Research Collection
Doctoral Thesis
Zur Frage des Colinachweises in Oberflächengewässern unter besonderer Berücksichtigung neuerer Methoden
Author(s):
Sulzer, Werner Publication Date:
1913
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000096235
Rights / License:
In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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Aus dem hygien.-baktenol.Laboratorium der Eidg. Techn. Hochschule.
Vorstand: Prof. Dr. O. ROTH.
Zur Frage des ColinacMses in OberfläcWerärn
unter teitaei MiMUm neuerer Methoden
Von der
EidgenössischenTechnischen Hochschule
in Zürich
zur Erlangung der
He eines Doktors der technischen Wissenschaften
genehmigte
•
Promotionsarbeit
vorgelegt von
WERNER
SULZER, dipl.
Chemikeraus WINTERTHUR
Referent: Herr Prof. Dr. O. ROTH :: :: ::
Korreferent: Herr Prof. Dr. R. WILLSTATTER
ZURICH d 1913
Dissert.-Druckerei Gebr. Leemann & Co.
Stockerstr. 64
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Die
vorliegende
Arbeit wurde von mir im Wintersemester1910/11 begonnen
und imFrühjahr
1912abgeschlossen.
Es ist mir eine
angenehme Pflicht,
an dieser Stelle meinem hochverehrtenLehrer,
Herrn Prof. Dr. 0.
EOTH,
herzlich zu danken für die
Anregung
zu dieserArbeit,
für sein dauerndes Interesse an derselben und die wertvollen Unter¬stützungen,
die er mir bei ihrerAusführung
zuteil werden liess.Leer Vide Empty
Einleitung.
Die
Gewinnung
einesguten
Trinkwassers ist eine der ältestenForderungen
derHygiene,
und immer suchte man nachKriterien,
um die Brauchbarkeit eines Wassers zu beurteilen. Während früher das Aussehen und der Geschmack als
ausschlaggebend galten,
tratenspäter
die chemischenAnalysen
an die erste Stelle.Die
Untersuchung
des Wassers hat in der letzten Zeit grosse Fortschrittegemacht,
dank dengenialen Erfindungen
RobertKochs,
durch die diebakteriologische
Methodik einenriesigen Aufschwung
nahm. Vorerst war es nur dieKeimzählung,
diezur
Beurteilung herangezogen
wurde. Da aber durch dieEpi¬
demiologie
das Wasser alshäufiger
Verbreiter vonTyphus
und Cholera erkannt worden war, und mannachwies,
dass diese Krankheitskeime durch die Fäkalien in grossenMengen
aus¬geschieden
werden,
suchte man nach einem Indikator, am dieVerunreinigung
eines Wassers durch Fäces mit Sicherheit fest¬stellen zu können.
Der direkte Nachweis dieser
pathogenen
Keime im Wasserwar früher
unmöglich.
Auch heute noch sind dieSchwierig¬
keiten sehr grosse und die
Fälle,
woTyphuskeime
mittels kom¬plizierterer
Methoden im Trinkwasser bestimmtnachgewiesen wurden,
nichtzahlreich,
was teilweise auch mit derlangen
In¬kubationszeit des
Abdominaltyphus zusammenhängt.
Von derUeberlegung ausgehend,
dass in Wasser, in das Fäkalkeime hin¬eingelangen,
beiGelegenheit
auchInfektionserreger
vorkommenkönnen,
kam mandazu,
der Anwesenheit von Fäkalbakterienüberhaupt
einegewisse
Rollebeizulegen
und bei der Unter¬suchung
nach solchen zu fahnden.Es
lag nahe,
als Indikator das Bacterium coli(Escherich)
zu
wählen,
welches nach denUntersuchungen
Escherichs(1)
und Anderer injedem normalen,
menschlichen Darme in enormenMengen
vorkommt. Freilich findet es sich auch im Darme vonTieren,
welcheja
bekanntlich nicht anTyphus
und Cholera er¬kranken,
deren Fäkalien aber dochkeineswegs
ohnehygienische Bedeutung
sind. Ueber den Wert dieses Colibefundes im Trink¬wasser herrschen nun verschiedene Ansichten. Während in
Frankreich, England
und vor allem Amerika der Nachweis des Bacterium coli als eine derHauptaufgaben
derhygienischen Wasserbeurteilung gilt,
sind in Deutschland dieMeinungen
sehrgeteilt.
Eine Anzahl von Forschern verneinen dieBedeutung
des Colibefundes imTrinkwasser,
andere möchten den Nachweis der Fäkalbakterien injede bakteriologische Wasseruntersuchung aufgenommen
wissen. In der Mitte stehendiejenigen,
welcheeine
Anwendung
dieser Methoden nur für bestimmte Zwecke gutheissen.Es sind
hauptsächlich
zweiFragen,
um die der Streit sich dreht:Die sogen.
Ubiquität
und derBegriff
des Bacterium coli.Durch die Verbreitung menschlicher und tierischer Fäkalien findet auch das Bacterium coli eine
Weiterverbreitung,
doch scheint oft sein Vorkommen anOrten,
wo kein ursächlicherZusammenhang
zwischen Colibefund undFäkal-Verunreinigung
aufzufindenist,
für seineUbiquität
zusprechen.
Ueber das Vorkommen des Bacterium coli im Darme von
Tieren liegen viele Arbeiten vor, so z. B. fanden Smith
(2),
Moore undWright (3),
Fremlin(4),
Brotzu(5)
u. A. im Darme vonHaustieren und
Vögeln Colibakterien,
welche nicht nach ihrer Herkunft unterschieden werden konnten. Interessebeanspruchen
auch die Befunde von Bacterium coli beiKaltblütern,
da bei ihnen die eventuelleVerunreinigung
von Wasser mithygienisch unwichtigen
Fäkalbakterien in Betracht kommt.Eyre (6)
und Chick(7)
trafen imVerdauungstraktus
von Fischen fastregelmässig
Bacterium coli an,weniger
oft fandes Fromme
(8).
Er wies diesenMikroorganismus
auch bei einemvon 102
Exemplaren
bei Gammaruspulex nach,
einemhäufigen
— 7 -
Bewohner unserer Oberflächenwässer. Houston
(9)
vertritt die Ansicht, dass bei Fischen aus ganz reinen Wässern Colibazillen nicht im Darmevorkommen,
ebenso fand er in Austern aus nichtverunreinigtem
Wasser bedeutendweniger
Colikeime als bei solchen aus verschmutztem.Ayers (10)
und andere Forscher kamen zu ähnlichen Resultaten.Fromme
(8) spricht
sichfolgendermassen
aus:„Der
Coli- bazillus wird nahezuregelmässig
im Warmblüterdarmgefunden.
Aus dem Kaltblüterdarm
gelingt
der Nachweis nicht mit der¬selben
Regelmässigkeit, jedoch
in einer grossen Zahl der Fälle.Einer
je niedrigeren
Klasse das untersuchte Tierangehört,
umso seltener finden sich Colibazillen."
Was nun die
Ubiquität betrifft,
so sind dieArbeiten,
die sich mit derVerbreitung
des Bacterium coli in der Aussenweltbefassen,
ziemlich zahlreich. Barthel(11)
fand dasselbe auf Pflanzen und inErde, Papasotiriu (12)
inGetreide,
Mehl undTeig
immer und in grosserMenge,
Fromme(8) hingegen
selten.Büggeli (13)
züchtete es vonjungen
Keimpflanzen undSamen,
Ressei(14)
von Obst undGemüse,
Gordan(15)
ausKleie,
Cacace(16)
aus Staub von Schulzimmern. Bei verschiedenen dieser Fundorte ist die Herkunft aus Fäkalien nicht auszuschliessen.Mit der
Verbreitung
dieser letztembeschäftigte
sich Neumann(17),
der zu dem Schlüssekommt,
dass überallda,
wo die menschliche Handhinkommt,
z. B.Treppengeländer,
Türklinkenetc. auch Colikeime zu finden sind. Zu ähnlichen Resultaten kamen Sonnen
(18)
undBerghaus (19).
Frommegelangt
auf Grund seiner Untersuchungen zu demResultat,
dass Colibakterien in derUmgebung
des Menschen nicht sohäufig gefunden werden^
wie angenommen werden sollte.
Betreffend das Vorkommen in Wasser sagt Weissenfeid
(20),
dass das Bacterium coli immer gefundenwerde,
wenn man nurgenügende Mengen
zum Nachweisbenützt,
und dass somit das¬selbe nicht zur
hygienischen Beurteilung
eines Wassers dienen könne. Dem stehen aber Befunde vonPetruschky (21),
Rauschen- bach(22), Schardinger (23)
und Chick(1.
c.) u. A.gegenüber,
welchehäufig
auch ausgrösseren Mengen
Wassers(bis
zu 1Liter) keineswegs
immer Colibazillen herauszüchten konnten.Freudenreich
(24)
sagt, dass das Bacterium coli in wirklichgutem
Trinkwasser sehr oft fehlen kann. Auch ich habe bei wiederholtenUntersuchungen
im ZürcherLeitungswasser
in 100 ccm keinen Coli nachweisen können.Dreyfus (25)
fandes im
Leitungswasser
von Chalons nur beimSteigen
der Marne und erklärt dann das Trinkwasser als nicht einwandfrei. Kolk¬witz
(26)
vertritt dieAnsicht,
dass dieser Mikrobe oft eratisch in reinereWasserregionen verschleppt
wird.Eine
wichtige
Rolle für dieUbiquität
des Bacterium colispielt
seine Lebensdauer. Die meisten Forscher konstatierennur eine
geringe Widerstandsfähigkeit gegenüber
dem Aus¬trocknen.
Hingegen
fand Konrich(27)
einelange
Lebensdauer in Erde. In sterilisiertem und nicht sterilisiertem reinem und verschmutztem Wasser sah v. Freudenreich(24)
eine Vermeh¬rung, während Vincent
(28)
die Colikeime in nicht sterilisiertem Seinewasser in 8—14Tagen abgestorben
fand. Auch McNaught
konstatierte in sterilisiertemLeitungswasser
mit einer Ausnahme eine ziemlichlange Lebensdauer.1)
Gärtner
(30)
äussert sich zu dieserFrage
infolgender
Weise:-„Wenn
Colibazillen in Wasser mitNährsubstanzen,
z. B.in
Flusswasser, hineingelangen,
so können sie sich zunächst abernur für recht kurze Zeit
vermehren;
dann abergeht
die Mehrzahl ineinigen,
drei bis vierWochen,
zu Grunde. Dunkelheit andniedrige Temperatur
scheinen konservierend zu wirken und ver¬mögen die
angegebene
Zeit nicht unwesentlich zu verlängern.Vereinzelte
Exemplare,
z. B. eines odereinige
in 1 ccm, halten sich indessenlange Zeit,
bis zu V2 Jahr und mehr."Die grosse
Verbreitung
des Bacterium coli hatgewisse Forscher,
soPapasotiriu (12),
Saito(31),
Kruse(32), Levy
und Bruns(33),
Weissenfeid(20)
u. A. dazugeführt,
dem Nach¬weis des Bacterium coli im Wasser gar keine oder nur
geringe Bedeutung beizulegen.
Auch Gärtner(30)
warnt in seiner Ar¬beit sehr vor einer zu grossen
Ausdehnung
des Coli-Nachweises und hebt dieBedeutung
undWichtigkeit
derKeimzählung, Lokalinspektion
etc. hervor. Fürgewisse
Zweckefreilich,
z. B.*) Diese ist nach Whipple und Maver (29) auch abhängig vom Sauerstoff¬
gehalt des Wassers, da bei Sauerstoffmangel ein rascheres Absterben erfolgt.
— 9 —
für die
Beurteilung
von Oberflächenwasser zu Trink- oder Bade¬zwecken,
lässt auch er die Bestimmung der Colizahlgelten,
welcher auch von Roth(34)
für die Beantwortung derEignung
des Zürichsee-Wassers zu Trinkwasserzwecken eine nicht ge¬ringe Bedeutung beigelegt
wird.Zu
denjenigen,
welche einer vielweitergehenden
Ver¬wertung .des Colinachweises das Wort
reden, gehören
Fromme(8),
v. Freudenreich(24), Petruschky
und Busch(21), Eijkman (35),
Marmann(36), Hilgermann (37),
Pfaundler(38),
Bulir(39),
Thomann(40),
Dunbar(41),
Jordan(42),
Vincent(28),
Chick(7),
Christian(43),
Nowack(44),
Federolf(45), Schardinger (23),
Kaiser(46),
Venema(47),
Rauschenbach(22),
Hesse(48)
u. A.
Die
Deutung
des Befundes von Bacterium colihängt
vor Allem mit seiner Anzahl zusammen. Vereinzelte Colikeime in einer grossenMenge
Wasser können keinehygienischen
Be¬denken wachrufen. Findet man
dagegen
fortwährend oder zugewissen
Zeiten im Trinkwasser reichlich diesenMikroorganis¬
mus, so lässt dies auf fäkale
Verunreinigungen schliessen,
undeine scharfe
Untersuchung
mitLokalinspektion
etc. sollte diesegefährliche
Invasion aufzudecken suchen. In Oberflächenwasser kann diequantitative Bestimmung
des Bacterium coli wertvollen Aufschluss über Reinheitsgrad undSelbstreinigung geben.
Eng verknüpft mit der Frage der Bewertung des Coli-Nach- weises im Wasser ist selbstverständlich der
Begriff
des Bac¬terium coli. Je enger dieser
gefasst wird,
umsoweniger
wird selbstredend das Bacterium coligefunden.
Was unter einemtypischen
Colibacterium zu verstehen ist, d. h. welcheEigen¬
schaften bei seiner
Identifizierung
festzustellen sind, darüber sind die Ansichten heute nochgeteilt.
Ich unterlasse es
hier,
die sehrweitschichtige
Literatur über diesen Punktaufzuführen;
sie findet sich im Handbuchvon
Kolle-Wassermann,
Bd. IL Ich komme auf diese nur in¬sofern zu
sprechen,
als sie die Methoden derAuffindung
dieser Bakterienart im Wasserbetrifft,
zwecks Nachweis fäkaler Ver¬unreinigungen.
Während
Eijkman (35)
dieGarprobe
bei 46" alsgenügenden
Beweis für fäkaleVerunreinigung
erachtet, wobei freilich auch Nichtcoli-Bakterien in Betracht kommenkönnen, verlangt
La-comme
(49)
dazu noch Reduktion vonNeutralrot,
das er der Zuckerbouillon zusetzt, Bulir(39)
Gas- undSäurebildung
aus Mannit.Be' der
Ausführung
desbekannten Verfahrens vonPetruschky
und Pusch(21) begnügen
sich die einen zurIdentifizierung
derroten Kolonien auf
Drigalski-
oderEndo-Agar
mit der Fest¬stellung
vonMilchkoagulation,
Reduktion vonNeutralrotagar
und
Gasbildung
imTraubenzuckeragar.
Ferner sind von andernverlangte
Kriterien: Der Nachweis derNichtverflüssigung
vonGelatine, Rötung
bezw. Rötung undTrübung
vonLakmusmolke, Gasbildung
inMilchzuckeragar, Beweglichkeit
undIndolbildung, gramnegatives
Verhalten der Kurzstäbchen und das Fehlen vonSpore-n.
Obige
Reaktionen an eine bestimmte Zeit zubinden,
wie Thomann(40)
es tut, dürfte freilich etwas zu streng sein. Rivas(50)
und McConkey (51) prüfen
zwecksAusschaltung atypischer
Stämme noch das Verhaltengegenüber
weiteren Zuckerarten.Die erwähnte Neutralrot-Reaktion wird nicht von allen Forschern
gleich
beurteilt; die meistensprechen
sichgünstig
über die¬selbe aus, während z. B. Sicre
(52)
und Ernest(53)
sie nicht für sicher undspezifisch
genug halten. Was die von v. Freuden¬reich
(24)
u. A.geforderte Milchzucker-Vergärung anbetrifft,
so gibl es Colistämme, die diese
Fähigkeit
nichtbesitzen,
doch dürftendiese,
wie ichspäter
nachweisenwerde,
in starker Minderheit sein. Chick(7)
bezeichnet dieVergärung
des Milch¬zuckers unter Gas- und
Säurebildung
als sicherstes Merkmal des Bacterium coli. DieBeweglichkeit kann,
wie auch Pfaundler(38) angibt,
bei echten Colistämmen manchmal fehlen. Das Gleiche ist zu sagen von derIndolbildung,
wie auch Seiter(54) bemerkt; Fereira,
Horta und Paredes(55)
halten siehingegen
für das sicherste Merkmal. Auch von Marmann(36)
wird siezur
Identifizierung
der bei seinem Verfahren erhaltenen Ko¬lonien benützt. Die
Indolbildung
dürfte sich aber aus dem Grunde schonweniger
für eine schnelleDiagnose eignen,
als— 11 —
sie manchmal
lange
auf sich warten lässt. Nach de Graaf(56)
kann das Maximum derselben in drei Wochen erreicht
werden,
so dass nach ihm in zweifelhaften Fällen eine so
lange
Be¬brütung
zuerfolgen
hat.In ihren Arbeiten über die Bakterien der
Coligruppe schlagen
Burri undDüggeli (57)
und Burri undAndrejew (58)
vor, die nachEijkman
isolierten Keime auf ihreGärfähigkeit
und dieZusammensetzung
derGärungsgase
zuuntersuchen,
um dadurch dieeigentlichen „Darmcoli"
zuerkennen,
da nach ihnen nur diese einehygienische Bedeutung
haben und sich dadurch von den Coliarten andererHerkunft,
z. B.„Gras-Coli",
unterscheiden.Ueber die
Bedeutung atypischer
Stämme und dieMöglichkeit
ihrerEntstehung
austypischen
durch Verlustgewisser Eigen¬
schaften,
sind dieMeinungen geteilt.
Gärtner(30)
findet es amrichtigsten,
die ganzeColigruppe
einschliesslich des Bacterium cloacae zurDiagnose
zu verwenden. Es würden dadurch etwa 30 «o mehi Colibakteriengefunden (Houston).
Rauschenbach(22)
und Thomann(40) hingegen
treten für eine engereBegrenzung
des Bacterium coli ein.In
Folgendem
ist unterpositivem
Colibefund verstanden dieIsolierung
einesgramnegativen,
nichtsporenbildenden
Kurz¬stäbchens,
welches Trauben- und Milchzucker unter Gas- undSäurebildung
zersetzt, die Gelatine nichtverflüssigt,
Milch zurGerinnung
bringt undNeutralrotagar
entfärbt und fluoreszieren macht. In zweifelhaften Fällen wurde dieGramfärbung,
Beweg¬lichkeit und
Indolbildung
zur Diagnoseherangezogen.
Die Methoden zum Nachweise des Bacterium coli sind sehr zahlreich. Wir können hier zwei
Gruppen unterscheiden,
erstensVerfahren,
die ihrHauptaugenmerk
auf dieZurückdrängang (Schädigung)
derBegleitbakterien
durch hoheTemperaturen
oder chemische Zusätze richten. Zur zweitenGruppe gehören solche,
welche dem Bacterium coli diegünstigsten Lebensbedingungen
inbetreff Nährboden undTemperatur
bieten und dadurchwiederum^ßin Uebergewicht
desselbengegenüber
andern Bakterienartenzu erreichen suchen.
Von der ersten
Gruppe
seien erwähnt die Methoden vonEijkman (35),
Bulir(39)
bei 46° und Vincent(28)
und Mar-mann
(36)
bei 42° resp. 41 ° und die Nährböden mit hemmendenZusätzen,
die Phenol-Bouillon von Chick(7)
(pro Liter Wasser 100 gl*Dextrose,
50 grPepton,
1 grPhenol),
die Jackson'sche(59) Laktosegalle,
welche auch von Stoke und Stonerempfohlen wird,
die McConkey'sche (60)
Gallensalzbouillon und ihre Modi¬fikation von Klein
(61).
Bei der zweiten
Gruppe
werden als Nährböden verwendet die Dextrose-Bouillon von Smith(2) (1
c,oDextrose,
1 %Pepton, 0,5
0/o NaCl)
; die Milchzuckerbouillon von v. Freudenreich(24) (5
°/oMilchzucker,
1 °/oPepton, 0,5
°/oNaCl),
diegewöhnliche
Nährbouillon bei dem Colititer vonPetruschky
und Pusch(21).
Dabei findet
Bebrütung
bei einer fürdas Wachstum des Bacterium colimöglichst günstigen Temperatur
statt.Während in
England
und Amerika zum Zwecke der An¬reicherung
die Nährböden mit hemmenden Zusätzen stark in Gebrauchsind,
haben sich in Deutschland mehrdiejenigen
Ver¬fahren
eingebürgert,
welche entweder mitoptimalen Bedingungen
inBezug
auf Nährboden und Temperatur oder mit höheren Tem¬peraturen arbeiten. Sehr
häufig angewendet
wird:Der Colititer nach
Petruschky
und Pusch.Da die beiden Forscher
(21)
auf diequantitative
Bestim¬mung des
Coligehaltes
einen sehr grossen Wertlegen,
haben sieeine Methode
ausgearbeitet,
nach der derVerunreiaigungsgrad
leicht zu bestimmen ist. Sie wenden bei reinem Wasser Mengenvon
100, 10,
1 und0,1
ccm an, die sie mit dergleichen
Menge Bouillon zusammen(bei 0,1
ccm natürlichmehr)
bei 37° 24 Stun¬den bebrüten. Sie bestimmen so den sog.
Thermophilentiter,
d. h. die kleinsteMenge
Wasser, die nochTrübung (Wachstum)
erzeugt. Diegetrübten
Röhrchen werden dann auf Bacterium coli untersucht durch Aussaat aufDrigalski-Agar (62)
und nach¬herige
weiterePrüfung
der roten Kolonien. Die kleinsteMenge
Wasser,
in der noch Bacterium coligefunden wird,
heisst„Coji-
titer". NachPetruschky
und Pusch fallen bei SchmutzwässernThermophilen-
und Colititer„fast
ausnahmslos" zusammen, da nach ihnen Bacterium coli das weitaushäufigste thermophile-
Bacteriumverunreinigter
Gewässer ist. DerThermophilentiter
— 13 —
könne somit zur schnelleren
Orientierung
über denReinheitsgrad
dienen.Bei Flusswasser werden Aussaaten
gemacht
von:1. Unverdünntem Wasser 1 . 0 u. 0,1 ccm 2.
Verdünnung
1 : 100 1 .0 u.0,1
ccm3. , 1 : 10000 1 .0 u. 0,1 ccm
4. „ 1 -.1000000 1.0 u.
0,1
ccmAui Grund ihrer
Untersuchungen
kommenPetruschky
und Puschdazu,
eineVerunreinigungsskala
aufzustellen:Verunreinigungsgrad
No. I = Colititer 0. 1, II = , 0. Ol
„ III — „ 0.001
„ IV = „ 0.0001
„ V = „ 0.00001 "
„ VI = „ 0.000001
Durch Aussaat zahlreicher
Zwischenproben
soll die Methode natürlichbeliebig
verschärft werdenkönnen,
welcheForderung
aber in der Praxis doch aufSchwierigkeiten
stösst undjeden¬
falls nur bei Wässern
angewendet
werdenkann,
deren Colititer innerhalb nicht zu weiter Grenzen schwankt.Da die
Bebrütung
bei 37°geschieht,
bei welcherTemperatur
sich sehr viele Abwasser- und Erdkeimekräftig entwickeln,
istder Wahl des Nährbodens grosse Wichtigkeit
beizulegen.
Dieser soll das Wachstum des Bacterium coli soviel alsmöglich, haupt¬
sächlich im
Anfang
derBebrütung fördern,
damit dasselbe im¬stande
ist,
dieübrigen
Keime zu überwuchern. Ganz auszu¬schalten ist die
Unterdrückungsgefahr
der Colibakterien durch andere nur, wennspezielle Nährflüssigkeiten
angewendetwerden,
welche rein elektiven Charakter haben. Es isb nun aber nichtzu
vermeiden,
dass dieWachstumshemmung
bei solchen sich auf schwächere Colikeimeerstreckt,
z. B. aufsolche,
welche in Brunnenwasserlängere
Zeitvegetierten.
DieMöglichkeit,
dass man dadurch einen zu kleinenColigehalt ermittelt,
ist nichtvon der Hand zu weisen. Es haben nun Saito
(31)
und Fromme(8)
Versucheangestellt
über dieVermehrungsintensität
in den verschiedenenNährlösungen.
Ersterer kommt zu demSchlüsse,
dass die von Freudenreich'sche 5
°/oige
Milchzuckerbouillon diegünstigsten
Resultateliefere,
freilich mit beträchtlichen Schwan¬kungen.
Fromme findet die 1°/oige
Dextrose-Bouillon am zweck-mässigsten.
Es sei hier eine seiner Tabellenwiedergegeben.
Versuch I.
Aussaat
Vmo
Oese.1°0igeDextrose- 5%Milchz.- 1°0 Laktose¬ 1°/0.iger
Bouillon Bouillon galle Heuinfas.
Sofort 91000 115000 99000 98000
Nach 5 Stunden ca. 95700000 59100000 26410000 281-000
„12 „ „ 479000000 194000000 46400000 61000000
„ 24 „ „ 5690000000 273000000 449000000 53000000
Vermehrun
gsintensitat.
Sofort 1 1 1 1
Nach 5 Stunden 1052 514 267 3
„12
„ 5264 1687 469 622.»24
, 62527 2374 4535 547Wir ersehen aus diesen Resultaten, dass sich die Trauben¬
zuckerbouillon weitaus am günstigsten stellt, sowohl was Anfangs¬
ais
Gesamtvermehrung
betrifft. Es dürfte sich alsoempfehlen,
diegewöhnliche Bouillon,
welche nachPetruschky
und Puschzur
Anreicherung dient,
durch Traubenzuckerbouillon zu ersetzen, wie auch Frommevorschlägt.
Einen weiteren Vorteil der letz¬teren bildet die
Gasbildung
durch Bacteriumeoli,
wodurch von vornherein eine Anzahl Proben alscoliverdächtig
erscheinen.Eine
Benutzung
dieses „Gastestes" an Stelle des„Colibestes"
ist freilich nicht
statthaft,
da auch andere BakterienGärung
in Traubenzuckerbouillon hervorrufen können. So fandenLongley
und Baton(63)
in nur 67 °/o, Stoke und Stoner in ca. 50°'o, Fromme(8)
in49,8
°o(ca.
80°o)
der Fälle das Bacteriumcoli,
in welchenGasbildung
in Traubenzuckerbouillonaufgetreten
war.Andere Forscher hatten
günstigere
Resultate inBezug
aufUebereinstimmung
der beiden Teste. Stoke und Stoner fanden auch Colikeime in Proben ohneGasbildung,
einUmstand,
der eventuell zu Fehlern führenkann,
da solche Röhrchen nicht weiter untersucht werden. Fromme fand bessere Uebereinstim-- 15 -
mung zwischen Colitest und Gastest bei grösseren
Mengen
Unter- suchungs'wasser. Nach andern Forschern ist dies auchabhängig
von der
Jahreszeit,
indem im Wintergrössere Uebereinstimmung
herrschen soll als im Sommer. Es ist also eineNachprüfung
derGärung zeigenden
Köhrehennotwendig.
Eine solche sucht
Eijkman (35)
zuumgehen.
Verfahren von
Eijkman.
Dieses
gründet
sich auf dieFähigkeit
des Bacterium1 coli bei 46° Traubenzucker unterGasbildung
zu zersetzen. NachEijkman
sollen dabei nur in sehrwenigen
Ausnahmen andere Bakterien in Betrachtkommen,
sodass einpositiver
oder nega¬tiver Gasbefund die
hygienische
Brauchbarkeit eines Wassers ohne weitereUntersuchung
der Proben zu beurteilen gestattet.Besonderes Gewicht
legt Eijkman
auch auf denUmstand,
dass durch die hoheTemperatur
sog. Kaltblütercoli,
z. B. vonFischen, ausgeschlossen
werden. Hinsichtlich des Wertes dieses Ver¬fahrens sind die Ansichten
geteilt.
Zu einemgünstigen
Ur¬teil kommen Thomann
(40),
Christian(43)
und Neumann(17),
letztere freilich mit
Einschränkungen.
Mordberg(64)
findet die theoretischeBegründung
derEijkman'schen
Methode für nicht ganzrichtig.
Nowack(44)
findet die Methode zuwenig
empfindlich und konstatiert eineSchädigung
desGärvermögens
der
Colibakterien,
zu welchem Resultat auch Fromme kommt.Worthmann
(65)
fand inpositiven
Proben auch andere Bak¬terien,
eineBeobachtung,
die auchEijkman
machte. Ueber den Wert derUnterscheidung
zwischen Kaltblüter- und Warmblüter- coli sind dieMeinungen
verschieden. Teils fanden verschiedeneForscher,
z. B.Federolf,
Fromme u. A., dass auchgewisse
Stämme von Warmblütercoli eventuell keineGasbildung
bei 46°erzeugen, teils wurden aus Fischen Colibakterien mit
Gärfähig¬
keit bei 46° isoliert. Die
Frage
derBedeutung
der sog. Kalt- blütercoli bei einerWasseruntersuchung
ist noch nicht end¬gültig gelöst;
Fromme misst ihnen auch einehygienische
Be¬deutung
bei.Was den Colititer
anbetrifft,
so sind in der LiteraturBeispiele
angegeben,
in denen diese Methoden insofern versagten, alsgelegentlich
in stärkerenVerdünnungen
Coligefunden wurde,
wahrend aus mehr Wasser keine Colibakterien isoliert werdenkonnten,
was ich bei meinenUntersuchungen bestätigt
fand.Für die
Beurteilung
der Methoden kommthauptsächlich
auch ihreEmpfindlichkeit
in Betracht. Es ist nun von ver¬schiedenen Forschern betont worden, dass die
Eijkman'sche
Me¬thode der
Bebrütung
bei 37° anEmpfindlichkeit
bedeutend nach¬steht. Aus diesem Grunde hat Nowack
(44)
und Rauschenbach(22)
den sog.„sekundären" Eijkman empfohlen,
d. h. es werden die aus den bei 37°gehaltenen
Röhrchen isolierten Colibakterien auf ihreGärfähigkeit
bei 46° in Trauben2,uckerbouillon unter¬sucht,
wobei erstens mit Reinkultur und zweitens mit grossenEinsaatmengen geimpft
werden kann. Ich habe.auch versucht,
diegetrübten
Röhrchen ohneGasbildung
bei46°,
doch mitpositiven
sekundärenEijkman, nachträglich
bei 37° weiter zubebrüten,
doch trat nur in einem solchen nachherGasbildung
auf. In den andern Röhrchen war dies nicht der Fall. DieseMethode,
die fehlendeGasbildung
bei 46° durchnachherige Bebrütung
bei 37° zuerreichen,
ist somit unbrauchbar. Für dieUnterscheidung
zwischen Warm- und Kaltblütercoli dürfte dagegen der sekundäreEijkman zweckmässig
sein.Auch bei früheren Arbeiten in unserem Laboratorium wurde die
geringere Empfindlichkeit
derEijkman'schen
Methode beob¬achtet. Jedenfalls sind bei ihr oft
Nachprüfungen
erforderlich.In
Folgendem
suchte ich erstens die Brauchbarkeit des Colititers zurBeurteilung
eines Wassers zuprüfen,
d. h. inwieweit Colizahl undVerunreinigung
Hand in Handgehen
und zweitens eineVergleichung
der verschiedenen Methodenaufzustellen,
wo¬bei ich sowohl
Temperaturen
als Nährbödenberücksichtigte.
Im letzten Teil meinerUntersuchungen
unterzog ich auch das Mar- mann'scheVerdunstungsverfahren
einerVergleichung
und Kritik.Bevor ich auf meine
Wasseruntersuchungen eingehe,
seien hiereinige Untersuchungen
über den Grundschlamm des Zürich¬sees
vorausgeschickt,
bei welchen ich die Anwendbarkeit des Colititers auf das Gebiet derSchlammbeurteilung prüfen
wollte.Schlammuntersuchungen.
Die
quantitativen Untersuchungen
über denBakteriengehalt
des Schlammes sind ziemlich zahlreich. Rüssel(66)
fand den Schlamm des Meeres starkbakterienhaltig,
Fischer(67)
da¬gegen konstatierte in grossen
Tiefen,
bis 5000 m, Keimfreiheit.Viele
Untersuchungen
desSchlammes, hauptsächlich
vonFlüssen,
sind nur vombiologischen Standpunkt
ausangestellt worden,
so die von Marsson
(68)
und von Kolkwita und Ehrlich(69).
Böhi
(70)
untersuchte den Schlamm der Limmatqualitativ
aufpathogène
Keime. Ueber den Nachweis des Bacterium coli fand ichdagegen
keineAngaben
in der Literatur. AlsBeitrag
zurFrage,
ob im Schlamm von Flüssen und Seen das Bacterium coli als Indikator für fäkaleVerunreinigungen
dienenkann,
stellte ichnachfolgende
Versuche an. Trotzdemhygienisch haupt¬
sächlich die Fäkalstoffe in Betracht
kommen,
zog ich doch dieBestimmung
desKeimgehaltes
in dieUntersuchung
mitein,
um zuprüfen,
ob Colititer und Keimzahl miteinanderübereinstimmen,
und was sich für eine
Beurteilung
besser eigne.Für
gewisse
Fälle dürfte einequalitative
undquantitative Untersuchung
des Schlammesangezeigt
sein. So hat Roth(34)
für dieBeurteilung
derWasserfassungsstellen
im Zürichsee auch dieUntersuchung
des Schlammesherangezogen.
Bei einem
See,
wie z. B. demletztgenannten,
mit seinen dicht- bebautenUfern,
kann man von vornherein auf einengrössern Keimgehalt schliessen,
dawenigstens
teilweise eine Verunreini¬gung mit
Sinkstoffen,
unter Umständen auchFäkalien,
in mehr oderweniger
starkem Masse vorhanden ist. Solche Ver¬schmutzungen
werden sichnaturgemäss hauptsächlich
in derUferzone,
bezw. anEinleitungsstellen
von Abwässern etc. be-merkbar machen. Doch ist eine Zerstreuung der Sinkstoffe durch
Strömungen
und Winde gegen den See hinauszeitweilig
dochmöglich,
somit eineAbsetzung
von Schmutzstoffen auf dem See¬grund
auch in grössererEntfernung
vom Ufer.(Kleiber (70a),
Nussbaumer(79).)
Dies ist unter Umständen auch bei der Wahl von Fassungs¬
stellen füi
Trinkwasserversorgungen
zuberücksichtigen,
indemei vorkommen
kann,
dass durchaufgewühlten
Schlamm eineVerunreinigung
zustande kommt. DieHeranziehung
der Schlamm¬untersuchung
zurBeurteilung
derEignung
eines Gewässers für eineWasserversorgung
dürfte auchdeswegen
von Wertsein,
da durch einesolche,
zeitweiseauftretende,
aber wegen der nichthäufig
genug zubewerkstelligenden
Probenahme der direktenWasseruntersuchung entgehende Verunreinigungen aufgefunden
werden könnten. Der Schlamm und seine Bewohner lassen unsauch dann auf eine
erfolgte Verunreinigung
des Wassersschliessen,
wenn eine solche nicht mehr direkt nachzuweisen ist.Bei solchen Schlammuntersuchungen wird wiederum der Nachweis des Bacterium coli nicht zu unterschätzende
Anhaltspunkte
ge¬währen für die
Verunreinigung
mit Fäkalien.Natürlich kann die
bakteriologische
Schlammuntersuchung dieBestimmungen
der Keimzahl und des Colititers des Wassers nicht ersetzen, wohl aber als weiteres Hilfsmittel für den quan¬titativen und
qualitativen
Nachweis vonVerunreinigungen
undderen Einflusszone dienen. *
Auch hier
spielt
natürlich die Lebensdauer des Bacterium coli eine grosseRolle,
doch fand ich in der Literatur nurAngaben
über das Verhalten in Erde. Konrich(27) fand,
dass Bacterium coli m mit Reinkultur und mitFäcesaufschwemmung getränkter
Gartenerde unter natürlichenBedingungen
sich bei 8—9° länger als ein Jahrhielt,
während andere Forscher ein rasches Ab¬sterben
konstatierten,
wobei dann freilich ein kleiner Bruch¬teil
lange
erhalten blieb. Diese Befunde können selbstredend nicht ohne Weiteres auf den Schlammübertragen werden,
namentlich nicht aufsolchen,
der fortwährend mit Wasser be¬deckt,
also nicht wie Erdezeitweiliger Austrocknung
ausge¬setzt ist.
- 19 -
Im Schlamm können die
Bedingungen
für das Portbestehen des Bacterium coli verschiedene sein. So wird dieWirkung
des Lichtes auf dasselbe an tiefern Stellen von Gewässern und in tiefern Schlammschichten nicht oder nurwenig
in Betracht kommen. Ebenso muss sich dieWirkung
derTemperatur je
nach der Wassertiefe verschieden verhalten. NiedereTemperaturen
werden konservierendwirken,
während bei hohenmöglicherweise
durch dieBegünstigung
anderer Bakterien eineSchädigung
des Bacterium coli eintreten kann. Ob eineVermehrung
des letzternmöglich ist,
Iässt sich nicht ohne weiteres entscheiden. Wir werdensehen,
dasshäufig
der Bakteriengehalt des Schlammes auch am Ufer eines Sees manchmal bedeutendgeringer ist,
als man erwarten dürfte. Es ist alsomöglich,
dassColibakterien,
die mit Fäkalresten auf den Grund des Seeskommen,
dort ziemlichlange
nachweisbarsind,
wodurch auch noch zeitlich ziemlichzurückliegende Verunreinigungen
sich zu erkennengeben.
DemKeimgehalt
des Schlammes an Bakterienüberhaupt
'tann nichteine grosse
Wichtigkeit beigemessen werden,
da in demselben unter Umständen eine starkeVermehrung
von an und für sich harmlosen Keimen verschiedener Provenienz eintreten kann.Die Verwendbarkeit des Colinachweises im Schlamm für die
Beurteilung
derVerunreinigung
eines Seebeckens durch Fäkal- stoffe suchte ich durchUntersuchungen
in dem untersten Teil des Zürichsees in der Nähe der Stadt festzustellen.Ich wählte mir die Stellen an Hand einer
Karte,
die mirvon Herrn
Stadtingenieur
Wennergütigst
zurVerfügung gestellt wurde,
und wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen verbind¬lichsten Dank
ausspreche.
Auf dieser Karte waren sämtliche Schmutz- und Hoch¬
wasserkanäle
(Notauslässe)
mit ihremEinzugsgebiet
nach ihremgegenwärtigen
Standeeingezeichnet.
Die Zahl der Schmutz- wassereinläufe ist auf der Wollishoferseite ziemlichbedeutend,
doch sind alles nur kleinere Kanäle von einzelnen Häusern etc.Einzig
der Hornhaldebach und die SeidenfabrikHenneberg
dürftengrössere Mengen
von Schmutzstoffen in den Seeliefern,
welche aber für eineVerunreinigung
des Grundschlammes auf weitere Strecken nicht inFrage
kommen. In der Stadtzone selbst mün-den nur Hochwasserkanäle
(Notauslässe)
in den See. Während der Zeit meinerUntersuchungen
herrschte aber immer ziemlich trockenesWetter,
so dass höchstens frühere durch diese Not¬auslässe
bedingte Schlammablagerungen
in Betrachtgekommen wären,
welche aber schon demspäter
zu erwähnenden makro¬skopischen
Befunde nach nurgering
sein können.Zur Entnahme des Schlammes bediente ich mich eines
Appa¬
rates, wie er von der deutschen Seewarte in
Hamburg empfohlen wird,
und denauch Kolkwitz und Ehrlich(69)
inetwas veränderter Form beschrieben haben.Der
Apparat
besteht aus zweiTeilen;
die Röhre von2,6
cm lichter Weite und 50 cmLänge
zur Aufnahme desSchlammes,
welche unten schiefabgeschnitten ist,
um durch die so ent¬stehende
Spitze
ein leichteresEindringen
in den Schlamm zuermöglichen.
Auf diesem Rohr ist oben ein Gehäuseangeschraubt
mit seitlicherOeffnung,
durch welche das Wasser während des Herablassens desApparates
austreten kann. Im untern Teile diesesGehäuses,
zwischen diesem und demRohr,
befindet sich einKugelventil,
das sichschliesst,
sobald derApparat
in die Höhe gezogen wird. Oben an dem Gehäuse ist ein Eisenstab von40 cm
Länge angeschraubt,
der für dieAufhängung
am Drahtseilan seinem obern Ende mit einer Oese versehen ist. Zwecks
Beschwerung
desApparates
werden auf den obern Teil desselben schwere in der Mitte durchbohrteEisengewichte aufgelegt,
durch welche der erwähnte Eisenstabgeschoben wird,
ehe man denApparat
am Drahtseilbefestigt.
Die Gewichte ruhen dann auf demVentilgehäuse.
Die fürTiefsee-Untersuchungen nötige
Ein¬richtung,
durch welche das Gewicht beim Heraufziehen desApparates abgeworfen wird,
fällt hier weg, da für unsere Zwecke dasGewicht nicht so schwerzu seinbraucht,
und beidergeringen
Tiefe unsererUntersuchungsstellen
das Heraufwinden desAppa¬
rates keine
lange
Zeit erforderte.Dieser
Apparat
wirdzweckmässig
bis mehrere Meter über dem Grundlangsam
und von hier an schnellherabgelassen,
so dass er sich tief in den Schlamm einbohrt. Durch Oeffnen desKugelventils
tritt der Schlamm ein. Beim Heraufziehen schliesst21 —
sich das
Ventil,
wodurch derSchlammpfropf
am Heraustreten ge¬hindert wird.
Selbstredend kann diese Art der
Schlammfassung
nur bei GewässernVerwendung finden,
auf deren Grund sich liefere Schlammschichten und nicht etwa Steine befinden. Dieser Grund machte diegeplante Ausdehnung
derSchlammuntersuchungen
auf die Limmat leiderunmöglich.
Gewöhnlich wird der so erhaltene
Schlammzapfen
durch einzylinderförmiges
Metallstück von annäherndgleichem
Durch¬messer wie die lichte Weite des Rohres aus diesem
herausge¬
schoben. Dieses
Vorgehen
mag fürbiologische Untersuchungen
brauchbarsein,
fürbakteriologische
Zwecke schien es mir aberungeeignet.
Das Herausschieben des Schlammes kann nun vonoben odei von unten
geschehen.
Im erstem Falle wird die obere,breiige Schicht,
welche für die Untersuchung die wich¬tigste ist,
ganz deformiert unddurchmischt,
zum Teil auch mit reinen untern Partien. Dieser grosse Uebelstand ist nur zumTeil durch
vorherige
Entnahme der obersten weichen Schicht mit einem sterilen Metalllöffel zuumgehen.
Beim Heraus¬schieben von unten her kommt eine
Verunreinigung
der tiefen Schichten mit dem unreinem obern Teil noch viel mehr in Be¬tracht.
Um diesen grossenUebelständenzu
begegnen
und denSchlammin einwandfreierer Weise herausnehmen zu können, konstruierten wir uns
Einsatzröhren,
welche durch einen amabgeschrägten
Ende der Röhreangelöteten,
3 mm nach innenvorspringenden
Rand ausKupferblech
an demHerausgleiten gehindert
wurden.Solche Einsatzröhren
verfertigte
ich zuerst ausKarton,
welche ich zum Dichtmachen gegen das Wasser und zum Sterili¬sieren in sehr
heisses,
flüssiges Paraffin tauchte. Dann wurden die Röhren mit sterilemWattepfropf
verschlossen und konntenso in
beliebiger
Anzahlmitgenommen
werden. Dergefasste
Schlamm haftete gut in diesen Röhren und konnte so direkt ins Laboratoriumtransportiert werden,
und zwar in einemeisge¬
kühlten Koffer. Die Proben wurden dann sofort
ausgesät.
Zur Entnahme des Schlammes wurde die Röhre mit sterilem Messeraufgeschnitten.
So konnte derSchlammzapfen
in seiner ur-sprünglichen Länge
undLage
untersucht werden. Mit sterilem Messer wurde derselbe in mehrere Scheibengeteilt,
aus deren Mitte ichieweilen
Proben entnahm. Dies wurdedeswegen
sogemacht,
weil bei demEindringen
des Schlammes die keim¬reichsten obern Schichten zuerst die Wand berühren und so eine
Verschmutzung
derselben bewirken.Da das Sterilisieren der Kartonröhren bei grossem Ver¬
brauch ziemlich
unbequem
ist und bei zahlreichenUntersuchungen
auch der
Kostenpunkt
eine Rollespielt,
so liess ich mir eine Ein¬satzröhre aus
Messingblech herstellen,
welche aus zweigleichen Längshälften bestand,
die oben und unten durchje
einen dünnenMessingring zusammengehalten
wurden. Nach der Schlamm¬fassung
wird diese Einsatzröhreherausgenommen,
dieRinge
ent¬fernt und die beiden Rohrhälften auseinander genommen. Die Proben wurden immer sofort aus der Mitte entnommen und in sterile Petrischalen verbracht. Die
allfällig
in Betracht kom¬mende, keimtötende
Wirkung
desMessings.
wie sie z. B. vonFromme
(1.
c.) und von Neumann(1.
c.)gegenüber
dem Bacteriam colifestgestellt
wurde, dürfte bei dem kurzen Verbleib des Schlammes in den Röhren und der Entnahme der zur Unter¬suchung bestimmten Proben aus der Mitte des
Schlammzylinders
nicht vonBelang
sein.Das Sterilisieren
geschah
durch einfaches Durchziehen durch eine Flamme(Spiritus-
oderLötlampe).
Das Abmessen der
Untersuchungsproben
kann entweder nach Gewicht oder nach Volumengeschehen.
Ich wählte mir das letztere, da meineUntersuchungen hauptsächlich
nurVergleichen dienten,
und bei dem wechselndenWassergehalt
der Proben diese Art der Aussaat als die bessere undbequemere
erschien.Natürlich trachtete ich
darnach,
wo immermöglich,
nurgleich- massiges
Material zubenützen,
welche Vorsicht namentlich bei Proben nahe dem Ufernötig
war, in denen sich oftmals kleinere Steinchen etc. fanden. Weiter gegen die Mitte des Sees warendie Proben immer
gleichmässig
fein. Als Mass diente mir einkleines, halbkugeliges
Löffelchen. Der Schlamm wurde mit einem sterilen Messer in das sterile Löffelchengebracht,
das Ueber-schüssige abgestrichen
und hierauf der Löffel in100, 50,
20— 23 -
oder 10 ccm sterilisiertem
Leitungswasser ausgewaschen.
DieAufschwemmungen
wurden sehr kräftiggeschüttelt,
bis keinegrösseren
Partikel zu erkennen waren undjeweilen
direkt vor der Probeentnahme nochmals.Für die
Bestimmung
der Keimzahl wurdenfolgende
Schlamm-Verdünnungen gewählt.
Oberste Schicht desSchlammzylinders:
1 Löffel in 100 ccm Wasser; mittlere Schicht: 1 Löffel in 50 ccm
Wasser und unterste Schicht: 1 Löffel in 10 oder 20 ccm
Wasser. Für den Colititer wurden 2 Löffel in 20 ccm Wasser
aufgeschwemmt.
Sämtliche Resultate sind
ausgedrückt
pro Löffel.Zur
Keimzahlbestimmung
wurde diegleiche
Gelatine benützt, wie für WasserUntersuchungen.
Ausgesät wurden0,5
ccmAufschwemmung.
DieBebrütung erfolgte
bei 22°.Die
häutig
in grosser Zahl auftretendenverflüssigenden
Kolo¬nien setzten oft bald der
Keimzählung
einEnde,
wo es abermöglich
war, wurde diese bis zum fünftenTage fortgesetzt.
Dei1 Colititer wurde bei diesen
Untersuchungen
nur nach der Methode vonPetruschky
und Pusch(21)
bestimmt. Umeine schnelle
Ausrechnung
zuermöglichen
undgenügend
Auf¬schwemmungsflüssigkeit
zuhaben,
wurden zwei Löffel in 20 ccm sterilem Wasserverdünnt,
und davon10,
1 und0,1
ccm ausgesät.Von den durch Bakterien
getrübten
Röhrchen(der
Schlammsetzte sich bald zu
Boden)
wurde aufDrigalski-Üonradi-Agar
aus¬gesät und von den bei 37° bebrüteten Platten nach 24 Stunden typische rote Kolonien
abgeimpft
und auf Bacterium coli unter¬sucht,
was mirnötig schien,
um eventuell roteKolonien,
die nicht dem Bacterium coliangehören,
auszuschliessen. DieUntersuchung
erstreckte sich auf Säure- undGasbildung
in Trauben- undMilchzuckerbouillon,
aufMilchkoagulation,
Entfärbung undFluoreszenzbildung
inNeutralrotagar
nachRothberger (,71),
Olde-kop (72), Nichtverflüssigung
der Gelatine und eventuellBeweg¬
lichkeit und des Verhaltens bei der G ramschen
Färbung.
In
Bezug
auf die Fas s u ngs orte seierwähnt,
dass es leidergerade
an den Ufern oder in deren nächster Nähe nichtmöglich
war, einenSchlammzapfen
zuerhalten,
da das Grund¬material nur aus Kies oder
grobem
Sand besteht. An andern\