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wei mögliche Szenarien für die Währungsunion scheinen derzeit reali- stisch: erstens das eines Auf- schubs und zweitens das einer kleinen Hartwährungsunion.Ein Aufschub erscheint der- zeit wahrscheinlicher als ein Zustandekommen. Warum?
Es wird schwer sein für alle EU-Länder, die Zulassungs- kriterien „auf legalem Wege“
zu erfüllen. Der Deutsche Bundestag will den Beitritt Deutschlands nur im Fall einer stabilen Union, die Bundes- bank hat die Stabilitätsinteres- sen zu vertreten, und auch das Bundesverfassungsgericht wird vielleicht noch einmal gezwungen werden, Stellung zum Projekt zu beziehen.
Dazu kommt zum Bei- spiel die Finanzpolitik in an- deren europäischen Ländern.
Einige oder alle diese Fakto- ren dürften Unruhe in die Devisen- und Obligationen- märkte tragen.
Marktunruhen
Dem politischen Ent- scheid im Frühjahr 1998 dürf- te eine Phase der Unruhe an den Zins- und Devisenmärk- ten vorausgehen. Gewisse Turbulenzen sind zu erwar- ten, ausgehend von der Ent- wicklung der öffentlichen Haushalte, dem ungenügen- den Wachstum und wider- sprüchlichen Kommentaren maßgeblicher Persönlichkei- ten. Aber vorentscheidend dürften sie noch nicht sein, denn die Politik wird sich bemühen, die Wogen zu glät- ten. Die Nervosität dürfte sich bis ins unmittelbare Vorfeld der politischen Entscheidung für die Teilnehmer hinziehen.
Aber auch danach, bis die
Wechselkurse am 1. Januar 1999 fixiert werden, haben die Finanzmärkte noch viele Ge- legenheiten, ein allfällig be- schlossenes Feld zu testen.
Anlagestrategie
Die Währungsunion ist ein wichtiger Sonderfaktor.
Beide möglichen Szenarien tragen Unruhe in die Finanz- märkte. Aber an erster Stelle stehen die globalen Entwick- lungen. Es sind dies das Wachstum, die Inflation, das Zentralbankenverhalten, die Fiskalpolitik und die Auswir- kungen der weltweiten Dere- gulierungsbestrebungen. Sie überlagern die Effekte der Währungsunion und beein- flussen deren Schicksal. Aber auch das aktuelle Bewer- tungsniveau an den Finanz- märkten ist wichtig.
Szenario Aufschub: Bei ei- nem Aufschub dürfte der ökonomische Konvergenz- druck in den EU-Ländern nachlassen. Die Fiskalpoliti- ken würden gelockert, um das Wirtschaftswachstum zu sti- mulieren. Dies würde für die europäischen Zentralbanken das Ende des bisher expansi- ven monetären Zyklus einläu- ten. Die administrierten Zin- sen würden ansteigen. Ihnen vorausgehen würden aber die langfristigen Sätze. Gleichzei- tig würden die Renditen in Europa wieder divergieren.
Im Währungsbereich ist unter diesem Szenario die DM zu bevorzugen. Im Vor- feld eines Aufschubs des EWU-Projektes würde sich die DM innerhalb des EWS befestigen, gegenüber dem Schweizer Franken erholen und gegenüber dem US- Dollar tendenziell zulegen.
Die Währungen der hochver- zinslichen Länder Europas (Peseta, Lira, Schwedenkro- ne), der französische Franc, der belgische Franc und der Ecu würden temporär unter Abwärtsdruck geraten. Eben- so unter Druck kommen dürf- ten das irische Pfund und die Finnmark, denen der Kapital- markt gewisse berechtigte Aspirationen auf die Qualifi- kation zubilligt. Dagegen soll- ten das britische Pfund und die dänische Krone nicht tan- giert werden, da für diese hin- sichtlich der Partizipation an der Währungsunion kaum Er- wartungen in den Marktnotie- rungen eingebaut sind. Im Be- reich der Obligationen blei- ben Anleger, welche auf die Aufschubvariante setzen, zu einem großen Teil im Bereich der DM-Obligationen.
Szenario Hartwährungs- union: Im Vorfeld der Wäh- rungsunion wird die DM
großen Schwankungen und einem gewissen Abwärts- druck unterliegen. Dieser dürfte um so größer ausfal- len, je weiter der Teilnehmer- kreis gezogen wird. Auch die- jenigen EU-Währungen, wel- che außerhalb der Währungs- union bleiben müssen, ver- lören zumindest temporär an Boden (Peseta, Lira, Escudo und Schwedenkrone). Emp- fehlenswert ist eine Diversi- fikation – weg von der DM – in Währungen, denen ei- ne glaubwürdige autonome Geldpolitik zugrunde liegt und für die im Normalfall kei- ne Wechselkurspolitik be- trieben wird. Sie sind außer- halb eines übergeordneten Währungssystems zu suchen.
Es sind dies Währungen wie der US-Dollar, der Yen, der Schweizer Franken oder die norwegische Krone.
Auch in Erwägung gezo- gen werden können das engli- sche Pfund und die dänische Krone, da sich diese trotz guter Qualifikationschancen voraussichtlich nicht in der EWU-Startformation befin- den werden. Leicht profitie- ren dürften der Ecu, das iri- sche Pfund und die Finn- mark; letztere zwei, falls sie tatsächlich Eingang in die Währungsunion finden.
Im festverzinslichen Be- reich würden langlaufende DM-Anleihen die Verlierer sein. Auch Titel von Währun- gen, die sich nicht qualifizie- ren, kämen unter Druck. Da- zu gehören Obligationen in Peseta, Lira, Escudo und Schwedenkrone. Gewinner dagegen wären praktisch alle Ecu-Obligationen mit Lauf- zeiten, die sich über den 1. Januar 1999 erstrecken.
Am Aktienmarkt dürfte die Währungsunion eher po- sitive Wirkungen zeitigen, können doch eine weichere Währung und höhere Trans- parenz für die Unternehmen günstig sein. Dies gilt vor al- lem für die deutschen Export- werte.
H. G. Thümen Bank Leu AG Bahnhofstrasse 32 CH-8001 Zürich
A-1363 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 20, 16. Mai 1997 (59)
V A R I A WIRTSCHAFT
Die Deutsche Apotheker- und Ärzte- bank will ihre Kunden in Zukunft mit den Grundzügen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ver- traut machen. Zu diesem Zweck hat sie „EuroSpecial“ entwickelt, eine In- formationsreihe für die Heilberufe zur Einführung des Euro. In Heft Nummer 1 (Abbildung: Ausschnitt des Titels) werden vor allem die Kriterien für den Beitritt zur Währungsunion erläutert sowie die Zeitpläne. Rie