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Landtag Mecklenburg-Vorpommern Protokoll Nr Wahlperiode Innen- und Europaausschuss W O R T P R O T O K O L L

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Innen- und Europaausschuss

W O R T P R O T O K O L L

der 109. Sitzung des Innen- und Europaausschusses am Donnerstag, dem 29. April 2021, 9:00 Uhr,

Schwerin, Schloss, Plenarsaal

Vorsitz: Abg. Sebastian Ehlers

EINZIGER PUNKT DER TAGESORDNUNG

Öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Glücksspielstaatsvertragsaus- führungsgesetzes und zur Änderung des Feiertagsgesetzes Mecklenburg- Vorpommern

- Drucksache 7/5972 -

Innen- und Europaausschuss (f)

Finanzausschuss (m)

Wirtschaftsausschuss (m)

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EINZIGER PUNKT DER TAGESORDNUNG

Öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Glücksspielstaatsvertragsaus- führungsgesetzes und zur Änderung des Feiertagsgesetzes Mecklenburg- Vorpommern

- Drucksache 7/5972 -

Vors. Sebastian Ehlers: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie recht herzlich hier begrüßen. Ich eröffne die 109. Sitzung des Innen- und Europaausschus- ses. Einziger Tagesordnungspunkt ist die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Glücksspielstaatsver- tragsausführungsgesetzes und zur Änderung des Feiertagsgesetzes Mecklenburg- Vorpommern, Drucksache 7/5972. Gleich zu Beginn möchte ich Ihnen mitteilen, dass von dieser Sitzung ein Wortprotokoll gefertigt wird. Bevor wir nun mit der Anhörung beginnen, möchte ich außerdem darauf hinweisen, dass dies eine öffentliche Anhö- rung ist. Damit sind auch Bild- und Tonaufnahmen zugelassen. Es ist jedoch den Zu- schauern nicht gestattet, Beifall oder Missfallen zu äußern. Ich bitte darum, sich ent- sprechend zu verhalten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun begrüße ich herzlich alle Gäste und Anzuhörenden. Ganz besonders danke ich den Anzuhörenden, dass Sie es ermöglicht haben, uns hier für unsere Fragen zur Verfügung zu stehen.

Besonders ist auch, dass einige Anzuhörende digital zugeschaltet sind. Ich hoffe sehr, dass die Technik gut funktioniert – die Probe hat schon mal geklappt – und wir Sie und Sie uns gut hören und sehen können. Ich weise aber darauf hin, dass die digital zuge- schalteten Anzuhörenden nur hören, was in den angeschalteten Mikros gesprochen wird. Außerdem bitte ich unsere digitalen Gäste, ihr Mikro stumm zu schalten, solange sie keinen Redebeitrag leisten. Dem Ausschuss liegen zahlreiche schriftliche Stellung- nahmen der Anzuhörenden vor. Vielen Dank, dass Sie diese im Vorfeld eingereicht haben. Diese Stellungnahmen sind an die Mitglieder des Ausschusses als Ausschuss- drucksachen verteilt worden. Nun kurz zum Ablauf der Sitzung: Zu Beginn erhält jeder Anzuhörende zunächst die Gelegenheit zu einem Eingangsreferat von bis zu fünf bis zehn Minuten. Ich werde dazu die Anzuhörenden nacheinander aufrufen. Die einge- reichten schriftlichen Stellungnahmen brauchen Sie dabei nicht vorlesen. Diese liegen, wie gesagt, den Abgeordneten vor. Sie können aber selbstverständlich Schwerpunkte setzen und weitergehende Ausführungen machen. Anschließend werden wir in die Fragerunde für die Abgeordneten einsteigen, um im Gespräch mit den Abgeordneten

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noch Einzelheiten zu erörtern und bestimmten Fragen näher nachzugehen. Eine letzte Bitte von mir, immer das Mikrofon einzuschalten, sowohl beim Referat und auch in der Debatte, weil das wichtig für die Protokollierung der Beiträge ist. Lassen Sie uns nun mit den Eingangsreferaten beginnen. Gemäß unserer Liste erteile ich zunächst dem Städte- und Gemeindetag und hier vertreten durch Herrn Klaus-Michael Glaser das Wort für seine Stellungnahme. – Bitte schön, Herr Glaser.

Klaus-Michael Glaser (Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern e. V.):

Danke schön. Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Ab- geordnete, sehr geehrte weitere Anhörende! Der Städte- und Gemeindetag hat sich in seiner Stellungnahme, die Ihnen vorliegt, auf wenige Bereiche konzentriert. Wir sind aber gleich über den Gesetzentwurf hinausgegangen, weil wir eben nicht nur gute Er- fahrungen mit der Umsetzung des bisherigen Ausführungsgesetzes gemacht haben.

Das betrifft insbesondere die Abstandsregelung, die sicher von den anderen Anzuhö- renden nachher auch noch gebracht werden. Wir haben bei unseren größeren Städten nachgefragt. Wenn alle Widerspruchsverfahren und Gerichtsverfahren beendet sind, wie viel Spielhallen bleiben über. Die Zahlen haben wir Ihnen für die größeren Städte beigefügt. Ich will nur mal unsere einzige Großstadt im Lande besonders betonen. Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock hatte vorher 42 Spielhallen und wird voraus- sichtlich danach nur noch zwei Spielhallen haben. Für eine Großstadt sind das wenige Spielhallen. Wir sind natürlich auch gegen alles, was die Spielsucht mindert. Es gibt aber auch etwas ganz Natürliches, nennen wir es Spiellust, und da sind natürlich zwei Spielhallen für so eine Stadt zu wenig. Das bedeutet für die betroffenen Betriebe eini- ges. Das werden sie Ihnen nachher sicher selbst noch erzählen. Das bedeutet vor allem aber für unsere Ordnungsbehörden, dass Sie dann die tatsächliche Ausübung der Spiellust, die mit einem Gesetzesstreich nicht abgeschafft werden kann, dann wo- anders ausüben, wahrscheinlich im Netz. Da kann man überhaupt nichts mehr kon- trollieren als Ordnungsbehörde. Insofern halten wir es für sinnvoll, ein wenig wieder zum Mittelmaß zurückzuführen, die Abstandsflächen zu verringern. 300 Meter könnte eine sinnvolle Entfernung sein, sodass dann vielleicht ungefähr die Hälfte der Spiel- hallen tatsächlich überlegen. Ich denke, das wäre eine Lösung, die vernünftig und nicht so radikal ist. Das hat für uns natürlich nicht nur Gründe aus dem Spielrecht, sondern hat auch fiskalische Gründe. Auch da haben wir Ihnen Beispiele gezeigt. Wenn es 75 Prozent Verringerung gibt aus Gewerbesteuer und aus Vergnügungssteuer, ist das

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natürlich auch etwas, was erst einmal zu denken gibt und was unseren Städten die Verpflichtung gibt, diese Einnahmen woanders zu holen oder eben auf Ausgaben zu verzichten. Das widerspricht auch wenigstens indirekt dem Gebot der Landesverfas- sung, wonach das Land die Gemeinden dabei fördern soll, neue Steuerquellen zu er- schließen. Hier werden jetzt die Steuerquellen nicht erschlossen, sie werden auch nicht ganz zugestopft, sie werden aber so zugedreht, dass dann nur noch Tröpfchen rauskommen. Und das, denke ich, ist auch problematisch und wir wollen das deswe- gen nicht als verfassungswidrig ansehen. Aber Sie sollten auch diesen Aspekt hier bedenken. Jetzt komme ich zu dem, was sozusagen neu ist in diesem Gesetz, das sind die Wettvermittlungsstellen und der Vollzugsaufwand, der auf unsere kommuna- len Ordnungsbehörden zukommt. Der ist hier in keinster Weise beziffert worden, das hat man auch gar nicht versucht. Ich gebe zu, das ist sehr schwierig bei einer neuen Aufgabe, aber das Konnexitätsprinzip gilt ja gerade für neue Aufgaben. Und dann muss man sich überlegen, wie kommt man dazu, dass diese neuen Ausgaben durch entsprechende Zuweisungen ausgeglichen werden. Wenn wir alle das zurzeit nicht beziffern können, hat es sich bewährt, eine Regel ins Gesetz aufzunehmen, dass zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal geguckt wird, wie sind tatsächlich die Mehrauf- wendungen und die müssen dann erstattet werden. Wir haben hier einen Formulie- rungsvorschlag gemacht fußend auf drei Jahre. Das können Sie natürlich abändern.

Aber wenn Sie eine ähnliche Formulierung aufnehmen, machen Sie dieses Gesetz verfassungsfest bezüglich des Konnexitätsprinzips. Denn das ist eine neue Aufgabe und hier steht nichts zur Kostenerstattung drin bis jetzt, Sie können es ja noch verbes- sern. Dann habe ich ein bisschen aus der Praxis noch einige Beispiele ausgeführt, dass die bisherigen Formulierungen den Vollzugsbehörden dann, wenn sie Wider- spruchsverfahren oder sogar Gerichtsverfahren zu bestehen haben, sehr viel Sorgen machen. Das sind sehr komplizierte Vorschläge. Wir haben eine Branche, die natürlich sich anwaltlich vertreten lässt und das dann auch versuchen durchzuklagen. Das ist ihr gutes Recht, das will ihnen auch niemand nehmen, aber es wäre natürlich schöner, wenn die Regelungen so klar sind, dass sowohl die betroffenen Gewerbebetriebe als auch die Praktiker in den Ordnungsbehörden damit besser umgehen können. Die Be- urteilung einer der gesetzlichen Formulierung, die Sie in diesem Hause beschlossen haben durch das Verwaltungsgericht Schwerin haben wir wortwörtlich ausgeführt. Das müsste eigentlich für den Gesetzgeber Anlass sein nachzubessern. Wir haben noch

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zwei, drei andere solche Stellen angefügt. Bitte machen Sie dieses Gesetz vollzugssi- cher, dass es dann auch vor den Verwaltungsgerichten besteht. Das ist unser Appell.

– Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Vors. Sebastian Ehlers: Vielen Dank, Herr Glaser. Als nächste Anzuhörende rufe ich auf von der Landesfachstelle Glücksspielsucht Mecklenburg-Vorpommern, Frau Birgit Grämke. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Birgit Grämke (Landesfachstelle Glücksspielsucht Mecklenburg-Vorpommern): Schö- nen guten Tag, liebe Abgeordnete! Ich fühle mich ein bisschen einsam, weil schon bei der Einladungsliste von den zehn Eingeladenen klar ist, dass acht eine andere Ansicht haben werden wie ich. Der Zweite, der meine Ansicht hat, Herr Hayer, ist aufgrund der Kurzfristigkeit war es ihm nicht möglich, heute eine Stellungnahme abzugeben. Und auch für mich war es schwierig, deswegen konnte ich Ihnen gestern auch erst die Stel- lungnahme schreiben und nicht im Vorfeld zeigen. Und auch jetzt wäre ich eigentlich Referentin bei einer Veranstaltung, das ich abgesagt habe, weil ich es wichtig finde, hier zu erscheinen. Ich will mich auch nur auf die kurzen Punkte beziehen, die uns wichtig sind. Wir verstehen nicht, warum es jetzt schon wieder Diskussionen gibt über die Abstandsregelungen, die wir auch im Glücksspielstaatsvertrag vorher drin hatten.

Wir befürworten die Abstandsregelungen, zumal das Bundesverfassungsgericht ein Urteil im März 2017 gesagt hat, dass es rechtmäßig ist und dass es auch förderlich ist für den Bereich der Suchtprävention. Diese Regelung gab es schon immer, die jetzt wieder zur Diskussion kommen. Ich möchte Ihnen zum Beispiel aus der Praxis geben, warum wir für Abstandsregelungen sprechen. Wir haben in Schwerin einen Süchtigen, der die Wittenburger Straße runtergeht. Er sieht auf der linken Seite eine Spielhalle, hat Suchtdruck, wird davon angezogen, will dort rein, die Spielhalle – es gibt auch wirklich vorbildliche Spielhallen – sagt nein, du bist hier gesperrt, du kommst hier nicht rein. Derjenige dreht sich um, sieht gegenüber beim Seiteneingang Schlossparkcenter die nächste Spielhalle, geht dort rein, dort kommt der trotz Sperrung rein. Original so passiert. Jetzt überlegen Sie mal, was passieren würde, wenn derjenige sich umdreht und sieht nicht sofort die nächste Spielhalle, sondern hat Zeit, darüber nachzudenken, warum habe ich mich hier eigentlich sperren lassen und hat Zeit zu überlegen, was habe ich vielleicht auch Tipps schon bekommen von der Suchtberatung, um mich run- terzufahren, anstatt gleich wieder den Gedanken zu haben, in die nächste Spielhalle

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zu gehen. Ich möchte Ihnen auch ein paar Zahlen sagen, dass also gerade das Auto- matenspiel in Spielhallen das Spiel ist, womit wir die meisten Probleme in der Sucht- beratung haben. Wir haben in 2017 379 Glücksspielsüchtige, davon 292 an Automaten in Spielhallen, 2018 395 Glücksspielsüchtige, 308 Automaten an Spielhallen, 2019 361 Glücksspielsüchtige, 261 Automatenspielhallen, vorläufige Zahlen von 2020 297 Glücksspielsüchtige, 244 Automaten an Spielhallen, obwohl es in 2020 schon eine Schließung der Spielhallen gab. Deswegen sind wir also ganz klar für die Abstandsre- gelung. Wir waren auch sehr froh, dass also das Ausführungsgesetz Mecklenburg- Vorpommern, als wir in der Verbandsanhörung waren, noch nicht die Übergangsrege- lung mit reingenommen hat für Mehrfachkonzessionen. Das ist erfreulich, dass wir also mit dem Referat 620 im Gesundheitsministerium ein wirklich gutes Fachreferat haben und mit dem Referat 200 im Innenministerium auch ein Referat haben, das nicht nur Gesetze anguckt, sondern durch Veranstaltungen, die wir gemeinsam gemacht haben, auch den Blick auf Sucht und Suchtprävention hat und deswegen im ersten Gesetz- entwurf diese Übergangsregelung nicht drin war. Was mich dabei etwas verwundert ist, wenn ich höre, es gibt 180 Glücksspielhallen in Mecklenburg-Vorpommern und die Zahlen, welche Arbeitsplätze wegfallen, habe ich unterschiedliche. In der SVZ habe ich gelesen am 21. April 2021, dass laut Spielhallenbetreiberin aus Groß Laasch es um 600 Arbeitsplätze geht, durch die IHK sind es 1.200 Arbeitsplätze. 1.200 Arbeits- plätze in 180 Spielhallen sind für mich zehn Arbeitsplätze pro Spielhalle. Das zweifele ich an. Ich möchte wissen, wenn wir von Arbeitsplätzen sprechen, möchte ich belast- bare Zahlen haben. Ich möchte wissen: Was sind das für Arbeitsplätze? Wie viele sind sozialversicherungspflichtig? Wie viele sind Minijobs? Wie viele machen über 65-Jäh- rige? Wie viele sind Studentenjobs? Weil bei der hohen Anzahl an Arbeitsplätzen muss ich von einer stundenweisen Beschäftigung ausgeben. Arbeitsplätze sind wichtig ohne Frage, aber auch die Regierung Mecklenburg-Vorpommern hat sich eigentlich ganz groß raufgeschrieben, dass wir gute Arbeitsplätze zu guten Bedingungen und gut be- zahlt in unserem Land schaffen wollen. Und wenn ich mir auf der Gegenseite angucke, welches Leid Glücksspielsucht verursacht, das ist nicht vergleichbar mit einer Alkohol- sucht, das ist nicht mal vergleichbar mit einer Kokainsucht. Ich will Ihnen auch da ein Beispiel nennen, damit Sie auch mal wissen, welche Schäden auf der anderen Seite sind: In Rostock in einer Suchtberatungsstelle sucht ein Mann nach langer, langer Zeit, weil Glücksspielsucht kann ich nicht – ich rieche es nicht, ich sehe es nicht – lange verschleiern, die Suchtberatungsstelle auf. Als er die Suchtberatungsstelle aufsucht,

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ist die Firma weg, das Haus ist weg, die Sparbücher der Kinder sind weg. Die Frau hat nur zum Ende etwas gemerkt und sie dachte, er hat eine Geliebte. Die Aussage der Frau in der Suchtberatung, als ihr dann alles erst einmal eröffnet wurde, was weg ist, war, ich weiß gar nicht, ob es mir lieber gewesen wäre, er hätte eine Geliebte, dann wäre vielleicht unsere Ehe ruiniert, jetzt stehen wir alle vor dem Ruin, unsere Familie, unsere Kinder, alle. An den Schulden zahlen die jahrelang ab. Das Vertrauen, selbst wenn eine Familie, eine Partnerschaft das aufrechterhalten will, die Glücksspieler ha- ben jahrelang gelogen und betrogen. Der Mann kommt einmal zu spät nach Hause oder die Frau, man überlegt, ist sie jetzt wieder in der Spielhalle. Also das sind die wirtschaftlichen Schäden, die wir auch auf der anderen Seite dazu uns anschauen müssen. Letztendlich geht es darum, sehr geehrte Damen und Herren, ja, wir wissen, dass mit dem Online-Glücksspiel wir sind nicht glücklich über das, was der neue Glücksspielstaatsvertrag macht. Das gibt neue Anreize, es gibt neue Herausforderun- gen in dem Bereich. Wir werden auch im Bereich Suchtprävention, Suchtberatung noch einmal ganz neue Konzepte schreiben müssen, weil Online-Glücksspiele und Sportwetten noch einmal ganz andere Typen sind. Das heißt, auch wir müssen da uns neuen Herausforderungen stellen. Wir sind auch gewollt, uns diesen Herausforderun- gen zu stellen. Aber Sie haben im Prinzip die Möglichkeit, uns in dem anderen Bereich nicht auch noch mal die Arbeit zu erschweren, indem Sie also die rechtlichen Möglich- keiten, die ein Glücksspielstaatsvertragsausführungsgesetz in Mecklenburg-Vorpom- mern leisten kann, diese auch zu nutzen und dass Sie den Mut haben, wie die Länder Berlin, Brandenburg und Hamburg, an den Abstandsregelungen festzuhalten und keine Übergangsregelungen zuzulassen. Also schon mit dem Ersten Staatsvertrag war klar, es gibt Abstandsregelungen. Da war ich dafür, es gibt Übergangsregelungen, weil es gab Spielhallen, darauf muss man sich erst einstellen. Jetzt haben wir das jahre- lang. Und ich möchte Sie einfach fragen, wenn Spielhallenbetreibern die Sicherung der Arbeitsplätze so wichtig ist, warum haben Sie in den letzten Jahren nicht gehan- delt, um neue Standorte für sich zu finden, die dem Gesetz entsprechen? Einige haben es gemacht. Warum wurde mit Klagen auf Zeit gespielt und gehofft, dass im neuen Ausführungsgesetz die Abstandsregelung rausgenommen und Mehrfachkonzessio- nen zugelassen werden? Das nenne ich Pokern, ein Glücksspiel, das man verlieren kann. Sie können entscheiden, ob die Ziele des Staatsvertrages das Entstehen von

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Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbe- kämpfung zu schaffen gewinnt oder ob der gewinnt, der den höchsten Preis beim Po- kern in diesem Spiel gesetzt hat. – Danke, meine Damen und Herren.

Vors. Sebastian Ehlers: Vielen Dank. Nächster Anzuhörender ist jetzt für die Deut- sche Automatenwirtschaft e. V., Herr Georg Stecker, der uns per Video zugeschaltet ist und jetzt das Wort erhält. – Bitte schön.

Georg Stecker (Deutsche Automatenwirtschaft e. V.): Sehr geehrter Herr Vorsitzen- der, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Erst einmal vielen Dank, dass wir die Gelegenheit haben, hier Stellung zu nehmen. Mein Name ist Georg Stecker, ich bin Vorstandssprecher des Dachverbandes Deutsche Automatenwirtschaft. Dahinter steckt die ganze legale Automatenbranche, von der Industrie über den Großhandel bis zu den Automatenaufstellunternehmen in Deutschland. Gemeinsam mit den staatli- chen Lotteriegesellschaften und den staatlichen Spielbanken gehören wir zu den klas- sischen legalen Anbietern am Markt. Uns ist bewusst, dass wir ein sensibles Produkt anbieten, vielen Menschen Freude bereiten, aber auch eben ein sensibles Produkt anbieten. Wir nehmen Spieler- und Jugendschutz sehr ernst und halten es für wichtig und richtig, wenn Menschen ihre Freude am Spiel dort ausleben können, wo sie eben geschützt spielen. Wir begrüßen den neuen Glücksspielstaatsvertrag deswegen, weil der gesamte Glücksspielmarkt erstmalig betrachtet wird. Das Online-Glücksspiel war bisher verboten, damit konnten wir gut leben, nur das Verbot wurde nicht exekutiert.

Ich bin jetzt seit sieben Jahren in dieser Branche, habe ständig gehört, das Online- Glücksspiel ist verboten, demnächst wird es mal vollzogen dieses Verbot, es ist nie geschehen. Insofern sind wir froh darüber, dass es jetzt reguliert wird und dass dann auch überwacht wird. Wir sind auch sehr froh darüber, dass eine zentrale Behörde der Länder in Sachsen-Anhalt geschaffen wird, die das überwacht, den gesamten Glücks- spielmarkt überwacht.

Vors. Sebastian Ehlers: Ich weiß jetzt nicht, ob uns jetzt noch jemand hört. Jetzt kommt gerade die Technik. Wir machen eine kurze Pause.

(Unterbrechung der Sitzung wegen Ausfall der Technik von 9:18 Uhr bis 9:23 Uhr)

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Vors. Sebastian Ehlers: Nichts ist so beständig wie die Lageänderung, habe ich bei der Bundeswehr gelernt. Ich hoffe, jetzt sind wir wieder zu hören und zu sehen. Herr Reinhardt nimmt den Daumen hoch, Herr Mucha auch, also passt das dann. Wir hatten gerade hier einen kleinen technischen Ausfall gehabt. Von daher bitte ich das zu ent- schuldigen. Herr Stecker, wir haben Sie jetzt unterbrochen. Ich hoffe, Sie finden jetzt den Punkt wieder, an dem Sie aufgehört haben. Sie haben jetzt das Wort. Wenn es jetzt Wiederholungen gibt, dann ist es auch in Ordnung.

Georg Stecker: Herr Vorsitzender, vielen Dank. Ich glaube, ich bin unterbrochen wor- den, als ich über die Legalisierung des Online-Spiels gesprochen habe. Wir begrüßen das insofern, dass das Online-Spiel reguliert wird, weil es eben jetzt erstmalig auch geregelt wird und auch im Vollzug über eine zentrale Behörde in Sachsen-Anhalt ge- plant ist. Die gilt es zu stärken, die ist unseres Erachtens noch nicht früh genug am Start und auch noch etwas zu schwach. Aber da ist der dringende Appell an die Länder und auch an das Land Mecklenburg-Vorpommern, diese zentrale Behörde zu stärken, damit der Glücksspielmarkt überwacht ist. Wir haben im neuen Staatsvertrag – und das ist für uns auch ganz wichtig – den Sperrdateianschluss, das heißt eine spielform- übergreifende Sperrdatei, niemand kommt in eine Spielhalle, ohne kontrolliert zu wer- den, ob er über 18 ist oder ob er gesperrt ist und das Ganze spielformübergreifend.

Das ist eine Forderung, die wir schon lange gestellt haben und unseres Erachtens der wirksamste Spieler- und Jugendschutz. Wir begrüßen den neuen Staatsvertrag auch, weil er erstmalig die Möglichkeit einer qualitativen Regulierung gibt. Der Glücksspiel- markt hat sich insgesamt sehr verändert. Wir müssen ihn gesamt betrachten. Das ist unsere Erfahrung, die wir haben. Wir können nicht einzelne Bereiche isoliert betrach- ten, weil es Menschen gibt, die gleichzeitig in der Spielhalle spielen und auch online unterwegs sind. Deswegen sind die Instrumente, die wir haben, neu zu überdenken.

Unseres Erachtens muss man viel stärker darauf sehen, was in der Spielhalle selbst passiert und wie der Schutz in der Spielhalle selbst ist, als zu schauen, ob sie jetzt zehn Meter näher oder zehn Meter weiter voneinander entfernt ist. Die Abstandsrege- lung, die schon damals, als sie eingeführt wurde, eigentlich auch nur eine Krücke war, um die Verfügbarkeit zu reduzieren, funktioniert in der heutigen Landschaft nicht mehr, weil die Menschen – und das wird uns auch berichtet – in den Spielhallen teilweise schon die Glücksspielangebote auf den Handys hochfahren und weiterspielen. Des- wegen ist diese Abstandsregelung wenig wirksam. Wir haben, abgesehen davon, so

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unterschiedliche Abstände in den Ländern. In Mecklenburg-Vorpommern sind es 500 Meter, in Niedersachsen 100 Meter, in Nordrhein-Westfalen 350 Meter. Kein Mensch kann erklären, warum es in Niedersachsen 100 Meter sind und in Mecklenburg-Vor- pommern 500 Meter. Wir sind der Meinung, dass man qualitative Elemente einbauen sollte. Das heißt konkret, die Verbundspielhallen dann verlängern sollte, diese Mög- lichkeit gibt es im Staatsvertrag, wenn sie hohe Anforderungen erfüllen im Bereich Spieler- und Jugendschutz. Das heißt, die Anforderungen bestehen zum Beispiel da- rin, dass ein Sachkundenachweis des Betreibers vorliegt. Wenn in einer Spielhalle et- was nicht in Ordnung ist, dann liegt es meistens daran, dass der Betreiber die Sache nicht ernst nimmt mit dem Spieler- und Jugendschutz. Im Moment ist es so, dass die Betreiber eine IHK-Schulung machen müssen ohne jede Prüfung. Das ist kein guter Umstand. Ich finde es richtig und gut, wer eine Verbundspielhalle weiterbetreiben soll, dass der eine Prüfung ablegen muss und zwar auch derjenige, der jetzt schon tätig ist.

Das Zweite ist eine besondere Schulung, das heißt eine Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Spielhallen, die über das weit hinausgeht im Bereich Spieler- und Jugendschutz, was bisher besteht. Da ist auch der Appell an die Experten auch im Bereich Sucht, dass sie sich da eben auch mit einbringen und Elemente auch vor- schlagen. Das Dritte ist die Zertifizierung. Die Zertifizierung ist ein großer Vorteil. Wir sind im Moment auf dem Weg zu einem DAkkS-Standard. Die DAkkS ist die Akkredi- tierungsstelle des Bundes und der Länder und dort wird es einen offiziellen Spielhal- lenstandard geben. Das ist auf dem Weg und das kann nicht mehr lange dauern. Dann haben wir einen Standard, nach dem geprüft werden kann. Das ist eine enorme Un- terstützung des Vollzugs, dass regelmäßig, auch überraschend geprüft wird in den Spielhallen durch Zertifizierungsorganisationen, die wiederum akkreditiert sein müs- sen bei derDAkkS, ob der Spieler- und Jugendschutz wirksam gelebt wird in der Spiel- halle. Diese Elemente sind genannt im Staatsvertrag, um eben eine Verbundspielhalle fortzuführen. Das können wir nur dringend dem Land Mecklenburg-Vorpommern emp- fehlen, übrigens wird es auch in anderen Ländern so gehandhabt, in zahlreichen Län- dern, umzusetzen. Ebenfalls wie in anderen Ländern empfehlen wir Ihnen bei den Ab- ständen, nicht die Abstände im Grundsatz anzutasten, sondern Entscheidungen zu treffen. Auch da gibt es Parallelen, dass derjenige, der diese Kriterien, die ich eben genannt habe, erfüllt und meinetwegen auch noch etwas darüber hinaus, dass der die Abstände unterschreiten darf. Das heißt, dass eine Spielhalle, die ein überdurch- schnittlichen Spieler- und Jugendschutz bietet, die Möglichkeit hat, diesen Abstand zu

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unterschreiten. Das würde eine gute Qualität bei den Spielhallen bringen in Sachen Spieler- und Jugendschutz. Sie hätten dann auch einen Antrieb für die Betreiber, das erheblich zu verbessern und gleichzeitig haben Sie auch Sicherheiten für die Spiel- gäste, weil sie dort eben besonders gut aufgehoben sind. Das Beispiel Berlin, das genannt wurde, ist unseres Erachtens ein ganz schlechtes Beispiel. Also wer sich das mal anschauen will, sollte sich das unbedingt ansehen. Inzwischen werden wir von der Senatsverwaltung für Inneres schon um Hilfe gerufen. Das ist richtig, dass die legalen Spielhallen hier zum allergrößten Teil abgebaut wurden. Aber wir haben ein illegales Angebot in Berlin, was mehr als das Zehnfache des Legalen ist inzwischen. Das kann Ihnen jeder bestätigen. Gehen Sie durch Neukölln, gehen Sie durch Moabit, gucken Sie sich in Wedding um, da ist alles voll mit illegalen Betrieben, zum Teil Kleinbetrieben und, und, und. Der Evaluierungsbericht zum letzten Staatsvertrag durch das Land Hes- sen hat eindeutig dokumentiert, dass eine Reduktion legaler Angebote unweigerlich zu einer Ausbreitung der Illegalität führt. Das sind kommunizierende Röhren. Davor kann ich Sie nur dringend warnen, auch zu meinen, dass man im ländlichen Raum dieser Gefahren nicht ausgesetzt ist. Herr Trümper vom Arbeitskreis gegen Spielsucht beweist das Gegenteil, auch in jüngsten Studien. Und ich kann Ihnen sagen, in Sach- sen ist auch heftigst reguliert worden, schauen Sie sich mal in Leipzig die Eisenbahn- straße an, da gibt es keine einzige legale Spielhalle mehr, da gibt es nur noch illegale Betriebe, die übrigens dann auch nicht mehr sich an die Regeln halten, natürlich kei- nen Spieler- und Jugendschutz bieten und darüber hinaus noch bei der Zahlung von Steuern sehr rückständig sind. Also wir sind offen für weitere Qualitätskriterien, auch beispielsweise was die Außengestaltung der Betriebe angeht. Auch da können wir uns vorstellen, dass da noch Auflagen unternommen werden. Wir sind nicht gegen Regu- lierung, sondern für Regulierung. Wir haben eine enorme, große Wertschätzung, auch ich ganz persönlich, für die Arbeit der Beratungsstellen, im Gegenteil, die müssten sogar noch gestärkt werden und auch finanziell gestärkt werden. Das ist ganz, ganz wichtig. Aber ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob die, die online unterwegs sind, ob die alle in den stationären Beratungsstellen landen. Es ist ein bedauerlicher Umstand. Ich wäre froh, sie würden da alle landen. Aber wir haben es jetzt erlebt im Lockdown, das heißt, wir erleben es immer noch. Sie kennen das alle, auch die Wer- bung aus Schleswig-Holstein, nur für Spiele aus Schleswig-Holstein, was da über die Bildschirme flimmert, was online flimmert, zum Teil mit unnatürlicher Werbung, das reizt an, online unterwegs zu sein, bundesweit, was eigentlich nur bedingt erlaubt ist,

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eigentlich verboten und trotzdem geschieht da nichts. Wir haben uns damals an die Landesmedienanstalten gewandt, als der erste Lockdown war, ich weiß, die Lotterie- gesellschaften haben das auch gemacht, um wenigstens die Werbung einzuschrän- ken. Also wir haben da große Bewegung in diese Richtung festgestellt und die sind auch belegbar. Deswegen glaube ich, dass man auf keinen Fall den Fehler machen darf, einen Glücksspielanbieter isoliert zu betrachten und mit Mitteln zu regulieren, die nicht mehr zeitgemäß sind. Wichtig ist eine Regulierung, gegen die wir uns auch nicht wehren, die aber an Qualität ansetzt und darauf schaut, was in der Spielhalle passiert.

Das ist unser Ansatz. Ich stehe natürlich gerne für Fragen zur Verfügung. Herr Rehr vom Landesverband, der mir folgt, wird sicherlich noch über die Folgen für die Unter- nehmen in Mecklenburg-Vorpommern sprechen. Eines kann ich nur noch einmal zu den Zahlen sagen: Frau Grämke, Sie haben gesagt, das sei unsicher. Mir liegen Zah- len vor, dass es 1.200 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gibt in den Spielhallen in Mecklenburg-Vorpommern und davon sind bedroht 600. Insofern sind die beiden Zahlen richtig und es handelt sich um Arbeitsplätze vorwiegend von Frauen. – Vielen Dank.

Vors. Sebastian Ehlers: Vielen Dank. Jetzt hat Wort für die IHK Neubrandenburg, Frau Heide Klopp, die uns zugeschaltet ist. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Heide Klopp (Industrie- und Handelskammer Neubrandenburg für das östliche Meck- lenburg-Vorpommern): Herzlichen Dank. Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr ge- ehrte Abgeordnete! Wir setzen uns als IHKs in Mecklenburg tatsächlich schon seit Bestehen dieser Abstandsregelung dafür ein, sie zu überdenken. Also die Zielstellung des Glücksspielstaatsvertrages, Sucht zu bekämpfen, ist völlig unstrittig. Ich glaube, da sind uns auch alle einig. Für uns ist es aber wichtig, eben auch ein legales, alter- natives Angebot zu bieten, damit eben die Spieler dieses im Zweifel in Anspruch neh- men. So verstehe ich übrigens auch den neuen Glücksspielstaatsvertrag, der im Fer- nen darum geht, das Online-Spiel zu regeln. Das ist in dem jetzigen Ausführungsge- setz noch nicht enthalten. Das steht auch in der Begründung drin, kommt später. Aber da sehen wir auch das Hauptproblem der Zukunft, nicht nur der Zukunft, auch schon in der Vergangenheit. Wir haben uns tatsächlich seit der Erstregulierung wohl jetzt ungefähr zehn Jahre und der späteren Änderung, als die Spielbanken dazu kamen,

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schon intensiv mit diesem Problem der Abstandsregelung auseinandergesetzt. Wich- tig für uns ist der Erhalt der bestehenden Bestandsspielhallen. Wir haben regelmäßig auch Erfahrungsaustausche hier vor Ort mit den Kommunen. Uns wurde nie signali- siert, dass es Probleme gab. Wenn es Probleme gab, wurden die relativ schnell beho- ben. Dies erst einmal vorweg. In unserer Stellungnahme haben wir uns im Wesentli- chen eigentlich auf zwei Punkte konzentriert. Da geht es einmal um die Abstandsre- gelung und zum anderen um die Neuregelung im Gebrauch machen von der Über- gangsregelung aus Paragraf 29 Absatz 4 aus dem Glücksspielstaatsvertrag. Insge- samt reden wir hier bei den Spielhallen über einen Bereich, der sehr stark reguliert ist.

Ich weiß nicht, wie weit das jeweils bekannt ist, also neben den üblichen Erfordernis- sen, Spielhallenbetreiber brauchen einmal eine Erlaubnis am Glücksspielstaatsver- trag, dann brauchen sie noch eine Erlaubnis nach der Bewerberordnung. Für sie gelten bestimmte Regulierungen, was jetzt die Spielhalle als solche betrifft. Sie dürfen grund- sätzlich nur ein Spielgerät auf zwölf Quadratmeter haben, insgesamt zwölf Geräte in einer Spielhalle. Also Spielhallen selbst haben schon immer sehr große Abstände. Das ist momentan auch eingehalten. Es gilt dort ein Alkoholverbot, es ist Zutritt erst ab 18 Jahren gestattet, die Spielhallen müssen ihr Personal regelmäßig schulen, sie müssen ein Sozialkonzept haben und es gibt eben auch das Unterrichtungsverfahren nach der Gewerbeordnung, was der jeweilige Gewerbetreibende dort zu absolvieren hat. Auch der Gewinn und Verlust ist inzwischen noch einmal weiter reguliert worden. Dafür gibt es auf Bundesebene die Spielverordnung, wo eben geregelt ist, wie die Spielhallen auszugestalten sind und dann gibt es seit November 2018 eine entsprechende tech- nische Richtlinie für Spielgeräte, die eben auch den Verlust entsprechend begrenzen, auch den Einsatz, um beispielsweise nach einer Stunde fünf Minuten Pause erlangen.

Also wir haben es insgesamt hier mit einem sehr stark regulierten Bereich zu tun. Jetzt noch einmal zu der Regelung mit den 500 Metern Luftlinie. Die bereiten den Kommu- nen in der Praxis erhebliche Probleme. Wir haben die Zahlen schon von Herrn Glaser gehört, was das für Auswirkungen gerade auf die größeren Kommunen hat. Spielhal- lenbetreiber, noch einmal zum Thema Zahlen, worüber reden wir da eigentlich. Wir haben eine kurze Analyse gemacht bezüglich der Unternehmen, welche Unternehmen betroffen sind. Ungefähr 30 Prozent unserer Spielhallen hier in Mecklenburg-Vorpom- mern sind entweder Einzelunternehmer oder werden in der Form einer GbR, einer Ge- sellschaft bürgerlichen Rechtes betrieben. Die anderen sind im Handelsregister einge- tragen, also sei es jetzt als GmbH, teilweise auch als OHG und wir haben auch viele

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Einzelkaufleute. Wir haben 2017, da lief die Übergangsregelung aus dem bisherigen Glücksspielstaatsvertrag ab, da wurde dann das Problem der Härtefallregelung akut, eine Umfrage gemacht hier in Neubrandenburg und in Rostock. Wir hatten immerhin 59 Antworten erhalten. Da hatten wir auch mal nach der Anzahl der Arbeitnehmer ge- fragt. Das waren aus den Antworten, die wir erhalten haben, ungefähr 540 Arbeitneh- mer und ungefähr knappe 500 davon sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Durchschnitt der Spielhallen hier, das sind 85 Prozent, haben zwischen fünf bis zehn Arbeitnehmer. Das heißt, wir reden hier wirklich über Kleinbetriebe, viele auch Fami- lienbetriebe, das werden wir noch hören. Wir haben natürlich einige wenige, die haben mehr Arbeitnehmer, deshalb, wie gesagt, ergibt sich so dieser Durchschnittsbetrag.

Aber von diesen Betroffenen hatten circa 18 Prozent einen Härtefallantrag gestellt, dass Sie eine ungefähre Vorstellung haben, wie gesagt, wie die Unternehmensstruktur hier aussieht. Es ist auch für die Spielhallenbetreiber nicht ohne Weiteres möglich aus- zuweichen auf andere Standorte. Erstens ist das natürlich mit erheblichen Investitio- nen verbunden, dann wiederum haben wir das Problem mit den 500 Metern. Die gelten nicht nur zu anderen Spielhallen, die gelten eben auch zu Schulen, sodass es gar nicht mehr so viele Standorte gibt, es sei denn, sie gehen ganz weit raus in den ländlichen Raum. Insofern sprechen wir uns noch einmal nachträglich dafür aus, diese starre Re- gelung zu überdenken. Wir haben jetzt erstmalig insofern eine Möglichkeit für die Kom- munen zu reagieren drin, dass sie auf lokale Gegebenheiten Rücksicht nehmen kön- nen. Das war auch in der Vergangenheit ein Problem, wie beispielsweise Rostock mit der Warnow. Ich habe das selbst mal von der Bahnschiene gehört. Da waren zwei Spielhallen rechts und links der Bahnschiene, um da rüberzukommen. Da mussten sie natürlich über den nächsten Übergang laufen, aber die Luftlinie war eben unterschrit- ten, also eine der beiden Spielhallen kann so nicht weiterbetrieben werden. Eine zweite Regulierung, für die wir uns ausdrücklich einsetzen, ist diese Öffnungsklausel. Meck- lenburg-Vorpommern hat jetzt vorgesehen, doch auch von einer Öffnungsklausel für Verbundspielhallen Gebrauch zu machen. Das betrifft nur Bestandsspielhallen. Also wir reden jetzt hier nicht über neue. Bestandsspielhallen können, wenn sie bestimmte qualitative Anforderungen erfüllen, auch weiter betrieben werden. Diese qualitativen Anforderungen hat Herr Stecker schon ganz kurz genannt. Eine davon ist die Sach- kundeprüfung. Wir hatten im vergangenen Jahr, wir sind jetzt die IHKs, hatten uns bundesweit verständigt, es gibt ja mehrere Bundesländer, die haben von vornherein gesagt, sie wollen von dieser Übergangsregelung Gebrauch machen, unter anderem

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Bayern, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen, NRW, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Hol- stein, und deshalb haben wir uns relativ frühzeitig verständigt und gesagt, wenn es dann so eine Sachkundeprüfung geben soll, dann soll sie möglichst bundeseinheitlich sein und nach einheitlichen Kriterien erfolgen. Dann haben wir auch relativ wenig Zeit, weil Inkrafttreten ist der 1. Juli, das heißt, ab dann muss sie auch angeboten werden.

Darauf hingehend haben die Kolleginnen und Kollegen einen entsprechenden Rah- menplan erarbeitet. Es geht darum, dass zu der bestehenden Unterrichtung, die eben sechs Unterrichtseinheiten umfasst, bei der geht es um Gewerbeordnung, Spielver- ordnung, Spielhallenrecht der Länder und Jugendschutz, die wird erweitert um zwei weitere Unterrichtseinheiten, einmal Prävention und Spielerschutz und einmal Daten- schutz und Aufzeichnungspflichten. Nach dieser erweiterten Unterrichtung wird dann eine Sachkundeprüfung abgenommen. Angedacht ist hier pro Themenfeld, wir haben insgesamt fünf Themenfelder, eine bestimmte Anzahl von Fragen und Antworten zu lösen und wenn die überwiegend, das heißt 50 Prozent, beantwortet wurden, dann, wie gesagt, kann die Sachkundeprüfung bestanden werden. Diese Prüfungsfragen wurden auch schon erarbeitet und zwar von Prüfern, die ohnehin schon im Bereich der Aus- und Weiterbildung tätig sind. Also da könnten wir dann auch gegebenenfalls re- agieren. Indes halten wir die vorgesehene Regelung von zwei Jahren, wie sie jetzt im Gesetzentwurf drinsteht, für zu kurz. Wir haben hier hohe qualitative Anforderungen und ich denke mal, wir machen hier noch einmal einen weiten Schritt nach vorne, was die Qualität unserer Spielhallen betrifft. Im Minimum sollte dann auch eine entspre- chende Befristung vorgesehen werden wie bei den anderen Erlaubnissen, das wären 15 Jahre, oder dieser neue Glücksspielstaatsvertrag ist unbefristet gültig, dass dann wenigstens angeknüpft wird, wann er erstmalig gekündigt werden kann. Aber zwei Jahre sind definitiv für diesen Aufwand zu wenig und es wird auch der Sache nicht gerecht, weil wir, wie gesagt, diesen Spielhallen, die sich diesem Prozedere unterzie- hen, auch ein wirklich hohes Niveau geben. Insgesamt zusammengefasst sprechen wir uns wirklich nachdrücklich dafür aus, unsere bestehenden Spielhallen, die sind gut überwacht, mit denen gibt es wenig Ärger, zu erhalten. Wir sehen wirklich die Konkur- renz im Internet, wir werden das erleben. Spielhallen haben seit sechs Monaten ge- schlossen, seit dem 2. November. Es ist zu befürchten, dass es erhebliche Ausweich- bewegungen gegeben hat. Ich weiß auch nicht, ob die jemals wieder zurückkehren.

Wir werden da natürlich auch ein Riesenproblem bekommen, das ist uns völlig klar,

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was jetzt Spielerschutz angeht, aber vor allen Dingen eben auch aus dem Onlinebe- reich. Können Sie selbst ausprobieren, geben Sie mal das Wort „Casino online“ ein und Sie werden mit Angeboten überhäuft. Wir haben hier auch ein riesiges Vollzugs- defizit, das ist uns auch klar. Und deshalb ist auch bisschen die Hoffnung, wenn aus- reichend legales, gut überwachtes Spiel angeboten wird, dass sich der Spieler dorthin wendet und eben nicht in die Illegalität. – Vielen Dank.

Vors. Sebastian Ehlers: Vielen Dank. Jetzt rufe ich auf für den Verband der Automa- tenkaufleute Berlin und Ostdeutschland e. V., Herrn Steffen Rehr, der hier im Plenar- saal bei uns zu Gast ist. – Bitte schön.

Steffen Rehr (Verband der Automatenkaufleute Berlin und Ostdeutschland e. V.):

Herzlichen Dank. Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich möchte mich dafür bedanken, dass ich heute zum geplanten Ausführungsgesetz Stellung beziehen darf. Die Augen all unserer Mitgliedsunterneh- men und deren Beschäftigten sind derzeit auf Schwerin gerichtet, denn sie wissen, dass hier über ihr Schicksal entschieden wird. Zu Beginn möchte ich mich Ihnen kurz vorstellen. Mein Name ist Steffen Rehr, ich arbeite seit 24 Jahren in dem Betrieb, den meine Eltern nach der Wende in der Nähe von Ludwigslust gegründet haben. Neben meinen Eltern und meiner Schwester arbeiten bei uns 60 langjährige Mitarbeiter. Eh- renamtlich bin ich seit fünf Jahren im Vorstand unseres Verbandes tätig. Die Ge- schichte unseres Betriebes ist typisch für Mecklenburg-Vorpommern, denn hier betrei- ben fast ausschließlich, wie wir schon gehört haben, regional ansässige klein- und mittelständische Betriebe Spielhallen. An 180 Standorten sind etwa 1.200 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 65 Prozent Frauen. Im Schnitt sind das 6,6 Personen pro Standort, ich habe es gerade mal ausgerechnet, das wären dann vier Servicekräfte, drei in Schichten, eine Ersatzkraft, ein Techniker und die Verwaltung in der Zentrale. Aufgrund der restriktiven Regelungen des aktuellen Ausführungsgeset- zes musste unser Betrieb bereits drei Filialen schließen. Wer schon einmal langjähri- gen Mitarbeitern kündigen musste, kann nachvollziehen, wie bitter das ist. Von den 13 verbleibenden Standorten sind 12 noch immer wegen Unterschreitung von Mindestab- ständen und von Schließung bedroht. Zum Teil fehlen nur zwei, drei Meter, wie es bei uns in Güstrow der Fall ist. Das belastet uns und unsere Mitarbeiter sehr. Im gesamten Bundesland sieht es nicht viel besser aus. Hier sind etwa 60 Prozent der Standorte in

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ihrer Existenz bedroht. Die detaillierten Zahlen kann ich gerne nachliefern. Bei einer Betriebsschließung geht damit ein Verlust von etwa 600 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen einher. Die Betriebe haben im Jahr vor der Corona-Krise, wie Herr Gla- ser bereits erwähnt hat, auch viele Steuern im Land gezahlt: 9 Millionen Euro an Ver- gnügungssteuern, hinzukamen etwa 15 Millionen Euro aus Gewerbesteuer und dem Landesanteil der Umsatzsteuer. Nur diese drei Steuerarten bedeuten mehr als 24 Mil- lionen Euro Einnahmen für die öffentliche Hand. Ohne eine Anpassung der Abstands- regelung für Bestandsbetriebe steuern die meisten auf eine Katastrophe zu, denn sie müssen wissen, man kann mit einer Spielhalle nicht einfach umziehen. Die Betriebs- erlaubnis ist von vielen Dingen abhängig. So sind Spielhallen baurechtlich grundsätz- lich nur in Kerngebieten genehmigungsfähig und diese sind im Allgemeinen identisch mit der Innenstadt. Weil sich die meisten der über 400 Schulen in den Innenstädten befinden, findet man unter Berücksichtigung eines 500-Meter-Radius keine freien Ge- werbeflächen, die sich für den Betrieb einer Spielhalle eignen. Dies belegt auch eine Umfrage unseres Verbandes. Gründe, warum bisher keine Ausweichstandorte eröffnet wurden, waren zu 75 Prozent die Mindestabstände, 65 Prozent wegen baurechtlicher Hindernisse, der Bebauungsplan sieht es zum Beispiel gar nicht vor, 40 Prozent gaben an, dass es zwar rechtlich möglich sei, aber wirtschaftlich nicht zu betreiben ist, bei- spielsweise wenn die Flächen auf kleinen Dörfern sind, wo kaum Menschen wohnen, und 25 Prozent können sich die hohen Investitionen eines Neubaus schlichtweg nicht leisten. Das Problem der Flächenknappheit stand ursprünglich auch der Neuansied- lung der Spielbanken im Wege. Deshalb wurden sie 2013 aus den Abstandsregelun- gen komplett herausgenommen. Soweit so gut. Wir wissen, dass auch die Spielbanken einen hervorragenden Jugendschutz betreiben. Dennoch verwundert es, denn das Bundesverfassungsgericht hatte festgestellt, dass die Länder mit ihren Regelungen dafür Sorge zu tragen haben, dass die Reduzierung der Spielhallen nicht durch eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und Ausweitung des Automatenspiels konterkariert werde. Aber genau das geschah hier in Mecklenburg-Vorpommern. Nun kommen auch noch die virtuellen Automaten aus den Online-Casinos hinzu. Auch für sie gelten naturgemäß keine zahlenmäßigen Beschränkungen oder Abstände. Für un- sere Betriebe stellt sich die derzeitige Situation folgendermaßen dar: Andere Anbieter des Glücksspielmarktes sind privilegiert und können ihr Angebot zu Lasten unserer lokal verwurzelten Unternehmen ausbauen. Unsere Rechte bleiben auf der Strecke:

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dem Grundrecht der freien Berufswahl, dem Schutz des Eigentums oder der Nieder- lassungsfreiheit. Wir wünschen uns kohärente Regelungen der legalen Anbieter. Des- halb raten wir dringend dazu, von den derzeitigen Mindestabständen Abstand zu neh- men und im Ausführungsgesetz einen qualitativen Regelungsansatz zu finden. Wie Herr Stecker bereits detailliert ausgeführt hat, ermöglicht die Öffnungsklausel des neuen Glücksspielstaatsvertrages genau dies. Auch wir als Anbieter wollen die Spreu vom Weizen trennen. Ich möchte nicht in einen Topf geworfen werden mit Leuten, die ihr Geschäft nicht ordnungsgemäß betreiben. Die Vorteile der qualitätssteigernden Maßnahmen liegen auf der Hand: Durch einen qualifizierten Berufszugang mit Sach- kundeprüfung und Prüfungsnachweis wird sichergestellt, dass der Betreiber die Re- geln zum Spieler- und Jugendschutz kennt, versteht und auch umsetzen kann. Ich finde es auch gut, wenn die weiterführenden Schulungen von der Landeskoordinie- rungsstelle Sucht durchgeführt werden, denn ich halte einen direkten Informationsaus- tausch zwischen den Servicemitarbeiterinnen und der Suchthilfe für sehr sinnvoll. Sie können zwischen all den unproblematischen Gästen, das ist nämlich die überwiegende Mehrheit, diejenigen, die gefährdet sind, schnell identifizieren und zum Hilfesystem vermitteln. Als dritte Säule der zusätzlichen Maßnahmen, wurde die Zertifizierung ge- nannt. Neben den Schulungen des Personals und der Unternehmer untersucht ein akkreditierter Zertifizierer regelmäßig die Organisation und Abläufe der Spielhalle.

Schwachstellen werden dabei gnadenlos aufgedeckt. Die regelmäßige Wiederholung der Zertifizierung mit Testkäufen und einer hohen Kontrolldichte sorgen für einen gleichbleibend hohen Spielerschutz, garantiert Einhaltung des Jugend- und Verbrau- cherschutzes und entlastet so den Vollzug. Findet jedoch keine Anpassung der Rege- lungen statt, so werden viele Betriebe geschlossen werden, die sich seit Jahren rechtstreu verhalten haben und wir haben bald Berliner Verhältnisse. Das kann nicht gewollt sein. Damit wäre das Gegenteil von dem erreicht, was der Gesetzgeber be- zwecken wollte. Denn nach Paragraf 1 des Glücksspielstaatsvertrages hat der Staat dafür Sorge zu tragen, dass der Spieler- und Jugendschutz sichergestellt wird und ein ausreichendes legales Angebot existiert, um das Spiel in geordnete Bahnen zu lenken.

Das zentrale Element aller Regelungen ist die Sorge um den Menschen. Die teilen wir auch. Diese Regelungen wurden getroffen, um sicherzustellen, dass Jugendliche nicht am Glücksspiel teilnehmen können beziehungsweise die Spieler und Spielerinnen vor unverhältnismäßig hohen Spielverlusten zu schützen. Was viele nicht wissen, seit Jah- ren sind es unsere Betriebe, die eine Vorreiterrolle im Glücksspielmarkt beim Spieler-

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und Jugendschutz haben. Denn viele technische und organisatorische Maßnahmen werden in unseren Betrieben geleistet. Ich möchte das an einem praktischen Beispiel erklären: Die Spielverordnung sieht vor, dass ein Spielgerät vor dem Geldeinsatz frei- geschaltet werden muss. Bevor eine Person aber einen Freischaltcode erhält, muss sie sich ausweisen. Nun wird der Ausweis elektronisch ausgelesen. Dabei wird sowohl das Alter als auch ein möglicher Eintrag in der Spielersperrdatei geprüft. Minderjährige oder gesperrte Personen erhalten selbstverständlich keine Freigabe und werden ab- gewiesen. Erst nach Eingabe des Freischaltcodes nimmt das Gerät überhaupt Geld an. Jeder Gast erhält nur einen Code. So wird das gleichzeitige Bespielen mehrerer Geräte wirksam unterbunden. Ob diese Geräte in den Spielhallen rechtskonform sind, wird regelmäßig von TÜV-Prüfern und den Gewerbeämtern überprüft. Viele Unterneh- men in Mecklenburg-Vorpommern bieten bereits seit Jahren eine lokale, freiwillige Spielersperre an. Frau Grämke erwähnte das bereits. Unsere Erfahrungen zeigen aber auch, dass dieses Instrument von den Gästen, die ein problematisches Verhalten bei sich feststellen, gerne angenommen wird. Deshalb begrüßen wir die Einführung der deutschlandweiten Spielersperre. Wir hatten bei uns in den Standorten im Schnitt zehn freiwillige Spielersperren. Unsere Gäste wissen es zu schätzen, in einem sicheren Um- feld mit sozialer Kontrolle und klaren Regeln zu spielen. Viele haben mir von ihren negativen Erfahrungen bei anderen Glücksspielangeboten berichtet und sie besuchen Spielhallen ganz bewusst, weil unsere Betriebe durch organisatorische und technische Maßnahmen den höchsten Verbraucherschutz sicherstellen und im Vergleich mit den anderen Anbietern die möglichen Einsätze und Verluste am geringsten sind. Bitte be- denken Sie bei Ihrer Entscheidung zu dem Landesgesetz, dass mit abgestuften Min- destabständen das terrestrische Spiel nicht weiter ausgebaut wird. Lediglich Betriebe, die auf ihre ursprünglich unbefristete Betriebserlaubnis vertraut haben, kann ein Wei- terbetrieb ermöglicht werden. Deshalb möchte Sie bitten, setzen Sie sich im Sinne einer kohärenten Regelung, dem Erhalt von Betrieben und Arbeitsplätzen vor Ort für eine dauerhafte Lösung, sehr gerne mit qualitativen Elementen, ein. Wenn Sie möch- ten, lasse ich Ihnen gerne meinen Vortrag oder weiterführende Informationen mit Quel- lenangeben zukommen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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Vors. Sebastian Ehlers: Vielen Dank. Als Nächster hat das Wort jetzt für die Tollense- Automaten-GmbH, Herr Bernd Werner, der ebenfalls heute hier bei uns im Landtag ist.

– Bitte schön.

Bernd Werner (Tollense-Automaten-GmbH): Schönen guten Tag, sehr verehrter Herr Vorsitzender, liebe Abgeordnete! Ich bin heute hier als ein Unternehmer, der seit drei- ßig Jahren in Mecklenburg-Vorpommern ansässig ist und hier mittlerweile 27 Stand- orte mit 43 Konzessionen führt. Wir haben 135 Mitarbeiter. Ich muss auch dazu sagen, ich bin sehr nervös, es ist das erste Mal hier und ich bitte um Verständnis. Es lastet ein großer Druck. Ich kann mir vorstellen, dass 135 Mitarbeiter, wenn es live übertra- gen wird, sich das jetzt angucken und ihre Familien auch, die sind nämlich alle betrof- fen. Da ich seit dreißig Jahren hier tätig bin, kenne ich viele auch persönlich, die meis- ten sind über zehn bis fünfzehn Jahre bei uns im Betrieb, dann kennt man auch die Familien. Die fragen mich natürlich, wie geht es weiter, Herr Werner, wie geht es wei- ter, was können Sie machen. Um die Größenordnung noch ein bisschen konkreter darzustellen, es sind ungefähr 500 Familienmitglieder betroffen, alleine in unseren Be- trieb. Das will ich mal vorneweg sagen und das macht mich auch sehr betroffen, dass man das einfach mal so beerdigen möchte. Viele Sachen wurden heute schon ge- nannt. Deswegen versuche ich, einige Sachen wegzulassen. Ich hatte auch eine lange Rede vorbereitet, werde hier ein bisschen frei sprechen, um die wichtigsten Sachen, die mir wichtig sind, Ihnen mitzuteilen. Wir haben nach der normalen Gesetzeslage ab 1. Juli 86 Prozent unserer Standorte geschlossen. Das heißt, bei uns trifft es noch ein bisschen stärker als der Durchschnitt. Das heißt, im umgekehrten Fall bleiben von 43 Konzessionen 7 übrig und von 135 Arbeitsplätzen bleiben 28 übrig. 107 Leute werde ich dieses Jahr entlassen müssen, was mir also sehr schwer fällt, muss ich ehrlich gestehen. Was bleibt denn eigentlich übrig in solchen Betrieben, wie wir es führen?

Wir haben also einen relativ großen Wasserkopf für Mecklenburger Verhältnisse. Das heißt, wir leisten uns fünf Techniker, wir haben zwei eigene Hausmeister, wir haben zwölf Firmenfahrzeuge, die die Techniker/Hausmeister versorgen. Da hängt ein ziem- lich großer Luxus dran. Wir investieren jede Menge Geld in den Spielerschutz oder in sonstige Regelungen, die so langsam in den letzten fünfzehn Jahren gewachsen sind.

All diese Gelder müssen ja irgendwo verdient werden. Das heißt, wenn in meinem Betrieb sieben Standorte übrig bleiben am Rande der Gesellschaft, sprich in kleinen Orten, wie Angermünde, in Brandenburg zum Beispiel oder Tessin in der Nähe von

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Rostock, Friedland, Woldegk, das sind die Orte, die übrig bleiben. Also die Standorte in Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Greifswald, Stralsund die machen dicht, weil wir dort gar keine Möglichkeit haben, irgendwie auszuweichen. Ich habe einen Ver- gleich abgeschlossen in der Stadt Güstrow. In dieser Stadt Güstrow ist es mir nicht gelungen, einen neuen Standort zu finden. Es gibt fünf grüne Flecken, fünf, da gibt es aber nicht unbedingt Gewerbeobjekte oder irgendwelche Möglichkeiten. Ich habe mir alle fünf Regionen angeguckt, ich habe um Hilfe gebeten in der Stadt. Es gibt keine Möglichkeit. Wir schließen einfach. Dann kommen wir noch einmal zum Spielerschutz.

Also zu den Steuereinnahmen/-wegfall da möchte ich heute gar nichts mehr sagen.

Das ist eine enorme Belastung. Kleinere Orte, wo wir durch die Kleine, durch die Nähe, durch dreißig Jahre, da kennt man sich und da wurden wir natürlich auch angespro- chen, was können wir machen, dass wir euch halten können. Was fällt euch ein und so weiter? Also da sind viele Überlegungen. Auch diese Menschen sind betroffen. Da sind wir in kleinen, in ganz kleinen Orten, die 5.000 bis 10.000 Einwohner haben, ge- hören wir wahrscheinlich zu den führenden Steuerzahlern. Das darf man nicht ganz unterschätzen. Kommen wir mal zu dem eigentlichen Thema und Problem, das ist der Spielerschutz, der Jugend- und Spielerschutz, der gestärkt werden soll durch das neue Gesetz und das ist, glaube ich, auch das Hauptthema. Dazu habe ich Ihnen eine Ver- gleichstabelle zugeschickt. Da können Sie die Fakten ablesen, wie die Einsätze in den verschiedenen Spielangeboten, ich habe da mal Online-Glücksspiel, Casino und ge- werbliche Spielstätte verglichen. Da werden Sie dann sehen, dass Sie in einem staat- lichen Casino 36.000 Euro in einer Stunde an einem Gerät einsetzen können, im On- line-Spiel können Sie 720 Euro die Stunde einsetzen und in der gewerblichen Spiel- halle, die so gefährlich ist, 60 Euro die Stunde maximal. Durchschnittlich werden 13 Euro verspielt. In den anderen Angeboten kann man durchschnittlich sicherlich auch wenig verspielen, das ist ganz klar. Aber man hat natürlich die Chance, wenn man sich mal unwohl fühlt oder eine schlechte Nacht gehabt, wie auch immer oder welche Prob- leme Menschen so haben können, dass man dann Haus und Hof auch einsetzen kann.

Das geht dort. Dann haben wir das Thema Alkohol, was das Spielen etwas erleichtert, ist im Casino erlaubt, im Online-Glücksspiel nicht verboten und auch nicht zu regulie- ren, also demzufolge erlaubt. In gewerblichen Spielhallen ist es schon, so lange wie ich dabei bin dreißig Jahre, verboten. Und das ist auch gut so. Dann haben wir die Begrenzung der Geräte. Dort haben wir 45 bis 60 Geräte circa im Casino und im On- line-Glücksspiel haben wir sicherlich mit der neuen Regulierung ein Angebot von – ich

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habe gehört – vier Produkten, aber man darf nicht unterschätzen, man kann natürlich mit mehreren Accounts spielen. In der Spielstätte haben wir zwölf Geräte, wovon dann eins gespielt werden kann. Dann haben wir das Thema Werbung. Das ist in staatlichen Casinos und in Spielstätten verboten, wird aber bei staatlichen Casinos – muss ich hier mal ansprechen – in jeder Stadt mit großen Plakaten geduldet. Das Ordnungsamt fühlt sich nicht zuständig, ist es wahrscheinlich auch nicht. Bei uns in unseren gewerb- lichen Spielhallen ist es eindeutig verboten. Im Online-Glücksspiel, kennt jeder, hyper, hyper oder andere Schlagwörter und mehr muss ich dazu, glaube ich, nicht sagen, das ist an jeder Ecke zu sehen. Dann haben wir die Mindestabstandsregeln, die verwun- dern auch mich sehr, dass wir zwischen 80 Metern, ich kann also noch einen draufset- zen in Hamburg, weil Sie das Thema Hamburg angesprochen hatten, kann ich erst mal sagen, dass wir auf der Reeperbahn einen Abstand von 80 Metern haben. Den wünsche ich mir auch in Mecklenburg-Vorpommern. Ich werde ihn nicht bekommen, weiß ich, aber man muss es wenigstens mal sagen, dass es das auch gibt. Warum es jetzt auf der einen Seite 80 Meter, auf der anderen Seite 500 Meter oder 100 sind, das haben wir nie verstanden, warum die Menschen an verschiedenen Orten unterschied- lich reguliert werden müssen, warum Wettannahmestellen generell 200 Meter haben, in Mecklenburg-Vorpommern ist es so jedenfalls geplant, und für Spielstätten sollen 500 Meter gelten. Warum erregt mich dieses Thema so? Diese 500 Meter, ich weiß nicht, ob man das vorher bedacht hat, die führen dazu, dass in großen Städten, da kann ich mehrere nennen, Rostock war ein Beispiel, bleiben zwei übrig, Neubranden- burg bleiben drei übrig, in Greifswald, Stralsund und so weiter sieht die Situation ei- gentlich ähnlich aus. Und wo bleiben sie übrig? Am Rande der Stadt, weil in der Innen- stadt findet man gar keine Möglichkeit. Es ist immer irgendeine Schule oder ein Ju- gendzentrum im Weg. Ich glaube, dass es nicht sinnvoll ist, den Jugendschutz und Spielerschutz, das bestgeschützte Spiel, was wir jetzt schon haben, das ist vielen gar nicht bewusst, also das, was da jetzt noch online auf uns zurollt, das ist eine ganz andere Nummer von den Einsätzen und so weiter. Spielgäste, die mich besucht haben nach dem ersten Lockdown, die haben mich angesprochen, ich habe die begrüßt, habe gesagt, na hallo, Mensch, wir haben uns lange nicht gesehen, ja, ich bin jetzt immer online unterwegs. Ja, aha, war ich natürlich erst einmal ein bisschen bedeppert, ist ganz klar, weil es ist irgendwo auch Konkurrenz. Aber bist ja trotzdem jetzt hier. Ja, ich will nur mal kurz gucken, bei dir ist ja eh nur Micky Maus. Ich kann ja nur zehn Euro reinstecken, mehr kann ich ja nicht, dann muss ich warten, dann bucht das Gerät, dann

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dauert das zwei Minuten, ehe das Gerät da mal zwei Euro rübergebucht hat, und dann kann ich diese zwei Euro in Zehn-Cent- Schritten, Zwanzig-Cent-Schritten einsetzen, ansonsten muss ich wieder warten. Das heißt, wir haben in den letzten fünfzehn Jah- ren aus Spielerschutzgründen unsere Geräte enorm nach unten reguliert. Das haben viele Menschen gar nicht mitbekommen. Gleichzeitig wird streng durchgesetzt, dass wir jetzt die Ein-Platz-Spiellösung haben, also das heißt, wir dürfen nur noch ein einzi- ges Gerät spielen lassen und nach sechzig Minuten gibt es eine Fünf-Minuten-Pause zum Nachdenken, ob weitere Einsätze sinnvoll wären. Und nach drei Stunden – und das wissen hier wahrscheinlich auch viele nicht – nach drei Stunden fährt das Gerät generell auf Nullstellung runter, das heißt, das Spiel wird automatisiert von dem Gerät beendet. Alle angesparten Gewinne oder Einsätze, die noch drauf sind auf dem Gerät, werden zwangsmäßig ausgezahlt und das Gerät geht fünfzehn Minuten in eine Null- stellung und Ruhephase. Der Gast muss sich vorher entscheiden, ob er seinen Gewinn jetzt mal mitnehmen möchte, also er sieht die Uhr laufen und er weiß, nach drei Stun- den ist auch Schluss. Das muss man mal sagen. Das heißt, ich will damit zum Aus- druck bringen, dass wir sehr, sehr viel getan haben. Da gibt es noch etliche Beispiele mehr, was Herr Rehr schon gesagt hat, die Zugangskontrolle und die zentrale Sperr- datei, das halte ich für eines der wichtigsten Elemente. Frau Grämke hatte bemängelt, dass der Gast von einer gesperrten Spielhalle abgewiesen wird und in die nächste gesperrte Spielhalle reinfallen kann oder die Aufsicht gerade neu in der Halle war, oder das nicht bemerkt hat, oder ihre tausend Listen, die wir jetzt aktuell noch führen, um das abgleichen zu können, dass das dann mal in einem Fall nicht geklappt hat. Das wird in Zukunft gar nicht mehr passieren können. Wir werden uns also mit dem OASIS- System deutschlandweit vernetzen. Das ist schon für diesen Sommer geplant. Ob es jetzt gelingt, an uns wird es nicht liegen. Wir sind also vorbereitet zum Sommer. Wir haben die technischen Voraussetzungen schon als Angebot bei mir auf dem Schreib- tisch zu liegen. Das heißt, in den nächsten zwei Wochen wird da ein Auftrag geschaltet.

Dann wird es auch zum 1. Juli verfügbar sein in unseren Betrieben. Dann liegt es an OASIS selbst, wann wir angedockt werden. Da wird natürlich eine Flut kommen. Wenn deutschlandweit 5.000, 7.000 oder 8.000 Betriebe sich dort andocken wollen, dann kann ich mir vorstellen, wird es vielleicht auch ein, zwei, drei Monate dauern, ehe alle integriert sind, aber es wird kommen. Ich muss das unbedingt begrüßen, weil unsere Erfahrung hat auch gezeigt, dass ein Gast, wenn er sich freiwillig oder durch Mitmen- schen, oder durch Hilfestationen gesperrt wird, auch durch unsere Betriebe, weil wir

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es vielleicht erkennen, dass er ein echtes Problem hat, dass er dann wirklich flächen- deckend geschützt sein muss. Das ist sehr, sehr wichtig. Dazu möchte ich noch ab- schließend zu diesem Thema sagen, dass wir das unbedingt in der Mitte der Gesell- schaft behalten müssen. Es ist ein völlig falscher Ansatz, ich sehe nichts, ich höre nichts, ich verbiete mal und lobe es weg das Problem. Das ist ein völlig falscher Ansatz.

Also ist seit hundert Jahren bekannt, gucken Sie nach Amerika, vor hundert Jahren Alkohol war verboten, die haben getrunken so viel wie nie zuvor. Und genau dasselbe, genau dasselbe passiert, wenn Sie denken, dass Sie die Probleme einfach beerdigen können. Jeder in diesem Raum, der von unserer Branche wenig Ahnung hat, wird sich die Frage stellen, wie konnte die Regierung denn das Online-Glücksspiel, also die Bundesregierung, wie konnten die dann das Online-Glücksspiel denn überhaupt noch zulassen. Da gibt es natürlich auch Zahlen. Ich will Ihnen nur zwei Beispiele nennen:

Wir haben es jahrelang verboten in Deutschland, es war illegal, trotzdem wurden schon 75 Prozent Umsatz in Deutschland mit illegalen Online-Glücksspielen erzielt, wie mit dem gesamten legalen terrestrischen Spielangebot. Zahl 2018: 4 Milliarden Euro, deut- sche Euros, schön nach Malta, die zahlen keine Steuern, die zahlen keine Arbeits- plätze, die schaffen keinen sozialen Mehrwert, nichts. Das sind die Fakten. Und man kann natürlich weiter sagen, wir verbieten. Aber was wollen Sie machen? Wollen Sie 4 Millionen Kunden einsperren? Geht auch nicht. Also man muss es legalisieren, der Markt verschwindet nicht einfach, man muss es legalisieren, man muss es ordentlich regulieren, das ist ganz wichtig, gestalten, das ist auch der Auftrag. Gucken Sie im Glücksspielstaatsvertrag nach, da steht es genau drin, dass man das Spiel im Prinzip ausreichend zur Verfügung stellen muss, dass es in der Mitte der Gesellschaft vorhan- den sein muss und es muss gut kontrolliert überwacht sein. Da müssen viele neue Strukturen entstehen. Da bin ich bei Frau Grämke, da muss auch Geld investiert wer- den. Das ist ganz klar. Aber nur so kann man gelenkt geführt vernünftig gestalten. Und mich wundert, dass Sie jetzt auf die Idee kommen oder in dem jetzigen Zeitalter, wo doch so viel durch Internet möglich ist. Das wäre die einzige Lösung, die wir zu bieten haben, ist Abschaffen, Wegbrechen. Ich kann Ihnen sagen, ich bin dreißig Jahre dabei, ich habe diese Phase, die wir jetzt in Berlin erleben, die habe ich in den neunziger Jahren schon mal erlebt. Ich bin in diesem Markt nicht hingegangen, weil mir das zu stressig war. Ich habe keine Lust gehabt, mit illegalem Glücksspiel und mit Russen- mafia und sonst was mich anzulegen. Hier in Mecklenburg, seien Sie froh, da sind wir alles noch vernünftige deutsche Kaufleute, der Markt funktioniert. Entziehen Sie das

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Ganze, dann holen Sie natürlich die anderen Leute in den Markt rein, ist ganz klar.

Das ist eine ganz normale Reaktion. Wer möchte, kann einen Tag mit mir durch Berlin fahren, ich zeige Ihnen 100 illegale Spielhallen, 100 und zwar in einer Straße.

Vors. Sebastian Ehlers: Herr Werner, ich bitte Sie jetzt, zum Ende zu kommen mit Blick auf die Zeit.

Bernd Werner: Jawoll, gut.

Vors. Sebastian Ehlers: Gut, wenn Sie noch einen Abschlusssatz haben, können Sie den machen.

Bernd Werner: Jawoll, mach ich. Also dann breche ich jetzt mal ab.

Vors. Sebastian Ehlers: Es gibt ja noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Okay, herzlichen Dank. Dann rufe ich jetzt auf als Letzten hier in der Runde von der TU Dres- den Herrn Prof. Dr. Gerhard Bühringer, der uns ebenfalls per Video zugeschaltet ist.

Guten Morgen nach Dresden, und Sie haben jetzt das Wort. – Bitte schön.

Prof. Dr. Gerhard Bühringer (Technische Universität Dresden): Guten Morgen, nicht nach Dresden, die Universität ist zu und gesperrt, ich lebe in München und grüße Sie aus München.

Vors. Sebastian Ehlers: Auch schön, wunderbar, dann herzliche Grüße in den schö- nen Freistaat Bayern.

Prof. Dr. Gerhard Bühringer: Große Distanz. Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Einladung. Ich habe eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Ich will nur ein paar zentrale Punkte herausgreifen. Vorweg, ich glaube, allen ist klar, dass so ein Glücksspielstaatsvertrag eine Gratwanderung ist und eine Herausforderung. Es gibt extrem viele Interessen. Es gibt die Spieler, die mit Glücks- spiel umgehen können, die möchten möglichst viele Freiheiten haben. Wir haben die Aufgabe, die damit nicht umgehen können, zu schützen. Die Länder und Gemeinden

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möchten auch möglichst viel Geld einnehmen. Das ist in den Haushalten auch einge- preist. Die Wohlfahrtsverbände bekommen viele Zuschüsse, zum Beispiel vom Lotto.

Also alle gehen mit dem Geld um, was da auch gebunden wird. Es ist wirklich auch der Anreiz da, möglichst viel Geld zu bekommen, auf der anderen Seite möglichst viel Schutz zu machen, denn noch den Betrugsschutz, die Überprüfung der Rechtmäßig- keiten. Also es ist ein Sammelsurium von Interessen, unter einen Hut zu bringen. Man sieht es an den unterschiedlichen Ausführungsgesetzen der Länder, dass es sehr un- terschiedlich gemacht wird. Ein zentrales Problem, ich beschränke mich auf den Spie- ler- und Verbraucherschutz, Spielerschutz meine ich diejenigen, die mit Glücksspiel nicht umgehen können, Verbraucherschutz ist ein viel größerer Begriff und bezieht alle Spieler ein, weil wir müssen auch diejenigen, die soweit problemlos mit Glücksspiel umgehen, stärken, in deren Kompetenzen risikoarm zu spielen. Das können Sie nicht alles nur dem Zufall überlassen. Ich beschränke mich auf diesen Bereich und da ist das zentrale Problem – damit fange ich mit einem sehr kritischen Punkt an –, dass die Länder in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren, wo sie Zeit hatten, im Rahmen der mehreren Überarbeitungen des Glücksspielstaatsvertrages die Förderung der For- schung, wie man das im Einzelnen gestaltet, völlig vernachlässigt haben. Wenn Sie die internationalen Datenbanken, Zeitschriften angucken, finden Sie nichts über Re- gelungen zum Glücksspielstaatsvertrag. Viele der Dinge, über die wir uns heute strei- ten und uneinig sind, wie Abstandsregelungen, Mehrfachspielhallen, Ähnliches, hätte man problemlos in den letzten Jahren in Untersuchungen überprüfen können, indem man zum Beispiel Länder vergleicht, wo es Mehrfachspielhallen gibt, wo es keine gibt, wo es viele gibt und dann schaut, hat es eine Auswirkung auf die Problemlage. Also die Vernachlässigung der Forschung, auch wenn ich hier jetzt pro domo rede, die Ver- nachlässigung der Forschung fällt Ihnen jetzt vor die Füße, weil ganz viele Teile des Glücksspielstaatsvertrages – ich sage es mal sehr hart – im besten Fall Kaffeesatzle- serei ist. Das zur allgemeinen Vorbemerkung. Ich gehe von meinen Hinweisen dann im Detail von zwei Ausgangsergebnissen aus, die Tatsache sind, die tatsächlich wis- senschaftlich klar sind. Das eine ist, wir haben über zehn Jahre und viele Studien eine Größenordnung der Glücksspielproblematik von etwa 200.000 bis 250.000. Die ändert sich nicht, trotz aller Änderungen, die Sie an den Regelungen des Glücksspielstaats- vertrages gemacht haben und trotz aller Änderungen des Angebotes, manches mehr, manches weniger, es ändert sich nicht bedeutsam. Die Größenordnung ist absolut sehr hoch mit 200.000 bis 250.000. Sie ist aber im internationalen Vergleich gering

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und sie ist relativ natürlich gering, weil es heißt, dass etwa 99 Prozent der Glücks- spiele, das sind also 99 Prozent von den etwa 40 Prozent aktiven Erwachsenen, damit umgehen können. Damit gibt es eine zweite Frage, die wir uns als Wissenschaftler stellen, warum kann die Gruppe nicht damit umgehen und die anderen können es? An was liegt das? Das Glücksspielangebot ist in Deutschland mehr oder weniger gleich.

Also was sind die Faktoren, dass jemand nicht damit umgehen kann und andere kön- nen das? Die Forschung der letzten Jahre, das habe ich Ihnen dargestellt, muss ich nicht ins Detail gehen, wir gehen davon aus, dass es eine gewisse Vulnerabilität, heißt Schwäche, gibt, diese Personen mit solchen Risiken umzugehen. Wir gehen davon aus, dass es nicht nur für Glücksspiel ist, diese Vulnerabilität gilt auch für Alkohol, für Tabak, für illegale Drogen. Wenn diese Personen zu einem Glücksspielangebot kom- men, entwickeln sie mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit eine Glücksspielproble- matik. Das heißt, wir müssen versuchen, diese möglichst früh zu erkennen und im Extremfall mit einer Spielsperre von der Verschlimmerung der Problematik abzuhalten.

Das wissen wir als Ausgangsüberlegung. Und auf dieser Grundlage habe ich mir jetzt angeschaut, was ist gut in dem Überleitungsgesetz von Mecklenburg-Vorpommern zum Glücksspielstaatsvertrag, auch ein bisschen was ist gut und schlecht im Staats- vertrag. So ist es auch in meinem Bericht geblieben. Ich greife da nur einige wenige heraus. Ich habe gut gefunden, dass Sie extra noch einmal die Suchtprävention und extra noch einmal die Forschung formuliert haben. Es ist aber auch ein Appell, das ist nicht zu vergessen, wenn der Staatsvertrag verabschiedet ist. Spielsuchtprävention braucht wesentlich mehr Verstärkung. Also an einem Beispiel: Kinder und Jugendliche dürfen nicht spielen, das ist richtig, gibt es auch neurobiologische Erklärungen dafür, warum nicht. Nur sie dürfen dann mit 18 oder in manchen Spielbanken mit 21, über Nacht dürfen sie das. Da sind sie über Nacht nicht besser, klüger und erfahrener ge- worden. Das heißt, ich muss in die Erziehung, in die Eltern, in die Schule sehr viel mehr Geld hier reinstecken im Umgang mit Glückspiel. Das ist durch die technischen Neuerungen des Internets eine alltägliche Sache für Kinder und Jugendliche und da- rauf muss ich sie vorbereiten. Dann wollen Sie die Forschung fördern. Nachdem fünf- zehn Jahre nichts passiert ist, hoffe ich, dass Sie daran denken, das wirklich zu tun.

Der nächste Glücksspielstaatsvertrag kommt so garantiert wie das Amen in der Kirche.

Und dann hoffe ich, dass Sie besser darauf vorbereitet sind, ob man 500 oder 80 Meter Verbundspielhallen, ob gesperrte Glücksspieler bei Lotto spielen dürfen oder nicht, was Sie übrigens jetzt dürfen, halte ich für völlig unmöglich. Also solche Diskrepanzen

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