• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Fluchtwege" (12.05.1988)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Fluchtwege" (12.05.1988)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Fluchtwege

Alberto Ongaro: Das Spiel mit dem Tod, Roman, R. Piper Verlag, München/

Zürich, 1988, 288 Seiten, ge- bunden 34 DM

Venedig im Winter 1748.

Der junge Edelmann Fran-

cesco Sacredo kehrt aus einer kurzen Verbannung von Kor- fu zurück. Die Stadt, im Frost erstarrt, atmet. Unheil.

Sacredos Vorahnung täuscht nicht Ihm, wie zuvor schon seinem Vater, wird die deut- sche Gräfin Wallenstein — sie kühl, klug und willensstark und steht der Fama nach mit dem Teufel im Bunde — zum Verhängnis. Vor ihr flieht er, ihre Häscher jagen ihm nach.

Ein Leben auf der Flucht be- ginnt. Unversehens wird für Sacredo die Flucht zum Le- benssinn. Sind die Häscher überhaupt noch hinter ihm her — waren sie es jemals? Ist die Wallenstein nicht eigent- lich ein Phantom? Sacredo fragt sich das — und setzt die Flucht fort.

Ongaro hat einen Aben- teuerroman ä la Drei Muske- tiere (leichtlebiger Held, der im richtigen Augenblick im- mer wieder Helfer und einen Ausweg findet, nicht zuletzt dank gleichfalls leichtlebiger Damen) und zugleich eine verzwickte psychologische Studie geschrieben. NJ Verzweiflung stürzen kann,

oder die Art und Weise, wie Antiquitätenhändler durch Täuschungsmanöver versu- chen, sich gegenseitig ihr Wild, will sagen, die Kunst- gegenstände, abzujagen —, das sind plastische Schilde- rungen, die dem Leser lange im Gedächtnis bleiben, in der Meinung, daß „so was" in dieser Intenität nur in Vene- dig möglich ist.

Etwas blasser bleibt die geschilderte Liebesgeschich- te, es wird dem Leser nicht ganz klar, warum die eher coole Antiquitätenhändlerin in den besten Jahren — die gut, wenn auch nicht glück-

Lebenslänglich

Karin Scholten: Longlife, Roman, Diogenes Verlag, Zürich, 1988, 368 Seiten, ge- bunden 32 DM

In dem „erstaunlichen Roman-Debüt einer deut- schen Autorin" (Verlagswer- bung) geht es um den alten Traum der Menschheit vom

„ewigen Leben", hier aber nicht um Leben nach dem Tod, sondern um irdisches Leben ohne Ende. Möglich wird das durch das Supertoni- kum Longlife. Doch das

„ewige Leben" erweist sich als nicht so glücklich wie ver- heißen: Anstatt die Ideen zu verwirklichen, für die die Menschen bisher nicht genü- gend Zeit hatten, leben die Longlifeabhängigen unzufrie- den und antriebslos vor sich hin. Nur einmal schlägt die Lethargie in Hysterie um, als nämlich die Longlifeproduk- tion stoppt.

Als Gegenmittel gegen die Langeweile planen die Longlifemacher eine Sekte:

denn was macht die Men- schen glücklicher als eine Gruppe, in der man sich ge- borgen und . eichzeitig wich- tig fühlt? ber diese Sekte gewinnt der Longlifekonzern langsam auch Macht über die Medien und die Regierung.

Longlife erzählt aber nicht nur von den zynischen und

lich, verheiratet ist —, sich mit dem schönen Reiseleiter auf eine so heftige Affäre ein- läßt. Eine gewisse Faszina- tion strahlt er schon aus, und daß etwas ganz besonders Geheimnisvolles um ihn ist, wird dem Leser, besonders dem mit ein wenig kriminali- stischem Spürsinn, schon auf den ersten Seiten klar.

Ohne das Geheimnis ganz lüften zu wollen, sei darauf hingewiesen, daß jener Lieb- haber nicht nur ohne festen Wohnsitz, sondern senza fissa dimora, wörtlich über- setzt: ohne feste Bleibe, ist. . .

Adelheid Müser

skrupellosen Machern, son- dern auch von Idealisten, die Longlife als Geschenk für die Menschheit geplant hatten, und von den (wenigen) Men- schen, die ihr eigenständiges Leben behalten wollen und sich gegen das Longlife-„Re- gime” auflehnen.

Die handelnden Personen sind treffend und mit beißen- dem Humor geschildert, doch eines fehlt ihnen: sie ha- ben keine (oder kaum) sym- pathische Züge und wecken deshalb auch keine Anteil- nahme beim Leser. So er- schreckend und durchaus vorstellbar die Geschichte ist, berührt sie nicht wirklich — zu zynisch sind die Macher, zu willenlos die Longlife-Ab- hängigen.

Ruth Jachertz

Versetzte Ebenen

Erica Jong: Serenissima — eine Liebe in Venedig, Ro- man, Marion von Schröder Verlag, Düsseldorf, 1988, 296 Seiten, gebunden, 34 DM Wir ahnten es längst: Eri- ca Jong, die unermüdliche Verkünderin der sexuellen Freizügigkeit („Angst vorm Fliegen" und so weiter), war insgeheim und schon immer auf der Suche nach der gro- ßen, wahren Liebe. In ihrem neuen Roman, dem bisher dazu dezentesten, ist sie so weit. Sie greift zum höchsten, was ein Schriftstellerherz sich erträumen mag: einer Affäre mit William Shakespeare.

Erica Jong tritt hier als ge- feierte Filmschauspielerin auf, zu Gast beim Film-Festi- val von Venedig. In Traum- und Fieberphantasien ver- wandelt sich die Diva in die Tochter eines jüdischen Pfandleihers aus dem vene-

zianischen Ghetto des 16.

Jahrhunderts. Und hier be- gegnet sie Shakespeare, der sich mit seinem hochadligen Gönner, Liebhaber und Kumpan herumtreibt und da- bei den Rohstoff zum Kauf- mann von Venedig sammelt.

Die beiden fliehen auf die terra firma und werden in ei- ner der berühmten Villen des Veneto Zeuge (und fast Op- fer) eines Pogroms. Die Flucht endet wieder in Vene- dig — just als die Diva aus ih- ren Fieberphantasien gesund erwacht. Die Story könnte die eines Kolportageromans sein. Doch Erica Jong ver- steht zu erzählen: boshaft und treffend die Seitenhiebe auf das Showgeschäft; ein- fühlsam die Schilderung der Ghettomentalität. Die Ver- schiebung der Zeitebenen ge- lingt. Die Doppelfigur Diva—

Judenmädchen überzeugt — beide rühren auf ihre Weise das Herz des Lesers. Die aus- geflippte Jong, das steckt also dahinter . . . NJ A-1386 (78) Dt. Ärztebl. 85, Heft 19, 12. Mai 1988

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dabei merke ich jeden Tag mehr, wie sehr ich mich wieder nach einer Partnerschaft sehne, nach starken Armen, die mich für immer festhalten, nach unendlich viel Zärtlichkeit, Liebe

— Nun in eine tiefe Schale das Mehl schütten (2 Eßl. davon noch zurückbe- halten!). Eier, Zucker, Salz, den Rest leicht an- gewärmter Milch, abgeriebene Zitronenscha- le und

I ch habe meine Jugend auf einem G u t in Ostpreußen verlebt, und für uns Kinder war es jedesmal ein Erlebnis, wenn wir in die Groß- stadt, nach Königsberg, mitfahren durften. Das

Mit der Eme- ritierung von Professor Greimel ist auch diese Sonderregelung in den Ruhestand gegangen, das heißt sie existiert nicht mehr und eine An- rechnung der Lehrveranstaltung,

Thomas Afjei und seine Forschungsgruppe haben für die Warmwasser-Erzeugung eines Einfamilienhauses eine Wärmepumpe mit einem Eisspeicher kombiniert und eine Simulation erstellt:

Gerade jüngere Menschen reagieren oftmals mit Vorur- teilen und emotional, wenn sie mit dem Schicksal der Krankheit und Einsamkeit äl- terer Mitbürger konfrontiert werden..

bewegt sich die Psychiatrie in ähnliche Rich- tung?“ Doch Strick hielt sich unver- strickt: Wissenschaft kann nicht „auf alles“ antworten, „Fragen aus dem Glauben“ gehören nun

Ich wünsche allen einen interessanten und guten Verlauf der Tagung sowie einen schönen Aufenthalt am Wörther See im Herzen der Region Kärnten – Friaul – Slowenien.