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Archiv "Biergärten in München: Der süffelnde Müßiggang" (21.02.1992)

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Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten

Foto: Sclarandis, Fremdenverkehrs- verband München

'92

RESEM -Atz.

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Wenn in München die Sonne scheint und ein leich- tes, föhniges Lüfterl wehrt, dann ist Biergartenwetter.

Vom Zauber des süffelnden Müßiggangs in diesen Bier- gärten Paradiesen lassen sich Alt und Jung, Arm und Reich, der Geschäftsmann und die Hausfrau, Arbeiter, Angestellte, Beamte einfan- gen.

Als Nordlicht muß man das übrigens erst lernen:

Münchner gehen „auf den Bierkeller". Das Kellerleben hat jedoch nichts mit roman- tischem Treiben in histori- schen Gewölben zu tun. Der Begriff Bierkeller hat nämlich Geschichte: Diese Stückchen Himmel auf Erden verdanken ihre Entstehung einem tech- nischen Notstand. Erst vor et- wa 100 Jahren erfand Carl von Linde, unterstützt von ei- ner Münchner Brauerei, die Kompressions-Kältemaschi- ne. Sie löste das Problem, mit dem sich die Brauer zuvor herumschlagen mußten:

Das im Winter geschlage- ne Eis reichte nicht bis in den Hochsommer. Das Bier wur- de sauer. Kurzerhand verbo- ten die bayerischen Regenten das Bierbrauen im Sommer.

Aber die findigen Brauer suchten und fanden einen Ausweg. Sie ließen Stollen in die felsigen Hänge des alten Isar-Hochufers treiben und füllten diese tiefen Keller in

den Wintermonaten mit Eis- blöcken an. So entstanden große Lagerstätten für den edlen Gerstensaft, und das im Frühjahr gebraute. Bier blieb bis zum Sommer frisch.

Um auch die Erde über den Kellern möglichst kühl zu halten, pflanzten die Brauer Kastanienbäume an, die von allen heimischen Bäumen den dunkelsten Schatten spenden. Außerdem schütte- ten sie den Boden mit Kies auf. Diese schattigen Oasen

wurden bald zu einem be- gehrten Ausflugsziel an hei- ßen Sommertagen, zumal sich herumsprach, daß das Bier dort besonders gut schmeckt.

Die Gastwirte witterten Konkurrenz. Vor fast 200 Jahren protestierten sie ge- gen die Bewirtung dort. Kö- nig Ludwig I. als Schiedsrich- ter fällte ein weises Urteil, in- dem er entschied, daß den Brauern der Ausschank ihres Suds in den Braustätten und Sommerkellern nicht zu ver- bieten sei. Aber es dürfe dort nicht „ausgekocht", sondern nur Mitgebrachtes verzehrt werden.

Dieses Urteil begründete eine Tradition, die einen

Fremden vielleicht zunächst einmal staunen läßt. Da zau- bert eine Münchnerin aus ih- rem Brotzeitkörberl ein Tischdeckerl, Brot, Brotzeit- bretter, Bestecke, Wurst, Kä- se, Radi, Radiserl, Salate, Obatzten (eine Spezialität aus Camembert und vielen Gewürzen, für die es auch

„Geheimrezepte" gibt). Nur die noch fehlende Maß wird bei der Bedienung in Auftrag gegeben.

Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gab es noch gut 20 Großkeller mit Biergärten, je zur Hälfte links und rechts der Isar. Wenige sind übrig geblieben. Dennoch dürfte es im Münchner Stadtgebiet et- wa 100 Biergärten geben — vorausgesetzt, man zählt auch die Winzlinge mit sieben bis zehn Tischen dazu.

Das Bier muß der Traditi- on entsprechend frisch vom Faß sein. Aber gerade hier stimmt's nicht mehr! Es ist ein offenes Geheimnis, daß heute in den großen und be- rühmten Biergärten das Bier aus dem Container kommt.

Da könnte einem doch glatt der Durst vergehen! Was wa- ren das für Zeiten, als noch

„Hirschen aufgegantert" wur- den. Der Hirsch ist ein 200-Li- ter-Faß, und „aufgantern" be- deutet, Fässer aufstellen und mit dem „Bierwechsel" anzap- fen. Das Bier sprudelte also von selbst aus dem Eichenfaß.

Die nachdrängende Luft brachte es zum Laufen. Im Ge- gensatz dazu drückt Kohlen- säure das Bier aus dem Faß, wenn der Anstich mit dem Si- phon erfolgt.

Biergärten in München

Der süffelnde Müßiggang

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dillettaittedaintlental Die Qualität des Bieres

begeisterte 1828 auch Hein- rich Heine: „Das Bier ist an besagten Orte wirklich sehr gut, selbst im Pytaneum, vul- go Bockkeller ist es nicht bes- ser, es schmeckt ganz vor- trefflich, besonders auf jener Treppenterrasse, wo man die Tiroler Alpen vor Augen hat." Vermutlich hatte er noch nicht mit dem Phäno- men zu tun, das heute viele Münchner aufbringt: Die Maß entspricht nämlich ge- nau der Maßeinheit, die nötig ist, um das zu löschen, was der Bayer „Durscht" nennt.

Sie sollte also einen Liter Bier enthalten. Bestellt sich ein Zugereister eine Halbe, bekommt er von mancher Be- dienung zu hören: „Warten S' ,bis' durstiger wern." Doch nur Mut! Die Maß ist nämlich nicht mehr das, was sie ein- mal war. Wenn sich die üppi- ge Schaumkrone gesetzt hat, wird es offenbar. Die Maß ist meist ein Kompromiß zwi- schen einem halben und ei- nem ganzen Liter. Natürlich kann man sich nachschenken lassen — vor dem Antrinken, versteht sich. Doch über die Reaktion der Bedienung braucht sich niemand zu wun- dern. . . Verständlich wird sie, wenn man sich vergegen- wärtigt, daß diese gestande- nen Münchner Weibsbilder bis zu zwölf Maß auf einmal tragen, das sind rund 30 Kilo.

An heißen Tagen tun sie nicht selten zwölf Stunden lang Dienst.

Leider werden Biergärten mit Bedienung immer selte- ner. Also Selbstbedienung!

REISEdwar Inagaze NN

Man reiht sich ein in die lan- ge Schlange der Durstigen.

Nur: ganz so einfach, wie man denken könnte, ist es nicht immer. Im Hirschgarten bei- spielsweise muß man zu- nächst einmal Ausschau nach einem leeren Maßkrug hal- ten. Dann muß er gespült, und — das ist besonders wich- tig — er muß dem Schankkell- ner fachgerecht angereicht werden. Wer den Krug so hinstellt, daß der den Henkel nicht sofort erwischt, be- kommt einen strengen Ver- weis. Da merkt man doch gleich, wer ein „Waschech- ter" ist und wer nicht. Die ho- he Kunst des Biergartensit- zens will gelernt sein!

Ob jemand ein „Wasch- echter" ist, merkt man auch am Gebrauch des Bierfilzl.

Ein Bierfilzl gehört auf die Maß, nicht darunter. In ei- nem Biergarten kommt alles Gute von oben — auch der Spatzendreck. Obwohl das Bierfilzl eigentlich verhindern soll, daß Wespen ins Bier fal- len. Denn Wespen gesellen sich zur frischen Maß wie Fliegen zum Fleischpflanzl (der Münchner Frikadelle).

Thomas Mann notierte 1929: „München ist eine Stadt der Menschlichkeit, des offenen Herzens, der künstle- rischen Freiheit, es ist eine Stadt, in der man zwei Dinge auf einmal spüren, erleben und lieben kann: Volk und Welt. Es kann die Stätte sein, durch die Deutschland sich am besten, am glücklichsten mit der Welt verbinden und versöhnen mag."

Ursula Schwarzer Die größten und beliebtesten Bierkeller:

Augustinerkeller, Arnulfstraße 52 (neben dem Bayerischen Rundfunk); Hackerkeller, Schwanthaler Straße 111; Hofbräu- haus-Bierkeller, Platzl 9; Hofbräukeller, Innere Wiener Straße 19 (in Haidhausen); Löwenbräukeller-Biergarten, Nymphenburger Straße 2 (am Stiglmeier-Platz); Mathäser-Bierstadt, Bayerstraße 5;

Pschorr-Keller, Theresienhöhe 7; Salvatorkeller, Hochstraße 77 (am Nockherberg).

Biergärten mit mehr Parkcharakter:

Chinesischer Turin, im Englischen Garten; Hirschau, Gyßling- straße 7 (Englischer Garten, Zufahrt vom Mittleren Ring); Hirsch- garten, Hirschgartenallee 1 (in Neuhausen); Seehaus-Biergarten, am Kleinhesseloher See im Englischen Garten; Zum Aumeister, Sondermeierstraße 1 (am Nordrand des Englischen Gartens, er- reichbar über Föhringer Ring).

Dt. Ärztebl. 89, Heft 8, 21. Februar 1992 (119) A1-609

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