DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
KURZBERICHT
Denkanstöße Der NA V unterstützt
für die "insgesamt" den KBV-Kurs
kassenärztliche Versorgung
Der NA V - Verband der Nie- dergelassenen Ärzte Deutschlands- unterstützt insgesamt das Hand- lungskonzept der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (dazu: Heft 38).
Er ist bereit, an der Verwirklichung dieses "Denkanstoßes" mitzuarbei- ten-so der Vorsitzende des Verban- des, der Münchener Kinderarzt Dr.
Erwin Hirschmann, bei der NA V- Bundesversammlung, die vom 10. bis 12. November in Köln stattfand. Ins- besondere unterstützt der NA V das Konzept einer Gliederung der kas- senärztlichen Versorgung in einen haus- und einen fachärztlichen Be- reich. Im Prinzip ist eine solche Glie- derung mit dem Gesundheits-Re- formgesetz vorgegeben worden(§ 73 SGB V). Die Ausführung ist Sache der Selbstverwaltung. Auch hierzu finden sich im Handlungskonzept der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) erste Vorschläge. Der NAV hat nun zu diesem KBV-Denk- anstoß seinerseits weitere Denkan- stöße beigesteuert. Er hält eine schlichte Zuordnung einzelner Lei- stungspositionen zu den jeweiligen Bereichen für unzureichend und schlägt statt dessen im einzelnen vor (Wortlaut):
Die hausärztliche Versorgung soll in ihrer Gesamtheit sicherstel- len:
~ Eine ausreichende Betreu- ung und eigenständige Behandlung der Patienten,
~ Koordination und übergrei- fende Beratung der Patienten für den Gesamtbereich der kassenärzt- lichen Versorgung,
~ Betreuung der Kranken am häuslichen Krankenbett,
~ die psychosomatische Grundversorgung im oben angegebe- nen Rahmen,
~ Primär-Prävention,
~ treuhänderische Verwaltung aller Behandlungsdokumente.
Die fachärztliche Versorgung er- gänzt und sichert dadurch die haus-
ärztliche Grundversorgung. Bei aller Unabhängigkeit der fachärztlichen Versorgung muß aber gewährleistet bleiben, daß die Patienten wieder der hausärztlichen Betreuung zuge- führt werden, um der treuhänderi- schen Verwaltung der Behandlungs- dokumente einschließlich des Be- handlungsberichtes über die fach- ärztliche Versorgung gerecht werden zu können. Der einzelne Gebietsarzt ist damit gehalten, für jede fachfrem- de Weiterbehandlung den Hausarzt nach Wahl der Patienten einzuschal- ten.
Soweit der NA V-Denkanstoß im Wortlaut. Konsequenz dessen wäre, so der Verband, eine obligatorische Weiterbildung zum Arzt für Allge- meinmedizin. "Ein nicht weitergebil- deter Arzt ist für die Ausübung hausärztlicher Funktionen nicht ge- eignet", heißt es in dem Verbands- beschluß wörtlich.
NA V-Vorsitzender Hirschmann hält ein solches Bekenntnis zur Pflichtweiterbildung für durchaus vereinbar mit der jahrzehntelang von seinem Verband vertretenen Posi- tion, keine Zulassungsbeschränkun- gen für den Zugang zur kassenärzt- liehen Versorgung einzuführen (im- merhin ist der NA V aus einem Ver- band entstanden, der vor Jahrzehn- ten für die freie Kassenzulassung ge- kämpft hat).
Vorsichtige Kritik an der Einzelleistungsvergütung Eine Aufgabenzuweisung im Sinne einer haus- und fachärztlichen Versorgung wird nach Auffassung von Hirschmann unausweichlich zu einer Reform des Honorarvertei- lungssystems führen. "Wir sollten uns nicht länger davor drücken, die- se komplizierte Aufgabe anzupak- ken", erklärte Hirschmann auf der Bundeshauptversammlung, und er gab deutlich zu verstehen, daß er in
A-3572 (32) Dt. Ärztebl. 86, Heft 47, 23. November 1989
Richtung eines Leistungskomplexho- norars denkt. Ein auf komplexen Leistungsinhalt ausgerichtetes Ho- norierungssystem sei jedenfalls am ehesten geeignet, Reglementierun- gen entgegenzuwirken. Hirschmann spielte dabei auf die gerade durch das Gesundheits-Reformgesetz ver- schärften Kontrollmechanismen (Stichproben, Richtgrößen, Zeitvor- gaben) an. Man müsse sich darüber im klaren sein, daß solche Eingriffe in die Behandlungsfreiheit "durch die bisherige ausschließliche Einzel- leistungsvergütung provoziert wur- den".
Auf die Gliederung hausärzt- lich/fachärztlich ging auch der Vor- standsvorsitzende der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung, Dr. Ul- rich Oesingmann, vor der Bundes- hauptversammlung des NA V ein und formulierte fünf Leitsätze:
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Wir müssen eine gegenseiti- ge technische Aufrüstung miteinan- der konkurrierender primärärztlich tätiger Arztgruppen dadurch vermei- den, daß wir dem Hausarzt ein haus- arzttypisches, angemessen vergütetes Leistungsspektrum zuordnen und dieses Leistungsspektrum von fach- arzttypischen Leistungen abgrenzen.f) Mit dieser funktionalen Ar- beitsteilung ist keine Einschränkung der freien Arztwahl und auch keine pauschalierte Vergütung hausärzt- licher Tätigkeit verbunden.
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Qualität muß in beiden Lei- stungsbereichen gewährleistet sein;bestimmte Leistungen können daher nur aufgrund besonderer Fachkun- denachweise oder aufgrund einer nachgewiesenen Weiterbildung er- bracht werden.
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Bestimmte ärztliche Leistun- gen sollten in die fachärztliche Ver- sorgung integriert werden, da nur dadurch eine ausreichende Lei- stungsfrequenz bei ökonomischer Auslastung teurer medizinischer Ge- räte gewährleistet werden kann.0
Die Möglichkeit der Lei- stungserbringung in Apparatege- meinschaften ist in beiden Bereichen zu schaffen, wobei jedoch strenge Anforderungen an das Gebot der persönlichen Leistungserbringung und die Fachkunde des leistungser- bringenden Arztes gestellt werdenmüssen. NJ