Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 41|
15. Oktober 2010 A 1977 Prozessabläufen müssen durchmöglichst hochstandardisierte Ver- fahren gelöst werden. Die Sicher- stellung von Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen betrifft das Personalmanagement im gesamten medizinischen Personalbereich und stellt eine interdisziplinäre Heraus- forderung dar.
Seit 2006 haben sich zunächst in Baden-Württemberg und in Ham- burg, 2009 in Berlin/Brandenburg intensivmedizinische Netzwerke gegründet. Auch Thüringen, wo man sich bereits seit mehreren Jah- ren mit der Qualitätsdarstellung und -analyse in der Intensivmedi- zin befasst, wird sich voraussicht- lich dieser Initiative anschließen.
Ziel der Netzwerke ist es, durch re- gelmäßigen Austausch evidenzba- siertes Wissen in den klinischen Alltag zu bringen, um die medizi- nische Qualität der Intensivversor- gung zu steigern.
Als ein Werkzeug zur kontinuier- lichen Verbesserung der Patienten- versorgung haben die Netzwerke ein Verfahren intensivmedizini- scher Peer Reviews entwickelt: Die Prozesse und Strukturen einer In- tensivstation werden zunächst von deren Mitarbeitern systematisch über einen Fragebogen erfasst und danach von externen Experten (Peers) analysiert und bewertet. Da- bei steht der kollegiale Aspekt, das gemeinsame Lernen in gegenseiti- gem Respekt, im Zentrum. Das Ver- fahren ist interdisziplinär konzipiert
und stärkt die professionelle Auto- nomie der Beteiligten. Die Kom- munikation zwischen den ein- zelnen Fachdisziplinen und Berufsgruppen sowie die Patientenorientierung sollen dadurch gezielt gefördert werden.
Schon in der gerade laufenden Pilotphase zeigt es sich, dass das Verfahren der intensivmedizinischen Peer Reviews bei den Ärztinnen und Ärzten vor Ort zunehmend akzeptiert wird und sich als effekti- ve Methode zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung bewährt. Ge- meinsame berufsgruppenübergrei- fende Verantwortung, die Bereit- schaft zur Transparenz und zum Voneinanderlernen, aber auch die absolute Vertraulichkeit gegenüber Dritten sichern den Erfolg der pro- fessionellen externen Evaluation und der sich daraus ableitenden Verbesserungsmaßnahmen.
Inhaltlicher Leitfaden des inten- sivmedizinischen Peer Reviews ist ein standardisierter Peer-Review-Er- hebungsbogen, mit dem die Struk- tur-, Prozess- und Ergebnisqualität einer Intensivstation systematisch überprüft wird. Dieser Erhebungs- bogen wurde gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Anäs - thesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Deutschen Interdis- ziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) erarbei- tet. Man orientierte sich dabei an Fragenkatalogen aus klinisch an -
Nicht immer klappt alles, wenn „sich nur jeder anstrengt“. Gerade bei komplexen medizinischen Problemen sind Zusammenarbeit sowie kollegiale Beratung und Unterstützung von höchster Be -
deutung. Die Ärztekammer Berlin begrüßt deshalb die von Ärztinnen und Ärzten getragene Initiative zur Verbesserung der Behandlungsqualität und der Transparenz der Behandlungsprozesse in der
Intensivmedizin. Diese Form von praxisnahem und bürokratiearmem Qualitätsmanagement kennzeichnet einen patientenorientierten Weg, wissenschaftliche Erkenntnisse ohne große Reibungsverluste an das Krankenbett zu bringen, sich gegenseitig auf diesem Weg kollegial zu unterstützen und voneinander zu lernen.
Die Ärztekammer Berlin unterstützt das intensivmedizinische Peer-Review-Verfahren gemeinsam mit den Ärztekammern in Baden- Württemberg, Hamburg und Thüringen sowie der Bundesärztekammer als einen wichtigen und zukunftsweisenden Weg.
KOMMENTAR
Dr. med. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin
Wichtig und
zukunftsweisend
erkannten Zertifizierungsverfahren und an den intensivmedizinischen Qualitätsindikatoren, die von der DGAI und der DIVI bereits konsen- tiert wurden. Neben Aspekten der medizinischen Versorgungsqualität werden hier auch Wissenskompeten- zen und die Anwendung evidenzba- sierten Wissens, die ökonomische Transparenz und der optimale Res- sourcennutzung berücksichtigt.
Konkrete Vorgehensweise Eine Intensivstation, die sich einem Peer Review unterziehen möchte, muss zunächst die Zustimmung der Geschäftsleitung des jeweiligen Krankenhauses einholen. Dann meldet sie sich beim zuständigen regionalen Netzwerk oder einem Koordinator für einen Peer Review an. Grundsätzlich kann jede Inten- siveinheit teilnehmen.
Der Koordinator stellt aus einem Pool von Peers ein Review-Team zusammen, das aus zwei Intensiv- medizinern verschiedener Kliniken und einer Fachpflegekraft besteht, die jeweils eine Vertraulichkeits - erklärung unterzeichnen. Bei der Auswahl der Peers wird darauf ge- achtet, dass die Kliniken, in denen die Beteiligten beschäftigt sind, nicht in unmittelbarer Konkurrenz zueinander stehen.
Zunächst bearbeitet die Intensiv- station den Peer-Review-Erhe- bungsbogen in der Art und Weise eines internen Assessments. An- schließend unterzieht sich die In- tensivstation dem externen Assess- ment – dem Vor-Ort-Besuch des Peer-Review-Teams, der das ei- gentliche Kernelement des Peer- Review-Verfahrens darstellt. Am Review nimmt seitens der besuch-