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Hyaluronidasen aus Schlangengiften – Biochemische Charakterisierung und Testung von Hyaluronidase- Inhibitoren

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Hyaluronidasen aus Schlangengiften –

Biochemische Charakterisierung und Testung von Hyaluronidase- Inhibitoren

Abschlussarbeit

Postgradualstudium Toxikologie Medizinische Fakultät der Universität Leipzig

vorgelegt von Dr. rer. nat. Marc Kunze

aus München

Regensburg, der 28.3.2007

(2)
(3)

Medizinische Chemie I (Lehrstuhl Prof. Dr. S. Elz) und Institut für Pharmazeutische / Medizinische Chemie II (Lehrstuhl Prof. Dr. A. Buschauer).

Besonderen Dank schulde ich meinem Doktorvater Prof. Dr. S. Elz für die langjährige Unterstützung und die spontane Übernahme der Kosten für meine etwas exotische und vor allem lehrstuhlfremde Forschung.

Herrn Prof. Dr. A. Buschauer möchte ich ganz herzlich für seine Bereitschaft danken, Räumlichkeiten, Material und Methoden seiner biochemischen Arbeitsgruppe nutzen zu dürfen.

Herrn Prof. Dr. Günther Bernhardt sei für die vielen Ratschläge, stetige Hilfsbereitschaft, konstruktive Kritik und die Einführung in die biochemischen Untersuchungsmethoden gedankt.

Des weiteren danke ich:

- Frau Dipl.-Biochem. Dr. rer. nat. E. Hofinger (Lst. Buschauer) für die praktische Hilfe bei den ersten Gehversuchen mit den biochemischen Methoden.

- Herrn Dipl.-Chem. M. Spickenreither für die freundliche Überlassung zahlreicher Experimentalverbindungen.

- Dr. Taksa Vasaruchapong, D.V.M. (Queen Saovabha Memorial Institute, The Thai Red Cross Society, Snake Farm) für viele wertvolle Informationen zur Behandlung von Schlangenbissen.

-

Frau A. Rose (Sekretariat Prof. Elz) für die unermüdliche Arbeit bei den bizarren Briefwechseln mit Behörden nach der Beschlagnahme der Trockengifte WA- geschützter Schlangen am Frankfurter Zoll.

(4)

1 Einleitung 1

1.1 Giftschlangen 2

1.1.1 Elapidae (Giftnattern) 2

1.1.2 Viperidae (Vipern, Ottern) 2 1.1.3 Atractaspidae (Erdvipern, Maulwurfsvipern) 4 1.1.4 Colubridae (Nattern und Trugnattern) 4 1.2 Vergiftungen durch Schlangen 4 1.3 Chemie und Wirkung der Schlangengifte 7 1.3.1 Giftbestandteile mit lokaler Wirkung 8

1.3.2 Neurotoxische Substanzen 9

1.3.3 Substanzen mit Wirkung auf das Gerinnungssystem 10

1.3.4 Weitere Giftbestandteile 11

1.4 Hyaluronsäure und Hyaluronidasen 12 1.4.1 Struktur und physikochemische Eigenschaften von Hyaluronsäure 12 1.4.2 Klassifizierung der Hyaluronidasen 13

1.4.3 Schlangengift-Hyaluronidasen 15

1.4.4 Zielsetzung der Arbeit 19

1.5 Literatur 20

2 Ergebnisse und Diskussion der biochemischen Untersuchungen 23 2.1 Bestimmung des Proteingehalts der Trockengifte 24 2.2 Elektrophoretische Auftrennung der Schlangengifte 25 2.3 Untersuchungen zur Glykosilierung der Schlangengift-Hyaluronidasen 26 2.4 Allgemeine Methoden zur Charakterisierung der

Schlangengift-Hyaluronidasen 28 2.4.1 Zymographie und Molekulargewichtsbestimmung 28

2.4.2 Trübungsmessung 31

2.4.3 Morgan-Elson-Assay 32

2.5 Bestimmung der pH-Optima 33 2.6 Stabilitätsuntersuchungen 39 2.7 Untersuchungen des Aktivität-Zeit-Profils der Schlangengift-Hyaluronidasen 40

2.7.1 Aktivitätsbestimmung 40

2.7.2 Diskussion der Ergebnisse der Aktivitätsbestimmungen 46

2.8 Literatur 48

(5)

3.1 Hyaluronidase-Inhibitoren 51 3.2 Flavone und Chalcon-Analoga als potenzielle Hyaluronidase-Inhibitoren 53

3.3 Ascorbinsäure-Derivate 61

3.4 Indol-Derivate 64

3.5 Glucurono-6,3-Lactone 64

3.6 Diverse andere Strukturen 66

3.7 Diskussion der Hemmwirkung 67

3.8 Literatur 68

4 Zusammenfassung 70

5 Methodischer Teil 74

5.1 Verwendete Reagenzien 75

5.2 Allgemeine Arbeitsvorschriften (AAV) 76 5.2.1 AAV 1 Gelelektrophorese (SDS-PAGE) 76 5.2.2 AAV 2 Periodsäure-Schiff-Färbung (PAS-Färbung) 78

5.2.3 AAV 3 Zymographie 78

5.2.4 AAV 4 Morgan-Elson-Assay 80

5.2.5 AAV 5 Trübungstest (96er Mikrotiterplatten-Ansatz) 81

Bis auf die mit Namen und © gekennzeichneten Bilder stammen alle Fotos vom Autor.

Bilder von Bitis arietans und Bitis nasicornis (Kap. 1) aus:

Mehrtens, J.M. Schlangen der Welt, Franckh-Kosmos, Stuttgart, 1993

(6)

AAV Allgemeine Arbeitsvorschrift

Abb. Abbildung

abs. absolut

ACh Acetylcholin

aq. wässrig

Ba Bitis arietans (Puffotter)

Ber. Berechnet

Bgr Bitis gabonica rhinoceros (gehörnte Gabunviper)

Bn Bitis nasicornis (Nashornviper)

BVH bee venom hyaluronidase

ca. circa

dest. destilliert

DMAB Dimethylaminobenzaldehyd

DMSO Dimethylsulfoxid

DNCS Dinatriumchromoglycinsäure d. Th. der Theorie

DTT Dithiothreitol, Cleland`s Reagenz

entspr. entspricht

eq Äquivalent/e

EtOH Ethanol

h Stunde/n, auch: human/er

HA Hyaluronsäure

HL Hyaluronat-Lyasen

HOAc Essigsäure

Hyal Hyaluronidase

HyalB bakterielle Hyaluronidase

IR Infrarot

i. Vak. im Vakuum

k.a. keine Angabe/n

Kap. Kapitel

konz. konzentriert

Lit. Literatur

LM Lösemittel

M mol / L

MeOH Methanol

(7)

NAG N-Acetyl-D-Glucosamin

NAM Natriumaurothiomalat

NaOAc Natriumacetat n. b. nicht bestimmt

kDa kilo Dalton

Nk Naja kaouthia (Monokelkobra)

Nme Naja melanoleuca (Schwarzweiße Hutschlange) Nmo Naja mossambica (Mossambique-Speikobra)

Ns Naja siamensis (Thai-Speikobra)

o.g. oben genannt/e

org. organisch/e

PAGE Polyacrylamidgel-Elektrophorese PL A2 Phospholipase/n A2

proz. prozentig

RT Raumtemperatur

s. siehe

S. Seite/n

SagHyal4755 Hyaluronidase aus Streptococcus agalactiae

Sdp. Siedepunkt

SDS-PAGE Sodiumdodecylsulfat

sec sekundär/e

SG Schlangengift

Tab. Tabelle

TEMED N,N,N’,N’-Tetramethylethylendiamin

Temp. Temperatur

tert tertiär/e

u.a. unter anderem

UV Ultraviolett

v.a. vor allem

verd. verdünnt/e

vgl. vergleiche

vs. versus

(8)

1 Einleitung

(9)

1.1 Giftschlangen

Von allen bekannten Gifttieren sind die Gifte der Schlangen am besten untersucht. Von nahezu allen klinisch relevanten Schlangengiften sind mittlerweile die toxischen Prinzipien bekannt und die meist proteinergen Toxingemische gut charakterisiert. Von über 2700 bekannten Schlangenarten werden ca. ein Fünftel zu den Giftschlangen gerechnet.[E1,E2,E3]

Zu den Giftschlangen werden zurzeit folgende Schlangenfamilien gezählt:

1.1.1. Elapidae [Giftnattern]

Die Familie der Elapidae wird in drei Unterfamilien aufgeteilt:

Elapinae - eigentliche Giftnattern:

Zu dieser Unterfamilie rechnet man beispielsweise die Mambas, Kobras, Korallenschlangen, Kraits und alle australischen Giftschlangen, wie die Tiegerschlange oder den Taipan.

Hydrophiinae - die Ruderschwanz-Seeschlangen Laticaudinae - die Plattschwanz-Seeschlangen

Gemeinsam haben diese Tiere den schlanken Körperbau und schmalen Kopf, der sich kaum vom übrigen Körper absetzt. Die Zahnstellung wird als proteroglyph bezeichnet und beschreibt zwei unbewegliche stark verlängerte Frontalzähne, die an der Basis mit den Giftdrüsen in Verbindung stehen.

Abb.1.1: proteroglyphe Zahnstellung bei Giftnattern (hier: Königskobra, Ophiophagus hannah).

1.1.2. Viperidae [Vipern, Ottern]

Auch die Familie der Vipern wird taxonomisch in drei Unterfamilien aufgeteilt:

Viperinae - echte Vipern oder Ottern

Zu dieser Unterfamilie gehören unter anderem die Gabunvipern, die Puffotter, die Nashornviper und die Sandotter.

(10)

Crotalinae - die Grubenottern

Die Grubenottern verdanken ihren Namen einem zwischen Nasenöffnung und Augen lokalisierten Wärmesinnesorgan, dem so genannten Grubenorgan. Mit dessen Hilfe können die Schlangen warmblütige Beutetiere, vor und nach stattgefundenem Giftbiss, selbst viele Meter weit aufspüren. Grubenottern verfügen über einen eher gedrungenen, oftmals massigen Körperbau (z.B. Crotalus durissus durissus) und eine charakteristische dreieckige Kopfform. Aufbau und die Anordnung der Giftzähne bei den Viperiden sind solenoglyph, was als die entwicklungsphysiologisch fortschrittlichste Form eines Giftapparates angesehen wird. Die Fangzähne sind vollständig geschlossene Röhren und gleichen bei hoher Vergrößerung Injektionskanülen. Die Giftzähne der Viperiden sind beweglich und werden in Ruhestellung am Kiefer in eine Schleimhautfalte angelegt; erst bei einem Biss klappen die Fangzähne blitzschnell heraus.

Abb. 1.2: solenoglyphe Zahnstellung; (oben) rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen der Fangzähne (juveniles Exemplar von Crotalus atrox) mit kanülenartiger Giftaustrittsöffnung; (unten links) mazerierter Schädel von Daboia russellii siamensis; (unten rechts) adulte Greifschwanzlanzenotter (Botriechis schlegelii) bei der Nahrungsaufnahme: auch hier sind die langen Fangzähne deutlich erkennbar.

Giftzähne von Viperiden können beachtliche Längen erreichen: bei Gabunvipern sind Giftzähne von 30-40 (50) mm keine Seltenheit. Der effektive Giftapparat garantiert eine zuverlässige und tiefe Applikation des Giftes. Bekannteste Vertreter der Grubenottern sind die Klapperschlangen und Lanzenottern.

(11)

1.1.3. Atractaspidae [Erdvipern, Maulwurfsvipern]

Erdvipern sind bodenbewohnende, grabende Schlangen, die über bewegliche Fangzähne verfügen, die bei geschlossenem Maul aufgerichtet werden können und dann seitlich aus dem Mundwinkel stehen. Die übliche Fixierungstechnik, bei der die Schlange hinter dem Kiefer mit den Fingern gehalten wird, kann bei Erdvipern zu Unfällen führen, da die Schlange in der Lage ist, durch eine ruckartige Seitwärtsbewegung einen Giftzahn in den Finger zu schlagen.

1.1.4. Colubridae [Nattern und Trugnattern]

Die Familie der Nattern ist äußerst umfangreich und es werden viele Unterfamilien unterschieden. Fast alle Nattern sind für den Menschen ungefährlich. Nur wenige Vertreter aus der Gruppe der Trugnattern verfügen über potente Gifte. Erwähnung finden muss in diesem Zusammenhang die Boomslang (Dispholidus typus) und die Baumschlangen Thelotornis kirtlandii und Th. capensis. Diese „Ausnahme-Giftschlangen“ sind in der Lage, tödliche Vergiftungen zu verursachen. Im hinteren Teil des Oberkiefers befinden sich gefurchte und verlängerte Zähne, die mit der so genannten Duvernoyschen Drüse verbunden sind (aglyphe Zahnstellung). Die Duvernoysche Drüse ist ein Analogon zu den Giftdrüsen der echten Giftschlangen und produziert ein giftiges Sekret. Sie findet sich (in erwähnenswerter Größe) bei etwa 250 verschiedenen Colubriden-Arten; die meisten dieser Schlangen scheinen aber für den Menschen nicht gefährlich zu sein.

1.2. Vergiftungen durch Schlangen

Die genaue Kenntnis der Giftzusammensetzung und der molekularen toxikologischen Mechanismen hat zur Entwicklung effektiver Therapien geführt. Heute gehören letale Vergiftungen durch Schlangen in Ländern mit flächendeckender und qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung zu den Seltenheiten. In vielen tropischen Ländern ist dieses hohe Niveau nicht gegeben, sodass ein Patient oftmals gezwungen ist, viele (hundert) Kilometer in das nächstgelegene Krankenhaus zu reisen. Mangelnde Infrastruktur und fehlende Verfügbarkeit adäquater Medikation (z.B. Antiseren) verzögern und erschweren die Therapie nachhaltig. In Teilen Südostasiens, Afrikas und auch Südamerikas führen Giftschlangenbisse regelmäßig zu schweren Intoxikationen mit langwierigen Rekonvaleszenzen, Defekt- heilungen und nicht selten zum Tod. Besonders gefährdet sind alte Personen und Kinder.

In Abhängigkeit von der Schlangenart und der Quantität der Giftabgabe können sich neurotoxische, wie auch lokale Symptome in wenigen Minuten entwickeln. In schweren

(12)

Fällen ist der Patient nach kurzer Zeit in seinem Handlungsspielraum eingeschränkt und auf die Hilfe Dritter angewiesen.

Der Biss einer Giftschlange muss aber nicht zwangsläufig zur Ausbildung von Symptomen führen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen einem Beutefang- und einem Abwehrbiss. Im ersten Fall dient der Biss der Lähmung bzw. Tötung des Beutetieres. Es werden meist größere Mengen Gift abgegeben, sodass der akzidentell vergiftete Patient (z.B. Unfall bei Fütterung) häufig schwerere Krankheitssymptome entwickelt.

Der Abwehrbiss resultiert häufig aus einer Störung des Tieres. Die Schlange beißt bisweilen nur zum Schein -man spricht von einem so genannten Trockenbiss- oder appliziert eine verhältnismäßig geringe Menge Gift. Dieser ökonomische Umgang mit den eigenen Giftreserven erscheint durchaus sinnvoll. Die Schlange benötigt ausreichend Gift zum Beuteerwerb und verschwendet es nicht zur Vertreibung potenzieller Angreifer.

Die Intoxikation durch Schlangengifte ist ein multifaktorielles Geschehen. Bei Schlangengiften handelt es sich um komplexe Mischungen aus einer Vielzahl nieder- und hochmolekularer Bestandteile, die nicht alle per se giftig sind.

Die große Zahl bioaktiver Substanzen sorgt für einen Symptomenkomplex, der neben neurotoxischen und hämatotoxischen Aspekten auch umfangreiche Gewebsdestruktionen beinhalten kann (siehe Abb. 1.4 und Kapitel 1.3.1). Neurotoxische Bestandteile der Schlangengifte sind vielfältig und führen zu neurologischen Ausfallerscheinungen, wie Diplopie, Ptosis, Salivation, Erbrechen, Paraesthesien, Tremor, Faszikulationen und Lähmungen. Die pathophysiologische Rolle der Cardiotoxine, die man vor allem bei Kobras und Atractaspidae findet, bleibt bis auf Weiteres unklar.[E4,E5] Myokardischämien wurden jedoch nach Bissen durch Atractaspis engaddensis beobachtet.[E6]

Cytolytische Effekte resultieren aus hohen Konzentrationen von Proteasen und Phospholipasen im Gift von Grubenottern, Vipern und einigen Giftnattern. Zunächst verfärbt sich das Gewebe um die Bissstelle bläulich und schwillt an. Es folgt häufig eine Ausbreitung der Diskoloration und Ausbildung von nässenden Läsionen über die gesamte betroffene Extremität.

(13)

Abb. 1.3: Zustand nach einem Biss einer Monokelkobra (Naja kaouthia), ca. 30 min nach Giftapplikation.

Im Verlauf der Intoxikation kam es zu neurologischen Ausfallerscheinungen, die eine Antivenintherapie nötig machten. Trotz Antibiose kam es zu einer Sekundärinfektion, die, zusammen mit den nekrotischen Gewebezerstörungen, eine umfangreiche chirurgische Gewebeabtragung von Haut und Muskulatur im Bereich der rechten Hand und des Unterarms zur Folge hatte. (Dr. Taksa Vasaruchapong©)

Vor allem nach Klapperschlangenbissen bilden sich große blutgefüllte Blasen mit umfangreicher Abhebung der Haut aus. Es kommt zu einer extraoralen Verdauung des Gewebes, die, bei fehlender medizinischer Versorgung, eine (Teil-) Skelettierung der Extremität zur Folge haben kann. Ähnliche Effekte beobachtet man auch, in leicht abgeschwächter Form, bei einigen Spinnenarten, wie z.B. Loxosceles sp.

Abb.1.4: umfangreiche Gewebsdestruktionen nach dem Biss von Naja kaouthia (Fotos: Venom Supplies©).

Neben diesen lokalen Effekten kommt es nach einer Vielzahl von Giftschlangenbissen auch zu hämolytischen und myotoxischen Symptomen, mit Hämoglobin- sowie Myoglobinurie, die nicht selten eine Oligurie oder bei kompletter Niereninsuffizienz eine Anurie zur Folge haben können. Neben hämolytischen Wirkungen beeinflussen die Gifte zahlreicher Schlangen die Gerinnungsfähigkeit des Blutes, was zu massiven Hämorrhagien mit oder ohne Verbrauchskoagulopathie führt. Die mannigfaltigen Giftwirkungen auf das Blut- bzw.

Gerinnungssystem führten zu groß angelegten Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet.

Resultat war die Entwicklung einiger Medikamente (z.B. Botrocetin©, Ancrod©, Arwin©), die bei Thrombosen Anwendung finden.[E7,E10]

(14)

1.3 Chemie und Wirkung der Schlangengifte

Die Zusammensetzung der unterschiedlichen Schlangengifte ist so vielfältig und die Zahl der Giftbestandteile so groß, dass an dieser Stelle nur ein kurzer Überblick über die Chemie und die Eigenschaften der einzelnen Verbindungsklassen gegeben werden kann, der keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Weiterführende Informationen finden sich bei Mebs[E8]

und Tu.[E9]

Frisch gewonnenes Schlangengift ist eine farblose bis leicht gelbliche, viskose Flüssigkeit, deren Wassergehalt annähernd 80 % (90 %) betragen kann. Bis zu 90 % des Trockengiftes fallen auf Polypeptide und Proteine. Dazu kommen niedermolekulare Substanzen, wie Monosaccharide, Nukleoside, biogene Amine und anorganische Stoffe. Neurotoxine und Enzyme stellen die wichtigsten Giftbestandteile dar.[E3,E11]

Abb.1.5.: Giftgewinnung bei einer Königskobra (Ophiophagus hannah).

Flüssiges Schlangengift ist (auch bei Kühlung) nicht stabil und muss möglichst schnell lyophilisiert werden. Häufiges Ein- und Auftauen gelösten Giftes sollte unterlassen werden (siehe dazu auch Abb. 1.7 und Kap. 2.6). Selbst die Art und Weise der Trocknung hat Einfluss auf die Qualität des resultierenden Trockengiftes, wie Meier et al. zeigen konnten.[E12]

Abb.1.6: lyophilisiertes Gift von Bitis nasicornis (links) und Naja siamensis (rechts).

(15)

Abbildung 1.7 demonstriert exemplarisch die Degradation von Naja kaouthia-Gift in Abhängigkeit der Zeit bei nahezu konstanter Temperatur von 18-20 °C.

Der Stabilitätsversuch wurde mit zwei weiteren Giften (Naja melanoleuca, Bitis gabonica rhinoceros) durchgeführt, wobei sich das Gift von B. gabonica rh. als weitgehend stabil über einen Zeitraum von 35 Tagen erwies (SDS-PAGE-Trennung). Bei N. melanoleuca waren ebenfalls Degradationsprozesse zu beobachten, wenn auch nicht so dramatisch wie bei N.

kaouthia.

Eine parallel dazu durchgeführte zymographische Aktivitätsbestimmung von Hyaluronidase erbrachte nach vier Tagen in allen Fällen abweichende Ergebnisse verglichen mit frisch gelöstem Gift (schwache Hyaluronidaseaktivität auch im niedermolekularen Bereich, vermutlich durch aktive Hyaluronidase-Fragmente) - bis zum totalen Aktivitätsverlust nach 35 Tagen (siehe auch Kapitel 2.6).

Abb.1.7: (links) Naja kaouthia-Gift, Lösung aus

a b c d

116,0 kDa

62,2 kDa

45,0 kDa

35,0 kDa

25,0 kDa

18,4 kDa 14,4 kDa

a b c d

116,0 kDa

62,2 kDa

45,0 kDa

35,0 kDa

25,0 kDa

18,4 kDa 14,4 kDa

2 mg Trockengift in 1ml H2O, Auftragsmenge jeweils umgerechnet 60 µg Trockengift;

gefärbt mit Coomassie a) peqGOLD Protein-Marker I b) N. kaouthia-Gift, frisch gelöst c) N. kaouthia-Gift, nach 4 Tagen d) N. kaouthia-Gift, nach 35 Tagen

Die massive Degradation der Giftlösung und Ausbildung einer dicken durchgehenden Proteinbande nach einem Zeitraum von 35 Tagen, lässt zusätzlich auf mikrobielle Kontamination schließen.

Zu beachten ist ferner, dass die für die Stabilitätsuntersuchungen gewählte Konzentration des Giftes in Lösung sehr viel geringer war als in nativem Schlangengift (SG). Bei frischem SG dürften die Degradationen, vor allem bei Viperiden-Giften, wegen der höheren Konzentration an Proteasen bzw. Phospholipasen noch ausgeprägter sein.

1.3.1. Giftbestandteile mit lokaler Wirkung

Gewebezerstörungen werden bei Giftschlangenunfällen regelmäßig beobachtet; allerdings besitzen bei weitem nicht alle Schlangen derartige nekrotisierende Giftbestandteile. Grund für die Zersetzung der Weichteile sind Enzyme vom Phospholipase A2-Typ sowie Proteasen und Endo-/Exopeptidasen. Vor allem die Phospholipasen A2, die man auch in vielen anderen tierischen Giften findet, scheinen durch ihre myolytische und membranzerstörende Wirkung

(16)

an den Gewebsdestruktionen maßgeblich beteiligt zu sein. Proteasen sind vor allem in Vipern-Giften zu finden und einige von ihnen weisen hämorrhagische Aktivität auf. Die hämorrhagische Wirkung beruht auf einem direkten Eingriff in die Blutgerinnung (z.B.

thrombinähnliche Wirkung), verbunden mit einer Zerstörung der Kapillaren durch Hydrolyse der Basalmembran. Bei den erwähnten Hämorrhaginen handelt es sich um Zink- Metalloproteasen. Zusätzlich besitzen einige Schlangengift-Proteasen Kallikrein-artige Wirkung, die aus Kininogen das Nonapeptid Bradykinin freisetzt, welches neben einer raschen Blutdruckerniedrigung auch am Schmerzgeschehen beteiligt ist. Als besondere Komplikation der nekrotisierenden Gewebeschädigungen kann sich eine Sekundärinfektion mit einer Vielzahl unterschiedlicher aerober und anaerober Keime (z.B. Proteus, Clostridium, Streptococcus etc.) ausbilden, die eine intensive antibiotische Therapie nötig macht. Häufig können lokale Effekte selbst durch hohe Dosen von Antivenin nicht befriedigend behandelt werden. Die systemische Verabreichung und die physikochemischen Eigenschaften der neutralisierenden Antikörper scheinen einen raschen Transport durch die unterschiedlichsten physiologischen Kompartimente zum Ort der Gifteinwirkung zu verhindern.

Hyaluronidasen, auf die im Zuge dieser Arbeit näher eingegangen werden soll, sorgen als so genannter „spreading factor“ mit ihrer hydrolytischen Wirkung für eine rasche Ausbreitung des Giftes im Gewebe. Die Spaltung der intrazellulären Kittsubstanz Hyaluronsäure sorgt für eine erleichterte Diffusion der hochmolekularen Giftbestandteile in das Gewebe. Welchen Stellenwert die Hyaluronidasen im Vergiftungsgeschehen haben, ist noch unklar. Sicherlich führt auch die massive Histaminliberation nach einem Schlangenbiss durch gesteigerte Gefäßpermeabilität zu einer verbesserten Giftverteilung (siehe auch Kap. 1.4.2)

1.3.2. Neurotoxische Substanzen

In den meisten Schlangengiften finden sich neurotoxisch aktive Bestandteile, die man gemäß ihrem Angriffsort in zwei Gruppen, d.h. in praesynaptisch wirkende und postsynaptisch wirkende Substanzen, unterteilt.

Postsynaptisch aktive Substanzen (auch α-Neurotoxine genannt) blockieren die α- Untereinheit der nicotinische ACh-Rezeptoren. Die Folge sind Lähmungen der Muskulatur, die in schweren Fällen auch zur Atemlähmung führen können. Die α-Neurotoxine bestehen aus 60-62 Aminosäuren mit vier Disulfidbrücken („short neurotoxins“) oder 70 bis 74 Aminosäuren mit fünf Disulfidbrücken („long neurotoxins“).[E13] Trotz der unterschiedlichen Länge finden sich bei den unterschiedlichen Toxinen hochkonservierte Bereiche.

Bei den praesynaptisch wirksamen Toxinen unterscheidet man neurotoxische Phospholipasen A2 (PL A2), Fasciculine und Dendrotoxine. Während die letzten beiden ausschließlich in den Giften der Mambas (Dendroaspis sp.) gefunden werden, sind

(17)

neurotoxische PL A2 in den Giften vieler Schlangenarten vertreten. Die stark basischen Phospholipasen A2 weisen eine große strukturelle Heterogenität auf, d.h. die Strukturen können zwischen einfachen Proteinketten und multiplen Proteinkomplexen variieren.[E14] Die Zahl ihrer Aminosäuren bewegt sich zwischen 120 und 140. Phospholipasen A2 sind hochwirksame Schlangengiftbestandteile, deren molekularer Wirkmechanismus noch nicht exakt geklärt ist. Gesichert ist, dass die Membranen der praesynaptischen Endknöpfchen irreversibel geschädigt werden, infolge dessen eine Freisetzung von ACh nicht mehr erfolgt.

Das Resultat ist auch hier eine schlaffe Lähmung der Muskulatur. Dendrotoxine sind einkettige, basische Neurotoxine aus etwa 60 Aminosäuren, die selektiv Kalium-Kanäle blockieren.[E15] In gewisser Weise fungieren die so genannten Fasciculine als funktionelle Antagonisten der Dendrotoxine und neurotoxischen Phospholipasen. Sie bewirken in vivo eine ACh-Esterase-Hemmung, führen zu einer Kumulation von ACh im synaptischen Spalt und schließlich zu charakteristischen Muskelfaszikulationen.[E13]

1.3.3 Substanzen mit Wirkung auf das Gerinnungssystem

Schlangengifte können vielfältig auf unterschiedlichste Bestandteile der Blutgerinnungs- kaskade einwirken. Die Evolution hat Schlangengifte hervorgebracht, die nahezu alle Phasen der Blutgerinnung beeinträchtigen können, und das empfindliche Wechselspiel aus Gerinnung und Fibrinolyse beeinflussen.

Proteinasen, wie man sie als Giftbestandteile bei dem Gift von Vipera russelli, Botrops-Arten, Echis carinatus oder Notechis sp. etc. findet, aktivieren recht spezifisch Gerinnungsfaktoren und setzen somit die Blutgerinnung in Gang. Es kommt primär zu einer Aktivierung von Prothrombin zu Thrombin (Prothrombin-spaltende Enzyme). Andererseits findet man bei einigen Viperiden auch direkte Aktivatoren des Fibrinogens (meist Serin-Proteasen), Protein C und Antithrombin III. Die Proteolyse von Fibrinogen zu Fibrin führt allerdings selten zu schweren thrombotischen Ereignissen. Im Gegenteil, durch den Verbrauch des körper- eigenen fibrinolytischen Systems (Gegenregulation des Körpers) kann es zu einer disseminierten intravasalen Koagulation (Verbrauchskoagulopathie) kommen. Resultat aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Giftbestandteile ist meist eine völlige Ungerinnbarkeit des Blutes (z.B. bei Echis carinatus). Die in Kap. 1.3.1 beschriebenen Hämorrhagine sorgen zusätzlich durch die Zerstörung der Basalmembran von Kapillaren für eine massive Gewebeeinblutung.

Bei der Therapie von Schlangenbiss-Patienten ist folglich die Natur des Schlangengiftes zu berücksichtigen. Die früher empfohlene, aber mittlerweile als völlig wirkungslos erkannte Methode des Einschneidens der Bissstelle und „Aussaugen des Giftes“, kann bei vielen Patienten zu unstillbaren Blutungen aus Punktionsstellen und Inzisionswunden führen.

Glücklicherweise lassen sich die schweren Beeinträchtigungen der Blutgerinnung durch

(18)

wirksame Antivenine gut behandeln. Sehr gute Zusammenfassungen über dieses äusserst umfangreiche und erschöpfend erforschte Thema finden sich bei Meier und Stocker [11] sowie Eble.[10]

1.3.4. Weitere Giftbestandteile

Neben den genannten Wirkstoffen fanden sich in Schlangengiften viele niedermolekulare Substanzen und Polypeptid-Bestandteile, deren Rolle im Vergiftungsgeschehen bislang noch nicht geklärt ist.

Die Gelbfärbung einiger Gifte (z.B. von Bitis gabonica rhinoceros) lässt sich auf den hohen Gehalt von L-Aminosäureoxidase zurückführen, die als prosthetische Gruppe Flavinmono- nukleotid (FMN) bindet.

Interessanterweise findet man in fast allen Schlangengiften hohe Konzentrationen von Zink.

Fleckenstein et al. konnten zeigen, dass Zink in vitro konzentrationsabhängig als (reversibler) Inhibitor diverser Giftbestandteile fungiert. Denkbar wäre, dass durch die hohen Zink-Konzentrationen die Giftdrüsen vor dem lytischen Einfluss des selbst produzierten Giftes geschützt werden. Der Abfall der Zink-Konzentration nach Applikation des Giftcocktails in Gewebe könnte die Enzyme reaktivieren. Diese Hypothese bleibt jedoch bis auf Weiteres spekulativ.[E16-E18]

(19)

1.4. Hyaluronsäure und Hyaluronidasen

1.4.1. Struktur und physikochemische Eigenschaften von Hyaluronsäure

Bei Hyaluronsäure (HA) handelt es sich um ein hochmolekulares, lineares Polysaccharid, das im Jahre 1934 von K. Meyer et al. aus Glaskörpern von Rinderaugen isoliert wurde.[E19]

In Analogie zu Chondroitin-, Keratin und Dermatansulfat sowie Heparin gehört Hyaluronsäure zur Familie der Glycosaminoglycane, unterscheidet sich von diesen aber durch die fehlende Sulfonylierung während der Biosynthese. 1954 konnten Weissmann und Meyer zeigen, dass HA aus alternierenden Disaccharideinheiten von D-Glucuronsäure-β- (1→3)-N-Acetyl-D-Glucosamin zusammengesetzt ist.[E20] In Abhängigkeit des vorliegenden Gewebes besteht das Polysaccharid meist aus 2000 bis über 20000 Disaccharideinheiten.

OOC O

HO OH

O HOH2C O

NH O O HO

*

CH3 O

*

n= 20-20000 (25000)

Abb. 1.8: eine Hyaluronsäure-Disaccharid-Einheit aus D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin (Hyalobiuronsäure).

Zunächst wurde angenommen, dass Hyaluronsäure in Lösung ungeordnete Knäuel bildet und keine definierte räumliche Struktur einnimmt. Erst J.E. Scott gelang es mittels umfangreicher NMR-Untersuchungen, die intramolekulare Stabilisierung der HA durch Wasserstoffbrückenbindungen nachzuweisen.[E21,E22]

OOC O

HO OH

O HOH2C O

NH O O HO

CH3 O

*

OOC O

HO OH

O HOH2C O

NH HO O

CH3 O

H O H

OOC O

HO OH

O HOH2C O

NH O O HO

CH3 O

*

OOC O

HO OH

O HOH2C O

NH HO O

CH3 O

Abb. 1.9: Struktur von Hyaluronsäure am Beispiel eines Tetrasaccharid-Ausschnitts in wässrigem (oben) Medium und in wasserfreiem (unten) Medium, hier DMSO.

(20)

Das Polysaccharid liegt als Helix vor, dessen Disaccharideinheiten gegeneinander um 180°

verdreht sind (C2-Symmetrie). In Abhängigkeit von der physikochemischen Umgebung wird diese Struktur durch Interaktion mit Lösungsmittelmolekülen (wässriges Medium) oder interne Wasserstoffbrücken (wasserfreies Medium) stabilisiert.

Hyaluronsäure findet man als interzelluläre Kittsubstanz in der extrazellulären Matrix des Bindegewebes, der Haut, im Glaskörper des Auges und in der Synovialflüssigkeit. Über zelluläre Hyaluronan-Rezeptoren werden Zellmigrationsprozesse und Zelldifferentiations- prozesse gesteuert, die, so wird vermutet, bei der Wundheilung aber auch beim Wachstum solider Tumoren eine Rolle spielen könnten.[E23]

1.4.2 Klassifizierung der Hyaluronidasen

Hyaluronidasen werden klassischerweise nach Herkunft, v.a. aber auch nach Art der Umsetzung des Substrats Hyaluronsäure unterschieden.

Allgemein akzeptiert ist die Klassifizierung nach Vorkommen in Eukaryonten und Prokaryonten mit Bezug auf Gemeinsamkeiten in den Aminosäuresequenzen.[E24,E25] Eine weitere Möglichkeit ihrer Unterscheidung bietet der katalytische Mechanismus, der dem Substratabbau zugrunde liegt[E26] (siehe Abb. 1.10).

Bei der ersten Gruppe handelt es sich um Hyaluronsäure-4-glycanohydrolasen (EC 3.2.1.35), die β-1,4-glykosidische Bindungen hydrolysieren und das Substrat zu Tetrasaccharid-Einheiten mit reduzierenden Acetylglucosaminenden abbauen. Zu dieser Gruppe gehören die bovine testikuläre Hyaluronidase (BTH), die lysosomale Hyaluronidase und Bienengift-Hyaluronidase (BVH). Diese Enzyme katalysieren zusätzlich in unterschiedlichem Ausmaß Transglycosylierungsreaktionen und akzeptieren Chondroitin sowie dessen sulfatierte Derivate als niedrig affine Substrate.[E27,E28]

Die zweite Gruppe findet man in Hakenwürmern und Blutegeln (sog. Blutegel- Hyaluronidase). Die Enzyme (EC 3.2.1.36) katalysieren die hydrolytische Spaltung von β- 1,3-glykosidische Bindungen.

Unter der dritten Gruppe subsummiert man die bakteriellen Hyaluronidasen (EC 4.2.2.1), auch Hyaluronat-Lyasen (HL) genannt. Hyaluronat-Lyasen degradieren das Substrat zu Disaccharid-Einheiten, wobei die ungesättigte, durch eine β-Elimination gebildete, 2- Acetamido-2-deoxy-3-O-(β-D-gluco-4-en)pyranosyluronsäure-D-glucose als Hauptprodukt vorliegt.

(21)

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 O

OH O

n

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH OH

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH

OH O

O CH2OH

OH

NHCOCH3

O COOH

OH OH

O CH2OH

NHCOCH3

O COOH

OH OH

O OH O

O OH

O COOH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH

OH OH

BTH EC 3.2.1.35

Blutegel Hyaluronidase EC 3.2.1.36

Bakterielle Hyaluronidase EC 4.2.2.1

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH

OH OH

Abb. 1.10: Klassifizierung der Hyaluronidasen nach Meyer.[E26]

Vor allem die HL aus Streptococcus pneumoniae und Strepococcus agalactiae sind mittlerweile gut untersucht.[E29,E30] Gemeinsam haben die genannten Hyaluronidasen ein Optimum ihrer katalytischen Aktivität im sauren Medium bei pH-Werten zwischen 3,5 und 5.

Eine Ausnahme bildet jedoch die Hyaluronidase PH-20, die man in der Acrosomenmembran von Spermien diverser Säugetiere (auch der des Menschen) findet, und auch im neutralen Bereich zwischen pH 6,5 und 7 enzymatisch aktiv ist.[E31-E33] Im basischen Milieu ab pH 9 geht jegliche Aktivität verloren. Es bleibt jedoch festzustellen, dass die pH-Optima in Abhängigkeit der durchgeführten Untersuchungsmethoden, der z.T. sehr unterschiedlichen Hyaluronidase-Zubereitungen und der differierenden Inkubationszeiten Schwankungen unterworfen sind.[E31--33] Ein Vergleich ermittelter Werte ist somit immer nur unter Berücksichtigung des verwendeten Assays und der o.g. Parameter möglich.

Zum mechanistischen Verständnis des Hyaluronidase-katalysierten Substratabbaus kann die gut untersuchte Hyaluronidase aus Bienengift (bee venom hyaluronidase, BVH) herangezogen werden. Trotz diverser struktureller Unterschiede zu menschlicher und BTH (am C-terminalen Ende fehlen 120 bis 150 Aminosäuren), ist die Sequenz des aktiven

(22)

katalytischen Zentrums hochkonserviert und erlaubt Einblicke in Substratbindung und Mechanismus (Abb.1.11).[E37-E39]

HO O R2O

HN O

CH3 OH O R1

Glu113 O O

H

+ H2O - R1OH

O OH HO

R2O HN O CH3

Glu113 O O

H O H

O OH HO

R2O HN O

CH3 OH

Glu113 O OH

1 2 3

Abb. 1.11.: postulierter Mechanismus der Substratspaltung durch BVH.

Am Beispiel der BVH geht man von einem säurekatalysierten, zweistufigen nucleophilen Substitutionsmechanismus aus, in dessen Verlauf Glu113 als Protonendonator und der N- Acetyl-Rest des Substrats als Nukleophil agiert. Intermediär bildet sich ein bizyklisches Oxazolinium-Ion (2) aus, das unter Bindungsspaltung und Regenerierung des Glu113 in Verbindung (3) übergeht.[E40,E41] Bei boviner testikulärer Hyaluronidase dürfte der Mechanismus genauso verlaufen und das strukturell analog angeordnete Glu149 die Funktion des Protonenüberträgers übernehmen.[E42]

1.4.3 Schlangengift-Hyaluronidasen

Ihre fehlende Toxizität hat lange Zeit zu einer Vernachlässigung der Hyaluronidasen von Schlangen, Spinnen und Skorpionen geführt. In neuerer Zeit mehren sich zwar die Untersuchungen zu diesem Thema, und einige (wenige) Schlangengift-Hyaluronidasen konnten isoliert und charakterisiert werden.[E43,E44] Allgemeine Aussagen zu den katalytischen Mechanismen und biochemisch-physikalischen Eigenschaften sind allerdings nur bedingt möglich.

Das Molekulargewicht der Schlangengift-Hyaluronidasen schwankt meist innerhalb von 75 und 55 kDa, aber auch MG von lediglich 33 und 14 kDa wurden publiziert.[E45-E47] Eigene zymographische Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass es sich bei Hyaluronidase- Aktivität in Bereichen unter 30 kDa MG auch um Artefakte durch partielle Degradation des Giftes handeln könnte (siehe Kapitel 2.4.1).

Hauptprodukt des Substratabbaus ist analog der BTH ein Tetrasaccharid mit reduzierendem Acetylglucosamin-Ende, in geringerem Maße auch ein Hexasaccharid, wie Kudo und Tu durch Charakterisierung der Hyaluronidase von Agkistrodon contortrix contortrix gefunden haben.[E43] Auch zeigte sich bei deren Untersuchungen eine hohe Substratspezifität.

(23)

O COOH OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH OH

O COOH OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH

OH O

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH

OH O

O COOH

OH

OH

O O

CH2OH

NHCOCH3 OH OH

O

Abb.1.12: Tetra- und Hexasaccharide als Produkte des HA-Abbaus (nach Kudo[E43]).

Über das pH-Optimum der SG-Hyal finden sich in der Literatur unterschiedliche Angaben.

Gesichert ist für die untersuchten Schlangengifte eine Aktivität im Bereich von pH 5 bis 7.

Ihre (mögliche) Funktion als „spreading factor“ für das applizierte Toxingemisch hat zu der Idee geführt, durch Hemmung dieses Enzyms die Giftausbreitung zu reduzieren.[E48,E49]

Durchgeführte Tierversuche mit literaturbekannten Hyaluronidase-Inhibitoren scheinen die Giftausbreitung in vivo tatsächlich zu beeinflussen.[E50]

Für die vorliegende Arbeit wurden die Gifte von Schlangen aus zwei unterschiedlichen Familien untersucht, um mögliche Abweichungen im biochemischen Verhalten der Hyaluronidasen dokumentieren zu können. Es ist mittlerweile bekannt, dass die Giftzusammensetzung von Schlangen der selben Art (!) in Abhängigkeit von deren Fundorten und Alter variieren kann.[E51-E57] Dies wirft bisweilen Probleme bei der Herstellung wirksamer Antivenine auf. Die klinische Erfahrung zeigt jedoch glücklicherweise, dass monovalente (d.h. für nur eine Schlangenspezies konzipierte) Antiseren häufig auch eine gewisse Wirksamkeit bei Vergiftungen mit nahe verwandten Schlangenarten haben (Kreuzaktivität).[E58]

Aus den Familien der Elapiden und Viperiden wurden lyophilisierte Rohgifte folgender Spezies untersucht:[E14]

Abb.1.13: Naja kaouthia (Monokelkobra)

N. kaouthia kommt mit ihren Unterarten v.a in Thailand, Nordost-Indien, Nepal, Burma, Südost-China, Kambodscha und Vietnam vor. Die Tiere werden durchschnittlich 1,5 m lang, sind dämmerungsaktiv und häufig in der Nähe menschlicher Behausungen zu finden. Ihr Biss kann schwere -auch tödliche- Vergiftungen mit umfangreicher Lokalsymptomatik (Nekrosen) zur Folge haben.

(24)

Abb.1.14: Naja siamensis (Thai-Speikobra)

Die thailändische Speikobra bleibt meist etwas kleiner als N. kaouthia und erreicht selten Körperlängen über 1m. Dennoch handelt es sich um eine gefährliche Giftschlange, die für zahlreiche Unfälle verantwortlich ist. Neben neurotoxischen Effekten imponieren besonders die großflächigen Gewebsdestruktionen als Folge eines Bisses und ähneln damit denen von N.

kaouthia. N. siamensis ist in der Lage, Gift zu ver- spritzen. Gerät Gift in die Augen, so führt dies zu schwerer Konjunktivitis und Lidödemen.

Abb.1.15: Naja melanoleuca (Schwarzweiße Hutschlange)

N. melanoleuca findet man bevorzugt in tropischen und subtropischen Regenwaldgebieten Afrikas in der Nähe von Gewässern. Die muskulösen Schlangen erreichen eine Körperlänge von deutlich über 2 m. Es handelt sich um eine der giftigsten afrikanischen Schlangen. Die Symptomatik beschränkt sich auf neurotoxische Effekte.

Abb.1.16: Naja mossambica (Mozambique Speikobra)

Das Verbreitungsgebiet dieser afrikanischen Kobra, die zu vielen schweren Vergiftungen geführt hat, erstreckt sich u.a. von Malawi, Rhodesien, Swasiland über Ghana, Somalia und den Sudan. Die Mozambique- Speikobra vermag ihr Gift zielgerichtet mehrere Meter in die Augen des Angreifers zu spucken. Folgen sind Ödeme, Keratitis und schwere Hornhautulzerationen.

Bisse können zu schwer wiegenden Gewebs- destruktionen mit Defektheilungen führen. Neurotoxische Wirkungen werden seltener beobachtet.

(25)

Abb.1.17: Bitis gabonica rhinoceros (Gabunviper) B. gabonica rh. bewohnt den tropischen Regenwald West-Afrikas von Guinea bis Togo. Gabunvipern sind plumpe und wuchtige Tiere mit ansprechender Körperzeichnung, die eine Körperlänge von bis zu 2 m erreichen. Gabunvipern besitzen die längsten Giftzähne aller Schlangen. Die Symptomatik einer Bissverletzung reicht von Schwellungen, leichten Nekrosen, neurotoxischen und kardiovaskulären Effekten bis zu schweren Beeinträchtigungen der Blutgerinnung.

Abb.1.18: Bitis nasicornis (Nashornviper); (Foto:

Mehrtens©)

B. nasicornis bevorzugt das gleiche Habitat wie B.

gabonica, zeichnet sich durch eine geringere Körperlänge (bis zu 1,2 m) aus und ist farblich noch auffälliger gemustert. Unfälle mit dieser Art sind sehr selten und in ihrer Symptomatik mit denen durch B. gabonica vergleichbar.

Abb.1.19: Bitis arietans (Puffotter); (Foto: Mehrtens©) Die Körperlänge von B. arietans variiert erstaunlich je nach Herkunft des Tieres von nur 80 cm bis über 1,8 m.

Puffottern sind gefürchtete Giftschlangen mit einem Verbreitungsgebiet, das sich nahezu über ganz Afrika erstreckt (Ausnahmen: Sahara, trop. Regenwald). B.

arietans ist für die meisten Giftschlangenbisse in Afrika verantwortlich. Ein Puffotterbiss führt zu umfangreichen Ödemen, kardiovaskulären Komplikationen und schweren Hämorrhagien bei völliger Ungerinnbarkeit des Blutes.

(26)

1.4.4 Zielsetzung der Arbeit

Ziel der Arbeit war die Charakterisierung diverser Giftschlangen-Hyaluronidasen und die Untersuchung potenzieller Hyaluronidase-Inhibitoren.

Hyaluronidasen scheinen als „spreading factor“ eine nicht zu unterschätzende Wirkung bei der Ausbreitung der hochmolekularen Giftbestandteile im Gewebe zu haben. Im Falle eines schweren Giftschlangen-Bisses können neurotoxische und hämatotoxische Vergiftungs- erscheinungen beim Patienten mit spezifischem Antivenin meist gut unter Kontrolle gebracht werden. Wichtig ist jedoch die rasche Einleitung der Serumtherapie. Ödeme und lokale Gewebezerstörungen -falls die Schlange über dementsprechende Giftbestandteile verfügt- erweisen sich häufig als schwer therapierbar und vor allem bei verzögerter Therapie als Antivenin-resistent.[E48,E59,E60] Sie ziehen nicht selten plastisch-chirurgische Wieder- herstellungsmaßnahmen oder Amputationen des betroffenen Körperteils nach sich. Dennoch gilt auch hier: bei sich anbahnenden Gewebezerstörungen die Antivenin-Therapie nicht allzu lange herauszögern („time is tissue“). Alle klassischen Methoden zur lokalen Giftentfernung (Inzision mit Aussaugen (auch Vakuum-Schussapparate), Ausbrennen, lokale chemische Behandlung mit starken Oxidationsmitteln) haben sich als nutzlos oder gar schädlich erwiesen.

Die Reduktion von Gewebezerstörungen und Verlangsamung einer neurotoxischen Vergiftungssymptomatik als Folge einer gebremsten Giftausbreitung scheint ein interessanter Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer „first line“-Therapiestrategien zu sein.

Bis der Patient in ein spezialisiertes Krankenhaus mit intensivmedizinischer Betreuung gebracht werden kann, steht der Zeitgewinn im Vordergrund. Ein Zeitgewinn durch Hemmung der Giftausbreitung könnte durch eine Hemmung der Schlangengift-eigenen Hyaluronidasen erreicht werden. Erste Tierversuche auf diesem Sektor scheinen diese Idee im Ansatz zu stützen.[E48,E50] Selbstverständlich sind Hyaluronidasen nur als ein Faktor in den komplexen Mechanismen der Giftausbreitung zu sehen. Eine massive Histamin-Liberation in Verbindung mit den in Schlangengiften häufig zu findenden Hämorrhaginen dürften durch Erhöhung der Gefäßpermeabilität ebenfalls als Ausbreitungsbeschleuniger eine Rolle spielen.

Hyaluronidasen aus Schlangengiften sind im Gegensatz zu den primär toxischen Bestandteilen unzureichend untersucht. Die Datenlage zur Wirksamkeit von Inhibitoren der SG-Hyaluronidasen ist widersprüchlich und beschränkt sich auf einige wenige untersuchte Schlangengifte.

(27)

1.5 Literatur

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(30)

2 Ergebnisse und Diskussion der

biochemischen Untersuchungen

(31)

2.1 Bestimmung des Proteingehalts der Trockengifte

Die Bestimmung des Proteingehalts sämtlicher Trockengiftchargen wurde entsprechend einer modifizierten Methode nach Bradford[B1,B2] durchgeführt. Zur Erstellung einer Kalibriergeraden wurde zunächst eine Konzentrationsreihe mittels Humanalbumin (humanes Serumalbumin, HSA) erstellt. Ausgehend von einer Stammlösung mit der Konzentration von 1 mg HSA / ml H20 wurden fünf Lösungen (600 µg/ml, 400 µg/ml, 200 µg/ml, 100 µg/ml und 50 µg/ml HSA) für die Kalibrierung angefertigt.

Jeweils 50 µl dieser Lösungen wurden dann mit 2,5 ml Arbeitsreagenz (Bio-Rad, Coomassi Brilliantblau G250) vermischt und nach 5 Minuten Reaktionszeit in Kunststoff-Küvetten (cave:

Farbkomplexbildung mit Quarz, elektrostatische Wechselwirkung) bei 595 nm vermessen.

0 100 200 300 400 500 600

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9

Konzentration Stammsung (10-6 g/ml)

Absorbanz (nm)

Abb. 2.1: Kalibriergerade zur Bestimmung des Proteingehaltes der Trockengifte.

Für die Konzentrationsbestimmungen der Giftproteine mussten zuerst geeignete Konzentrationsbereiche für die photometrischen Vermessungen ermittelt werden. Als brauchbar erwiesen sich für sämtliche Gifte Konzentrationen zwischen 200 und 800 µg Trockengift /ml. Es wurden in der Folge jeweils Lösungen von 400 µg Trockengift /ml in H2O analog der oben beschriebenen Methode photometrisch vermessen (n=3). Die Ergebnisse der Auswertung zeigt Tabelle 2.1:

(32)

Tab. 2.1: Proteinkonzentrationen in den lyophilisierten Trockengiften, ermittelt nach der Methode von Bradford.

Gattung / Art µg/ml Testlösung (± SEM) % Protein in Trockengift (gerundet) Bitis gabonica rhinoceros 203,9 (± 2,4) 51

Bitis nasicornis 179,8 3,9) 45

Bitis arietans 207,7 5,4) 52

Naja kaouthia 183,7 0,7) 46

Naja siamensis 141,0 1,4) 35

Naja mossambica 136,3 3,8) 34

Naja melanoleuca 129,0 5,5) 32

2.2 Elektrophoretische Auftrennung der Schlangengifte

Die Auftrennung der komplexen Polypeptidgemische in den vorliegenden Schlangengiften wurde elektrophoretisch mit einem Mini Protean Elektrophorese-System von Bio-Rad (München) nach der Methode von Laemmli [B3] durchgeführt.

Die Mengen der aufzutragenden Schlangengifte mussten in einer kleinen Reihe von Vorversuchen ermittelt werden, um ein möglichst komplettes Bandenmuster der Schlangengifte zu erhalten. Die Auftragsmengen schwankten in Abhängigkeit der Schlangenart zwischen 10 µg (Bg, Bn, Ba, Nme) und 30 µg (Nk, Ns, Nmo). Die wäßrigen Lösungen der Schlangengifte (in der Regel 10 - 20 µl, je nach Lösungsverhalten der Giftea) wurden mit dem gleichen Volumen Laemmli-Puffer gemischt und nach Kap. 4.2.1 einer Elektrophorese unterzogen.

Abbildung 2.2 zeigt exemplarisch ein SDS-PAGE-Gel (Trenngel 12 %) nach erfolgter Auftrennung des Rohgiftes von Bitis gabonica rhinoceros.

Abb. 2.2: Ergebnis der SDS-PAGE-Trennung von B. gabonica rh.- Rohgift (linke Spalte) unter reduzierenden Bedingungen;

Proteinstandard Peq-Lab (rechte Spalte); gefärbt mit Coomassie- Brilliantblau R-250; 12 %iges Trenngel.

116,0 kDa 62,2 kDa

45,0 kDa 35,0 kDa

25,0 kDa

18,4 kDa 14,4 kDa

a Die vollständige Resolubilisierung der Trockengifte mit H2O war im gewählten Konzentrationsbereich bei allen Giften möglich. Viperiden-Gifte unterschieden sich jedoch von den Elapiden-Giften dadurch, dass man bei dem Versuch, eine deutlich höher konzentrierte Lsg. herzustellen, mit Lösungsproblemen zu rechnen hatte.

(33)

Im Bereich von 30 bis 80 kDa finden sich eine Vielzahl scharf abgetrennter Proteinbanden, unter 15 kDa ein unübersichtliches Gemisch, das durch die gewählte Methode (SDS- Konzentration im Trenngel) nicht zu differenzieren war. Da für die Schlangengift- Hyaluronidasen Molekulargewichte über 40 kDa erwartet wurden, konnte dieser MG-Bereich vernachlässigt werden. Der gewünschte MG-Bereich war mit dem gewählten Trenngel gut darstellbar, so dass auch bei den Folgeuntersuchungen und zymographischen Experimenten ausschließlich mit 12 %igen Gelen gearbeitet wurde.

2.3 Untersuchung zur Glykosylierung der Schlangengift-Hyaluronidasen

Bei den bekannten Hyaluronidasen handelt es sich um Proteine oder Glycoproteine.[B4,B5,B41- B43] Glycoproteine lassen sich durch histochemische Farbreaktionen visualisieren. Eine recht einfache Möglichkeit zur Detektion von glycosylierten Proteinbestandteilen stellt die SDS- PAGE-Trennung und anschließende PAS-Färbung (Periodsäure-Schiff-Färbung) dar.[B5,B6]

Das Schlangengift wurde zu diesem Zweck elektrophoretisch aufgetrennt und das Gel für 50 bis 60 min in einer 1 %igen Periodsäure-Lsg. geschüttelt. Die Periodsäureeinwirkung führt zu einer Oxidation der alkoholischen OH-Gruppen zu den entsprechenden Aldehyden unter Bindungsspaltung zwischen C-3 und C-4 des Hexose-Gerüsts.

1% IO4- 50 min O

OH OH

O

O O

Abb. 2.3: Oxidation der alkoholischen Funktionen im Hexose-Molekül durch Periodat.

Die resultierenden Aldehyd-Funktionalitäten sind nun einer Kopplungsreaktion mit para- Aminotriphenylmethan-Verbindungen zugänglich. Der genaue Mechanismus dieser Reaktion ist noch nicht gesichert. Man geht davon aus, dass sich bei der Reaktion von Fuchsin (1) mit überschüssiger Schwefliger Säure die farblose Fuchsin-Sulfonsäure (2) bildet. Diese reagiert mit dem Aldehyd (3) über eine Imin-Zwischenstufe zu einem farbigen Produkt, wobei es im Verlauf der Reaktion zur Sulfonierung des ursprünglichen Aldehyd-Kohlenstoffs kommt (4).

Abbildung 2.4 beschreibt einen möglichen Reaktionsverlauf; das Produkt (4) existiert in verschiedenen mesomeren Formen und hat eine violette Färbung.[B7]

(34)

H2N

NH2

NH2

H2SO3 H2N

NH2

NH2

SO3 2 H+

O

O O

H2N

NH2

NH2

SO3 2 H+

O

O N

NH2

NH3 SO3-

2 h

denkbares Produkt (mesomere Formen)

CH3 CH3

CH3

CH3

1 2

3

4

Abb. 2.4: Denkbarer Reaktionsverlauf bei der PAS-Färbung unter Ausbildung eines mesomeriestabilisierten Triphenylmethan-Farbstoff-gekoppelten Produkts.

Es wurden sämtliche Schlangengifte auf Glykoproteine untersucht. Abbildung 2.5 zeigt ein Gel nach Auftrennung der Proteine und PAS-Färbung mit Kennzeichnung der vermuteten Hyaluronidasen. Es wird deutlich, dass es sich bei einer Vielzahl von Schlangen- giftbestandteilen um glycosylierte Proteine handelt. Die Vergleiche des Bandenmusters und der Molekulargewichtsbereiche der daraufhin durchgeführten zymographischen Unter- suchungen auf Hyaluronidase-Aktivität ließen den Schluss zu, dass sich bei fast allen gefundenen SG-Hyaluronidasen um Glycoproteine handelt.

116 kDa 62,2 kDa

a b c d e f g

Abb. 2.5: PAS-Färbung nach elektrophoretischer Auftrennung der SG-Bestandteile; die Pfeile kennzeichnen die zymographisch ermittelten Positionen der Hyaluronidasen;

a) B. gabonica rh., b) B. nasicornis, c) B. arietans, d) N. kaouthia, e) N. siamensis, f) N. mossambica, g) N.

melanoleuca.

(35)

Aufgrund der Tatsache, dass sich die Proteine bei den in Kapitel 2.2 gewählten Konzentrationen nur sehr schwach anfärben ließen, wurden die Auftragsmengen der Viperiden-Gifte um 50 %, die der Elapiden-Gifte um 100 % erhöht.

2.4 Allgemeine Methoden zur Charakterisierung der Schlangengift- Hyaluronidasen

Zur Bestimmung bzw. Quantifizierung der Hyaluronidase-Aktivität wurden drei Methoden herangezogen: die Zymographie, die Trübungsmessung und der Morgan-Elson-Assay. Die Ermittlung der Molekulargewichte erfolgte elektrophoretisch unter Zuhilfenahme von Molekulargewichts-Markern.

2.4.1 Zymographie und Molekulargewichtsbestimmung

Die Zymographie diente zur Visualisierung einer Hyaluronidase-Aktivität und Bestimmung der entsprechenden Molekulargewichte. Zusätzlich kann die Ausdehnung der in Folge der Substratumsetzung resultierenden optisch leeren Banden einen ersten Hinweis auf Quantität und Aktivität der im Gift vorhandenen Hyaluronidasen geben.

Die Herstellung der Substratgele erfolgte analog den SDS-PAGE-Gelen mit einer Gesamtkonzentration von 67 µg Hyaluronsäure (Lösung: 5 mg HA/ml H2O) pro Milliliter Trenngel-Mix. Das Sammelgel blieb Hyaluronsäure-frei. Die Probenkonzentration variierte in Abhängigkeit von der Menge und Aktivität der Schlangengift-Hyaluronidasen und musste zunächst durch einige Vorversuche optimiert werden. Zeigen die Vipern-Gifte und das Gift von Naja melanoleuca schon bei Auftragsmengen von 10 µg Trockengift deutliche Hyaluronidase-Aktivität, so ließ sich diese bei Naja kaouthia, N. siamensis und vor allem N.

mossambica erst bei Konzentrationen von deutlich über 50 bzw. 80 µg detektieren. Diese Ergebnisse decken sich mit den Untersuchungen von Girish et al.[B44], die jeweils 50 µg Rohgift für ihre zymographischen Experimente applizierten, bei einigen Schlangengiften (z.B.

Trimeresurus sp.) jedoch bis zu 200 µg (!) Rohgifta einsetzen mußten, um eine Hyaluronidase-Aktivität zu detektieren.

Die Auftrennung im Gel orientierte sich an der substratfreien Gelelektrophorese, wobei die Proben zuvor weder gekocht noch mit DTT versetzt werden dürfen. Nach der Elektrophorese werden die Gele mit Triton X-100 gewaschen, 30 Minuten im Inkubationspuffer (McIlvaine- Puffer)[B9] geschwenkt und schließlich über Nacht (14 h) in frischem Puffer (pH 6,5) bei 37 °C im Zellkulturschrank inkubiert. Das Gel wurde danach für 60 Minuten in einer Alcianblau-

a Fraglich bleibt, ob Hyaluronidasen in solch geringen Konzentrationen (oder mit derart geringen Aktivitäten) für den Vergiftungsverlauf überhaupt eine Rolle spielen.

Referenzen

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