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Archiv "Therapie-Leitlinien: Großer Dank!" (24.03.2006)

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A768 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 12⏐⏐24. März 2006

B R I E F E

Therapie-Leitlinien

Zu dem Kommentar „Therapie-Leit- linien bei MS: Zu wessen Nutzen?“

von Dr. med. Wolfgang Weihe in Heft 5/2006:

Dilemma

Der Kommentar vom Kolle- gen Dr. Weihe zeigt eindrück- lich ein Dilemma in der MS- Therapie. Die Wirksamkeit der Betainterferone ist in Be- zug auf die Therapiekosten bescheiden. Bei einem Aus- gabevolumen von 210 000 Euro pro verhindertem MS- Schub stellt sich die Frage nach wirtschaftlicheren Al- ternativen. Nur – wer finan- ziert Studien mit der potenzi- ellen Gefahr von Umsatz- einbrüchen bei der lukrativen MS-Therapie? Wer profitiert von einem möglicherweise als überlegen nachgewiesenen Effekt einer Kortisonhochdo- sistherapie alle drei Monate in Kombination mit einer jährlichen vollstationären Rehabilitation im Vergleich mit der kostenintensiveren Betainterferon-Therapie?

Profiteure wären „nur“ die Patienten, die Krankenkas- sen und die Ärzte (wirt- schaftliche Therapieformen stabilisieren deren Einkom- mensbasis) . . .

Dr. Ulf-Norbert Funke, Kurgartenstraße 16 B, 01259 Dresden

Vom Zielkonflikt abgelenkt

Zur Kritiklosigkeit fordern die Empfehlungen der MSTKG (Multiple-Sklerose- Therapie-Konsensus-Grup- pe) keineswegs auf. Als eines der Mitglieder der MSTKG,

das z. B. bei keinem der hier tätigen Pharmahersteller als

„Speaker“ auf Kongressen engagiert ist, möchte ich Herrn Weihe doch entgegen- halten, dass sein Votum nicht weniger tendenziell ist als das, was er beklagt; es lenkt vom Zielkonflikt ab. Die Empfehlungen der MSTKG sind abgewogen und berück- sichtigen neben der „Studien- lage“, die durch AMG und EMEA/BfArM nicht unwe- sentlich mitstrukturiert ist, auch die breite klinische Er- fahrungswirklichkeit, sodass sie im ursprünglichen Sinne versucht, der „evidence based medicine“ gerecht zu werden.

Die Empfehlungen schließen ein, dass der Patient umfas- send informiert wird, damit er seine Mitverantwortung für den Schritt in eine Lang- zeit-, ggf. Endlostherapie übernehmen kann: Alle uner- wünschten Arzneimittelwir- kungen, die Kollege Weihe – tendenziell gefärbt – ausbrei- tet, müssen mit dem Patien- ten offen und kritisch fallin- dividuell erörtert werden, auch die derzeitig – trotz er- ster Ergebnisse von „pharma- kogenomics“ – weiter beste- hende Unsicherheit über die Prognose des Spontanver- laufs bzw. über die Folgen und Ergebnisse einer immun- modulierenden Intervention, ferner alle Vorbehalte, Fra- gen zum eventuellen Ab- bruch/Wechsel/Eskalation der Therapie sind selbstver- ständliche Erörterungspunk- te gegenüber unseren mündi- gen Patienten – als Elemente einer angemessenen, konti- nuierlichen Patienten-Arzt- Beziehung . . .

Prof. Dr. med. R. W. C. Janzen, Landwehrweg 12 c, 61350 Bad Homburg

Großer Dank!

Dr. Wolfgang Weihe gebührt großer Dank, dass er die Frag- würdigkeit der Therapie-Leit- linien bei MS gegeißelt hat.

Seine Vorwürfe gegenüber der Interferon-Lobby sind umso schwerwiegender, weil mit der kurzzeitigen, hoch dosierten Kortison-Therapie eine Be- handlungsmethode zur Verfü- gung steht, mit der man fast al- le MS-Schübe zum Sistieren bringen kann. Diese Behand- lung ist darüber hinaus deut- lich nebenwirkungsärmer als eine Interferon-Therapie . . . Dr. med. Fritz Lenz,Hauptstraße 17, 79650 Schopfheim

Verwirrend

In seinem Beitrag wendet sich Herr Dr. Weihe als Einzelper- son gegen die international ak- zeptierten und von der Deut- schen Gesellschaft für Neuro- logie herausgegebenen evi- denzbasierten Leitlinien zur Behandlung der multiplen Sklerose (MS) . . . In den Publi- kationen der Multiple-Sklero- se-Therapie-Konsensus-Grup- pe (MSTKG) ist die Empfeh- lung zur Frühtherapie mit re- kombinanten Betainterfero- nen immer an eine vorherige Risikoabschätzung gekoppelt, die jeweils wichtige paraklini- sche Informationen („diagno- stische Neuerungen der letzten Jahre [MRT]“) sehr wohl mit einbezieht, um gerade dem un- kritischen Einsatz der teuren und potenziell mit Nebenwir- kungen behafteten Präparate vorzubeugen. Die Wirksamkeit dieser Medikamente zur Re- duktion der Schubrate und Verlangsamung der Progressi- on der Behinderung ist unum- stritten. Da bei der MS bereits zu Beginn der Erkrankung Axone zerstört werden und die Regenerationskraft des Zen- tralnervensystems sehr be- schränkt ist, ist es ein interna- tional anerkanntes Ziel, durch konsequente Frühtherapie von Patienten mit Krankheitsakti- vität die Langzeitbehinderung möglichst gering zu halten.

Wenn es nur um das Verschrei- ben neuer Immunmodulatoren

ginge, wären „MS-Zentren“

nicht nötig. Ziel dieser Einrich- tungen ist es ja gerade, das Er- fahrungswissen um das multi- modale Behandlungskonzept der MS mit traditionellen und innovativen Behandlungs- ansätzen zu kombinieren, transparent zu dokumentieren und somit neue Erkenntnisse auch außerhalb firmengespon- serter Studien zu erhalten.

Die Pflicht zur Dokumenta- tion ist integraler Bestandteil für die Anerkennung eines

„MS-Zentrums“. Durch die Gewinnung von validen Lang- zeitdaten u. a. über den Behin- derungsverlauf wird eine Si- cherung der Ergebnisqualität in der Behandlung von MS- Betroffenen möglich. Hier folgt der Ärztliche Beirat der DMSG in seinen Empfehlun- gen der Arbeitsweise von eta- blierten „Zentren“ zur Be- handlung anderer chronischer Erkrankungen, wie z. B. Dia- betes mellitus, rheumatoide Arthritis oder Brustkrebs.

Herr Dr. Weihe erkennt diese neuen Standards offenbar nicht an. Herr Dr. Weihe unter- stellt weiter, dass die Therapie- Empfehlungen in den Leitlini- en den Interessen der Indu- strie zuliebe erfolgen. Selbst- verständliche Maxime für die Arbeit des Ärztlichen Beirates der DMSG sind Transparenz und Unabhängigkeit. Um dies zu untermauern und öffentlich zu dokumentieren, hat der Ärztliche Beirat eine Selbst- verpflichtungserklärung er- stellt, die von jedem einzelnen Mitglied unterzeichnet wird und auf der Homepage der DMSG veröffentlicht ist (www.dmsg.de/dokumentear chiv/freiwillige_selbstver pflichtungserklaerung 09.08.2005.pdf). Uns allen ist bewusst, dass der medizinische Fortschritt in der Behandlung chronischer Erkrankungen nicht in Sprüngen, sondern in kleinen Schritten vorangeht.

Der Beitrag von Herrn Dr.

Weihe ist sowohl aufgrund vie- ler inhaltlicher Fehler als auch in seiner tendenziösen Art für den Leser verwirrend. Er birgt die Gefahr des Rückschritts in der Bemühung zur Verbesse- rung der Behandlung von Pati- Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie

geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

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enten mit multipler Sklerose in Deutschland in sich.

Literatur bei den Verfassern

Prof. Dr. Klaus V. Toyka,Vorsitzender des Ärztlichen Beirats der DMSG (Bundesverband),

Prof. Dr. P. Rieckmann,Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der DMSG (Bundesverband),

Universitätsklinikum Würzburg, Josef-Schneider-Straße 11, 97080 Würzburg

Gefahren des Sponsorings

Seit der Untersuchung von STELFOX und Mitarbeitern (New England Journal of Me- dicine 1998; 338: 101–6) ist be- kannt, welchen „dosisabhängi- gen“ Einfluss das Sponsoring der Pharmaindustrie auf die Beurteilungsqualität von The- rapeutika durch Experten, also auch durch Fachgesellschaften und Berufsverbände, hat. Dies

beeinträchtigt zunehmend die Versorgungsqualität im Ge- sundheitswesen und hat somit hohe politische Brisanz. Bei den Untersuchungen über Korruption im Gesundheits- wesen wurde die Arbeitsgrup- pe von Transparency Deutsch- land darauf hingewiesen, dass zunehmend Warenanbieter und Leistungserbringer Ärzten die Zertifizierung ihrer Praxis quasi als Kickback für Auf- tragserteilung anbieten. Falls dies zutrifft, wird das System des Qualitätsmanagements zum Marketinginstrument von Waren- und Leistungsanbie- tern degradiert. Bedenklich ist das Eindringen dieser Prakti- ken auch vor allem bei Fachge- sellschaften, die bereits durch Nähe zu Interessen, Veranstal- tungen und Werbungen von Warenanbietern auffallen.

Wenn solche Fachgesellschaf- ten dann auch nur Praxen zer-

tifizieren, deren Verordnungs- verhalten den Vorstellungen der Warenanbieter genügt, dann ist ein korruptives Netz- werk komplett, das die Thera- pie auf dem Niveau und der Qualität der Pharmawerbung festschreibt, auf Kosten der Behandlungsqualität der Pati- enten. Diesen Gefahren ist nur durch nachvollziehbare Offen- legung aller Interessenkonflik- te auch bei Fachgesellschaften und Berufsverbänden zu ent- gegnen, und wenn das freiwil- lig nicht gelingt, dann mittels gesetzlicher Verpflichtung.

Prof. Dr. med. Peter S. Schönhöfer, Redaktion arznei-telegramm, Bergstraße 38 A, 12169 Berlin

Polemischer Artikel

Mit großer Befremdung haben wir den oben genannten ganz- seitigen „Kommentar“ in Ih-

rer Zeitschrift gelesen, der oh- ne Nennung von Namen dem Ärztlichen Beirat der Deut- schen Multiple Sklerose Ge- sellschaft (DMSG) unterstellt, mit der Pharmaindustrie zu klüngeln, und die Wirksamkeit der immunmodulatorischen Prophylaxe bei MS-Patienten mit Interferonen (merkwürdi- gerweise wird Glatiramerace- tat nicht erwähnt) aufgrund ei- ner einzigen zitierten Arbeit aus dem Jahr 1996 infrage stellt. Der Autor hingegen – Dr. med. Wolfgang Weihe – wird in keiner Weise vorge- stellt, wir wissen nicht einmal, ob er Neurologe ist und wo er arbeitet. Wir fragen uns, was Sie mit der unkommentierten Veröffentlichung dieses pole- mischen Artikels bezwecken:

>Geht es darum, den Kosten- druck im Gesundheitswesen auf dem Rücken der MS-Pati- enten zu reduzieren?

B R I E F E

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