Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 49|
10. Dezember 2010 [94]B E R U F
GESCHÄFTSKONTEN
Die Kosten im Blick
Die Bankenregulierung wird auch an den Arztpraxen nicht spurlos vorübergehen.
A
ls vor zwei Jahren die ameri- kanische Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach und es annähernd deutlich wurde, in welchem Umfang „Ramschpapie- re“ in Bankbilanzen verborgen wa- ren, kam es zu einem weltweiten Finanzbeben, das auch in Deutsch- land noch längst nicht verdaut wur- de. Die Bankenbranche bekommt nun, neben einem zum Teil erheb - lichen Vertrauensverlust aufseiten der Kunden, auch finanziell die Rechnung präsentiert. Sie wird mit einer Abgabe rechnen müssen, die pro Jahr circa 1,2 Milliarden Euro kosten und insgesamt 70 Mil- liarden Euro betragen soll.Damit wird eine finanzielle Reserve gebildet, auf die in weiteren Notfällen zurückge- griffen werden kann. Schließ- lich soll sich ein finanzielles Ein- greifen des Staates, dessen Ende immer noch nicht abzusehen ist, zu- mindest in dieser Form möglichst nicht wiederholen.
So weit, so gut. Allerdings wird erst die Praxis zeigen, in welchem Umfang die Bankinstitute in der Lage sind, diese Bankenabgabe aus eigenen Mitteln aufzubringen – oder ob dafür die Kunden herange- zogen werden. Dafür bestehen zwei Möglichkeiten: die Kreditzinsen und die Gebühren. Praxisinhabern ist vor diesem Hintergrund zu emp- fehlen, ihre Bankkosten im Blick zu halten, um gegensteuern zu können, wenn die Bank sich an ihnen schad- los halten will.
Eine erste Übersicht kann dazu bereits ein Blick in die betriebswirt- schaftlichen Auswertungen bieten, in denen die Bankkosten zu finden sind. In aller Regel spielen die Kreditkosten eine entscheidende Rolle. Bei einem nach wie vor niedrigen Zinsniveau ist es in den meisten Fällen hilfreich, wenn bei
Praxiskrediten und Immobiliendar- lehen mittel- und langfristige Zins- bindungen gewählt werden, an denen sich beide Vertragspartner während dieser Zeiträume zu halten haben.
Übrigens: Praxisinhaber, die da- gegen in der glücklichen Lage sind, liquide Mittel anlegen statt aufneh- men zu können, sollten sich derzeit für Tages- oder Termingeldkonten mit Laufzeiten von bis zu maximal zwei, drei Monaten entscheiden, da sie bei längerfristigen Anlagefor- men ohnehin kaum mehr Zinsen er- halten. Praxisinhaber, die sogar an
Anlagezeiträume von mehr als ei- nem Jahr denken, sollten ebenfalls vorsichtig agieren. Geht es mit den Zinsen nämlich wieder aufwärts, müssen sie bei mittel- und langfris- tigen Anlagen mit Kursverlusten rechnen, wenn sie das Geld vor dem jeweiligen Ablauftermin benötigen.
Zurück zu den Kosten: Neben den Kreditzinsen gehören auch alle weiteren Bankkosten auf den Prüf- stand. Vor allem jene Gebühren, die rund um die Praxiskonten entste- hen, sind von Bedeutung. Dazu ge- hören neben den Kontoführungs - gebühren in Form einer Kontopau- schale oder eines Kostenmodells, das sich an den Kontoumsätzen ori- entiert, auch Zusatzgebühren, etwa für Bank- und Kreditkarten. Je nach Kreditinstitut sind weitere Gebüh- ren möglich, wenn etwa der Über- ziehungskredit nicht in Anspruch genommen wird oder eine Provisi- on berechnet wird, die sich am be- trieblichen Umsatz orientiert.
Darüber hinaus sollte regelmäßig geklärt werden, ob durch eine Opti-
mierung des Online-Bankings Kos- tenverringerungen möglich sind.
Um die vielen Produktvarianten, die diese Technik bietet, kennenzu- lernen, bieten sich auf das individu- elle Unternehmen zugeschnittene Praxissimulationen in den Bankräu- men an. So sind neben der Abwick- lung des Zahlungsverkehrs längst anspruchsvolle Programmalternati- ven üblich, die vom täglichen Kon- toausgleich bei verschiedenen Ban- ken zur Vermeidung von teuren Kredit- und Überziehungszinsen bis zur Terminüberwachung von Zahlungseingängen beziehungswei- se von fälligen Zins- und Tilgungs- raten reichen. Auch komplexe Liquiditäts- und Rentabilitätspro- gramme, die Praxisinhaber bei der Unternehmenssteuerung helfen kön- nen, gehören zu den Angeboten der Finanzbranche.
Die Notwendigkeit einer voll- ständigen Kostentransparenz sollte im Ergebnis nicht strittig sein. Im Übrigen dürfte die Haus- bankfunktion an Bedeu- tung verlieren, weil bis- herige Nebenbankverbin- dungen die Gelegenheit nutzen werden, ihren Marktanteil bei Arztpraxen über preiswerte Angebote zu verbessern.
Die Notwendigkeit der Banken- branche, hier Aktivitäten zu entwi- ckeln, ergibt sich auch durch die Anforderungen, die zurückgehende Erträge im Wertpapiergeschäft der Kreditinstitute mit sich bringen werden. Es ist legitim, dass Praxis- inhaber dieses Spannungsfeld nut- zen und sich als gleichberechtigter Geschäftspartner profilieren.
Häufig erwarten bisherige Ne- benbankverbindungen zusätzliche Umsätze, wenn sie Praxen in ihren Kosten entgegenkommen. Dies ist durchaus üblich und auch verständ- lich. Allerdings sollten Praxisinha- ber vor einem solchen Schritt erst einmal sorgfältig prüfen, ob beste- hende Darlehensverträge mit der Hausbank dies überhaupt zulassen.
Je nach Vertrag sind bestimmte Kreditkonditionen auch hier mit Umsatzzuweisungen in einer fest vereinbarten Höhe verbunden, die ernst genommen werden sollten. ■
Michael Vetter