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ach dem im Jahr 2001 in Kraft getretenen Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind Gemeinschaftseinrich- tungen verpflichtet, ihre innerbetriebli- chen Verfahrensweisen zur Infektions- hygiene in Hygieneplänen festzulegen.Dies stellt eine Neuheit im deutschen Seuchenrecht dar. Da die Inhalte der Hygienepläne vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben sind, bleibt ihre Erstel- lung den Einrichtungen überlassen.
Während medizinische Einrichtun- gen in der Vergangenheit schon (mehr oder minder ausführlich und konse- quent) Maßnahmen der Infektions- hygiene in Hygieneplänen festgeschrie- ben haben, stellt diese Forderung für Gemeinschaftseinrichtungen mit ande- rer Ausrichtung – wie Obdachlosenun- terkünfte, Alten- und Pflegeheime oder Kinderhorte – möglicherweise ein Pro- blem dar. Aufgrund mangelnder Erfah- rung kann es daher sinnvoll sein, die Gesundheitsämter in die Erstellung der Pläne mit einzubeziehen.
Nach wie vor unterliegen die Ge- meinschaftseinrichtungen der infekti- onshygienischen Überwachung durch die Gesundheitsämter, womit im We- sentlichen die Anforderungen des frühe- ren Bundesseuchengesetzes übernom- men werden. Um eine effektive Überwa- chung gewährleisten zu können, sollten die Gesundheitsämter auf eine weitge- hende Standardisierung der Hygiene- pläne hinwirken. Die Bereitstellung von Musterhygieneplänen könnte die Be- schäftigung mit dem Thema Infektions- hygiene wesentlich vereinfachen.
Aus diesem Grund wurde im Auftrag der Gesundheits- und Sozialministerien Mecklenburg-Vorpommerns, Branden- burgs, Sachsen-Anhalts, Sachsens und Thüringens ein Arbeitskreis zur Erstel- lung von Rahmenhygieneplänen nach
§ 36 IfSG gegründet. Dieser Arbeits- kreis besteht aus sechs Mitgliedern, die Mitarbeiter der jeweiligen Landesge- sundheitsämter oder ähnlicher Landes- einrichtungen sind und Erfahrungen auf dem Gebiet des Infektions- oder Arbeitsschutzes besitzen.
Das Ziel dieses Arbeitskreises ist es, nicht nur den im § 36 IfSG aufgeführ- ten Einrichtungen einen Rahmenhygie- neplan mit wichtigen Hinweisen zu spe- zifischen Infektionsrisiken zu geben, sondern allen Einrichtungen, für die ein
Hygieneplan sinnvoll erscheint – wie zum Beispiel Einrichtungen zur ambu- lanten Pflege. Dabei fließen gesetzliche Regelungen, Vorschriften und aktuelle Richtlinien genauso ein wie praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Kom- munal- und Krankenhaushygiene.
Bei der Erarbeitung der Rahmenhy- gienepläne wird eine einheitliche Glie- derung angestrebt, die grundsätzliche
Aussagen zum Hygienemanagement, den Maßnahmen der so genannten Ba- sishygiene, zu Sondermaßnahmen beim Auftreten bestimmter Erkrankungen oder hygienerelevanter Situationen, zur Hygiene bei speziellen medizinischen und pflegerischen Behandlungsmaß- nahmen und notwendigen hygienischen Untersuchungen enthält. Ein Beispiel- desinfektions- und Reinigungsplan und ein Verzeichnis wichtiger rechtlicher Grundlagen und Empfehlungen ist je- weils angefügt.
Je nach Einrichtungsspezifik können Gliederungspunkte entfallen oder wer- den mehr oder weniger ausführlich be- handelt. Eines wird jedoch deutlich: Ein Hygieneplan ist nicht nur ein Desinfek- tions- und Abfallentsorgungsplan. Für jede Einrichtungsart werden wichtige Infektionsrisiken aufgezeigt und Maß- nahmen zu ihrer Minimierung vorge- schlagen. So können anhand dieses P O L I T I K
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Infektionsschutzgesetz
Musterhygienepläne sichern die Qualität
Für eine Vielzahl unterschiedlicher Einrichtungen können spezifische Exemplare im Internet abgerufen werden.
Medizinreport
Musterpläne berücksichtigen die verschiedenen hygienischen Erfordernisse unterschiedlicher Einrichtungen. Foto: Klüh/Ruch, Mönchengladbach
Rahmenhygieneplanes spezifische In- fektionsgefahren ermittelt und ange- messene Hygienemaßnahmen festge- legt werden. Alle aufgeführten Hygie- nemaßnahmen sind Beispielinhalte, die an die Situation in der jeweiligen Ein- richtung angepasst und durch einrich- tungsspezifische Details und Festlegun- gen ergänzt werden müssen.
Durch die Verpflichtung, innerbe- triebliche Verfahrensweisen der Infek- tionshygiene festzuschreiben, sind vor allem die Leiter der Einrichtungen ge- zwungen, alle Möglichkeiten der Ent- stehung, Übertragung und Verbreitung von nosokomialen Infektionen und In- fektionskrankheiten in ihren Einrich- tungen zu durchdenken und Gegen- maßnahmen abzuwägen und festzule- gen. Besondere Bedeutung wird neben allen empfohlenen oder vorgeschriebe- nen Einzelmaßnahmen der Organisati- on der Hygiene, also dem Hygienema- nagement und der Aufklärung und Schulung der Mitarbeiter, beigemessen.
Aktuelle Studien und Untersuchun- gen zu Krankheitsausbrüchen in Ge- meinschaftseinrichtungen bestätigen, dass nur durch klar geregelte Verant- wortlichkeiten und die Beschäftigung von ausreichend geschultem Fachper- sonal auf Dauer ein guter Hygienestan- dard erreicht werden kann.
Gesundheitsämter sollten Ansprechpartner sein
Nach Einfügen landesspezifischer Be- sonderheiten (Landesverordnungen) werden die fertig gestellten Rahmen- hygienepläne an die Gesundheitsämter der am Arbeitskreis beteiligten Bun- desländer verteilt. Es ist vorgesehen, dass Behörden die Pläne in Wahrneh- mung ihrer Überwachungspflicht nicht nur an die einzelnen Einrichtungen weiterleiten, sondern auch als An- sprechpartner zur Verfügung stehen.
Bisher wurden Rahmenhygienepläne für folgende Gemeinschaftseinrichtun- gen erarbeitet:
> Kindereinrichtungen (Kinderkrip- pen, -gärten, -tagesstätten und -horte)
> Schulen und andere Ausbildungs- einrichtungen
> Kinderferienlager und ähnliche Einrichtungen
> Alten- und Altenpflegeheime
> Gemeinschaftsunterkünfte für Er- wachsene (Asylbewerber, Spätaussied- ler, Flüchtlinge und Obdachlose)
> Einrichtungen und Gewerbe, bei denen durch Tätigkeiten am Menschen durch Blut Krankheitserreger übertra- gen werden können (Piercing- und Tä- towierungs-, Kosmetik- und Fußpflege- einrichtungen)
> Einrichtungen für ambulantes Ope- rieren
> Vorsorge- und Rehabilitationsein- richtungen.
Diese können im Internet abgerufen werden unter: www.uminfo.de (Anmel- dung als Gast).
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Anke Bühling
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Universitätsklinikum
Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg
Koautoren des Beitrags sind Dr. med. Ines Hiller, Dr. med.
Axel Hoffmann, Dr. med. Paul Kober, Dr. med. Marika Kubisch, Dr. rer. nat. Bernhard Schicht.
Die Hygienepläne wurden erarbeitet unter Leitung des Landesamtes für Verbraucherschutz, Sachsen-Anhalt.
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ie Tür zum Schockraum fliegt auf, markige Männer mit fein gezeichneten Zügen, in denen sich die Dramatik der Situation widerspiegelt, streichen gekonnt ihre sorgsam zerzausten Locken von der Stirn, bevor sie mit fester Stimme „Elektro!“ rufen; hinter ihnen schieben zwei wohltuend frisier- te Blondinen die Krankentransportbahre in den Schockraum, reißen das La- ken von der wunderschönen Leiche, auf deren eigentümlich rosafarbenem Brustkorb sich der perfekt definierte Musculus pectoralis major entblößt, so- dass der leitende Notarzt mit schwungvoller Geste die Paddels platzieren kann, ein kurzes Zucken des Körpers, schon schlägt der Tote die Augen auf, während sich eine Träne der Begeisterung aus den mit Mascara umsäumten Wimpern der Intensivschwester drängt . . .Schnitt.
Sie sitzt auf der Tür und hat rote Augen. Diese Drosophila melanogaster, ge- meinhin auch Fruchtfliege genannt, hat rote Augen. Da diese Spontanmutation nur mit einer Frequenz von 1 : 1 Million auftritt, muss ich davon ausgehen, dass sich hinter dieser Tür eine Million Drosophilae aufhalten. Der Rettungsassistent tritt sie ein (die Tür, nicht die Fliege), ein modriger, fauler Geruch schlägt uns ent- gegen, wir kämpfen uns durch Myriaden von Mücken und größerem Ungeziefer durch die vollkommen verwahrloste Wohnung. In der Küche wäre ich fast auf den Stoffwechselendprodukten ausgerutscht, die mit einer brackigen Lache zerflie- ßen, welche sich tröpfchenweise aus dem Kühlschrank entleert. Auf dem Tisch stapeln sich Pizzen und andere schwer definierbare Essensreste, deren farbenfro- he schillernde Pilzkulturen sich purer Lebenslust erfreuen, ganz im Gegensatz zu der Leiche, die halb über dem mit Flaschen gesäumten Tisch hängt.Am Oberarm löst sich die Haut in Fetzen ab und scheint sich eigentümlich zu bewegen . . .
Was für ein Quatsch. Was für ein grenzenloser Blöd- sinn, der da im Fernsehen gezeigt wird. Und über- haupt: Das Fernsehen ist an vielem schuld. Was die im- mer für einen unglaublichen Mist zeigen. Der mit der Realität gar nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.
Also ich meine, das Fernsehen ist mit schuld daran, dass immer mehr junge Ärzte ihrem erlernten Beruf den Rücken kehren.
Und zum Fernsehen gehen. Dr. med. Thomas Böhmeke