• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Hyperbarer Sauerstoff: Einsatzgebiete in der Radioonkologie" (29.05.1998)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Hyperbarer Sauerstoff: Einsatzgebiete in der Radioonkologie" (29.05.1998)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

eim 3. Deutschen Kongreß für Radioonkologie, Strah- lenbiologie und Medizinische Physik vom 15. bis 18. November 1997 in Leipzig stellten nationale und internationale Experten in verschie- denen Symposien die Einsatzgebiete der hyperbaren Oxygenationsthera- pie dar. Während sich die Therapie mit hyperbarem Sauerstoff (HBO) im Behandlungskonzept bei radioge- nen Nebenwirkungen zunehmend etabliert, ist ihr Potential der Strah- lensensibilisierung von Tumorzellen noch Gegenstand intensiver For- schung. Sicherheitsaspekte dieser für den Patienten eher ungewöhnlichen Therapieform wurden erläutert.

HBO bei radiogenen Nebenwirkungen

Eine Strahlenbehandlung führt bei einer je nach Bestrahlungsart und Gewebetyp unterschiedlich großen Anzahl von Patienten zu Reaktionen des mitbestrahlten Nor- malgewebes, die zu hypoxischen — hypovaskulären — hypozellulären Verhältnissen führen (sogenanntes 3-H-Gewebe). Während einer HBO- Therapie diffundiert Sauerstoff vier- mal tiefer ins Gewebe als unter Luft- atmung bei normalem atmosphäri- schen Druck, so daß auch hypoxi- sche Bereiche suffizient oxygeniert werden können und Heilungsvor- gänge, die bei niedrigen Sauerstoff- partialdrücken zum Erliegen kom- men, aktiviert werden. Im einzelnen finden eine Aktivierung der Fibro- blasten mit einer Steigerung der Kol- lagensynthese, eine Verbesserung der Phagozytoseleistung und durch Regulationsvorgänge eine Rückbil- dung von Ödemen statt. Herausra- gende Bedeutung erlangt jedoch bei radiogenen Nebenwirkungen die un- ter einer HBO-Therapie einsetzende und nach Therapieende auf diesem Niveau verbleibende Angiogenese, die eine dauerhafte Verbesserung der Gewebequalität ermöglicht.

Die pathophysiologischen Pro- zesse bei radiogenen Nebenwirkun- gen lassen ein breites Einsatzgebiet der HBO-Therapie erkennen, da die- se die Gewebehypoxie kausal und langfristig anhaltend behandeln kann.

Klinische Erfahrungen zeigen ein gutes Ansprechen bei Ulzerationen, Ödemen, Proktitiden, Nekrosen und Schmerzsyndromen. Neurologische Ausfälle bedürfen der besonderen Beachtung (Carl, Düsseldorf).

Weichteilnekrosen im Thorax- und Abdomenbereich können bei ei- nem hohen Patientenanteil zur Ab- heilung gebracht werden, wobei im Einzelfall eine Kombination mit einer chirurgischen Behandlung notwendig wird. Erste Studienergebnisse zeigen darüber hinaus eine protektive Wir- kung der HBO-Therapie, die potenti- ell eine Dosiserhöhung der Radio- therapie bei begleitender HBO zulas- sen kann (Feldmeier, Detroit).

Bei Osteoradionekrosen im Kie- fer-/Gesichtsbereich hat sich ein kombiniertes Therapieschema, be- stehend aus prä- und postoperativer HBO-Therapie mit dazwischenlie- gender chirurgischer Sanierung, be- währt. Die Erfolgsraten wurden ge- steigert und die Hospitalisierungs- und Krankheitsdauer verkürzt.

Osteointegrierte Implantate, die das ästhetische Ergebnis und die Rehabi- litation des Patienten verbessern, ge- hen in bestrahltem Gewebe deutlich häufiger verloren (39,2 Prozent in 13 Jahren) als in nichtbestrahltem (11,2 Prozent in 13 Jahren). Der Ver- gleichswert für vorbestrahlte und mit adjuvanter HBO behandelte Patien- ten betrug 2,8 Prozent Verlustrate, wobei die Beobachtungszeit noch et- was kürzer ist (Granström, Göte- borg).

Chronische und therapierefrak- täre Strahlenzystitiden sprechen mit einer Quote von 60 bis 90 Prozent gut auf eine HBO-Therapie an, wobei die Indikation vor allem bei Blutungen, Fisteln und Entzündungen gegeben ist. In Ermangelung alternativer Kau- saltherapien bietet sich die HBO hier

als Behandlungsmodalität der ersten Wahl an (Peusch-Dreyer, Bremen).

Einzelfallbeobachtungen zeigen bei fortgeschrittenen, inoperablen Tu- moren eine geringe Nebenwirkungsra- te der kombinierten Radio-/Chemo- therapie, wenn adjuvant eine HBO- Therapie appliziert wird. Kontrollier- te Studien müssen diesen Effekt näher untersuchen (Lerch, Mönchenglad- bach).

Im Sektor der Palliativbehand- lung osteoblastischer Knochenmeta- stasen mit einer Kombinationsthera- pie aus Rhenium-186 HEDP und HBO zeigt sich im Humanbereich eine gute Therapietoleranz und bei niedrigen Aktivitätsmengen keine signifikante Knochenmarkstoxizität.

Ein synergistischer, analgetischer Ef- fekt ist zu erwarten, muß jedoch in größeren Studien evaluiert werden (Palmedo, Bonn).

HBO als Radiosensitizer

Die Sauerstoffatmung unter Überdruckbedingungen sowie eine Carbogenatmung (5% CO2, 95% O2) unter Normaldruckverhältnissen er- höhen die lokale Tumorkontrolle im Tierexperiment hochsignifikant. Ob- wohl beide Modalitäten keinen Un- terschied hinsichtlich der Gesamt- effektivität zeigten, wurden die Kom- plettremissionen unter der HBO schneller erreicht (Hartmann, Am- sterdam).

Die strahlensensibilisierende Wirkung der HBO hängt wesentlich von der zeitlichen Abfolge der beiden Modalitäten ab, wobei letztlich nur die simultane Applikation erfolgver- sprechend ist. Die räumliche Tren- nung von HBO-Zentren und Strah- lenkliniken läßt diesen Ansatz für ei- ne perkutane Therapie zur Zeit nicht zu. Bessere Möglichkeiten bieten sich bei der Applikation von Radiophar- maka und der intrakavitären Strah- lentherapie, die zur Zeit bereits simul- tan mit einer HBO durchführbar sind (Feldmeier, Detroit). ! A-1383

M E D I Z I N KONGRESSBERICHT

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 22, 29. Mai 1998 (55)

Hyperbarer Sauerstoff

Einsatzgebiete in der Radioonkologie

B

(2)

Sicherheitsaspekte bei onkologischen Patienten

Das theoretisch erhöhte Risiko ei- ner Metastasierung sowie die Förde- rung des Tumorwachstums durch die hyperbare Sauerstofftherapie lassen sich klinisch nicht nachvollziehen. Je 8,7 Prozent der Patienten mit Kopf-/

Halstumoren, die eine HBO-Therapie erhielten, entwickelten Tumorrezidive oder neue Malignome. Die entspre- chenden Raten von Kontrollpatienten ohne HBO-Therapie betrugen 24,5 und 13 Prozent (Granström, Göte- borg). Die Übersicht der klinischen und experimentellen Studien zeigt, daß keine Förderung des Tumorwachs- tums zu erwarten ist und eher ein nega- tiver Effekt der HBO auf das Tumor- wachstum eintritt (Feldmeier, Detroit).

Durch die Limitierung des Über- drucks und der Expositionszeit sowie die Fraktionierung der HBO-Behand- lung in drei Sauerstoffphasen von je 30 Minuten Dauer (übliches Behand- lungsschema: dreimal 30 Minuten O2- Atmung bei 240 kPa Gesamtdruck) sind Sauerstoffnebenwirkungen eine Seltenheit. Klinisch betroffen sind hiervon die Lunge (Lorrain-Smith- Effekt) und das ZNS (Paul-Bert- Effekt). Während ersterer Effekt in großen Serien nicht beobachtet wur- de, wird das Risiko der ZNS-Neben- wirkung mit einem tonisch-klonischen Krampfanfall als Maximalausprägung mit etwa 1 : 10 000 beziffert. Faktoren, die zur Senkung der Krampfschwelle beitragen, wie eine Hypoglykämie, Hyperthyreose, vorbestehende Epi- lepsie und andere, können im Vorfeld erkannt werden, so daß das Risiko weiter absinkt. Folgeschäden nach hy-

peroxischen Krampfanfällen wurden bisher nicht dokumentiert (Welslau, Kassel).

Einige Besonderheiten ergeben sich bei Chemotherapie-Patienten.

Hier ist auf Grund des pulmotoxi- schen Potentials der Zytostatika eine besonders sorgfältige Abklärung des Lungenstatus vor der HBO-Therapie erforderlich. Eine vorausgehende Bleomycin-Medikation bildet eine Kontraindikation für die HBO-The- rapie. Cyclophosphamid, Doxorubi- cin und Cisplatin sollten nicht simul- tan mit einer HBO appliziert werden.

Der empfohlene Abstand schwankt je nach Substanz zwischen einer und vier Wochen (Plafki, Lübeck; Lerch, Mön- chengladbach).

Weitere Studien zur Überprüfung der Effekte der HBO-Therapie sowie zur Dosisfindung wurden auch im deutschsprachigen Raum initiiert und können zukünftig die Einsatzmöglich-

keiten neu definieren, wobei auch Si- cherheitsaspekte Beachtung finden.

Dr. med. Christian Plafki Druckkammer-Zentrum Lübeck am Marien-Krankenhaus Parade 3

23552 Lübeck

Priv.-Doz. Dr. med. Ulrich M. Carl Klinik für Strahlentherapie Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 40001 Düsseldorf

A-1384

M E D I Z I N

KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT

(56) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 22, 29. Mai 1998

Moderne 12-Platz-Druckkammer zur Durchführung einer HBO-Therapie. Der therapeutische Sauerstoff wird den Patienten über spezielle Maskensysteme bei Gesamtdrücken von 240–250 kPa zugeführt. Die Kompression der Druckkammer erfolgt mit speziell aufbereiteter Druckluft.

Schluckauf führt den Patienten nur selten zum Arzt, da in der Regel zahlreiche, in der Volksmedizin eta- blierte Verfahren dem Zwerchfell- krampf ein Ende setzen.

Die Autoren vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Heidelberg und vom Ser- vice de Medicine Interne, Le Locle,

Schweiz führten bei 15 Patienten, de- ren Schluckauf im Schnitt 100,8 Mo- nate anhielt, eine Kombinationsthe- rapie mit dreimal 10 mg Cisaprid (Propulsin), einmal 20 mg Omepra- zol und dreimal 15 mg Baclofen durch. Bei 40 Prozent der Patienten verschwanden die Symptome voll- ständig, und bei 20 Prozent der Fälle

wurde eine deutliche Besserung der Beschwerden registriert. Allerdings dauerte es im Schnitt 5,2 ± 5 Wochen, bis die Symptome vollständig ver-

schwanden. w

Petroianu G, Hein G, Petroianu A, Bergler W, Rüfer R: Idiopathic chronic hiccup: combination therapy with Cisapride, Omeprazole and Baclofen.

Clin Therapeutics 1997; 19: 1031–1038.

Institut für Pharmakologie und Toxiko- logie, Universität Heidelberg, Mann- heim. Service de Medicine Interne, Hos- pital du Locle, Le Locle, Schweiz.

Chronischer Schluckauf: Kombinationstherapie

mit Cisaprid, Omeprazol und Baclofen

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Zur Voraussetzung, über Kultur sprechen zu können. Variationen einer

Die Beiträge des Bandes beleuchten den mehrdeutigen Begriff der Kultur aus der Perspektive verschiedenster Wissenschaftsdisziplinen, stellen die differen- ten Verständnisse

Dabei wird es von entscheidender Bedeutung sein, junge Menschen davon zu überzeugen, dass der Glaube an die freie Welt und eine kooperative globale Gemeinschaft

Japanische Regie- rungsvertreter – selbst die im Außen- ministerium, die sich anfangs genau- so stark gegen den Vorschlag wehrten wie ihre britischen Kollegen – sind überzeugt,

Die Fünf- Sterne- Bewegung hat auch im Koalitionsvertrag festgehalten, dass wir alle nötigen Maßnahmen ergreifen wollen, damit keine Migranten mehr zu uns kommen.. Jahrelang

Ein Medikationsmanage- ment baut auf einer Medikations- analyse auf, an die sich eine konti- nuierliche Betreuung des Patienten.. durch ein multidisziplinäres Team

Er solle prüfen, ob der für innovative Arzneimittel auf Basis der frü- hen Nutzenbewertung aus- gehandelte Preis in Zukunft rückwirkend gelten solle.. Ein teures,

Danach muss der Inhaber der Zulassung eines Arzneimittels der zustän- digen Bundesoberbehörde (Bun- desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder Paul-Ehr-