kann. Dieses Formblatt wird vom Bundesgesundheitsamt herausgegeben. Es entspricht in seinem Aufbau weitgehend dem üblichen Kassenrezept. Die Betäu- bungsmittelrezepte werden von den für das Gesundheitswesen zu- ständigen obersten Landesbehör- den an bestimmte Behörden bzw.
Körperschaften ausgegeben.
Bei der Verschreibung fordert die Verordnung konkrete Angaben. So muß bei abgabefertigen Packungen der Betäubungsmittelgehalt je Pak- kungseinheit bzw. bei abgeteilten Formen je abgeteilte Form, ange- geben sein. Außerdem muß die Menge in arabischen Ziffern ver- merkt und in Worten wiederholt werden.
Der Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln, der bisher nur für Apotheken vorgeschrieben war, muß jetzt auch in den Krankenhäu- sern, auf den Stationen und auch
VII. Rehabilitation
Die Eingliederung oder Wiederein- gliederung von Behinderten in Ar- beit, Beruf und Gesellschaft, die Rehabilitation, ist in den letzten Jahren verstärkt in den Vorder- grund sozialpolitischer Bemühun- gen gerückt. Dabei hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß der Rehabilitationsvorgang ein inte- grierter Prozeß ist, der von der me- dizinischen Behandlung über die
in den Praxen geführt werden. Da- für gibt das Bundesgesundheitsamt Karteikarten heraus. Krankenhäu- ser dürfen allerdings auch Betäu- bungsmittelbücher nach amtlichem Formblatt benutzen. Die Aufzeich- nungen sind drei Jahre lang aufzu- bewahren.
2. Rauschmittel- und Drogenkonsum
Der 76. Deutsche Ärztetag faßte zu diesem Problem zwei Entschlie- ßungen, die insbesondere auf den zunehmenden Mißbrauch legaler Drogen hinwiesen, wie auf die im- mer noch völlig unzureichenden therapeutischen Möglichkeiten für Drogenabhängige. Dies gilt insbe- sondere für die Rehabilitation Dro- genabhängiger nach der akuten Entgiftung.
Methadonbehandlung bei Rauschmittelsüchtigen
Nach der Warnung vor Methadon- behandlung Rauschmittelsüchtiger, welche Arzneimittelkommission und Ausschuß „Psychohygieni- scher Fragen" der Bundesärzte- kammer im Frühjahr des vergange- nen Jahres ausgesprochen hatten, hat auch das Bundesgesundheits- amt eine Stellungnahme abgege- ben und erklärt, daß „die Anwen- dung von Methadon, Levometha- don und anderer morphinähnlich wirkender Stoffe das Suchtverhal- ten nicht beeinflußt und deswegen deren Anwendung zur Behandlung der Drogenabhängigkeit ärztlich nicht begründet ist".
berufliche Rehabilitation bis zur sozialen Eingliederung nicht in streng getrennte Phasen zerlegt werden kann. Die ärztliche Rehabi- litation steht fast immer am Anfang jedes Rehabilitationsweges. Daher besitzt der Arzt eine Schlüsselposi- tion im gesamten Bereich der Re- habilitation. Innerhalb der Ärzte- schaft ist die Erkenntnis der Be- deutung der Rehabilitation und da-
mit die Bereitschaft zu aktiver Mit- arbeit bei dieser Aufgabe stetig ge- wachsen.
1. Bundesarbeits- gemeinschaft für Rehabilitation
Rehabilitationsleistungen und Maß- nahmen sind nicht einem eigen- ständigen Zweig der sozialen Si- cherung zugeordnet, sondern sind in die einzelnen Bereiche eingebet- tet. Es gibt somit eine Vielzahl von Leistungsträgern, nämlich Träger der gesetzlichen Renten- und Un- fallversicherung, der Kriegsopfer- versorgung / Kriegsopferfürsorge und der Sozialhilfe sowie die Bun- desanstalt für Arbeit. Um eine Iük- kenlose Zusammenarbeit aller Trä- ger der Rehabilitation im Interesse einer möglichst wirkungsvollen ge- sundheitlichen, beruflichen und ge- sellschaftlichen Wiedereingliede- rung der körperlich, geistig und seelisch Behinderten zu garantie- ren, hat es sich die Bundesarbeits- gemeinschaft für Rehabilitation zur Aufgabe gemacht, die verschiede- nen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen des geltenden Rechts auf freiwilliger Basis zu koordinieren
— ein Ziel, das auch mit dem kommenden Rehabilitationsanglei- chungsgesetz verfolgt wird.
Alternative zu einer
„Superbehörde"
Die Arbeitsgemeinschaft wurde vor einiger Zeit mit Sitz in Frank- furt/Main gegründet als Antwort auf politische Bestrebungen von Staats wegen eine „Rehabilita- tionssuperbehörde" zu errichten. In der Arbeitsgemeinschaft arbeiten die Dachorganisationen der Ren- tenversicherung, der Unfallversi- cherung, der Krankenversicherung, der Hauptfürsorgestellen und der überörtlichen Träger der Sozialhil- fe mit Bund und Ländern zusam- men. Mitglieder sind auch die So- zialpartner: der Deutsche Gewerk- schaftsbund, die Deutsche Ange- stelltengewerkschaft und die Bun- desvereinigung der Deutschen Ar- beitgeberverbände.
1956 Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT