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Archiv "Paradigmenwechsel" (16.05.2008)

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A1046 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2016. Mai 2008

P O L I T I K

tofrei erwandert werden. Und gleich neben der gläsernen Moderne er- warten ihn im Fischerviertel an der Donau Fachwerkhäuschen und schwäbische Gemütlichkeit. Das berühmte Ulmer Münster ist bei jedem Rundgang in Sichtweite. Der vermeintlich rein gotische Bau wur- de, gleich dem Kölner Dom, erst im 19. Jahrhundert neugotisch vollen- det: Köln 1880, Ulm 1890. Die cle- veren Schwaben nutzten den Zeitab- stand und übertrumpften die Kölner um vier Meter, der Kölner Dom misst 157,3, das Ulmer Münster 161,5 Meter. Damit ist das Münster immer noch die höchste Kirche der Welt. Doch in Asien wachsen weltli- che Riesen, die dreimal so hoch sind.

Ulmer Modelle

Ausgerechnet auf dem Eselsberg breitet sich die Wissenschaftsstadt Ulm aus. Um Universität und Uni- versitätsklinikum herum gruppieren sich zahlreiche „An-Institute“ und Forschungseinrichtungen der Wirt- schaft. Die enge Kooperation ge- hörte von vornherein zum Konzept der Universität und war bei deren Gründung 1967 sehr umstritten, die Gegner befürchteten Abhängigkei- ten. Davon ist gegenwärtig nicht die Rede, das Konzept wirkt zeitgemäß.

Das Medizinstudium wurde mög- lich in Ulm 1969/70, studiert wurde nach dem „Ulmer Modell“: enge Verbindung von Studium und Praxis, Examen und Approbation nach sechs Jahren, davor ein „praktisches Jahr“.

Das Modell ist später in die Approba- tionsordung eingegangen. Auch für

„ökologische“ Fächer wie Medizin- soziologie oder -psychologie und Epidemiologie stand Ulm Pate. Dank Thure von Üexküll, einem der Grün- derväter der Universität, war Ulm schon früh wegen seiner psychoso- matischen Medizin bekannt. In der Forschung fällt gleichwohl die her- ausragende Bedeutung der naturwis- senschaftlichen Medizin auf. Auf Ludwig Heilmeyer, ehedem Frei- burg, dann Gründungsrektor in Ulm, geht der Forschungsschwerpunkt Hämatologie zurück. Der heute größte Forschungsbereich betrifft die regenerative Medizin einschließlich Stammzellforschung. Die Ulmer Medizin nimmt in Rankings sowohl

hinsichtlich Forschung als auch Pa- tientenpräferenz Spitzenplätze ein.

Ein Schrittmacher war die Ulmer Medizin auch bei der Aufwertung medizinischer Assistenzberufe. Seit 1969 betreibt sie im ehemaligen Kloster Wiblingen eine Akademie für medizinische Berufe, in der in einem dreijährigen Ausbildungs- gang zum Beispiel OP-Assistenten ausgebildet werden. Wer nach Wib- lingen fährt, sollte freilich nicht ver- säumen, sich die barocke Bibliothek sowie die riesige Klosterkirche an- zusehen. Deren Innenausstattung zeigt den Übergang vom Barock zum Klassizismus.

Forschung auf dem Eselsberg, Design auf dem Kuhberg. Hier war die HfG zu Hause. Sie existierte nur

15 Jahre, von 1953 bis 1968, und er- warb sich einen legendären Ruf. Im Ulmer Stadtmuseum sind einige der

„Produktgestaltungen“ zu sehen, al- les Klassiker: vom stapelbaren Ge- schirr, über den Braun-Rasierer bis zum Corporate Design der Lufthansa.

Die Hochschule scheiterte letztlich am Freiheitswillen ihrer Lehrer und Schüler. Als 1968 das Geld ausging und Baden-Württemberg eine weitere Förderung davon abhängig machte, dass sich die HfG in die Hochschul- struktur des Landes eingliedere, be- schloss eine Vollversammlung die Auflösung.

„Weiße Rose“

Die HfG hat auf verwinkelte Weise auch mit der Medizin zu tun. Sie geht auf Inge Scholl, eine Schwester von Hans und Sophie Scholl, die bei- den Medizinstudenten der „Weißen Rose“, zurück. Die Scholls wohnten in Ulm, der Vater war dort Steuer- berater. Inge war verheiratet mit dem Designer Otl Aicher. Beide ent- wickelten das HfG-Konzept und setzten es schließlich mit Max Bill um. Träger wurde die „Geschwister- Scholl-Stiftung“, benannt in Erinne- rung an die „Weiße Rose“, über die Inge Scholl und Otl Aicher ein Buch geschrieben hatten.

In den Gebäuden der HfG auf dem Kuhberg ist heute die Psychosomatik der Universität untergebracht. Im früheren Wohnhaus der Scholls (Ol- gastraße 139) praktizieren Ärzte; sie haben dort eine Geschwister-Scholl- Gedenkstätte eingerichtet. Bronze- büsten von Hans und Sophie Scholl, geschaffen von Otl Aicher, stehen im Treppenhaus des Stadthauses. Dort erinnert bis zum 13. Juli eine Aus- stellung an den Ulmer „Einsatzgrup- penprozess“ von 1958. Vor Gericht standen zehn ehemalige SS-Leute des Einsatzkommandos Tilsit, die 1941 mehr als 5 000 Menschen hat- ten erschießen lassen. Sie wurden wegen Beihilfe zum Mord zu Frei- heitsstrafen verurteilt.

Hans und Sophie Scholl, die in Flugblättern zum Widerstand aufge- rufen hatten, wurden 1943 in Mün- chen-Stadelheim hingerichtet. In Ulms „Neuer Mitte“ erinnert seit 2006 ein Platz an die beiden. I Norbert Jachertz

PARADIGMENWECHSEL

Die Ärzte in Baden-Würtemberg proben schon mal gern den wohlkalkulierten Aufstand. Die Initialzündung etwa für die Beendigung der Tarifgemeinschaft des Marburger Bundes mit Verdi sei von Baden-Württemberg ausgegangen, erinnert Kammerpräsidentin Dr. med. Ulrike Wahl in einem Vorgespräch zum 111. Deutschen Ärztetag in Ulm.

Bei den Kassenärzten, unter denen es schon seit Langem gärt, kommt es jetzt zum Schwur. Hausärzteverband und Ärzteverbund Medi haben mit der AOK einen Vertrag über die hausärztliche Versorgung nach § 73 b SGB V abge- schlossen. An der Kassenärztlichen Vereinigung vorbei.

Wahl sieht einen Paradigmenwechsel in der vertragsärzt- lichen Versorgung heraufziehen. Man solle zunächst aber abwarten, wie erfolgreich das Modell sei. Doch scheine die Zeit der allumfassenden KV sich dem Ende zuzuneigen.

Die Kammern könnten infolgedessen an Bedeutung gewinnen.

Wahl ist seit 2003 Präsidentin der Kammer. Diese umfasst rund 54 000 Ärztinnen und Ärzte, 40 000 davon sind berufstätig, darunter jeweils etwa 19 000 niedergelassen oder im Krankenhaus angestellt. Versorgungsengpässe, wie sie anderswo zu beobachten sind, scheint es im Südwesten nicht zu geben. Dr. med. Achim Hoffmann-Goldmayer, der KV-Vorsitzende, spricht von einer hervorragenden vertrags- ärztlichen Versorgung. 94 Prozent aller arztgruppenbezogenen Planungsbereiche seien wegen Überversorgung gesperrt.

Die hausärztliche Versorgung sei überall sichergestellt.

Und im Krankenhaus? Es gebe merkliche Anzeichen für Ärzteknappheit, sagt Wahl; bei Stellenbesetzungen, „muss man länger suchen“. Deutlich spürbar sei die enorme Leistungsverdichtung. Die betreffe alle Häuser, nicht nur die privaten. Die Privatisierungswelle sei im Übrigen etwas abgeebbt. Interessant für die privaten Träger seien aber noch „die ganz großen Brocken“.

Wahls Resümee: „An Arbeit mangelt es nicht, nur die Bezahlung lässt zu wünschen übrig. Wir sind allerdings nicht gewillt, das hinzunehmen.“ Alles in allem, die Kammerpräsi- dentin freut sich auf den Ärztetag. Besonders gespannt ist sie auf die Debatte zur elektronischen Gesundheitskarte. NJ

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