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Archiv "Arbeitsmedizin" (19.10.1989)

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KONGRESSBERI H

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Arbeitsmedizin

A

ktuelle Entwicklungen in der Arbeitsmedizin - von neuen Erkenntnissen wissenschaft- licher Grundlagenforschung über die Möglichkeit der praktischen Umset- zung bis hin zur Diskussion politi- scher Tendenzen - standen im Mit- telpunkt der 29. Jahrestagung der DGAM. Sie fand vom 26.-29. April 1989 in Düsseldorf unter der wissen- schaftlichen Leitung von Prof. Dr.

med. Dr. phil. G. Jansen, Ordinarius für Arbeitsmedizin der Heinrich- Heine-Universität, Düsseldorf, und zugleich Leitender Gewerbearzt in Nordrhein statt. Mehr als 1200 Teil- nehmer aus dem In- und Ausland konnten begrüßt werden. Die Ver- antwortung des Staates für den Ar- beitsschutz kam durch die Übernah- me der Schirmherrschaft durch den Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, Heine- mann, zum Ausdruck.

Das Programm der Jahrestagung wurde von mehreren parallel ange- botenen Seminaren und Workshops für die „vor Ort" tätigen Betriebs- und Werksärzte begleitet: „Arbeits- medizin im öffentlichen Dienst",

„Epidemiologie für Betriebsärzte",

„Alkoholproblematik am Arbeits- platz". Zu allen Themenbereichen standen darüber hinaus Vorträge zu den jeweiligen gewerbeärztlichen Aspekten zur Diskussion. Hierdurch konnte die Tätigkeit der für den me- dizinischen Arbeitsschutz zuständi- gen staatlichen Stelle im Spannungs- feld von Wissenschaft, Praxis und Politik deutlich aufgezeigt werden (Jansen, Düsseldorf und Peters, Bo- chum).

Aus dem wissenschaftlichen Programm, welches die gesamte Breite arbeitsmedizinischer Frage-

stellungen umfaßte, werden im fol- genden schwerpunktmäßig zwei The- men vorgestellt.

Allergien

Gerade die (vermeintlich) be- rufsbedingten allergischen Erschei- nungen an der Haut, besonders aber die obstruktiven Atemwegserkran- kungen allergischer oder chemisch- irritativer Genese haben in den letz- ten Jahren stark zugenommen Eine Vielzahl von Vorträgen befaßte sich daher mit dieser Thematik. Das Ein- leitungsreferat „Berufsbedingte all- ergische Hauterkrankungen" hielt Hornstein, Erlangen. Um dem Ar- beitnehmer eine spätere berufliche Umsetzung oder gar Neuorientie- rung zu ersparen, wurde als vorran- gigste Präventivmaßnahme eindring- lich die Erhebung einer sorgfältigen am Berufswunsch orientierten der- matologischen Anamnese ange- mahnt Gerade der Arzt, der die durch das Jugendarbeitsschutzgesetz vorgeschriebene berufliche Eig- nungsuntersuchung vornimmt, muß dabei mehr noch als bisher sein Au- genmerk auf die möglichst frühzeiti- ge Diagnose einer atopischen Dia- these richten.

Die geringe Effizienz der Jugendarbeitsschutz-Untersuchun- gen und eine unzureichende Ausnut- zung der Möglichkeiten dieses Ge- setzes beklagte auch Schiele-Luft- mann, München. Die ungenügende Berücksichtigung einer atopischen Hautkonstitution führt zu einer seit Jahren unverändert und unverhält- nismäßig hohen Anzahl Jugendli- cher, die ihre Berufsausbildung be- ziehungsweise ihren Beruf abbre-

chen müssen. Auf einen weiteren Aspekt wies Bilek Bochum, hin:

Auch auf Grund der ständig zuneh- menden Zahl an Abiturienten in Lehrberufen erhöht sich die Zahl be- rufsbedingter Erkrankungen, da die- ser Personenkreis auf Grund seines Alters eine Berufsausbildung auch ohne eine vorherige ärztliche Unter- suchung beginnen kann. Um die Fra- ge, die sich dem Erstbegutachter zwangsläufig stellt: wer von meinen Patienten ist besonders gefährdet?, eindeutig beantworten zu können, schlug Melnik, Düsseldorf, vor, durch lipidbiochemische Untersuchungen die Hornschicht-Ceramide zu quanti- fizieren und so prädisponierte Atopi- ker zu erfassen. Da eine Unterschei- dung zwischen beruflich und außerbe- ruflich bedingten Erkrankungser- scheinungen häufig schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, empfahl Le- walter, Leverkusen, in Einzelfällen den Nachweis von Enzymdefekten und Immundepressionen zur Klärung der individuellen Verträglichkeit von

„Confounding factors".

Um möglichst alle individuell re- levanten Einflußfaktoren erfassen zu können, stellte Abendroth, Düssel- dorf, ein mobiles Untersuchungssy- stem vor, das die Untersuchung des Arbeitnehmers unmittelbar an sei- nem Arbeitplatz ermöglicht. Ein der- artiges System wird zur Zeit durch den nordrhein-westfälischen Ar- beitsminister installiert und soll ge- rade in mittleren und kleineren Be- trieben zum Einsatz gelangen.

Daß nicht nur Arbeitsstoffe (Hartung, Erlangen: kutane Typ-IV- Sensibilisierungen bei Hartmetallex- ponierten; Rosenbruch, Düsseldorf:

Hautreizende Wirkung von Beton- erstarrungsbeschleunigern), sondern auch zum Zwecke der Prävention eingesetzte Hautschutz- und Haut- pflegepräparate eine nicht unerheb- liche Irritationspotenz besitzen, be- richtete Kresken, Krefeld. Er regte daher an, bereits während der Ent- wicklungsphase eines neuen Produk- tes mit Hilfe geeigneter Testverfah- ren dessen unerwünschte Nebenwir- kungen zu erfassen.

Einen weiteren medizinisch re- levanten Schwerpunkt allergischer Erscheinungen bildet das Erfolgsor- gan „Lunge". Hier sind in erster Li-

Schwerpunkt medizinischer Prävention - Chance für den arbeitenden Menschen

29. Jahrestagung der

Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin e. V.

in Düsseldorf

A-3086 (62) Dt. Ärztebl. 86, Heft 42, 19. Oktober 1989

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nie obstruktive Atemwegserkrankun- gen bei Umgang mit allergisierenden Stoffen, aber auch allergische Alveo- litiden zu nennen. Wie Triebig, Er- langen, ausführte, ergeben sich gera- de im Hinblick auf die multifakto- riefle Genese dieser Erkrankungen nicht unerhebliche gutachterliche Schwierigkeiten.

Da oftmals das individuelle Pro- cedere eines Gutachters über das Schicksal des Patienten entschei- det, stellte Klaus, Düsseldorf, erste Versuche einer Standardisierung in der Begutachtung von obstruktiven Atemwegserkrankungen im Bereich NRW vor. Welche Faktoren dabei zu berücksichtigen sind, zeigen unter anderem die Untersuchungen von Angerer, München, über die bron-

chiale Reagibilität vor und nach schwerer körperlicher Arbeit, von Meyer-Falcke, Düsseldorf, über eine mögliche Beeinflussung der Lungen- funktion durch Lärm, oder die von Bahemann-Hoffmeister, München, über den Einfluß häufiger und star- ker Temperaturschwankungen.

Gefährliche Arbeitsstoffe

Ein weiterer Schwerpunkt hat sich bereits auf den Jahrestagungen der letzten Jahre herauskristallisiert:

auf Grund der rasch fortschreiten- den Entwicklung immer neuer che- mischer Verbindungen und der un- erschöpflichen Kombinationsmög- lichkeiten bereits bekannter — aller- dings mit dem Resultat gänzlich un- bekannter Wirkungen! — sieht sich der arbeitsmedizinisch Tätige immer häufiger und je nach Betätigungsfeld bereits überwiegend mit toxikologi- schen Fragestellungen konfrontiert.

Viele dieser Substanzen sind kanze- rogen oder stehen im Verdacht, kan- zerogen zu sein. Auf Grund bestehen- der Datenschutzbestimmungen ist je- doch keine befriedigende epidemio- logische Erforschung der Zusammen- hänge von Beruf und steigender Zahl an Krebserkrankungen möglich.

Hieraus resultiert eine der zentralen Forderungen der DGAM: die Ein- führung eines bundeseinheitlichen Krebsregisters (Lehnert, Erlangen, Szadkowski, Hamburg, Jansen, Düs-

seldorf). Dies setzt zwar eine entspre- chende Änderung dieser Bestimmun- gen voraus, leistet jedoch im Ergebnis einen wesentlichen Beitrag zur Hu- manisierung des Arbeitslebens.

Über die Schwierigkeiten, die mit der retrospektiven Erfassung be- ruflichen Umgangs mit potentiell kanzerogenen Substanzen einherge- hen, berichtete Ahrens, Bremen. Ein Grund für die Schwierigkeit einer ex- akten Risikobeurteilung liegt in der Vielzahl der in Betracht zu ziehen- den beruflichen und außerberuf- lichen Faktoren begründet, die im Sinne einer Synkanzerogenese wir- ken. Über die sich hieraus ergeben- den kausalanalytischen Probleme be- richtete Pöllmartn, Gießen. Tobias, Gießen, zeigte am Beispiel der Krebsgefährdung durch Gefahrstoffe im Straßenbau einen gangbaren Weg, das Risiko durch den Einsatz geeig- neter Ersatzstoffe zu minimieren.

Gerade hier wird deutlich, daß arbeitsmedizinische Prävention oft- mals nur durch enge Zusammenar- beit von Mitarbeitern der unter- schiedlichsten Fachrichtungen effi- zient sein kann. Das kanzerogene Potential einer Substanz ist jedoch vielfach nicht von vornherein zu be- stimmen, vielmehr ist die genaue Be- obachtungsgabe des behandelnden Arztes gefordert, der eine überzufäl- lige Häufung von Erkrankungen beim Umgang mit bestimmten Sub- stanzen feststellt (Norpoth, Essen).

Erschwerend kommt hinzu, daß bei zahlreichen Substanzen eine Risiko- extrapolation von Versuchstieren auf Menschen nur äußerst zurückhal- tend erfolgen kann. Hallier, Dort- mund, führte dies am Beispiel von Monohalomethanen aus.

Auch der Nachweis von Sub- stanzen im menschlichen Organis- mus gelingt nicht immer ohne weite- res. Während Binding Münster, eine Methode zur personenbezogenen Messung von Formaldehyd mittels Probenahmeröhrchen vorstellte, die erstmals die Erstellung eines indivi- duellen tätigkeitsabhängigen Bela- stungsprofils ermöglicht, kam Schal- ler, Erlangen, zu dem Schluß, daß die Formaldehydkonzentration im Blut exponierter Personen derzeit als Überwachungsparameter nicht ge- eignet ist. Denkhaus, Mainz, fand bei

lösungsmittelexponierten Parkettle- gern als indirekten Hinweis auf eine stattgehabte Belastung Veränderun- gen von Lymphozyten-Subpopulatio- nen, die in ähnlicher Weise auch bei Störungen des Immunsystems ande- rer Genese auftreten können.

Die Beseitigung von „Altlasten"

ist zur Zeit in aller Munde. Kaum je- mand macht sich jedoch über die hiermit beruflich Beschäftigten und durch komplexe Stoffgemische ge- fährdeten Arbeitnehmer Gedanken.

Zunächst sind die Vorträge von Korn, Tübingen, und Jansing, Düssel- dorf, zu nennen, die mehrere Brände analysierten, bei denen es zur Ent- stehung und Freisetzung von Dioxi- nen kam. Um die bei einer Kontami- nation erforderlichen umfangreichen Untersuchungen zu vermeiden, sind von vornherein Schutzmaßnahmen für die mit der Reinigung der betrof- fenen Räume Beauftragten einzulei- ten. Jedoch nicht nur unfallartige Er- eignisse erfordern die ganze Auf- merksamkeit des Arbeitsmediziners, auch bei der regulären Sanierung schadstoffbelasteter Böden und Ge- wässer treten zum Teil erhebliche Belastungen auf. Um das Ausmaß ei- ner Gefährdung durch die Vielzahl der infragekommenden Gefahrstoffe einschätzen zu können, schlugen Fa- beW und Lüdersdorf Berlin, eine kontinuierliche Überwachung der Sanierungsarbeiter durch klinische Untersuchung und biologisches Mo- nitoring vor.

Dieser kurze Bericht, der die Komplexität der arbeitsmedizini- schen Fragestellungen nur anreißen kann, zeigt jedoch, daß intensive Aufklärungsarbeit gerade im Be- reich der niedergelassenen Kollegen Not tut, um eine möglichst frühzeiti- ge kausalorientierte Therapie einzu- leiten. Vielfach wird leider im Ge- spräch mit dem Patienten immer noch vergessen, mögliche arbeitsbe- dingte Einwirkungen in differential- diagnostische Erwägungen mit ein- zubeziehen.

Dr. med. Andreas Meyer-Falcke Institute für Arbeitsmedizin der Universität Düsseldorf und des Staatlichen Gewerbearztes Nordrhein Gurlittstraße 55

4000 Düsseldorf 1

Dt. Ärztebl. 86, Heft 42, 19. Oktober 1989 (63) A-3087

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