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Der »Deutsche Wehrverein« und die Reform der deutschen Armee 1912-1914

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Aufsätze

Roger Chickering

Der »Deutsche Wehrverein« und die Reform der deutschen Armee 1912-1914

Die Konzepte »Sozialimperialismus« und »Bonapartismus«, mit denen man bekannt- lich wichtige Forschungsergebnisse in bezug auf das deutsche Kaiserreich erzielt hat, sind neuerdings von mehreren Seiten angegriffen worden1. Es ist noch nicht überseh- bar, welche Elemente dieser Konzepte den Angriff überstehen werden, bisher sind aber die folgenden Positionen verhältnismäßig unangefochten geblieben:

a) Die kaiserliche Regierung hat bisweilen eine aktive Außenpolitik geführt, in der Erwartung oder Hoffnung, eine derartige Politik könne die inneren Spannungen nach außen ablenken und dadurch zur Stabilisierung des sozialpolitischen Systems beitra- gen2.

b) Um den Reichstag für eine solche Politik empfänglicher zu machen, hat die Regie- rung Methoden angewandt, die in der Forschung üblicherweise als »plebiszitär« be- schrieben werden, d. h., man bemühte sich, die öffentliche Meinung direkt und nöti- genfalls gegen den widerstrebenden Reichstag aufzurütteln3.

c) Bei diesem Versuch spielten die sogenannten »vaterländischen Verbände«4 - hauptsächlich der Alldeutsche Verband, die Deutsche Kolonialgesellschaft und der Deutsche Flottenverein - insofern eine wichtige Rolle, als man teils offen, teils geheim von ihren Diensten Gebrauch machte, um öffentlichen Druck auf den Reichstag aus- zuüben, etwa in der Kampagne zugunsten des Flottenbaus und in den Reichstagswah- len von 1907s.

Zweck der folgenden Ausführungen ist nicht, die Gültigkeit dieser Positionen direkt anzugreifen. Es soll vielmehr die Frage gestellt werden, ob die Nachwirkung solcher Methoden tatsächlich zur Stabilisierung der sozialpolitischen Ordnung im Kaiserreich beigetragen hat, und untersucht werden, unter welchen Umständen sich der Reichstag 1912/13 mit zwei riesigen Militärvorlagen konfrontiert sah und dieselben ohne nen- nenswerten Widerstand verabschiedete. Es handelt sich hier um die Geschichte eines der vaterländischen Verbände, des Deutschen Wehrvereins (DWV), dessen Tätigkeit eine erhebliche Rolle in der Erledigung der beiden Wehrvorlagen spielte. Es soll nach- gewiesen werden, daß das Programm bzw. der Stil dieses Verbandes nachweislich in starken Ängsten verwurzelt war, was dahin führte, daß der Verband kein Verständnis für die Forderung der Innen- und Außenpolitik hatte, wie diese von der Regierung aufgefaßt wurden. Daraus ergab sich eine Situation, in der der DWV einigermaßen unkontrollierbar war und eine Agitation entfaltete, die letzten Endes das institutio- nelle Gleichgewicht des Kaiserreiches bedrohte.

I

Die Ursprünge des Deutschen Wehrvereins lassen sich unmittelbar bis in die Krise ei- ner ähnlichen, aber - wie zu zeigen sein wird - in einigen wesentlichen Aspekten ver- schiedenartigen Organisation, des Deutschen Flottenvereins (DFV), zurückverfol- gen. Aus den Forschungsergebnissen zweier neuerer Untersuchungen des D F V6 ist nun klar zu erkennen, daß die Geschichte dieses 1898 gegründeten Verbandes weitge- hend geprägt wurde durch einen fortlaufenden Streit zwischen zwei entgegengesetzten Richtungen, der die Existenz des DFV selbst aufs Spiel zu setzen drohte. Die eine - gouvernementale - Richtung sah die Rolle des Verbandes hauptsächlich darin, der Re- 7 M G M 1 / 7 9 gierung, d. h. in erster Linie dem Reichsmarineamt, in der propagandistischen Vorbe-

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reitung der deutschen Öffentlichkeit für den Flottenbau Dienst zu leisten; daraus folgte aber, daß die Initiative und die Anweisungen für diese Propagandakampagne ausschließlich von den Behörden kommen sollten. Diese Ansicht wurde jedoch von dem anderen - »radikalen« - Flügel des DFV heftig bekämpft. Er beharrte darauf, daß die Organisation als unabhängiger Schrittmacher der Behörden arbeiten sollte, daß der DFV besser als das Reichsmarineamt in der Lage war, die Bedürfnisse der Flotte in ei- ner gefährlichen Weltlage zu beurteilen, und daß daher die Aufgabe des DFV darin lag, eventuell seine eigene Initiative durch den Druck der öffentlichen Meinung der Regie- rung sowie dem Reichstag aufzuzwingen. Die Stärke der radikalen Position lag in dem Fanatismus ihrer Anhänger, der seinerseits aus der Überzeugung stammte, daß sich Deutschland mehr und mehr isoliert in einer feindlichen Welt befand und daß die pau- senlose Aufrüstung in Vorbereitung auf einen unvermeidlichen Krieg deshalb das Ge- bot der Stunde war. Die Anhänger der gouvernementalen Position waren weitaus empfänglicher für die Gebote der deutschen Innen- und Außenpolitik, wie diese von Alfred v. Tirpitz bestimmt wurden, so etwa die Notwendigkeit eines stufenweisen Flottenaufbaus, damit man sich auf eine stabile Reichstagsmehrheit einschließlich des Zentrums verlassen bzw. den Flottenbau, ohne die Engländer übermäßig zu alarmie- ren, weitertreiben konnte. Als Hebel gegen die Radikalen konnten die Anhänger die- ser Position auf die Tatsache hinweisen, daß der DFV unter der Gunst der Regierung gediehen war: der Aufbau der Organisation hatte ja größtenteils unter Mitwirkung der staatlichen Bürokratien stattgefunden und die Landes- und Provinzialverbände des DFV standen jeweils unter fürstlichem oder amtlichem Protektorat. Die Auseinander- setzung zwischen den beiden Flügeln gipfelte 1905-1908 dennoch in einer Krise, als sich die Radikalen unter der Führung von Generalmajor a.D. August Keim immer of- fener gegen die Regierung auflehnten und man mit der Möglichkeit einer Sprengung der ganzen Organisation zu rechnen begann. Die Krise endete erst 1908, als die Regie- rung ihren letzten Trumpf ausspielte und der Kaiser direkt gegen Keim einschritt. Es folgte der Austritt von ca. 4000 Anhängern Keims. Nach einer Periode akuter Unge- wißheit war aber das Fortbestehen des DFV in einer den Ansichten des Reichsmarine- amts entsprechenden Form sichergestellt.

Damit war aber die ideologische Tendenz, die Keim und die nunmehr wegen ihrer Be- handlung durch die Regierung erbitterten Radikalen fortan vertraten, keineswegs er- ledigt. Nach ihrem Ausscheiden aus dem DFV schlossen sich manche von ihnen ande- ren vaterländischen Vereinen, besonders dem extremen Alldeutschen Verband (ADV) an, wo sie, wie Keim, eine »zweite politische Heimat« fanden7. Obwohl der ADV nicht einmal ein Zehntel der Mitgliederzahl des DFV erreichte, bildete er einen Hort und organisatorischen Sammelpunkt für einen radikalen Nationalismus, der bloß auf die richtige Gelegenheit wartete, um in einem weitaus breiteren Publikum seine An- schauungen geltend zu machen.

Die Marokko-Krise im Sommer 1911 bot diese Gelegenheit, als sich in weiten Kreisen der deutschen Öffentlichkeit die Erkenntnis verbreitete, daß ein europäischer Krieg durchaus im Bereich des Möglichen lag8. Innerhalb des ADV hatte die Krise sehr tief- gehende Nachwirkungen: der Verband wurde vom Auswärtigen Amt während der Krise dazu ermuntert, von der deutschen Regierung eine kompromißlose Politik zu fordern, so daß die von der Regierung in der Tat gefundene Kompromißlösung den enttäuschten und entrüsteten Führern des Verbandes als Verrat an nationalen Interes- sen vorkommen mußte9. Im Herbst 1911 versuchten die enttäuschten Führer des Ver- bandes, ihre Folgerungen aus der Krise zu ziehen. Sie gelangten zu dem Schluß, die deutsche Politik in der Marokko-Krise sei u. a. daran gescheitert, daß die deutsche Flotte immer noch nicht stark genug gewesen sei, um den deutschen Forderungen in 8 London Nachdruck zu verleihen. Die Engländer hatten aber so entschieden in die

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Krise eingegriffen, daß ein europäischer Krieg in Bälde unvermeidlich erscheinen mußte. Angesichts dieser Situation waren sich die Führer des Verbandes darin einig, daß die deutsche Flotte in dem bevorstehenden Krieg von verhältnismäßig geringem Wert sein würde, und daß daher alles darauf ankam, die so lange zugunsten der Flotte politisch und finanziell vernachlässigte deutsche Armee so rasch wie möglich zu ver- mehren und zu modernisieren10.

Im September 1911 waren diese Überlegungen Gegenstand der Beratungen im Füh- rerkreis des ADV, besonders zwischen dem Vorsitzenden des Verbandes, Heinrich Class, und August Keim, der inzwischen in den nationalen Ausschuß des ADV als Mi- litärsachverständiger kooptiert worden war. Es entstand allmählich der Plan, der ADV sollte selbst die Verstärkung der deutschen Armee in Angriff nehmen und zwar dadurch, daß man mittels Aufrüttelung der öffentlichen Meinung die Regierung und den Reichstag unter unwiderstehlichen Druck setzte. Da der ADV selbst für eine sol- che, die breiten Volksmassen berührende Aufgabe zu exponiert und umstritten er- schien, lag es nahe, einen scheinbar vom ADV unabhängigen »Armeeverein« »nach dem Muster des alten Flottenvereins«, d.h. völlig unabhängig von der Regierung ins Leben zu rufen11.

Es lag gleichfalls nahe, daß Keim der spiritus rector der zu gründenden Organisation werden sollte - kraft seiner abermals bewiesenen propagandistischen Begabung, seiner Erfahrung im DFV sowie seiner für einen 66jährigen noch erstaunlichen Energie12. Als Mitarbeiter in der neuen Organisation konnte er eine Gruppe von Männern um sich versammeln, deren Laufbahnen der seinen insofern ähnelten, als alle pensionierte Generale waren, die anschließend in vaterländischen Vereinen schon eine führende Rolle gespielt hatten. Schon als Gouverneur von Deutsch-Ostafrika hatte Eduard v.

Liebert13 seinen Kolonialenthusiasmus zur Schau gestellt, und als er 1903 zur Disposi- tion gestellt worden war, wurde er einer der führenden Männer in der Deutschen Ko- lonialgesellschaft (DKG), im ADV und in dem 1904 von ihm mitbegründeten Reichs- verband gegen die Sozialdemokratie. In Deutsch-Ostafrika war auch Lieberts Freund Johannes v. Wrochem14 tätig gewesen, der nach seiner 1908 erfolgten Pensionierung ebenfalls Mitglied des ADV wurde. Karl Litzmann15 war einst Direktor der Berliner Kriegsakademie; als er 1905 als Generalleutnant aus dem aktiven Militärdienst austrat, folgte er seinem Interesse an patriotischer Erziehung in einer Reihe von Jugendver- bänden sowie im ADV weiter. Das letzte Mitglied im Kreis der engeren Mitarbeiter Keims war Wigand v. Gersdorff, der sich nach seiner Pensionierung im Jahre 1911 als Korrespondent für die »Hamburger Nachrichten« und andere Zeitungen ausgespro- chen nationalistischer Prägung betätigte, ohne aber eine exponierte Stellung in den va- terländischen Vereinen zu übernehmen.

Diese Mitarbeiter Keims - und Keim selbst - waren eigentlich Vertreter eines neuen sozialen bzw. beruflichen Typs in der Geschichte des Kaiserreichs. Es waren nämlich hohe Armeeoffiziere, die nach erfolgreicher Laufbahn in der nach 1871 rasch vergrö- ßerten Armee in Schwierigkeiten geraten waren, Keim ζ. B. wegen seiner Neigung zur politischen Intrige in den 90er Jahren, Liebert und Wrochem wegen Zwistigkeiten mit der zivilen Kolonialverwaltung. Die Schwierigkeiten solcher Offiziere ergaben sich letzten Endes daraus, daß sie pflichttreue aber ehrgeizige Soldaten waren, deren Lei- denschaft, das Kriegspotential des Heeres zu erhöhen, ihnen die Einsicht versperrt hatte, daß sich die Aufgabe der deutschen Armee keineswegs in der Vorbereitung und Durchführung von Kriegsmaßnahmen erschöpfte, sondern daß es zugleich die Rolle der Armee war, das soziale Uberleben des preußischen Adels zu gewähren, und daß die Grenzen der Reformen, die die Armee ertragen konnte, deshalb ziemlich eng ge- zogen waren16. Als sie sich enthusiastisch für Reformen einsetzten, wie etwa Litz- 9 mann für die Reform des Studienplanes der Kriegsakademie, kamen sie häufig mit ih-

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ren Vorgesetzten in Konflikt und wurden vom herrschenden Sozialkonservatismus der Armeeführung enttäuscht. Das Α und Ο ihrer Weltanschauung war der Krieg, seine Unvermeidbarkeit und zunehmende Wahrscheinlichkeit sowie die Notwendig- keit, alle Aspekte des öffentlichen Lebens der Kriegsvorbereitung unterzuordnen.

Nach der oft unter etwas trüben Umständen erfolgten Pensionierung fanden sie ironi- scherweise weit mehr Verständnis für ihre Ansichten im ADV als in der Armee, denn nicht nur war die Ideologie des ADV auf der Unvermeidlichkeit des internationalen Konflikts begründet, sondern der Verband war auch weniger abgeneigt als die Armee, die Konsequenzen aus dieser Ideologie zu ziehen.

Im Herbst 1911 begannen Keim und seine Mannschaft mit den Vorbereitungen für eine neue agitatorische Organisation, die es ihnen ermöglichen sollte, ihre Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen. Es sagt viel über die Tragweite der von der Marokko-Krise angeregten Ängste im Kaiserreich aus, daß ihre Bemühungen sofort einen großen Er- folg hatten. Ein mit einer Reihe hervorragender Unterschriften gezierter Aufruf lag schon vor, als Keim am 19. Dezember 1911 in der Presse seine Absichten ankündigte, einen neuen Verband als Gegenstück zum DFV zu begründen, der »Deutscher Wehr- verein« heißen sollte. Die Ereignisse des letzten Sommers, so behauptete Keim, hätten die großen Unzulänglichkeiten des deutschen Heeres ans Licht gebracht, die das Er- gebnis einer aus enger Parteipolitik und unbesonnener Knauserei stammenden Ver- nachlässigungspolitik seien. Es sei also dringend geboten, so Keim, »einen Verband zu schaffen, der wehrpolitisch wirkt, der das deutsche Volk über die zwingende Not- wendigkeit aufklärt, den Ausbau unseres Heeres nach verschiedenen Richtungen hin zu beschleunigen, dessen innere Tüchtigkeit zu heben und seine Kriegsbrauchbarkeit auf einen möglichst hohen Stand zu bringen«

17

.

Die Vorbereitungen wurden während der Reichstagswahlkampagne im Januar 1912 fortgesetzt, indem man nun Führer für die Ortsgruppenvorstände heranzog. In vielen Fällen waren es die Ortsgruppen der schon bestehenden vaterländischen Vereine - ADV, DFV, DKG und des Deutschen Ostmarkenvereins - , die die Neugründungen in Angriff nahmen und fortan den Kern der DWV-Ortsgruppen bildeten

18

. Als Keim dann am 28. Januar 1912 in Berlin vor einer Versammlung von mehr als 1000 Offizie- ren und führenden Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft den DWV feierlich ins Leben rief, standen schon über 4000 Mitglieder in den Listen

19

. In den nationalen Ausschuß des neuen Verbandes zogen, mit Keim (als Vorsitzendem), Litzmann, Gersdorff, die Reichstagsabgeordneten Hermann Paasche (NL) und Hermann v.

Drewitz (K), Georg Büxenstein, Heinrich Rippler von der »Täglichen Rundschau«

und Dietrich Schäfer ein

20

.

Im Februar 1912 erschien ein neuer Aufruf, der von über 100 pensionierten Generalen, Industriellen, Kaufleuten und Professoren unterschrieben worden war. Das Wachs- tum des neuen Verbandes war nun überraschend. Im Juni 1913 waren es schon 250 Ortsgruppen, deren Mitgliederzahl 30000 Einzel- und 100000 körperschaftliche Mit- glieder betrug. Damit war der DWV, hinter dem DFV, der zweitgrößte derartige Ver- band geworden

21

. In der Ausgestaltung jedoch unterschied sich der DWV insofern wesentlich vom DFV, als die Expansion des neuen Verbandes ganz ohne die aktive Beihilfe oder Vermittlung der Regierung stattgefunden hatte, was dazu führte, daß die Einflußmöglichkeiten, die der Regierung im Falle des DFV durch die Struktur und den Aufbau des Verbandes zur Verfügung standen, im DWV fast vollkommen fehlten.

Um die Verwaltung des DWV zu koordinieren, wurde eine Geschäftsstelle in Berlin

eingerichtet unter der Leitung von Hermann Müller-Brandenburg, einem jungen

Journalisten mit redaktionellen Verbindungen zur »Post«

2 2

. Dieser war u.a. verant-

wortlich für die Herausgabe der Verbandszeitschrift »Wehr« sowie eines Korrespon-

denzblattes, mit dem der DWV regelmäßig mehrere hundert Zeitungen versah. Damit

(5)

war Keim von den täglichen Verwaltungsaufgaben der Organisation weitgehend be- freit, so daß er nach außen die Rolle des Hauptideologen des DWV als Redner und Journalist übernehmen konnte.

II

»Der >Deutsche Wehrverein< erstrebt die Stärkung des vaterländischen Bewußtseins, sowie die Erhaltung eines mannhaften Geistes im deutschen Volke. Besonders tritt er dafür ein, die deutsche Wehrmacht innerlich wie zahlenmäßig so stark zu machen, daß sie unbedingt imstande ist, den Schutz des Reiches und dessen Machtstellung in der Welt zu verbürgen.«

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Wie die Statuten des DWV kundgaben, setzte sich der Verband als Hauptaufgabe, die Kampfbereitschaft der deutschen Wehrmacht, in erster Linie aber des Heeres, zu erhöhen; ebenso klar war aus den Statuten zu ersehen, daß die Tä- tigkeit des Verbandes in diesem Bereich ideologische Wurzeln in einer viel breiteren politischen Weltanschauung hatte, die ihrerseits den DWV über das Verlangen nach Reform der Armee hinaus vorantrieb.

Die Fachkenntnisse, die Keim und seine Mitarbeiter für sich als alte Offiziere in An- spruch nehmen konnten, machten sie zu überzeugenden Kritikern der Organisation, Gliederung und der technischen Fähigkeiten der Armee. Nach ihrer Meinung lag die größte Unzulänglichkeit der deutschen Armee darin, daß sie ihre numerische Überle- genheit über das französische Heer eingebüßt hatte, weil ungeachtet des in der Reichs- verfassung vorgeschriebenen Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht viele Taugliche, ja bis zu einem Drittel der jährlichen Kontingente, dem Militärdienst entgangen waren.

In historischer Perspektive scheint es klar, daß der Sozialkonservatismus und die Furcht vor einer sozialistischen Rekrutenwelle in der Armee die Gründe dafür waren, daß die Armeeführung ständig darauf verzichtet hatte, die jährlichen Kontingente aus- zuschöpfen. Derartige Überlegungen waren aber den Führern des DWV, die nur die technischen Nachteile einer solchen Versagungspolitik sehen konnten, völlig unbe- greiflich

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. Es ist aber bezeichnend für die Mentalität Keims und seiner Mitarbeiter, daß nicht einmal die massive Heeresvermehrung von 1913 sie überzeugen konnte, daß Deutschland sich nun endlich anschickte, sein Menschenmaterial so gründlich und wirksam wie die Franzosen auszunutzen

25

.

Ein sehr interessanter Zug des Programms des DWV war ja die Art, in der seine Ver- treter immer wieder auf die französische Armee als Muster für die in der deutschen Armee einzuführenden Reformen hinwiesen. So war etwa das angeblich glanzvolle französische System der Reservistenausbildung, das auf größeren regulären Offizier- kadern und längerer Ausbildungszeit basierte, die Inspiration für die entsprechenden vom DWV befürworteten Maßnahmen in der deutschen Armee

26

. Dasselbe französi- sche Muster galt auch für andere Forderungen des DWV: etwa die Reorganisation der Kavallerie bzw. die Zusammensetzung der Kavalleriedivisionen aus bestehenden Bri- gaden schon vor einer Mobilmachung

27

; die Erhöhung der Beweglichkeit der Artille- riebatterien durch Herabsetzung der Geschützzahl von sechs auf vier

2 8

; Erhöhung der Zusammensetzung sämtlicher Infanterieregimenter auf drei Bataillone sowie Vermeh- rung der jeweiligen Maschinengewehreinheiten

29

; größere Verwendung des Motor- transports

30

und intensivere Erforschung der militärischen Verwendungsmöglichkei- ten der Flugzeuge

31

.

Als sie für diese militärischen Reformen eintraten, gingen die Vertreter des DWV da-

von aus, daß ein Krieg mit Frankreich und Rußland durchaus möglich war, und daß

man deshalb die deutsche Armee zahlenmäßig und organisatorisch erheblich moderni-

sieren mußte. Sie haben sich freilich dem Vorwurf des übermäßigen Eifers nicht ent-

11 ziehen können und wohl auch fragwürdige Statistiken aufgeführt, um die Schwäche

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der deutschen Armee gegenüber der französischen nachzuweisen3 2. Immerhin haben Keim und seine Mitarbeiter Reformen gefordert, die, vom technischen Standpunkt her, durchaus begründet, ratsam, ja längst überfällig zu sein schienen33. Die militäri- sche Situation der deutschen Armee hatte sich gegenüber der zu erwartenden Kombi- nation der russischen und französischen Armeen in der Tat verschlechtert und die grandiosen Operationspläne des deutschen Generalstabes mußten ohne solche Re- formen, wie sie der DWV forderte, ziemlich aussichtslos erscheinen. Wenngleich sie die militärischen Tugenden des französischen Gegners erheblich überschätzten, zeig- ten Keim und andere Führer des DWV ein weit zutreffenderes Verständnis für die technischen Gegebenheiten des modernen Krieges als die Soldaten und Zivilisten, die für die deutsche Militärpolitik zuständig waren, die freilich auch Überlegungen nichtmilitärischer Art mit in Erwägung ziehen mußten.

Allerdings stellten diese im technischen Sinne durchaus vernünftigen Reformen nur den Gipfel eines viel breiteren ideologischen Konzeptes dar. Wollte man sich bloß mit der Aufzählung der vom D W V befürworteten militärischen Maßnahmen zufrieden- geben, würde man der weit problematischeren Natur dieses breiteren ideologischen Systems sowie der Bedeutung dieses Systems für die Motivation des DWV nicht ge- recht werden. Im folgenden soll also versucht werden, die Fragestellung in breitere analytische Kategorien auszuweiten, um so einen Beitrag zu einer Erklärung der Ideo- logie des D W V sowie der weiteren ideologischen Tradition des radikalen Nationalis- mus im wilhelminischen Deutschland leisten zu können.

Die Weltanschauung des D W V war auf einem Netz von Ängsten und Besessenheiten aufgebaut sowie auf der Überzeugung, der Krieg mit Frankreich und Rußland sei nicht nur möglich, sondern unvermeidlich und nahe bevorstehend. In den Augen der Füh- rer des D W V waren die Hauptmerkmale der politischen Welt überhaupt eine Unzahl von Feinden und bösen Kräften, die das Deutsche Reich umringt hatten und die Exi- stenz des Reiches bedrohten. Frankreich war nur der hervorragende Feind des Rei- ches, keineswegs der einzige: Rußland und England gehörten auch dazu, außerdem hatten sich Italien, die Niederlande, Dänemark, sogar Spanien vermeintlich den Rei- hen der Feinde Deutschlands angeschlossen34. Schlimmer noch als diese verhältnis- mäßig leicht zu erkennenden Feinde aber war die allmähliche, doch ständige Unter- grabung der deutschen Kultur durch subtilere, schleichende Kräfte. Beweise für deren Erfolg konnte man überall verspüren, so etwa in der unaufhaltsamen Verstädterung des Landes, die einen gesteigerten Individualismus, Materialismus, Kommerzialismus und eine »entartete« Kultur zur Folge hatte3 5, in der Entfremdung der deutschen Frau von der ihr eigenen Rolle in der Familie36, in der Beliebtheit, der sich ausländische Sprachen und Manieren in Deutschland erfreuten3 7, in der anwachsenden Macht des Sozialismus und Pazifismus3 8, in der Gemeingültigkeit des selbstsüchtigen Partei- geistes39 und im Rückgang des deutschen Patriotismus4 0.

Charakteristisch für eine derartige Weltanschauung, die Fritz Stern unter der Rubrik

»Kulturpessimismus« analysiert hat4 1, war es, daß die Vertreter des DWV außer- stande waren, solche angeblich bedrohlichen Entwicklungen als Ergebnisse langfristi- ger »Trends« im sozialen oder kulturellen Wandel aufzufassen. Keim und seine Mitar- beiter schrieben die Verantwortung dafür eher selbständigen, planbewußt handeln- den, d . h . äußerst schlauen und mächtigen Akteuren zu, die nichts weniger als den Niedergang Deutschlands erstrebten. Man konnte einige von diesen Akteuren, oder mindestens deren offensichtliche Anzeichen identifizieren, etwa bei den Sozialdemo- kraten, bei der Frauenbewegung oder bei der Friedensbewegung. Es waren aber dar- über hinaus Kräfte an der Arbeit, denen es bisher gelungen war, mehr oder weniger geheim zu bleiben. Man findet daher häufig in der Literatur des DWV Warnungen vor

»wohlorganisierten internationalen Kräften«, »zahllosen heimlichen und offenen

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Feinden«, »planmäßigen volksfeindlichen Machenschaften gewissenloser Kreise«,

»Volksverführern« und anderen solchen Feinden, die »böse Absichten« hegten und

»vielfach unter trügerischer Maske einherschreiten«42. Die Wehrvereinler waren aber davon überzeugt, daß diese feindlichen Kräfte, so zahlreich und verschiedenartig sie auch immer waren, letzten Endes - wenn auch in noch unerkannter Weise - als eng miteinander verbundene Untergruppen einer gegen Deutschland gerichteten Ver- schwörung arbeiteten4 3.

Es fällt dem Historiker nicht leicht, derartige Ansichten zu erklären, die im histori- schen Rückblick als verzerrt, wenn nicht phantastisch erscheinen. Glücklicherweise stehen dem Historiker Begriffe aus anderen Disziplinen zur Verfügung, die eine Ein- schätzung der Bedeutung dieses ideologischen Komplexes fördern können. Es handelt sich hier nämlich um ein klares, ja fast klassisches Beispiel für paranoide Denkweisen.

Die Bedeutung und die Grenzen dieser Beobachtung dürfen aber nicht mißverstanden werden. Es soll hier nämlich nicht behauptet werden, daß Keim und die anderen Ver- treter des DWV, die sich solche Ansichten zu eigen gemacht hatten, unter irgendwel- chen Geisteskrankheiten oder Verwirrungen litten, sondern es soll vielmehr unterstri- chen werden, daß nach übereinstimmender Meinung der heutigen Psychologie Cha- rakterzüge, die man zutreffend als - mindestens mild - paranoid beschreiben kann, fast überall in der Bevölkerung zu finden sind und daß sich die Begriffe »normal« und

»abnorm« nur graduell unterscheiden44. Daraus erklärt sich, daß bei manchen Perso- nen die paranoiden Charakterzüge verhältnismäßig ausgesprochen hervortreten, ohne daß diese Personen aber unter mehr als einer milden Neurose - wenn überhaupt dar- unter - leiden. Man kann eher sagen, daß etwa »paranoide Ansichten«, »paranoide Denkweisen«, oder ein »paranoider Stil« hervorstechende, doch nicht abnorme Per- sönlichkeits- bzw. Charakterzüge darstellen4S. In der psychologischen Literatur herrscht im allgemeinen Übereinstimmung darüber, daß paranoide Denkarten die Rolle der Egoverteidigung gegen unerträgliche, aus einem psychologischen Trauma entstehende Gefühle der Schuld, Frustration, Demütigung, Unsicherheit oder Angst spielen4 6. Diese Gefühle wandeln sich dann in Gefühle der Aggression und Feindse- ligkeit um, die sich wiederum auf der Erkenntnisebene in dem Versuch niederschla- gen, »die Realität wiederaufzubauen« und zwar so, daß sich diese Unsicherheiten und Frustrationen bewältigen lassen, indem man die Aggressionsgefühle auf äußere Ob- jekte überträgt und denselben ein feindseliges Verfolgungsanliegen zuschreibt. In ex- tremen Fällen des paranoiden Denkens ist dieser »Wiederaufbau der Realität« ziemlich vollständig und nimmt psychopathische Dimensionen an. Andererseits ist der Ab- stand von der »objektiven Realität« viel geringer in milderen Fällen, wobei der Reali- tätswiederaufbau häufig auf der Grundlage der jeweils gültigen Kulturnormen statt- findet, so daß die vermeintlichen Verfolger in der Gestalt kulturbestimmter »Out- groups« auftreten können4 7. Psychologisch sind also paranoide Ansichten und Vorur- teile ethnischer, sozialer usw. Art verwandte Denkweisen; beide Denkweisen können ferner gelernt werden, obschon gewisse Personen vom psychologischen Hintergrund her freilich bessere »Schüler« sind als andere4 8.

Die Auswirkungen dieses psychologischen Prozesses - die Übertragung der inneren Aggressionen nach außen (das sogenannte projektive Denken) und der darauf erfol- gende Wiederaufbau der Realität - spiegeln sich in den Themen wider, die dem, was man als das paranoide Syndrom bezeichnen kann, die Gestalt verleihen:

a) Die Uberzeugung, daß man verfolgt wird, zunächst von unbestimmten bzw. nicht völlig verstandenen Kräften.

b) Eine Uberempfindlichkeit gegenüber sämtlichen vermeintlichen Spuren solcher Kräfte.

c) Die endgültige Erkenntnis und Definition dieser Kräfte als eine »paranoide pseu-

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do-Gemeinschaft«4 9, d . h . als eine zugleich aus tatsächlichen und eingebildeten Kräf- ten zusammengesetzte, gegen die paranoide Person gerichtete Verschwörung.

d) »Selbstzentralität«, d . h . die Tendenz der paranoiden Person, sich als das Zentral- objekt einer Verschwörung anzusehen und daher Gefühle der Selbstrechtschaffenheit oder sogar einer grandiosen Selbstüberlegenheit anzunehmen, in dem Glauben, die Verschwörung sei letzten Endes durch Bewunderung oder Neid gegenüber der para- noiden Person selbst motiviert.

e) Eine »manichäische Psychologie«5 0: die Neigung, die Welt in absolut Gutes und Böses zu teilen, und zwar in einer Weise, die der Gegenüberstellung der paranoiden Person und der gegen diese Person gerichteten Verschwörung entspricht.

f) Ein militanter, gegen die Verschwörung gerichteter Aktivismus, der sich unmittel- bar aus den Spannungen einer sehr moralistischen Auffassung der Welt ergibt.

Es wurde schon darauf hingewiesen, wie deutlich die Verfolgungsgefühle in den pro- grammatischen Aussagen des DWV hervortreten, und wie man die feindlichen Kräfte als eine letzten Endes koordinierte Verschwörung darstellte - eine »pseudo-Gemein- schaft«, wenn man will, die sich aus alledem zusammensetzte, »was Deutschland un- freundlich gesinnt ist«5 1. Es ist auch nicht schwer, andere Züge einer paranoiden Weltanschauung in der Ideologie des D W V nachzuweisen, so ζ. B. die Auswirkungen des projektiven Denkens in der charakteristischen Neigung der Wehrvereinler, die französische Armee als Muster, d. h. als die moralische wie auch die technische Recht- fertigung für die massive Reform des deutschen Heeres anzusehen. Noch ausgespro- chener war die straff moralistische Zweiteilung der politischen Welt in der Ideologie des DWV (was die Psychologen als »Dichotomization« beschreiben würden): auf der einen Seite war Deutschland, ein Land, das eine dynamische, kraftvolle Kultur umfaß- te, dessen »Lebensart« ein »Kulturgut der Menschheit« darstellte und dessen Natio- nalcharakter durch solche Tugenden wie Ehrlichkeit, Ritterlichkeit, Arglosigkeit und Friedfertigkeit geprägt wurde5 2. Demgegenüber stand die Verschwörung, die sämtli- che Feinde des deutschen Volkes sowie des D WV mit einbezog und die es verstanden hatte, gerade die deutschen Tugenden für feindliche Zwecke auszunutzen. Auf diese Weise wurde in den Augen der Wehrvereinler Politik zur Moral: bei jeder politischen Frage handelte es sich in der letzten Analyse um moralische Absolutheiten, die Zwei- deutigkeit, Kompromiß und Neutralität ausschlossen. Dies war eine Uberzeugung, die im Titel einer vom DWV herausgegebenen Broschüre, die 1913 mitten in den Reichstagsverhandlungen über die Wehrvorlage erschien, eindeutig ausgesprochen wurde: »Wer die Wehrvorlage verwirft, ist ein Volksfeind!«53

Hinzu kam eine Einsicht, die die ohnehin in dieser moralistischen Weltanschauung in- newohnende Spannung und Dringlichkeit immer mehr steigerte: die Gegenüberstel- lung Deutschlands mit seinen Feinden sollte demnächst in einem apokalyptischen Krieg gipfeln. Nach Ansicht Keims war es unvermeidlich, daß Deutschland von seinen Feinden unter der Führung Frankreichs überfallen werden würde; überdies sahen die Wehrvereinler diesem Krieg mit Erleichterung, ja mit Erregung entgegen, zumal er nichts weniger als »ein heiliger Krieg« sein würde, durch den sich alle Streitfragen klä- ren würden und alle streitenden Kräfte würden Farbe bekennen müssen5 4. Kurzum:

alles mußte aufs Spiel gesetzt werden. »Im nächsten Krieg«, schrieb Wrochem 1912, laute »die Entscheidung nicht über Sieg oder Niederlage, sondern über Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes, des Germanentums überhaupt«5 5. Ein deutscher Sieg bedeute den Triumph des Guten über das Böse schlechthin, wobei Deutschland freilich seine berechtigten - allerdings in der programmatischen Literatur des DWV nie präzisierten - Ansprüche, »gehört zu werden in der Welt«5 6, behaupten würde.

Umgekehrt wäre eine deutsche Niederlage eine unvorstellbare Katastrophe. »Welt- macht oder Niedergang!« wie es Müller-Brandenburg kurz vor Ausbruch des Welt-

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krieges ausdrückte, »es gibt kein Drittes!«57

Die moralischen Imperative dieser Weltanschauung wirkten sich sehr zwingend aus, und sie bieten die Erklärung dafür an, wie der DWV 1912 so militant und kompromiß- los in die deutsche Politik eintauchen konnte. Der Verband setzte sich als Aufgabe, das deutsche Volk auf den unvermeidlichen Krieg vorzubereiten, aber die Maßnahmen, die der DWV forderte, griffen weit über die Verstärkung des Heeres hinaus. Um zur

»Stärkung des vaterländischen Bewußtseins« beizutragen, hatte sich der DWV vorge- nommen, die moralische Entschlossenheit aller Deutschen zu steigern. Von der Regie- rung verlangte er eine starke, aktive Außenpolitik, um den Patriotismus zu Hause zu pflegen58. Gegen diejenigen, die sich schon als unpatriotisch oder volksfeindlich ent- puppt hatten, forderte der DWV umfangreiche Gegenmaßnahmen59. Vor allem aber bemühte sich der DWV um die deutschen Volksmassen, die, wie es schien, durch und durch treue Patrioten waren, die sich aber anscheinend noch nicht der großen Gefah- ren für das Vaterland bewußt waren: hier sollte der DWV Aufklärung bringen, patrio- tische Gefühle wecken und den Kampf führen »gegen Gleichgültigkeit, Indolenz und jene Lorbeerhypnose, die sich seit den siebziger Jahren in unsrem Volke allmählich eingebürgert hat« 60. Weil sie ferner glaubten, daß sich Deutschlands Feinde nicht vor den skrupellosesten Maßnahmen scheuten, wollten die Führer des DWV dem deut- schen Volk einen fast grenzenlosen Fanatismus einprägen. In dieser Hinsicht verdient die Rede Keims vor der zweiten Hauptversammlung des DWV im Mai 1913 ziemlich ausführlich zitiert zu werden, da sie seinen eigenen Fanatismus sowie das diesem Fana- tismus zugrundeliegende projektive Denken eindeutig enthüllt:

Zu der Wehrhaftigkeit gehört auch das Empfinden, einmal ordentlich hassen zu kön- nen. Bismarck hat einmal gesagt: »Ich habe die ganze Nacht gehaßt!« und der Mann hat auch am Tage gehaßt. Ich bin der Meinung, daß man z.B. ein Volk hassen darf, das dem deutschen Volke ans Leben gehen will; da hasse ich wenigstens! (Lebhafter Bei- fall). Da ist mir neulich ein französisches Buch in die Finger gekommen, von einem französischen Professor: Ja, wissen Sie da ist der Η aß gegen uns gepredigt, vermischt mit einer Verlogenheit, die, Gott sei Dank bei uns nicht möglich ist. Das Buch ist der französischen Jugend gewidmet; sie wird also schon im Haß gegen Deutschland sy- stematisch erzogen. Ich will Ihnen nicht meine Gefühle des Hasses gegen jeden, den ich als Feind meines Volkes ansehe, aufoktroyieren, aber ich mache Ihnen einen Vor- schlag, daß in uns Deutschen wenigstens ein heiliger Zorn entsteht, wenn, wie in Frankreich, systematisch gegen Deutschland gehetzt und gelogen wird. Ich meine, da haben wir das Recht, wenigstens Zorn haben zu dürfen. Und dieser Zorn muß auch entwickelt werden, es muß dem deutschen Jungen schon klar gemacht werden, auch dem deutschen Mädel: du hast ein Recht, die Feinde deines Vaterlandes zu hassen!

(Bravo!)61

Aus den programmatischen Aussagen des DWV läßt sich also deutlich die Schlußfol- gerung ziehen, daß die Ideologie des Verbandes durch paranoide Symptome geprägt wurde. Man muß sich aber stets im klaren sein über die Bedeutung sowie die Grenzen dieser Schlußfolgerung. Sie bedeutet eigentlich nur, daß Keim und andere Führer des DWV einer Weltanschauung huldigten, die emotional hochgespannt war und auf der Grundlage ängstlicher Deutungsverdrehungen aufgerichtet bzw. aufrechterhalten wurde. Die Prämisse einer feindlichen Verschwörung, einmal aufgestellt, bot den Wehrvereinlern den Deutungsrahmen, innerhalb dessen man weiterhin sämtliche po- litische Entwicklungen beurteilte. Tatsachen, die mit der Wirklichkeit einer Ver- schwörung nicht in Ubereinstimmung zu bringen waren, konnte man einfach als

»Vertuschungsmanöver« abtun; Kleinigkeiten, etwa das Singen der Marseillaise im französischen Sprachunterricht in deutschen Gymnasien, konnten umgekehrt als wei- tere Beweise für die Gefahren hochgespielt werden62. Diese ständig durch Verdacht und Hyperempfindlichkeit geprägte Realitätsdeutung war also an sich sehr folgerich- tig, ja in einem hohen Grad in sich abgeschlossen. Mit anderen Worten: dieses Welt-

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bild war, um mit Volker Berghahn zu reden, quasi-autistisch, d. h. in sich hermetisch abgeschlossen, widerstandsfähig gegen Einflüsse von außen, die nicht in die Prämisse hineinpaßten, zugleich aber operativ nach außen als die Quelle motivierender Impera- tive6 3.

Demzufolge darf man jedoch nicht - und dies muß deutlich betont werden - Keim und anderen Wehrvereinlern Geistesverwirrungen oder gar -krankheiten, d. h. abnormes oder gehindertes Verhalten unterstellen. Das ständige Anwachsen der Mitgliederzahl des D W V - im Juli 1913 betrug sie schon 78000 Einzel- und 190000 körperschaftliche Mitglieder sowie 440 Ortsgruppen64 - läßt keinen Zweifel daran zu, daß es sich hier um ein Weltbild handelte, dessen Hauptzüge keineswegs mit den Vorstellungen brei- ter Kreise der deutschen Öffentlichkeit in Dissonanz standen, es sei denn auch dieses Weltbild enthielt paranoide Züge.

Diese Betrachtung streift hier das viel breitere Problem der sozialpsychologischen Gründe für eine derartige Anfälligkeit für paranoide Denkweisen in weiten Kreisen des deutschen Volkes am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Der Versuch, dieses frei- lich kritische Problem anzugehen, würde leider die Grenzen dieses Beitrages spren- gen. Es sei hier nur einiges zum Thema der sozialen Gliederung des D W V bemerkt. Es liegen Angaben vor, die eine ziemlich genaue Analyse der Vorstände der Ortsgruppen bzw. deren Berufe ermöglichen65:

Ortsgruppenvorstände des D W V

Zahl v. H . Zahl v. H .

öffentliche Verwaltung 257 25,6

Allgemeine 68 6,8

Stadt / Gemeinde 53 5,3

Justiz 41 4,1

Post 36 3,6

Finanz 19 1,9

Eisenbahn / Telegraph 14 1,4

Polizei 3 0,3

Erziehung / Akademisch 156 15,6

Höhere (Hochschulen, Gymnasien) 73 7,3 Niedere (Volksschulen, usw.) 78 7,8

Studenten 5 0,5

Militär 138 13,7

Offiziere 131 13,0

Andere 7 0,7

Handel und Industrie 89 8,9

Freie Berufe 73 7,3

Landwirtschaft 63 6,3

Handwerk und kleinere Kaufleute 61 6,1

Kirchliche 20 2,0

Nichtakademische Intellektuelle 14 1,4

Verschiedene 144 14,3

Frauen 19 1,9

Berufe nicht, bzw. unklar angegeben 125 12,5

Abgesehen von der Uberproportion der Armeeoffiziere entsprach die soziale Gliede- rung des D W V weitgehend der Zusammensetzung der anderen vaterländischen Ver-

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eine6 6. Das spiegelt wohl eine Situation wider, in der die führenden Rollen in den DWV-Ortsgruppen vielfach von Personen übernommen wurden, die schon in ande- ren gleichartigen Organisationen aktiv gewesen waren, d. h. in Verbänden, wo man schon lange einen durch ähnliche Denkarten geprägten radikalen Nationalismus pfleg- te.

Damit ist natürlich das viel tiefere Problem der sozialpsychologischen Ursprünge des radikalen Nationalismus noch keineswegs erledigt. Aber wenn man sich ausschließlich mit der Einwirkung des DWV auf die Entstehung der Militärvorlagen von 1912 und 1913 befaßt, muß hier der Hinweis genügen, daß mit dem DWV ein Element in die deutsche Politik eintrat, dessen Tätigkeit gewissermaßen »irrational« motiviert und durch eine rasende, emotionale, ja unersättliche Energie geprägt wurde. Der Erfolg des DWV in der Mobilisierung einer breiten Gefolgschaft war eine weitere Gewähr da- für, daß der DWV unkontrollierbar und deswegen gefährlich werden könnte.

III

Die Geschichte der Wehrvorlagen von 1912 und 1913 ist schon mehrmals untersucht worden6 7. Die Rolle des DWV in der Entstehung und Verabschiedung der Vorlagen durch den Reichstag bleibt aber weitgehend unberücksichtigt.

Gleich dem DWV selbst konnte die Wehrvorlage von 1912 ihre unmittelbaren Wur- zeln bis auf die Marokko-Krise vom Sommer 1911 zurückführen, obwohl die Entste- hung der Vorlage völlig unabhängig von den damals immer noch im Anfangsstadium begriffenen Bestrebungen des DWV war. Die Vorlage stammte eher aus einem Res- sortstreit innerhalb der deutschen Regierung. Für Alfred v. Tirpitz bot die Marok- ko-Krise eine ideale'Gelegenheit, nunmehr für die Beibehaltung des andernfalls 1912 zu vermindernden Flottenbautempos zu drängen. Obgleich dieses Vorhaben vom Kaiser gutgeheißen wurde, traf es in anderen Ressorts auf Widerstand. Zunächst sträubte sich im Reichsschatzamt Adolf Wermuth dagegen, einen weiteren Flottenbau ohne entsprechende Erhöhungen der Steuereinnahmen zu billigen. Noch mehr beun- ruhigt über die Pläne Tirpitz' war der Kanzler, Theobald v. Bethmann Hollweg, der zu dieser Zeit auf eine Verständigung mit England bedacht war und fürchtete, der be- schleunigte Flottenbau könnte diese durch die Marokko-Krise ohnehin schon in Ge- fahr geratene Politik zunichte machen. Bezeichnend für die Verzweiflung (wenn auch nicht für die politische Klugheit) Bethmann Hollwegs war es, daß er nun mit Wermuth paktierte und versuchte, die finanzielle Undurchführbarkeit einer neuen Flottenno- velle nachzuweisen, indem er dem Kriegsminister, Josias v. Heeringen, einredete, die Armee sollte konkurrierende Forderungen auf eine Heeresvorlage erheben6 8. Bethmann Hollwegs Einladung stieß auf unterschiedliche Reaktionen in der Heeres- führung. Wenig Begeisterung zeigte der Kriegsminister selbst, der immer noch die Be- fürchtungen seiner Vorgänger hegte, daß eine erhebliche Erhöhung des Truppenbe- standes unvermeidlich eine Zunahme des sozialistischen Einflusses in den Mannschaf- ten sowie einen größeren Anteil der Nichtadligen im Offizierkorps mit sich bringen würde. Andererseits wurde Bethmann Hollwegs Vorschlag im Generalstab begierig aufgenommen, wo man Entscheidungen eher auf der Grundlage streng technischer Überlegungen traf und wo seit langem Verstimmung und Unruhe über die politische bzw. finanzielle Bevorzugung der Flotte vor der Armee geherrscht hatte. Ende No- vember 1911 erreichten der Generalstab und das zögernde Kriegsministerium aber ei- nen Kompromiß, der allerdings auf die größte Erhöhung der Truppenstärke seit 1893 hinauslief. Die geplante Vorlage sorgte nicht nur für das beschleunigte Inkrafttreten der in einer schon 1911 verabschiedeten Wehrvorlage vorgesehenen Maßnahmen im Bereich des Eisenbahntransportwesens, sondern auch für die Schaffung von zwei

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neuen Armeekorps und eine Vermehrung der Truppenstärke um 24000 Mann bzw.

1500 Offiziere und 5200 Unteroffiziere. Ende Januar 1912 stimmten Bethmann Holl- weg, Heeringen, Tirpitz und der Kaiser dem Plan zu, wonach man dem Reichstag die Heeresvorlage mitsamt einer erheblich herabgesetzten, den Bau von nur drei zusätzli- chen Großkampfschiffen zwischen 1912 und 1916 vorsehenden Flottennovelle einrei- chen würde6 9. Trotz der Einwände Wermuths, der bald darauf sein Amt niederlegte, vertrat Bethmann Hollweg die Ansicht, daß diese Wehrvorlage ohne durchgreifende Finanzreformen - die ohne Zweifel die Opposition der Konservativen erregt hätten - gedeckt werden könne.

Dieser Kompromiß wurde hinter verschlossenen Türen ausgehandelt. Seinen eigenen Angaben nach hatte Keim keine Ahnung davon, was die Regierung beabsichtigte, als er mit den Vorbereitungen für die Gründung des DWV begann7 0. Der erste Aufruf des neuen Verbandes erschien aber gerade in dem Augenblick, als die Regierung in einer Reihe inspirierter Zeitungsartikel ihre Pläne bekannt zu machen begann. Der DWV wurde also mitten in einer anwachsenden öffentlichen Kontroverse gegründet, in der freilich ein breiter Konsensus zugunsten der angedeuteten Heeresvorlage zu herrschen schien7 1.

Das Einschreiten des DWV verschob diese Kontroverse auf eine neue, radikalere Stu- fe, da der Verband nicht nur sämtliche Argumente zugunsten der Vorlage zu artikulie- ren trachtete, sondern auch eine Kampagne einleitete, die das Heer einer »vernichten- den« Kritik unterzog und auf unverzeihliche Unzulänglichkeiten in allen Truppengat- tungen sowie auf einen »unzweifelhaft nahe bevorstehenden Krieg«, der massivste Er- höhungen als unentbehrlich rechtfertigte, aufmerksam machte7 2. Der DWV selbst wurde eigentlich mehr umstritten als die Wehrvorlage. Nachdem die Sozialdemokra- ten die Vorlage verurteilt hatten, brandmarkten sie den DWV als »eine Organisation für systematische Kriegshetze«7 3. Die linksliberale Presse, in der man der Vorlage skeptischer gegenüberstand, sprach sich gleichfalls gegen die Keimsche Neugründung aus, ebenfalls die Zentrumspresse - freilich mehr aus Feindschaft gegen Keim als gegen das Prinzip der Armeereform7 4. Wie vorauszusehen war, reagierte die sogenannte

»nationale Presse«, welche die Ansichten der Nationalliberalen und Freikonservativen widerspiegelte, sehr positiv auf den DWV und dessen Forderungen7 5. Andererseits - was nicht vorauszusehen war - verhielt sich die »Kreuzzeitung« zunächst sehr kühl gegenüber dem DWV, wenngleich sie die Idee einer Wehrvorlage unterstützte; das konservative Organ fürchtete - mit gutem Grund daß die Forderungen des DWV mit den Absichten der Regierung wohl in Konflikt kommen könnten7 6.

Die Angst der Konservativen entsprach dem Dilemma der Regierung in ihrem Ver- hältnis zum DWV. Auf der einen Seite hoffte man, die Agitation des Verbandes würde zur komplikationslosen Erledigung der demnächst dem Reichstag einzureichenden Wehrvorlage beitragen. Mit anderen Worten: die Regierung würde den DWV auf die- selbe Weise wie vorher den ADV, DFV und die anderen vaterländischen Vereine aus- nutzen können; sie wäre in der Lage, Keim in aller Stille als Werkzeug für die Aufrüt- telung der öffentlichen Meinung zugunsten der Heeresvorlage zu ermuntern, um dann vor der Öffentlichkeit bzw. gegenüber ausländischen Regierungen so zu tun, als hätte nur der Druck der Öffentlichkeit die deutsche Regierung so weit gedrängt7 7. Ein der- artiges Vorgehen war jedoch nicht ohne Risiko. Keim hatte bereits im DFV bewiesen, daß er für die Rolle eines zahmen Werkzeuges nicht gerade geeignet war, zumal es der DWV, anders als der DFV, geschafft hatte, vollständig unabhängig von der Regierung zu bleiben, und Keim schon seine Absichten kundgegeben hatte, nötigenfalls nicht vor einer öffentlichen Kritik an der Regierung haltzumachen, falls der DWV die Reform- pläne der Regierung mangelhaft finden sollte7 8. Darüber hinaus hegten Bethmann Hollweg und das Auswärtige Amt die Hoffnung, daß die Heeresvorlage und die Flot-

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tennovelle eigentlich nicht übertrieben oder provokatorisch erscheinen würden, und sie mußten sich deshalb um die möglichen Auswirkungen des DWV in Deutschland wie auch im Ausland Sorgen machen79.

Das unmittelbare Problem für die Regierung war aber der Enthusiasmus, mit dem viele Armeeoffiziere die Tätigkeit des DWV begrüßten. Es stellte sich nämlich bald heraus, daß viele aktive Offiziere, ja in manchen Orten das ganze Offizierkorps dem neuen Verband beigetreten waren80. Falls der DWV Kritik an der Regierung üben sollte, war ein Konflikt zwischen Offizieren und Militärbehörden zu befürchten. Ge- rade die Tatsache aber, daß aktive Offiziere Mitglieder des DWV geworden waren, bot der Regierung die Gelegenheit, Zwangsmittel gegen Keim anzuwenden: falls sie er- klärte, der DWV sei nach den Bestimmungen des Reichsvereinsgesetzes von 1908 eine

»politische Organisation«, so hätte dies zur Folge gehabt, daß alle aktiven Militärper- sonen aus dem Verband hätten austreten müssen. Die Auswirkung einer solchen Maß- nahme würde dem DWV nicht nur einen hochangesehenen Teil der Mitglieder entzie- hen, sondern sie würde auch als ein klares Zeichen für die Opposition der Regierung gegen den DWV aufgefaßt werden, was zweifellos für die Ausbreitung des Verbandes hinderlich sein mußte.

Das Problem, ob die Regierung den DWV zu einer politischen Organisation erklären sollte, war vom Januar bis Mai 1912 Gegenstand einer langen Debatte, in der sich bald herausstellte, daß viele, mit dem Kriegsminister an der Spitze, eine endgültige Ent- scheidung vermeiden oder verschieben wollten. Natürlich befürwortete Tirpitz die Erklärung des DWV zur »politischen Organisation«, da er die Person Keims sowie die möglichen finanziellen Auswirkungen einer erfolgreichen Propagandakampagne sei- tens des DWV auf die Flotte befürchtete81. Ironischerweise war es aber der nunmehr gezähmte DFV, welcher der Regierung jetzt das Haupthindernis in den Weg legte, da der Kaiser 1908, d. h. kurz nach Erledigung der Krise im DFV, den DFV als nichtpoli- tisch im Sinne des neuen Reichsvereinsgesetzes erklärt hatte. Die Gleichartigkeit der beiden Verbände war aber so offensichtlich, daß die Maßregelung des einen, aber nicht des anderen kaum zu rechtfertigen war82. Um das Problem in aller Stille zu lösen, bat der Polizeipräsident von Berlin die Führer des DWV und des DFV, freiwillig die akti- ven Offiziere aus ihren Organisationen auszuschließen. Die Bitte wurde jedoch aller- seits »mit Entrüstung und großer Entschiedenheit« abgewiesen, worauf Keim seiner- seits einen weiteren Beweis für die Grenzen seiner Zuverlässigkeit vorlegte, indem er der Presse mitteilte, die Regierung beabsichtige die Bezeichnung sämtlicher vaterlän- discher Vereine als politische Organisationen83. Der Regierung waren nun die Hände wirklich gebunden, wollte sie nicht die gesamte nationale Presse, gerade während der Reichstagsverhandlungen über die Wehrvorlage, verstimmen. Anfang Mai, also knapp vor der Verabschiedung der Vorlage im Reichstag, entschlossen sich Bethmann Hollweg und Heeringen, von der Erklärung des DWV zu einer politischen Organisa- tion vorläufig abzusehen, diese Maßnahme aber als Damoklesschwert für eine eventu- elle spätere Auseinandersetzung mit Keim bereitzuhalten84.

Diese Entscheidung wurde wohl eher durch den Mangel an Spielraum, den die Regie- rung empfand, bestimmt als durch irgendwelche Aussicht, der DWV würde seine Agi- tation bremsen, denn die Bekanntgabe der Heeresvorlage sowie ihre Besprechung in der Öffentlichkeit und in den Reichstagsverhandlungen fanden vor einem größtenteils vom DWV inszenierten agitatorischen Hintergrund statt. Vor der Ankündigung der genauen Bestimmungen der Vorlage hoben die Publizisten und Redner des DWV im allgemeinen auf die in ihren Augen bestehenden Unzulänglichkeiten der Armee ab und wiesen wiederholt darauf hin, daß man sich im Ausland systematisch auf einen Angriff auf Deutschland vorbereitete85. Bethmann Hollweg war durch solche Behauptungen so beunruhigt, daß er sich offenbar gezwungen fühlte, in seiner Ankündigungsrede

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vor dem Reichstag den DWV zu kritisieren. Nachdem er betont hatte, daß man die Vorlage nicht so deuten dürfe, als lägen »Gründe zur Beunruhigung« vor, fuhr er fort:

Um so mehr bedauere ich alarmierende Gerüchte, welche bei uns und anderswo viel- leicht in mißverstandenem Patriotismus . . . in erregten Presseartikeln ausgestreut werden, um notwendige Rüstungsmaßregeln angeblich zu fördern . . . Die Völker sind vielfach durch lärmende und fanatisierte Minoritäten in Kriege hineingetrieben worden . . .

Diese Gefahr besteht noch heute . . . und vielleicht heute in noch höherem Maße als früher . . . nachdem Öffentlichkeit, Volksstimmung, Agitation an Gewicht und Be- deutung zugenommen haben. Wehe dem, dessen Rüstzeug dann Lücken hat!8 6

Diese kuriosen Äußerungen waren vielleicht ein Zeichen dafür, daß der Kanzler schon emotional unter dem Druck einer aufgerüttelten Öffentlichkeit zu leiden begonnen hatte; sicherlich zeigten sie Bethmann Η oll wegs Taktik, den DWV zugunsten der Vor- lage auszunutzen, ohne gleichzeitig die Gültigkeit von dessen Analyse einer äußerst drohenden Weltlage anerkennen zu müssen: die Erhöhung der Kampfstärke des Hee- res war angeblich notwendig, weil die Agitation fanatischer Minoritäten - ausgerech- net zugunsten der Erhöhung der Kampfstärke des Heeres! - die Gefahr des Krieges ge- steigert hatte.

Die endgültigen Bestimmungen der Heeresvorlage wurden Ende März bekanntgege- ben: u. a. die Bildung zweier neuer Korps, die Vermehrung der Infanterie um mehr als 29 000 Mann, die Einrichtung von 106 neuen Maschinengewehrkompanien und das beschleunigte Inkrafttreten der Heeresvorlage des vorigen Jahres. Der DWV erklärte die Vorlage sofort für mangelhaft, und seine Kritik nahm nunmehr einen viel schärfe- ren, gegen die spezifischen Bestimmungen der Vorlage gerichteten Charakter an.

Nach Ansicht der Wehrvereinler reichte die Vorlage keineswegs aus, die grundlegen- den Schwächen der Armee wiedergutzumachen: das Prinzip der allgemeinen Wehr- pflicht werde immer noch nicht durchgeführt, die Truppenstärke des französischen Heeres bleibe daher immer noch höher als die des deutschen; vielen Regimentern fehle das dritte Bataillon; die Organisation der französischen Kavallerie sowie die Stärke der französischen Artillerie bleibe der deutschen noch weit überlegen, usw.8 7.

Zudem fing der DWV nun an, die Regierung selbst, insbesondere Heeringen, wegen der unzureichenden Vorlage sowie wegen seiner vermeintlichen Vernachlässigung der Empfehlungen des Generalstabes direkt und offen anzugreifen8 8. Diese Vorwürfe wurden nunmehr unaufhörlich wiederholt, in Aufsätzen in der nationalen Presse, in den vom DWV regelmäßig an die Presse verteilten Nachrichten, in Petitionen an Reichstagsabgeordnete und - als Ortsgruppen des DWV wie Pilze überall in der politi- schen Landschaft Deutschlands hochschössen — in zahllosen Reden vor Ortsversamm- lungen, die dann ihren Widerhall in der örtlichen Presse fanden 8 9. Der Regierung war diese von Heeringen als »weit über das Maß hinausgehen[d]« charakterisierte Agita- tion natürlich recht unbequem9 0, doch hat die Mobilisierung der öffentlichen Mei- nung zweifellos zur schnellen Erledigung der Heeresvorlage trotz ihrer vielbetonten Mängel beigetragen. Die Logik der Argumente des DWV war folgerichtig: die Vorla- ge, so mangelhaft sie auch war, erschien absolut unentbehrlich; deren Verminderung zu fordern, oder gar deren Notwendigkeit in Frage zu stellen, bedeutete Verrat.

In den Reichstagsverhandlungen gab es tatsächlich, außer dem zum Ritual geworde- nen Protest der Sozialdemokraten, kaum eine beachtenswerte Opposition gegen die Heeresvorlage. Merkwürdig war vielmehr, wie sehr der DWV selbst den Rahmen, in dem die Verhandlungen über die Armeereform verliefen, bestimmt hatte. Dies trat nicht nur bei der Mühelosigkeit der Verabschiedung und bei der Tatsache hervor, daß der DWV selbst öfters der eigentliche Gegenstand der Debatten wurde: merkwürdiger noch war, daß sich nun die bürgerlichen Parteien die vom DWV vorgebrachten Argu- mente und Thesen zur Armeereform vollkommen zu eigen gemacht hatten9 1.

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Bereits zu Anfang der Reichstagsverhandlungen hatte Hugo Haase darauf aufmerk- sam gemacht, daß die Agitation zugunsten der Heeresvorlage nur eine neue Vorlage nach sich ziehen würde9 2. Er hatte recht. Vom Standpunkt des DWV entsprach die Vorlage weder den Bedürfnissen des Heeres noch den Geboten der gefährlichen Welt- lage. Knapp zwei Tage nach Verabschiedung der Vorlage im Reichstag verlangte die in Berlin tagende erste Hauptversammlung des DWV massive neue Vermehrungen.

Diese sollten die tatsächliche Einführung der allgemeinen Wehrpflicht (die die jährli- chen Rekrutenkontingente angeblich um 25 v. H . steigern sollte), die Aufstellung drit- ter Bataillone in sämtlichen Regimentern, die Vermehrung und intensivere Ausbil- dung der Reservisten und die Neugliederung der Kavallerie bringen9 3. Gleichzeitig setzte sich die weitere Agitation des DWV fort, indem man ständig in Versammlun- gen, Aufrufen, Broschüren und Zeitungsartikeln auf die spezifischen Bereiche der Minderwertigkeit des deutschen Heeres, auf die anwachsende Wahrscheinlichkeit des Kriegs und - in »attaques violentes«, wie sie ein französischer Beobachter beschrieb94 - auf die Fahrlässigkeit der Regierung hinwies.

Diese Agitation war ohne Frage einer der Hauptfaktoren, die die Regierung Ende 1913 dazu bewogen, auf eine neue, noch massivere Erhöhung der Armeestärke zu drängen.

Die Entscheidung selbst wurde aber durch andere Ereignisse herbeigeführt. Die Nie- derlage der türkischen Armee gegen den Balkanbund im Herbst 1912 erregte insofern große Unruhe in der deutschen Heeresleitung, als man eine wesentliche Veränderung der strategischen Lage zuungunsten des Dreibundes auf dem Balkan befürchtete9 5. Diese Befürchtungen rückten in den Vordergrund der Überlegungen gerade in dem Augenblick, als ein Personalwechsel im Generalstab einen zielstrebigen Verfechter der Armeereform hervorbrachte, der sämtliche von führenden Politikern und Militärs ge- hegten Bedenken gegen die weitere Erhöhung der Armeestärke zu zerstreuen ver- mochte.

Abgesehen vom Altersunterschied gibt es merkwürdige Ähnlichkeiten zwischen Au- gust Keim und Erich Ludendorff9 6. Beide stammten aus nichtadligen Familien. Beide waren durch enorme Energie, Zielstrebigkeit und Unduldsamkeit gegen Unklarheiten und gegnerische Meinungen geprägte Persönlichkeiten, obschon Keim charmanter als Ludendorff war, der sich eher auf seine unerbittliche Willenskraft verließ, wenn er überzeugen wollte. Ferner waren beide Männer derselben Auffassung über das rich- tige Verhältnis zwischen Politik und Militärwesen. Sie waren nämlich beide davon überzeugt, daß Deutschland von Feinden, die die Vernichtung des Reiches als Groß- macht planten, eingekreist worden war, daß der Entscheidungskrieg unaufhaltsam herannahte, und daß man daher das ganze politische Leben des Landes in den Dienst der Kriegsvorbereitung stellen mußte9 7. Seit langem hatte Ludendorff schon die kon- sequente Ausnützung des ganzen deutschen Kriegspotentials sowie die technische Modernisierung aller Gattungen gefordert9 8. Dabei zeigte er, daß er ausschließlich auf militärische Leistungsfähigkeit bedacht war, und daß er ebensowenig wie Keim die so- zialen, politischen und finanziellen Einwände gegen die Armeereform einzuschätzen wußte.

Am 1. Oktober 1912 wurde Ludendorffs unmittelbarer Vorgesetzter in der Opera- tionsabteilung des Generalstabes versetzt, woraus sich eine Situation ergab, in der sich Ludendorff nunmehr direkten Zugang zum Chef des Generalstabes, Helmuth v.

Moltke, verschaffen konnte. Zugleich hatte die Kombination von verschlechterter mi- litärischer Lage auf dem Balkan und dem Druck der in erster Linie vom D W V mobili- sierten öffentlichen Meinung schon angefangen, den Widerstand der Regierung gegen die Idee einer neuen Heeresvorlage zu untergraben9 9. Am 13. Oktober 1912 hob der Kaiser selbst diese Idee hervor, doch noch setzten sich Bethmann Hollweg, Heeringen und auch Moltke dagegen durch. O h n e die Ansichten des Kaisers zu kennen, fing Lu-

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dendorff aber gleichzeitig an, Moltke unter intensiven Druck zu setzen, was dazu führte, daß Moltke endlich Ende Oktober für eine neue Heeresvorlage gewonnen werden konnte1 0 0. Es begann nun ein neuer Ressortstreit, diesmal zwischen General- stab, Kriegsministerium und Reichskanzler über die Ratsamkeit bzw. die Höhe einer eventuellen weiteren Heeresvermehrung. Immer noch von Ludendorff vorangetrie- ben, wurde Moltke nun der Befürworter »entscheidender« Erhöhungen, indes Hee- ringen, der seinerseits immer die sozialen Nachwirkungen einer Vergrößerung des Of- fizierkorps im Auge hatte, solche Erhöhungen irgendwie einzuschränken trachtete, wobei er die Unterstützung Bethmann Hollwegs fand, der immer noch eine grundle- gende Finanzreform wegen der zu erwartenden Opposition der Konservativen ver- meiden wollte1 0 1. Der Höhepunkt der Kontroverse wurde am 21. Dezember 1912 er- reicht, als Moltke dem Kriegsminister und dem Reichskanzler eine verblüffende, von Ludendorff verfaßte Denkschrift einreichte, in der die Forderungen des Generalsta- bes, die weit über das von Heeringen und Bethmann Hollweg erwartete Maß hinaus- gingen, formuliert wurden: u.a. die volle Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die nach Ludendorffs Berechnungen jährlich 150 000 zusätzliche Rekruten und eine Zunahme von 300 000 Mann in der Friedensstärke des Heeres ergeben würde, die man wiederum zur Einrichtung der dritten Bataillone in allen Regimentern sowie zur Auf- stellung von drei neuen Armeekorps verwenden wollte. Diese Denkschrift wurde nun die Grundlage der weiteren Verhandlungen, als die eigentliche Frage auftauchte, ob oder inwieweit es Bethmann Hollweg und Heeringen gelingen würde, den Forderun- gen Ludendorffs maßvollere Schranken zu setzen. Der Ressortstreit dauerte noch zwei Monate an, bis man einen Kompromiß erreichen konnte. Moltke stimmte zu, als man die Idee der drei neuen Armeekorps fallen ließ und die Zahl der neuen Rekruten etwas herabsetzte. Dennoch waren die neuen vorgesehenen Erhöhungen enorm: die Stärke aller bestehenden Einheiten sollte durch Aushebung von 106 000 Mann zu- sätzlicher Truppen im Jahre sowie die Einstellung von knapp 4000 neuen Offizieren bzw. 13 400 neuen Unteroffizieren vermehrt werden.

Die genaue Rolle des DWV in diesem Ressortstreit ist schwer auszumachen. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß Ludendorff die Agitation des DWV insofern billigte, als diese seine Forderungen dem Kriegsministerium gegenüber nur verstärken konnte.

Sehr wahrscheinlich gab es überdies gelegentliche Kontakte zwischen Vertretern des DWV und des Generalstabes, und der DWV spiegelte zweifelsohne die Ansichten des Generalstabes wider. Das alles aber als ein aktives Zusammenwirken zu bezeichnen, ist wohl etwas übertrieben1 0 2. Andererseits gab es bestimmt Unterredungen über die neue Heeresvorlage zwischen Vertretern des DWV, des Kriegsministeriums und des Reichskanzlers; dabei war man aber eher darauf bedacht, gerade weil man den Druck des Generalstabes abwehren wollte, der Agitation des DWV eine Grenze zu setzen1 0 3. Ob der DWV im Einvernehmen mit dem Generalstab agitierte, muß also dahingestellt bleiben; eindeutig ist, daß sich der DWV nicht bremsen ließ und daher eine wesentli- che Rolle beim Zustandekommen der neuen Heeresvorlage spielte1 0 4. Die Verhand- lungen zwischen den Ressorts verliefen in Verbindung mit einer vom DWV angeheiz- ten und für den Reichskanzler und das Kriegsministerium äußerst peinlichen öffentli- chen Debatte, in der man darüber stritt, wie mangelhaft das deutsche Heer tatsächlich war und in der die Hauptantagonisten des öfteren das Kriegsministerium und der Ge- neralstab zu sein schienen1 0 5. Dies wirkte auf mehrfache Weise zum Vorteil Luden- dorffs und seiner Mitstreiter im Generalstab. Sie konnten überzeugend daraufhinwei- sen, daß die öffentliche Meinung nun überwiegend für eine neue Vorlage sei1 0 6. Ebenso wirkungsvoll war die Behauptung, daß die Agitation des DWV sowohl das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Armee als auch das Selbstvertrauen der Armee zu untergraben drohe, was dann natürlich die Armeereform als dringend geboten er-

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scheinen ließ, um »der Agitation gegen das Unzureichende unserer militärischen Rü- stung den Boden [zu] entziehen«1 0 7. Ironischerweise machten aber Ludendorff und Moltke im Verlauf der Verhandlungen mit Bethmann Hollweg und Heeringen von den gleichzeitig vom DWV publizierten Argumenten Gebrauch1 0 8. Und es läßt sich nicht bestreiten, daß der Erfolg des DWV bei der Mobilisierung der öffentlichen Mei- nung einen erheblichen Druck auf Heeringen und insbesondere auf Bethmann Holl- weg ausübte und weitgehend dazu beitrug, daß sich beide am Ende gezwungen fühl- ten, den größeren Teil der von Ludendorff verlangten Vermehrungen hinzuneh- men1 0 9.

Berichte über die Möglichkeit einer neuen Heeresvorlage waren schon einige Monate vor Bekanntgabe der Einzelheiten am 28. März 1913 in der Presse durchgesickert. Der DWV hatte sich längst angeschickt, das Klima für eine derartige Erhöhung vorzube- reiten. »Freudig« begrüßte der Verband die Ankündigung der Vorlage, wenn der DWV auch viel zu kritisieren fand, z.B. die vermeintlich mangelhafte Vermehrung des Trains und der Unteroffiziere, die immer noch ausbleibende Neugliederung der Ka- vallerie sowie das Fehlen zweier neuer Armeekorps1 1 0. Alles in allem war seine Beur- teilung der neuen Vorlage etwas günstiger, doch nicht wesentlich anders als seine Be- urteilung der Vorlage vom letzten Jahr: die neue, wenngleich der drohenden Weltlage etwas angemessenere Vorlage, war immer noch unzureichend, eher »das Mindestmaß dessen . . . was gefordert werden muß«1 1 1. Die vom DWV aus dieser Beurteilung ge- zogene Folgerung war wieder einmal, daß Opposition zur neuen Vorlage trotz aller Mängel so undenkbar wie zur vorigen war. Und dies wurde nunmehr das Thema einer neuen Flut von Zeitungsartikeln, Nachrichten an die Presse, Broschüren und Ver- sammlungen1 1 2.

Auch der Beitrag der Ortsgruppen des DWV zur Mobilisierung der Öffentlichkeit war wieder erheblich. Das Jahr 1913 war reich an Gelegenheiten für patriotische Festlich- keiten - es war die Jahrhundertfeier der Befreiungskriege sowie die Vierteljahrhun- dertfeier des Regierungsantritts Wilhelms II. Die Ortsgruppen konnten die feierliche Stimmung in den fast ununterbrochenen patriotischen Versammlungen im Frühjahr 1913 geschickt ausnutzen, um sich auf historische Parallelen zu berufen und die Not- wendigkeit der allgemeinen Wehrpflicht, die Liebert ζ. Β. als »das heiligste Vermächt- nis der Befreiungskriege« charakterisierte, zu unterstreichen1 1 3. Im Frühjahr 1913 wurden zudem eine Menge neuer Ortsgruppen gegründet, wobei jede die Gelegenheit bot, aufs neue die Erforderlichkeit der Heeresvorlage zu betonen.

Die Reichstagsverhandlungen über die neue Vorlage dauerten länger als diejenigen vom Jahr zuvor, doch wurde die Vorlage fast ebenso routinemäßig verabschiedet.

Wieder einmal gab es, abgesehen von den Sozialdemokraten und Polen, keine nen- nenswerte oder prinzipielle Opposition seitens der bürgerlichen Parteien. Die größte Kontroverse entstand über dem Problem der finanziellen Deckung, da eine grundle- gende Steuerreform angesichts des enormen für die Armeevermehrungen in Betracht kommenden Geldaufwandes nun endlich unvermeidlich geworden war. Obwohl die Agitation des DWV keine Rolle in der Erledigung dieser Angelegenheit im Reichstag spielte, ist die Haltung des Verbandes in dieser politisch höchst umstrittenen Frage dennoch insofern nicht ohne Bedeutung, als sie noch einmal bloßlegte, daß die Wehr- vereinler ausschließlich Wert auf militärtechnische Überlegungen legten. Nach An- sicht der DWV-Führer war das ganze Problem der Finanzreform einigermaßen irrele- vant: die für die Armeereform erforderliche Geldbeschaffung war im Vergleich zu der Dringlichkeit der Reformen selbst ganz und gar unbedeutend1 1 4. Der These, der DWV habe lediglich als Werkzeug der Junker und Großindustriellen gearbeitet1 1 5, widerspricht jedoch die Tatsache, daß die endlich von einer die Sozialdemokraten ein- schließenden bzw. die Konservativen ausschließenden Reichstagsmehrheit ange-

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