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Retrospektive Studie zur mikrovaskulären Dekompression des Nervus trigeminus bei Patienten über 65 Jahren

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Academic year: 2022

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(1)

Aus der Neurochirurgischen Abteilung Klinikum Hannover Nordstadt

Ehemaliger Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult.

Madjid Samii

Retrospektive Studie zur

mikrovaskulären Dekompression des Nervus trigeminus bei Patienten über 65 Jahren

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Peyman Hadjar aus Shiraz/Iran

Hannover, 2009

(2)

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 20.10.2010

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident:

Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann

Betreuer der Arbeit:

Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Madjid Samii

Referent:

Prof. Dr. med. Joachim Krauss

Korreferent:

PD Dr. med. Michael Bernateck

Tag der mündlichen Prüfung:

20.10.2010

Promotionsausschussmitglieder:

Prof. Dr. Hermann Müller-Vahl

Prof. Dr. Marc Ziegenbein

(3)

Danksagung

Die vorliegende Dissertation wurde unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult.

Madjid Samii angefertigt. An dieser Stelle möchte ich mich bei Prof. Dr. med. Dr. h. c.

mult. Madjid Samii dafür bedanken, dass er mich in das Projekt „Retrospektive Studie zur mikrovaskulären Dekompression des Nervus trigeminus bei Patienten über 65 Jahren“ aufgenommen hat.

Speziell möchte ich mich bei meinen beiden Betreuern Prof. Dr. med. Amir Samii und Dr. med. Thomas Günther für die kompetente Unterstützung bedanken. Dank ihnen hatte ich als Zahnarzt die Möglichkeit, Einblicke in die höchst anspruchsvolle neurochirurgische Operationsmethode der “Mikrovaskuläre Dekompression“ zu gewinnen.

(4)

Inhaltsverzeichnis

Seite

Abkürzungsverzeichnis III

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis IV

1. Einleitung 1

1.1 Einführung 1

1.2 Aufgabenstellung 2

1.3 Klinische Darstellung der Trigeminusneuralgie 3

1.4 Geschichtlicher Rückblick 6

1.5 Ätiologie und Pathophysiologie der Trigeminusneuralgie 7 1.6 Diagnose und Differentialdiagnose

der Trigeminusneuralgie 10

1.7 Klassifikation der Trigeminusneuralgie 12

1.8 Therapie der Trigeminusneuralgie 14

1.8.1 Leitlinien zur Behandlung der Trigeminusneuralgie 14 1.8.2 Medikamentöse Behandlung der Trigeminusneuralgie 15

1.8.3 Akuttherapie 17

1.8.4 Gamma-Knife 17

1.8.5 Operative Behandlung 19

(5)

3. Ergebnisse 32

3.1 Patienten über 65 Jahre 32

3.2 Betroffene Trigeminusäste 33

3.3 Die Kompression verursachenden Gefäße 34

3.4 Postoperative Komplikationen 35

3.5 Follow-up der 107 Patienten über 65 Jahren 36

4. Diskussion 37

4.1 Glycerin-Injektion 37

4.2 Ballonkompression 40

4.3 Thermokoagulation 43

4.4 Radiochirurgische Behandlung 45

4.5 Mikrovaskuläre Dekompression 49

5. Zusammenfassung 55

6. Literaturverzeichnis 56

7. Lebenslauf 61

8. Erklärung nach § 2 62

(6)

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

ACS Arteria cerebelli superior

AICA Arteria cerebelli inferior anterior AEP Akustisch evozierte Potenziale BMS Burning-Mouth-Syndrom

DGN Deutsche Gesellschaft für Neurologie EMG Elektromyografie

MRT Magnetresonanztomografie MVD Mikrovaskuläre Dekompression N Anzahl

SEP Somato-sensibel evozierte Potenziale TGN Trigeminusneuralgie

V Fünfter Hirnnerv (Nervus trigeminus)

(7)

Abbildungsverzeichnis

Seite

Abbildung 1 4

Abbildung 2 14

Abbildung 3 23

Abbildung 4 a, b 26

Abbildung 5 27

Abbildung 6 28

Abbildung 7 33

Abbildung 8 34

Abbildung 9 35

Abbildung 10 36

Tabelle 1 32

Tabelle 2 33

Tabelle 3 34

Tabelle 4 35

Tabelle 5 36

(8)

1. Einleitung 1.1 Einführung

Als Trigeminusneuralgie werden blitzartig einschießende, extrem heftige Schmerzattacken im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus (fünfter Hirnnerv) bezeichnet6 (Abb.1). Die Trigeminusneuralgie ist eine Erkrankung, die im höheren Lebensalter, am häufigsten in der sechsten und siebten Lebenskaskade auftritt43,54. Etwa 80 % der Erkrankten sind älter als 50 Jahre10. Nur wenige Patienten, etwa 6 %, sind 40 Jahre alt oder jünger23.

Aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung in den Industrieländern gewinnt die Behandlung älterer Patienten zunehmend an Bedeutung. Laut Statistischem Bundesamt wird die Lebenserwartung der 65-jährigen bis 2050 um ca. 4,5 Jahre steigen. Die Zahl der 60-jährigen wird im Jahr 2050 doppelt so hoch sein wie die Zahl der Neugeborenen.

(9)

1.2 Aufgabenstellung

Die medikamentöse Therapie der Trigeminusneuralgie stellt in der Regel die Initialbehandlung dieser Krankheit dar. Bei unbefriedigendem Behandlungsergebnis kommen alternative Therapien zum Einsatz. Einen hohen Stellenwert hat hierbei die mikrovaskuläre Dekompression. Gegenüber älteren Patienten besteht häufig eine Zurückhaltung zur Indikationsstellung einer mikrochirurgischen Operation am Hirnstamm, und somit werden alternative invasive oder strahlentherapeutische Methoden vorgeschlagen.

Ziel dieser Arbeit ist es, in einer retrospektiven Studie eines Patientenkollektives aus der Neurochirurgischen Klinik des Nordstadt-Krankenhauses in Hannover die Morbidität und die Langzeitergebnisse der mikrovaskulären Dekompression bei Patienten über 65 Jahren, die an einer Trigeminusneuralgie erkrankt sind, zu evaluieren.

(10)

1.3 Klinische Darstellung der Trigeminusneuralgie

Das Krankheitsbild ist charakterisiert durch plötzliche, unerwartet „aus heiterem Himmel“ auftretende Schmerzanfälle von größter Intensität, die Sekunden, höchstens Minuten anhalten. Der Schmerz wird als „stechend“ wie ein

„Messerstich“ oder wie ein „Peitschenhieb“ beschrieben6.

Der Patient ist vom Schmerz überwältigt, kann plötzlich nicht mehr sprechen, jede Bewegung wird vermieden37. Die Schmerzen bei der Trigeminusneuralgie gehören für den Menschen zu den stärksten vorstellbaren Schmerzen. Auf einer Schmerzskala von 0 bis 10 erreichen sie meist die höchste Stufe37.

Fast immer kann der Schmerzanfall durch Berührung oder Bewegung (z. B.

Essen, Sprechen, Schlucken, Waschen, Rasieren) einer umschriebenen Zone im peripheren Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs (Triggerzone) ausgelöst werden. Obwohl die Zahnpflege eine Attacke auslösen kann, sind die Zähne selbst interessanterweise praktisch nie eine Triggerzone29.

Im schmerzfreien Intervall, das nach dem Schmerzanfall folgt, ist der Patient völlig schmerzfrei. Der schmerzfreie Intervall kann sich, besonders zu Beginn der Erkrankung, über Wochen bis Monate erstrecken; mit zunehmender Erkrankungsdauer werden die Intervalle in der Regel aber immer kürzer, dauern schließlich nur noch Minuten, so dass protrahiert ein Anfall den anderen jagt20.

(11)

Die schmerzhafte Gesichtsregion ist durch den anatomischen Verlauf des betroffenen Trigeminusastes gekennzeichnet. Am häufigsten sind der zweite oder dritte Ast des Nervus trigeminus allein oder in Kombination betroffen58.

Wenn der erste Trigeminusast, Ramus ophthalmicus, betroffen ist (was nur selten vorkommt), verbreiten sich die Schmerzen in Stirn, Scheitelgegend, Auge; kommt es dabei zur Rötung der Stirn, Lichtscheu und Tränenfluss des Auges, kann dies oft zur Verwechslung mit dem Bing-Horton-Schmerz (Cluster-Kopfschmerz) führen. Ist der zweite Trigeminusast, Ramus maxillaries, betroffen, kommt es zu Schmerzen in Oberlippe, Nasenflügel, Nasenschleimhaut, Gaumen und Oberkieferzähnen; bei der Beteiligung des dritten Trigeminusastes, Ramus mandibularis, treten Schmerzen in Unterlippe, Zunge und Unterkiefer auf58.

Hautinnervationsfelder der drei Trigeminusäste:

 V1 Nervus ophthalmicus (Stirn, Auge)

 V2 Nervus maxillaris (Oberkiefer, Wange)

 V3 Nervus mandibularis (Unterkiefer) Abb. 1

Neurological Surgery Volume 5; 3378;

Figure 156-1

(12)

Trigeminusschmerzen, die als Folge von Verletzungen von Trigeminusästen entstehen (z. B. bei Anaesthesia dolorosa), werden heute zur besseren Abgrenzung Trigeminusneuropathie genannt. Charakteristisch sind dabei Dauerschmerzen mit sensiblem Defizit, frühere Gesichtstraumata und (wiederholte) operative Eingriffe (Caldwell-Luc, Nasennebenhöhlen-Operationen, kieferchirurgische Eingriffe, Zahnextraktionen) feststellbar68. Eine Sonderstellung nimmt dabei die bilaterale Trigeminusneuralgie ein. Sie kann die typischen Charakteristika des Tic douloureux haben29.

Für den Zahnarzt ist diese Erkrankung von großer Bedeutung, da sich der Patient mit seinen im Kiefer-/ Gesichtsbereich lokalisierten Schmerzen häufig zuerst an ihn wendet.

In einem solchen Fall werden fälschlicherweise immer wieder Zähne, in welche der Schmerz projiziert wird, als Ursache der Erkrankung angesehen und es wird vom Zahnarzt die Entfernung dieser Zähne verlangt – was allerdings völlig wirkungslos ist29. Andererseits werden Schmerzzustände im Kieferbereich, deren Ursache nicht gleich erkennbar ist, nur allzu häufig und vorschnell als Trigeminusneuralgie fehldiagnostiziert, ein diagnostischer Irrtum, den der Zahnarzt vermeiden muss.

(13)

1.4 Geschichtlicher Rückblick

Die Krankheit wurde als eigenständiges Krankheitsbild im Mittelalter von Avicenna (980–1037) beschrieben8. 1756 erkannte Nikolaus André, dass es sich bei der Neuralgie um eine besonders schmerzhafte Krankheit eines einzelnen Nervs handelt, und beschrieb die typischen paroxysmalen (= anfallsartigen) Schmerzattacken. 1924 wurde von Frazier und Russel die Bezeichnung atypischer Gesichtsschmerz eingeführt, um die Trigeminusneuralgie von anderen Schmerzsyndromen im Gesicht abzugrenzen8.

Nach Roche8 ist ein Tic eine unregelmäßig wiederholte, unwillkürliche und zwecklose, abrupt einsetzende Bewegungsfolge (Zuckungen) in einzelnen Muskeln oder Muskelgruppen. Der Begriff „douloureux“ stammt aus dem Französischen und heißt übersetzt: schmerzhaft. Weil es bei der Trigeminusneuralgie nach stärkeren Attacken zu schmerzhaften Gesichtszuckungen kommen kann, ist der Terminus „Tic douloureux“, der 1756 vom Pariser Chirurgen Nikolaus André geprägt wurde, heute immer noch eine allgemein akzeptierte Bezeichnung für die typischen Schmerzattacken bei Trigeminusneuralgie8.

(14)

1.5 Ätiologie und Pathophysiologie der Trigeminusneuralgie

Spätestens seit den Untersuchungen von Dandy16,17 gilt eine Kompression der Trigeminus-Nervenwurzel durch eine Gefäßschlinge als Ursache der Trigeminusneuralgie.

Im Kernspintomogramm werden diese Kompressionen der Wurzel des Nervus trigeminus durch ein Gefäß manchmal sichtbar. Der Kontakt zwischen Nerv und Gefäß ist dabei meist auf wenige Millimeter beschränkt21.

Chirurgen wie Gardner, Myklos und insbesondere Jannetta bestätigten die Untersuchungen von Dandy. Ein pathologischer Gefäß-Nerven-Kontakt wird in den jeweiligen Untersuchungen intraoperativ bei 70–100 % der Patienten nachgewiesen3,19,80.

Den Untersuchungen von Dandy16,17 zufolge entwickeln 2 % aller Patienten, bei denen eine Kompression des Trigeminusnervs an dessen Eintritt in den Pons vorliegt, nach mehreren Jahren eine Trigeminusneuralgie17.

Als komprimierende Strukturen im Kleinhirnbrückenwinkel fand Dandy bei 45 % von 215 untersuchten Trigeminusneuralgiepatienten Blutgefäße, die in direktem Kontakt zum fünften Hirnnerv standen16. Meist handelt es sich um die A. cerebelli superior, die durch permanente Pulsation zu einer segmentalen Demyelinisierung von Nervenfasern führen kann16. In unserer Studie wurde bei 98,1 % der Patienten ein pathologischer Gefäß- Nerven-Kontakt beobachtet. Zudem wurde die A. cerebelli superior in 42,9 % der Fälle als Ursache der Kompression des Nervus trigeminus festgestellt.

(15)

Als weitere Gründe für eine Kompression des Nervus trigeminus konnte Dandy in 14 % der Fälle einen Ast der V. petrosa, in 5,6 % einen Tumor, in 2,8 % ein Aneurysma und in 2,3 % kavernöse Angiome ausmachen16.

Eine Theorie besagt11, dass die Impulse von Sensibel- auf Schmerzfasern überspringen können (peripher). Alternativ kann eine Übererregung, wie bei einer Epilepsie, im Kerngebiet (zentral) der Auslöser einer Schmerzattacke sein. Diese Theorie kann durch den Einsatz von Carbamazepin und Phenytoin (Antiepileptika) bei der medikamentösen Therapie der Trigeminusneuralgie bestätigt werden11.

Bingas5 erklärt den Pathomechanismus der Trigeminusneuralgie wie folgt:

Die mechanische Irritation des Nervus trigeminus durch ein Gefäß führt bei längerer Einwirkung zu einer gegenseitigen Annährung von Achsenzylindern und somit zu einer Markscheidendegeneration. Dadurch kommt es zu interaxonalen Kurzschlüssen mit mehr oder weniger ausgeprägten neurologischen Ausfällen, die das Bild des Tic douloureux hervorrufen können.

Bei einem Teil der Fälle mit „symptomatischer“ Trigeminusneuralgie können Raumforderungen indirekt zu einem pathologisch relevanten Gefäß-Nerven-Kontakt mit vaskulärer Kompression führen40.

Die Multiple Sklerose ist ebenfalls als Verursacher der Trigeminusneuralgie erwähnenswert. Bei der Multiplen Sklerose kommt es ebenso zu einer Demyelinisation der nervalen Struktur, bei der auch das klinische Bild einer Trigeminusneuralgie beobachtet werden kann40.

(16)

Die Nervenschädigung der Myelinscheide im Bereich der Eintrittsstelle der Nervenwurzel kann hierbei ebenfalls die Schmerzattacken auslösen. Petty und Southby57 fanden bei der Obduktion einiger Verstorbener mit Multipler Sklerose demyelinisierte Plaques im Bereich der Eintrittszone („root entry zone“) der Trigeminuswurzel. Diese Patienten zeigten zu Lebzeiten zusätzlich zum klinischen Bild der Multiplen Sklerose auch das einer Trigeminusneuralgie. Diese Befunde beweisen die Demyelinisierungstheorie des anfallartig auftretenden Tic douloureux.

(17)

1.6 Diagnose und Differentialdiagnose der Trigeminusneuralgie

Zur Diagnose der Trigeminusneuralgie wurden von der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society, IHS 1988) folgende Kriterien aufgeführt:

A. Streng einseitige Schmerzattacken im Gesicht und im Stirnbereich von wenigen Sekunden bis zur Dauer von 2 Minuten.

B. Der Schmerz erfüllt mindestens vier der fünf folgenden Charakteristika:

 Ausbreitung entlang eines oder mehrerer Äste des Nervus trigeminus,

 plötzlicher, heftiger, scharfer, oberflächlich stechender oder brennender Schmerz,

 sehr hohe Schmerzintensität,

 Auslösung über Triggerfaktoren durch alltägliche Vorgänge (Essen, Sprechen, Waschen oder Rasieren des Gesichtes sowie Zahnpflege),

 komplette Schmerzfreiheit zwischen den Schmerzepisoden.

C. Es ist kein neurologisches Defizit feststellbar.

D. Die Attacken weisen bei jedem Patienten stets ein stereotypes Muster auf.

E. Ausschluss anderer Ursachen des Gesichtsschmerzes durch Anamnese, körperliche Untersuchung und, wenn nötig, weitere Untersuchungen.

(18)

Als Differentialdiagnose werden Syndrome angegeben wie z. B. das Costen- Syndrom, bei dem sich Schmerzen im Schläfen-, Hinterkopf- und Ohrenbereich verbreiten, der Cluster-Kopfschmerz (Bing-Horton-Syndrom), ein über Stunden anhaltender Mittelgesichtsschmerz im und um das Auge, oder das Burning-Mouth- Syndrom (BMS), bei dem Gaumen-, Zungen- sowie Lippen- und Wangenbrennen auftreten68.

Zusätzlich können andere Erkrankungen wie Glossopharyngeusneuralgie, Tumore im Kopf- und Halsbereich (vor allem Neurinome im Kleinhirnbrückenwinkel), Pansinusitis, eine Entzündung der Nasennebenhöhlen, vor allem der Sinusitis maxillaris, mit einem konstanten Schmerz, der besonders nachts auftritt sowie Migräne und Traumata (z. B. Jochbeinfrakturen) mit der Trigeminusneuralgie verwechselt werden68.

(19)

1.7 Klassifikation der Trigeminusneuralgie

Bei der Klassifikation der Trigeminusneuralgie kann man zwischen einer idiopathischen und einer symptomatischen Neuralgie unterscheiden.

Die Bezeichnung „idiopathische Trigeminusneuralgie“, die das Krankheitsbild ohne erkennbare Ursache beschreibt, gilt als obsolet. Hierfür ist die Beobachtung von Dandy16,26,36 relevant. Mit der Beschreibung der mikrovaskulären Kompressionstheorie durch Dandy, ist die Ursache der idiopathischen Trigeminusneuralgie nunmehr bekannt geworden, und kann mittels der mikrovaskulären Dekompression kausal angegangen, also geheilt werden.

Der symptomatischen Trigeminusneuralgie kann neben einem pathologischen Gefäß-Nerven-Kontakt auch eine intrakranielle Erkrankung (Tumore in der hinteren Schädelgrube, Aneurysma, Anginome, Epidermoide) zugrunde liegen; sie führen indirekt zu einem pathologischen Gefäß-Nerven-Kontakt, da die Raumforderung die Wahrscheinlichkeit einer vaskulären Kompression erhöht69. Solche Raumforderungen lassen sich heutzutage zuverlässig durch Computer- und/ oder Kernspintomographie nachweisen oder ausschließen. Für die Darstellung der Arteria cerebelli superior wird häufig die kraniale Magnetresonanztomographie (MRT) angewandt.

Zur Optimierung der Darstellung auffälliger Gefäß-Nerven-Kontakte ist die dreidimensionale Visualisierung von Bedeutung. Dabei werden relevante MRT- Bilddaten segmentiert und mit speziellen Methoden der Bildverarbeitung aufbereitet. Dazu werden Bilddaten aus verschiedenen Messanordnungen fusioniert und mit intraoperativen Bildbefunden verglichen30.

(20)

Die Differenzierung zwischen einem pathologischen Gefäß-Nerven-Kontakt und anderen sekundären Formen ist auch therapeutisch im Hinblick auf die Wahl invasiver Verfahren von Bedeutung26.

Die symptomatische Trigeminusneuralgie kann wiederum in zwei Gruppen eingeteilt werden, in eine „typische“ und eine „atypische Trigeminusneuralgie“. Die typische Trigeminusneuralgie hat die klassischen Charakteristika der Trigeminusneuralgie, ohne jedoch ein neurologisches Defizit aufzuweisen. Eine atypische Trigeminusneuralgie ist gekennzeichnet durch Dauerschmerzen, Sensibilitätsstörungen sowie motorische Ausfälle im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus69.

Durch verschiedene Vorbehandlungen (nervendestruierende Eingriffe wie z. B.

Ballonkompression, Glycerin-Injektion, Elektrokoagulation und Gamma-Knife) kann die Abgrenzung zwischen der typischen und atypischen Trigeminusneuralgie erschwert werden35.

(21)

1.8 Therapie der Trigeminusneuralgie

1.8.1 Leitlinien zur Behandlung der Trigeminusneuralgie Abb. 2

Diagnose der

Trigeminusneuralgie

medikamentöse Behandlung mit Substanzen 1. Wahl

z. B. Carbamazepin, Oxcarbamazepin

bestehende Schmerzen

starke Kombination mit/Substitution durch

medikamentöse Substanzen 2. Wahl Schmerzfreiheit

Nebenwirkungen z. B. Baclofen, Gabapentin

bestehende Schmerzen regelmäßige Untersuchung

Kandidat für mikrochirurgische Operation?

nein ja

destruktive perkutane Verfahren Mikrovaskuläre Dekompression

Modifiziert: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie; 2002

(22)

1.8.2 Medikamentöse (prophylaktische) Behandlung der Trigeminusneuralgie

Während der letzten Jahrzehnte haben sich die Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der essentiellen Trigeminusneuralgie wesentlich verbessert. Die Entdeckung, das Antiepileptika in vielen Fällen die Neuralgie befriedigend kontrollieren können, ist ein entscheidender Fortschritt für die konservative Behandlung. Das wirkungsvollste Medikament ist Carbamazepin, das seit 1962, zuerst von Blom, eingesetzt wird1.

Jede medikamentöse Therapie ist aufgrund der kurzen Dauer der Attacken eine Prophylaxe1. Die Therapie mit Carbamazepin, vorzugsweise in retardierter Form, gilt trotz vieler verfügbarer, deutlich besser verträglicher Antiepileptika weltweit noch immer als Standard, 200 bis 400 mg als erste Tagesdosis sind bei der Trigeminusneuralgie vertretbar, ansonsten kann man eine tägliche Dosiserhöhung um 50 mg vornehmen, um das Auftreten von Müdigkeit, Ataxie und Schwindel zu vermeiden. Neben kognitiven Einschränkungen können, allerdings vergleichsweise selten, Exantheme, Thrombo- und Leukozytopenien, Hyponatriämien, Leberfunktions- und Herzrhythmus-Störungen auftreten. Wegen der möglichen Enzymautoinduktion und dem damit verbundenen Wirkungsverlust muss, je nach klinischer Wirkung, die Carbamazepindosis in den ersten Wochen weiter erhöht werden. Bei den meisten älteren Patienten liegt die erforderliche Dosis etwa bei 600 bis 1200 mg/Tag22.

(23)

Bei der medikamentösen Behandlung mit Carbamazepin wird vielmehr eine Reduktion der Anfallshäufigkeit erwartet, am besten auf Null. Sollten trotzdem noch Anfälle auftreten, werden diese zum Teil weniger schmerzhaft sein. Eine regelmäßige Einnahme ist vonnöten, da die Substanzen ihre volle Wirkung erst nach einigen Wochen entfalten22. Angesichts der Nebenwirkungen sollte die Dosierung nur langsam gesteigert werden. Wenn eine wirksame Dosierung erreicht ist, sollte diese nicht mehr verändert, sondern langfristig beibehalten werden6.

Oxcarbazepin, ein Prodrug des Carbamazepin, wirkt bei der Trigeminusneuralgie ähnlich wie Carbamazepin22. Vorteile im Vergleich zu Carbamazepin sind das bessere kognitive Nebenwirkungsprofil und die fehlende Autoinduktion. Lediglich die Inzidenz einer Hyponatriämie ist unter Oxcarbazepin höher (um etwa 23 %)41,79.

Eine Reihe anderer Substanzen wird im Hinblick auf die Trigeminusneuralgie in der Literatur propagiert. Dazu zählen unter anderem Baclofen, Lamotrigin, Gabapentin, Pregabalin, Valproinsäure und trizyklische Antidepressiva. Derzeit sind jedoch lediglich die Substanzen Carbamazepin, Gabapentin und Pregabalin für die Indikation „Trigeminusneuralgie“ bzw. „neurologische Schmerzen“

zugelassen (Deutsches Ärzteblatt 39; Ausgabe B; 2007; 2346).

Den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie 2002 entsprechend sollte die medikamentöse Behandlung der Trigeminusneuralgie nach Möglichkeit als Monotherapie und nur bei Therapieresistenz in Kombination erfolgen, wobei Substanzen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen kombiniert werden sollten (z. B. Carbamazepin und Baclofen).

(24)

1.8.3 Akuttherapie

Wenn die Notwendigkeit einer raschen Intervention gegeben ist (z. B. bei Exazerbation der Attacken), lässt sich durch eine langsame intravenöse Gabe von 250 mg des Antiepileptikums Phenytoin häufig Schmerzfreiheit erzielen9. Die Injektionsrate soll wegen der kardiodepressiven Wirkung 1 mg/kg Körpergewicht/min nicht überschreiten. Die weitere Aufsättigung kann bei Bedarf intravenös oder per os (3 mg/kg Körpergewicht, auf 3 Dosen verteilt) erfolgen13.

1.8.4 Gamma-Knife

Das Leksell-Gamma-Knife ist ein spezielles High-Tech-Gerät für die Radiochirurgie. Mit dieser Behandlungsmethode werden schwere Gefäß- und Tumorerkrankungen des Gehirns durch digital gesteuerte, stark fokussierte Strahlung hochpräzise ausgeschaltet. Die Behandlungen sind ambulant und dauern drei bis sechs Stunden. Die Wirkung setzt jedoch erst mit einer Latenz von mehreren Wochen ein34.

Die Hochpräzisionsstrahlenbehandlung mit dem Gamma-Knife wurde erstmals 1968 von dem schwedischen Neurochirurgen Lars Leksell zusammen mit dem schwedischen Physiker Börje Larsson eingeführt49.

Die Methode ist wenig invasiv, und kann in vielen Fällen entweder eine Operation ersetzen oder zur Vor- oder Nachbehandlung eines chirurgischen Eingriffs eingesetzt werden45. Bei diesem Verfahren wird zunächst in Lokalanästhesie ein

(25)

Es handelt sich um ein ablatives Verfahren, das zu einer partiellen Schädigung des Nervs führt. Daraus resultiert bei 10 bis 30 % der Patienten ein sensibles Defizit45. Zwar liegt die initiale Erfolgsrate bei 70 bis 90 %, allerdings kommt es zu Rezidiven, so dass nach 5 Jahren noch etwa die Hälfte der Patienten schmerzfrei ist7,31.

Die Resultate bei diesem Verfahren unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Serien bezüglich Schmerzfreiheit und sensiblem Defizit stark.

Möglicherweise spielen Faktoren wie die Korrektur der Verzerrung der Planungs- MRT eine Rolle, weil das Zielvolumen so klein ist, dass es im Grenzbereich der radiochirurgischen Prozessgenauigkeit liegt7,31.

Der Begriff „Radiochirurgie“ beschreibt die Zerstörung eines umschriebenen Gewebevolumens durch eine einmalige fokussierte, hoch dosierte Bestrahlung.

Die Strahlendosis wird dabei in einer Weise appliziert, die das Zielgebiet in seiner Größe, Form und Lage äußerst genau konformiert, d. h. mit ihm räumlich übereinstimmt. Damit erhält das Zielvolumen eine hohe Strahlendosis, ohne dass dabei gesundes Gewebe in nennenswertem Maße beeinträchtigt wird. Bei der Radiochirurgie handelt es sich um einen nicht mehr rückgängig zu machenden Eingriff, der einer Operation gleichkommt45.

Da die Methode relativ jung ist, liegen keine Langzeitergebnisse vor, die signifikante Aussagen über Wirksamkeit und Komplikationen zulassen würden.

(26)

1.8.5 Operative Behandlung

Gemäß der Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Neurologie 2005 ist eine operative Behandlung erst angebracht, wenn trotz des Ausschöpfens der Möglichkeiten der konservativen Therapie keine Schmerzfreiheit erreicht werden konnte, oder Nebenwirkungen eine Fortsetzung der konservativen Behandlung unmöglich machen. Grundsätzlich kommen heute zwei verschiedene operative Behandlungen in Betracht:

a) Perkutane Verfahren im oder am Ganglion Gasseri

Ballonkompression50

Glycerin-Rhizolyse29

Thermokoagulation70

b) Mikrovaskuläre Dekompression des Nervus Trigeminus im Kleinhirnbrückenwinkel

Diese Operationsmethoden haben folgende Verfahren verdrängt:

- Exhärense peripherer Trigeminusäste in der Lokalanästhesie56 - extradurale Durchtrennung von Trigeminusästen an der Basis der mittleren Schädelgrube nach Spiller und Frazier56

- „Neurolyse“ des intrakraniellen Nervus trigeminus nach Taarnhøj72

(27)

Nun zu den derzeitigen chirurgischen Verfahren im Einzelnen:

a) Perkutane Verfahren

 Ballonkompression

Die Punktionstechnik der perkutanen Mikrokompression nach Mullan55 entspricht jener der Thermokoagulation. Hierbei wird ein 4-French-Fogarty-Ballonkatheter, der mit Kontrastmittel gefüllt ist, in das Cavum Meckeli eingeführt. In Kurznarkose wird der Ballon aufgebläht. Durch diese Kompression wird der Trigeminusnerv entlastet.

 Glycerin-Rhizolyse

Für diese Methode verwendet man auf 40 °C erwärmtes Glycerin, welches direkt an das Ganglion Gasseri appliziert wird. Dabei wird nach Platzierung der Nadel im Cavum Meckeli (Abb. 3) zunächst Kontrastmittel injiziert, um die korrekte Nadellage sicherzustellen. Anschließend erfolgt die Injektion des Glycerins28.

(28)

 Thermokoagulation

Die Methode der Thermokoagulation wurde in den 1930er Jahren von Kirschner entwickelt und später auch von anderen Autoren weiterentwickelt70. Klinisch eingeführt wurde diese Methode, die zur Ausschaltung von Schmerzfasern in der hinteren Trigeminuswurzel unter Schonung der taktilen (= den Tastsinn betreffenden) Bahnen verhilft, 1965 von Sweet77. Sie hat sich seit 1974 unter der Bezeichnung „kontrollierte Thermokoagulation“ (nach Sweet und Wepsic) durchgesetzt und praktisch alle früheren Operationsmethoden verdrängt56.

Das Prinzip der Thermokoagulation beruht auf einer differenzierten Faserschädigung, wobei weniger myelinisierte Delta-A-und-C-Fasern empfindlicher auf eine thermische Schädigung reagieren als A-Beta-Fasern.

Dadurch wird die Schmerzempfindlichkeit aufgehoben, die Sensibilität im Versorgungsbereich des Nervs bleibt jedoch partiell erhalten.

In örtlicher Betäubung wird perkutan unter Röntgen-Bildwandler-Kontrolle eine Elektrode vom Gesicht aus durch das Foramen ovale und durch das Cavum Meckeli hindurch bis zur Trigeminuswurzel vorgeschoben. Die genaue Lage der Elektrodenspitze innerhalb der Trigeminuswurzel wird durch Stimulation bestimmt.

Die Lage wird so variiert, dass die Stimulation Schmerzen in dem Gesichtsbereich auslöst, in dem auch spontan die Neuralgieschmerzen auftreten. Über die Elektrode wird dann an dieser Stelle unter Ultrakurznarkose die Wurzel koaguliert, wobei an der Elektrodenspitze eine Temperatur von 70 °C für die Dauer von ca.

(29)

Es werden mehrere derartige Koagulationen ausgeführt, bis die Stimulation den Neuralgieschmerz nicht mehr auslöst. In der Regel ist anschließend das Schmerzareal der Neuralgie etwas taub, aber nicht vollständig gefühllos. DieFolge (neben der Schmerzausschaltung) ist eine Sensibilitätsstörung für den entsprechenden Versorgungsbereich72.

Die von Sweet69 vertretene Hypothese, dass die Koagulation mit der genannten geringen Wärmeeinwirkung nur die schmerzweiterleitenden marklosen Fasern der Wurzel schädigt, aber nicht die markhaltigen Fasern, welche die epikritische Sensibilität leiten, ist inzwischen experimentell und histologisch widerlegt worden25,67.

Alle Fasersysteme werden selbst bei noch geringerer Wärmeeinwirkung gleichartig geschädigt. Entsprechend gelingt es fast nie, eine ausreichende Analgesie zu erreichen, ohne zusätzlich die epikritische Sensibilität zu vermindern67.

Bei den drei erwähnten perkutanen Verfahren wird üblicherweise in intravenöser Kurznarkose 1–2 cm seitlich des Mundwinkels punktiert und ein Trochar (eine spezielle Nadel) freihändig unter Durchleuchtungskontrolle in das Foramen ovale eingeführt27. Durch das Trochar wird entweder eine Radiofrequenzsonde zur temperaturgesteuerten Ausschaltung des Nervus trigeminus geleitet (60–70 °C für 60–70 Sekunden), wasserfreies Glycerin in das Cavum Meckeli gespritzt (0,4 ml) oder ein 4-French-Fogarty-Ballonkatheter eingeführt (Füllung mit 0,75–1 ml Kontrastmittel, intraluminaler Druck von etwa 1200 mm Hg). Bei allen drei Verfahren gibt es unterschiedliche Angaben über die jeweilige Erfolgs- und Rezidivquote27.

(30)

Alle perkutanen Verfahren sind ablative Verfahren. Bei der Thermokoagulation wird der Nervus trigeminus im Ganglion Gasseri thermisch ablatiert, bei der Glycerin-Rhizolyse chemisch und bei der Ballonkompression mechanisch.

Abb. 3

Neurological Surgery Volume 5; Figure 156-1; 3378

(31)

b) Mikrovaskuläre Dekompression

Als mikrochirurgische Behandlungsmöglichkeit der Trigeminusneuralgie hat sich die mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta34,35,36 bewährt. Hierbei handelt es sich um eine mikrochirurgische Dekompression der Trigeminuswurzel17.

Die Operation wird unter Intubationsnarkose durchgeführt. Der Kopf des Patienten wird in Rückenlage mit einem Mayfield-Kopfhalteapparat fixiert und zur Seite gedreht. Der Eingriff beginnt in der hinteren Schädelgrube über eine lateral- subokzipital-retrosigmoidale Kraniektomie (Abb. 4a).

Nach kleiner Trepanation 2 x 2 cm (= operative Öffnung des Schädels) und Inzision der Dura parallel zu Sinus sigmoideus wird der Kleinhirnbrückenwinkel freigelegt (Abb. 4b) und die Trigeminuswurzel unter dem Operationsmikroskop dargestellt (Abb. 5).

Kleine Venen können koaguliert und getrennt werden, größere Venen oder komprimierende Arterien werden unter Erhaltung ihrer Durchgängigkeit abpräpariert und durch Zwischenlagen eines Polsters aus Muskelgewebe (früher) oder Teflonmaterial von der Wurzel isoliert. Dadurch wird der Nervus trigeminus völlig dekomprimiert (Abb. 6). Nach der Blutstillung und der Fertigstellung einer fortlaufend-liquordichten Duranaht erfolgt die Knochenrekonstruktion mit Methylmethacrylat. Die Muskulatur und das Periost werden durch Nähte wieder adaptiert und die Kopfhaut wird vernäht36.

(32)

Durch intraoperatives Monitoring während der Operation kann die Funktion einzelner Nerven mit elektrischen Messungen kontrolliert werden. Mithilfe der kontinuierlichen Ableitung von SEP, AEP und des Fazialis-Monitorings kann der Chirurg frühzeitig eine drohende Schädigung von Nerven erkennen und verhindern9.

Somato-sensibel evozierte Potenziale (SEP): Untersuchung der Gefühlsleitung (sensibles System) mittels eines leichten Stromimpulses.

Nachweisbar sind örtliche, vollständige oder partielle Leitungsblockaden und -verzögerungen.

Akustisch evozierte Potenziale (AEP): Im neurochirurgisch operativen Bereich werden AEP zur Überwachung der Hörfunktion bei Akustikusneurinomen und anderen Tumoren des Kleinhirnbrückenwinkels sowie bei mikrovaskulären Dekompressionen eingesetzt.

EMG-Monitoring motorischer Hirnnerven: Bei Operationen im Kleinhirnbrückenwinkel hat sich die Überwachung und Lokalisation des Nervus fazialis durch direkte Elektrostimulation und Ableitung eines Muskelantwortpotenzials bewährt. Dabei wird das EMG von geeigneten Zielmuskeln der zu überwachenden Hirnnerven mittels monopolarer Elektrodenpaare oder bipolarer Nadelelektroden abgeleitet.

(33)

Lateral-subokzipital retrosigmoidaler Zugang

Abb. 4a, b

Mayfield- Processus Kopfhalteapparat mastoideus

a Knochen- Hautinzision b eröffnung

Modifiziert: Operative Neurosurgery; Andrew H. Kaye, Peter McL Black Volume 2; 1601; Figure 130.5

(34)

Nervus trigeminus

wird von einer Schlinge der A. cerebelli superior komprimiert

Abb. 5

2 1

3 4

(1) Arteria cerebelli superior (2) Wurzel des Nervus trigeminus

(3) Cerebellum (4) Pons

Modifiziert: Operative Neurosurgery; Andrew H. Kaye, Peter McL Black Volume 2; 1605; Figure 130.8

(35)

Die Eintrittszone des Nervus trigeminus wird von der Arterie durch ein Teflonimplantat dekomprimiert

Abb. 6

Teflon

Modifiziert: Operative Neurosurgery; Andrew H. Kaye, Peter McL Black Volume 2; 1605; Figure 130.8

(36)

Historisch wurde zur Entwicklung dieser Technik eine Beobachtung von Dandy relevant. In seinem Buchbeitrag16 über die Behandlung der Trigeminusneuralgie beschreibt er, dass eine mögliche Ursache der Entstehung des trigeminalen Tic douloureux eine arterielle Schlinge sein könnte, die entweder dorsal oder ventral die sensible Trigeminuswurzel komprimiert.

Diese Beschreibungen wurden später von Gardner wieder aufgegriffen. Er beseitigte die vaskuläre Kompression und polsterte die Trigeminuswurzel mit einem Gelatineschwamm26. 1971 führte Jannetta die alleinige „mikrovaskuläre Dekompression der Trigeminuswurzel“ über den retrosigmoidalen, subokzipitalen Standardzugang durch35.

Im Jahr 1981 ist die von Hakanson vorgestellte Glycerin-Injektion im Bereich des Ganglion Gasseri hinzugekommen, bei der Glycerin in kleinsten Mengen in die Trigeminuszisterne eingebracht wird. Eine Modifikation der Hakanson-Methode wurde 1984 von Bremerich und Miltner entwickelt4. Dabei wird das sterile wasserfreie Glycerin extrakraniell in den peripheren Teil des betroffenen Trigeminusastes injiziert.

Durch die Entwicklung der vorgenannten Methoden wurde das noch bis in die 1970er Jahre durchgeführte Verfahren der selektiven retroganglionären Wurzeldurchschneidung nach Spiller und Frazier4 abgelöst.

Viele Neurochirurgen führen bei Patienten über 65 Jahren keine Operationen nach Jannetta mehr durch, da sie eine erhöhte Komplikationsrate vermuten. Im

(37)

2. Patienten und Methode

2.1 Patientenkollektiv

Zur klinischen Datenerhebung zum Thema „vaskuläre Dekompression des Nervus trigeminus“ wurden 107 Trigeminusneuralgiepatienten über 65 Jahre (112 Fälle) im Zeitraum von 1979 bis 2001 untersucht. Die Auswertung der Patientendaten erfolgte anhand der ambulanten und stationären Krankenunterlagen im Nordstadt- Krankenhaus in Hannover. Weiterhin haben wir mithilfe eines Fragebogens unsere Patienteninformationen für diese retrospektive Studie vervollständigt.

Fragebogen

 Name und Alter des Patienten

 bisherige/allgemeine Erkrankungen

 Dauer der Trigeminusneuralgie

 schmerzfreies Intervall

 Schmerzcharakter

 betroffene Gesichtsseite

 betroffener Nervenast

 Triggermechanismen

 Sensibilitätsstörungen

 Allgemeinerkrankung

(38)

Vorherige Therapien

 Medikamente

 Operationen

 sonstige Therapie

 Wirksamkeit der Therapie

Operation (vaskuläre Dekompression nach Jannetta)

Gefäß

Lagerung (sitzend/liegend)

Muskel/Teflon

Verwachsungen

Komplikationen

Entlassung

 Hörminderung

 Neurologischer Status

 Medikamente

 Funktion des Nervus fazialis

 schmerzfrei bei der Entlassung?

(39)

3. Ergebnisse

3.1 Patienten über 65 Jahre

Die Auswertung der Daten hinsichtlich des Geschlechts, des Durchschnittsalters, der betroffenen Seite und der Dauer der Trigeminusneuralgie-Erkrankung bei Patienten über 65 Jahre brachte folgende Ergebnisse:

Insgesamt waren es 112 Fälle, d. h., 5 der 107 Patienten wurden zweimal operiert, das Durchschnittsalter betrug 70,35 Jahre, bei 63 Fällen (56,6 %) war die rechte und bei 49 Fällen (43,4 %) die linke Seite betroffen. Die Beschwerdedauer betrug durchschnittlich 9,4 Jahre.

Das Durchschnittsalter bei den 63 weiblichen Patienten (56,3 %) lag bei 71,9 Jahren, die durchschnittliche Beschwerdedauer bei 10,1 Jahren. Das Durchschnittsalter bei den 49 männlichen Patienten (43,7 %) lag bei 70,6 Jahren, die durchschnittliche Beschwerdedauer war 8,4 Jahre.

Tabelle 1 n = 112 Frauen Männer Gesamt

______________________________________________________________________

Fälle 63 (56,3 %) 49 (43,7 %) 112

Durchschnitts- 71,9 (65–83) 70,6 (65–81) 70,4 (65–83)

alter in Jahren

Re. Seite 37 26 63 (56,6 %)

Li. Seite 26 23 49 (43,4 %)

Beschwerdedauer 10,1 Jahre 8,4 Jahre 9,4 Jahre

(40)

3.2 Betroffene Trigeminusäste

Die Tabelle 2 zeigt, wie häufig und in welchen Kombinationen die Trigeminusäste bei Patienten über 65 Jahren betroffen waren. Der Ast V1 war in 3 (2,8 %), der Ast V2 in 33 (30,9 %) und der Ast V3 in 10 Fällen (9,3 %) allein betroffen. Die Kombination der Äste V2 + V3 kam in 40 (37,4 %), Ast V1 + V2 in 11 (10,3 %) und die Kombination aller Äste in 10 Fällen (9,3 %) vor.

Tabelle 2 n = 107

Trigeminusäste Fälle Häufigkeit in %

______________________________________________________________________

V1 3 2,8

V2 33 30,9

V3 10 9,3

V2/V3 40 37,4

V1/V2 11 10,3

V1/V2/V3 10 9,3

Abb.7

V1 V2 V3 V2/3 V1/2 V1/2/3

(41)

3.3 Die Kompression verursachenden Gefäße

Tabelle 3 zeigt, wie häufig ein Gefäß den Nervus trigeminus komprimiert hat: Die Arteria cerebelli superior (ACS) war in 46 (42,9 %), die ACS + Vene in 26 (24,3 %), Venen in 15 (14 %) und die Arteria cerebelli anterior inferior (AICA) in 7 Fällen (6,5 %) verantwortlich für die vaskuläre Kompression des Nervus trigeminus. Weiterhin waren Kombinationen von AICA + Vene in 4 (3,7 %) und ACS + AICA in 5 Fällen (4,7 %) zu beobachten. Ein arterieller und venöser Plexus, die Arteria vertebralis und Arteria basilaris kamen jeweils in einem Fall vor (0,9 %).

Keine unmittelbare Kompression des Nervus trigeminus wurde in 2 Fällen (1,9 %) festgestellt.

Tabelle 3 n = 107

Gefäße Fälle Häufigkeit in %

ACS 46 42,9

ACS/Vene 26 24,3

Vene 15 14,0

AICA 7 6,5

AICA + Vene 4 3,7

ACS + AICA 5 4,7

keine vaskuläre Kompression 2 1,9

Arterie + Venenplexus 1 0,9

Arteria vertebralis und basilaris 1 0,9

Abb. 8

ACS ACS/Vene Vene

AICA AICA + Vene ACS + AICA

Arterie + Venenplexus Arteria verteb. + basil. keine vaskuläre Dekompression

(42)

3.4 Postoperative Komplikationen

Tabelle 4 zeigt die postoperativen Komplikationen bei Patienten über 65 Jahren:

Komplikationen kamen bei insgesamt 20 Patienten vor. Bei 7 Patienten (6,25 %) wurde eine Hypästhesie auf der betroffenen Gesichtshälfte festgestellt. Eine Hörminderung kam bei 6 Patienten (5,4 %), Liquorfistel bei 2 Patienten (1,8 %) vor. Komplikationen wie Läsionen des Nervus fazialis, Gleichgewichtsstörungen, Meningitis und Hirninfarkt wurden jeweils einmal festgestellt (jeweils 0,89 %).

Todesfälle kamen nicht vor.

Tabelle 4 n = 112

Komplikationen Patienten Häufigkeit in %

Hypästhesie 7 6,25

Hörminderung 6 5,4

Liquorfistel 2 1,8

Hörverlust 1 0,89

Läsion des Nervus fazialis 1 0,89

Gleichgewichtsstörung 1 0,89

Meningitis 1 0,89

Kleinhirninfarkt 1 0,89

Abb. 9

Hypästhesie Hörminderung Liquorfistel Hörverlust

Läsion des N. fazialis Gleichgewichtsstörung Meningitis Kleinhirninfarkt

(43)

3.5 Follow-up der 107 Patienten über 65

Tabelle 5 zeigt das Follow-up-Ergebnis einer durchschnittlichen Zeitperiode von 7,5 Jahren. Bei Rückfragen konnten die Fälle von insgesamt 97 Patienten ausgewertet werden, von diesen gaben 73 (75,3 %) Beschwerdefreiheit an. Über weiterhin bestehende Beschwerden klagten 11 Patienten (11,3 %), diese waren seit Auftreten der Erkrankung nie schmerzfrei gewesen. 13 Patienten (13,4 %) hatten Rezidivbeschwerden. 15 Patienten konnten aus verschiedenen Gründen nicht erreicht werden, z. B. weil ihr derzeitiger Wohnort nicht bekannt war.

Tabelle 5 n = 97

Follow-up Anzahl Häufigkeit in %

Schmerzfrei 73 75,3

Unveränderte Beschwerden 11 11,3

Rezidive 13 13,4

Abb. 10

Schmerzfrei Unveränderte Beschwerden Rezidive

(44)

4. Diskussion 4.1 Glycerin-Injektion

Auch für die Glycerin-Injektion liegen Studien über Langzeiteffekte vor, die im Weiteren dargestellt sind. In der Studie von Bemerich und Krischek4 erreichten 962 Patienten zu 97 % eine initiale Schmerzfreiheit (bei Patienten mit Multipler Sklerose waren es 94,7 %). Die Rezidivrate innerhalb von 5 Jahren betrug 12,8 % (bei Patienten mit Multipler Sklerose 40,2 %). Aufgetretene Komplikationen waren leichte Hypästhesie (68 % der Fälle), schwere Hypästhesie (5 %) und Dysästhesie (6,5 %). Auch bei der Methode der Glycerin-Injektion handelt es sich um ein ablatives Verfahren, bei dem insgesamt bei 79,5 % der Patienten eine postoperative Sensibilitätsstörung festgestellt wurde.

1990 behandelten Richard et al.60 85 Patienten mit medikamentös nicht beherrschbarer Trigeminusneuralgie mittels Glycerin-Injektion und führten 6- bis 54-monatige Nachbeobachtungen durch. Die mediane Zeitspanne bis zum erneuten Auftreten medikamentös nicht effektiv therapierbarer Schmerzzustände, die eine erneute chirurgische Intervention notwendig machten, betrug 3 Jahre (die mediane Zeitspanne bis zum Auftreten von Symptomen, die irgendein sonstiges therapeutisches Eingreifen erforderlich machten, betrug dagegen nur 2 Jahre).

Nach wiederholten Glycerin-Injektionen aufgrund rezidivierender Beschwerden betrug die mittlere Zeitspanne bis zum Auftreten erneuter Rezidive ein Jahr.

(45)

Slettebø et al.66 untersuchten ebenfalls die Langzeiteffekte einer Glycerin-Injektion zur Therapie einer Trigeminusneuralgie. Insgesamt wurden 60 Patienten nachbeobachtet. Vollständige Schmerzfreiheit nach initialer Therapie wurde in 93 % der Fälle beobachtet. Unmittelbar nach dem Eingriff gaben 75 % der Patienten eine Taubheit an, während des Follow-ups jedoch nur noch ein Drittel.

Dagegen berichteten 38 % der Patienten über lang andauernde Dysästhesien als wesentliche Nebenwirkung, die ebenfalls das Auftreten postoperativer Komplikationen als einen Nachteil dieser Methode bestätigen. Die „Halbwertszeit“

des Therapieerfolgs wird mit 47 Monaten angegeben. Als gravierende Nachteile benennen die Autoren entsprechend das hohe Risiko lang anhaltender und beeinträchtigender sensibler Störungen sowie die hohe Rezidivrate62. Es gelang nicht, Prädiktoren für das Auftreten eines Rezidivs zu finden, jedoch fiel auf, dass Rezidive vor allem jene Patienten betrafen, bei denen nach dem Eingriff keine Veränderung der Sensibilität im trigeminalen Versorgungsgebiet zu beobachten war.

(46)

Auch Rappaport und Gomori59 berichten speziell über die Ergebnisse wiederholter Glycerin-Injektionen bei rezidivierender Trigeminusneuralgie. Von insgesamt 60 Patienten mussten 14 aufgrund eines Schmerzrezidivs erneut behandelt werden.

Das Rezidiv trat im Mittel nach 14 Monaten auf. Dabei zeigte sich im Rahmen des zweiten Eingriffs eine signifikante Abnahme des Volumens der trigeminalen Zisterne im Vergleich zum Zeitpunkt der ersten Intervention (0,38 ml vs. 0,29 ml).

In 4 Fällen wurde eine Arachnoiditis (erkennbar am Verkleben der Nervenwurzeln) beobachtet.

Nach der erneuten Glycerin-Injektion entwickelte sich bei 2 Patienten eine schmerzhafte Dysästhesie, in 6 Fällen traten entweder neue oder verstärkte sensible Defizite im trigeminalen Versorgungsgebiet auf. Diese Befunde sind evtl.

auf eine Arachnoiditis innerhalb der trigeminalen Zisterne zurückzuführen.

Die Autoren59 folgern aus diesen Ergebnissen, dass aufgrund der Gefahr eines Deafferenzierungsschmerzes nach der Glycerin-Injektion dieses Verfahren bei jungen Patienten mit Vorsicht einzusetzen sei. Fujimaki et al.25 berichten über eine Rezidivquote von 72 % bei einem Follow-up von 54 Monaten, Saini61 nennt eine Rezidivrate von 83 % bei einem Follow-up von 5 Jahren.

Aufgrund der hohen Rezidivraten und lang anhaltender Dysästhesien wird dieses Verfahren speziell bei älteren Patienten sowie bei Risikopatienten immer seltener angewandt.

(47)

4.2 Ballonkompression

Das Verfahren der Ballonkompression geht auf erste Erfahrungen von Taarnhøj72 sowie von Sheldon und Pudenz65 zurück. Taarnhøj komprimierte das Ganglion Gasseri und seine Wurzel bei 10 Patienten, weiterhin führte er zwischen 1951 und 1959 bei 20 Patienten eine Kompression an der Wurzel des Nervus trigeminus durch. Er stellte fest, dass nur bei 4 Patienten (20 %) rezidivierende Beschwerden auftraten72.

Shelden und Pudenz65 komprimierten ebenfalls bei 10 Patienten den Nervus trigeminus, jedoch mehr distal am Foramen ovale und am Foramen rotundum.

Taarnhøj berichtete später (1995) über eine Rezidivquote von 40 %. Ähnliche Werte (30–40 %) werden von Shelden und Pudenz angegeben.

Im Jahr 1978 machte dann Mullan55 erste Versuche, das Ganglion Gasseri mit einem Fogarty-Ballon-Katheter durch das Foramen ovale zu komprimieren. Bei 50 Patienten mit Trigeminusneuralgie wurde in Kurznarkose und unter Bildwandlerkontrolle ein Fogarty-Ballon-Katheter (Nr. 4) durch das Foramen ovale an das Ganglion Gasseri vorgeschoben und dieses dann komprimiert.

Anschließend wurden die Patienten 0,5 bis 4,5 Jahre nachbeobachtet. In 12 % der Fälle kam es während der Nachbeobachtungszeit zu einem Schmerzrezidiv, und es wird von einer Rezidivrate von 20 % nach 5 Jahren ausgegangen.

(48)

Als Vorteile dieser Methode werden das Ausbleiben von Unannehmlichkeiten für den Patienten, die leichte Handhabung, das Fehlen einer assoziierten Mortalität sowie eine minimale Morbiditätsrate angegeben. Später berichteten Lichtor und Mullan50 über 100 Patienten, die ebenfalls mittels perkutaner Ballonkompression behandelt wurden, bei einer Follow-up-Dauer von 1–10 Jahren. Nach 5-jährigem Follow-up waren 80 % der Patienten weiterhin beschwerdefrei, bei 4 % waren Dysästhesien aufgetreten. Fast alle Patienten berichteten von einer ipsilateralen Muskelschwäche, die bis etwa 3 Monate nach der Behandlung anhielt.

Skirving und Dan18 geben in einem Review einen Überblick über 20 Jahre Ballonkompression des Ganglion Gasseri bei Trigeminusneuralgie. Ziel war es, die Erfolgs- und Komplikationsraten zu erheben. Dabei wurden die Daten von insgesamt 496 Patienten ausgewertet, bei denen zwischen 1980 und 1999 eine Ballonkompression durchgeführt worden war. Die mittlere Follow-up-Dauer betrug 10,7 Jahre. Technisches Versagen in Form fehlender Durchgängigkeit des Foramen ovale wurde in 9 Fällen verzeichnet. Es verblieben 522 zu beurteilende erfolgreich durchgeführte Eingriffe. Außer bei einem Patienten war in allen Fällen unmittelbar nach der Intervention eine vollständige Schmerzfreiheit zu beobachten. Im Verlauf von 5 Jahren kam es bei 95 Patienten (19,2 %) zu einem Schmerzrezidiv und während der gesamten Nachbeobachtungsperiode bei 158 Patienten (31,9 %). Dysästhesien traten bei 19 Patienten auf (3,8 %), jedoch weder eine Anästhesie der Kornea noch eine Anaesthesia dolorosa.

(49)

Sowohl hinsichtlich der Rezidivrate als auch hinsichtlich der Häufigkeit des Auftretens sensibler Störungen wird die Ballonkompression im Vergleich zu den beiden anderen zur Verfügung stehenden Verfahren (Thermokoagulation, Glycerin-Injektion) als vorteilhaft angesehen. Als weitere Vorteile dieser Methode werden die schnelle Durchführbarkeit und das Ausbleiben von Unannehmlichkeiten für den Patienten genannt; sie wird als Therapiemöglichkeit erster Wahl vorgeschlagen18.

Im Rahmen einer Studie von Lee et al.48 sollte die optimale Dauer einer Ballonkompression ermittelt werden. Dazu teilte man 80 Patienten mit therapieresistenter Trigeminusneuralgie in 2 Gruppen auf. In Gruppe 1 wurde für 60 Sekunden eine perkutane Ballonkompression durchgeführt, in Gruppe 2 für 180 Sekunden. Nach einjährigem Follow-up war festzustellen, dass die Rezidivrate bei Patienten der ersten Gruppe mit 5 % geringfügig höher war als in der zweiten Gruppe (2,5 %). Jedoch war dieser Unterschied statistisch nicht signifikant (p > 0,05). Zudem wurden bei den Patienten der ersten Gruppe seltener Sensibilitätsstörungen festgestellt als bei den Patienten der zweiten Gruppe (p < 0,05).

Die Methode der Ballonkompression zeigt zwar weniger Komplikationen, jedoch mehr Rezidive (31,9 %)18 im Vergleich zu unserer Studie (13,4 %). Zusätzlich ist die technische Problematik in Form fehlender Durchgängigkeit des Foramen ovale bei der Ballonkompression als weiterer Nachteil dieses Verfahrens anzusehen.

(50)

4.3 Thermokoagulation

Aus einer Studie60 mit der Methode der Thermokoagulation ergab sich folgendes:

Von 1200 Patienten (Follow-up: 9 Jahre) hatten 72 % keinen Tic-Schmerz und keine Nebenwirkungen (exzellentes Ergebnis), 21 % keinen Tic-Schmerz und geringe Dysästhesien (gutes Ergebnis), 4 % keinen Tic-Schmerz und mäßige Dysästhesien (mäßiges Ergebnis), 1 % keinen Tic-Schmerz und schwere Dysästhesien (schlechtes Ergebnis) sowie 2 % persistierende Schmerzen (Therapieversagen); 16 % der Patienten wiesen eine temporäre Masseterschwäche auf, 7 % eine temporäre Pterygoideusschwäche, 17 % eine geringe Dysästhesie, 3 % eine schwere Dysästhesie, 1 % eine Anaesthesia dolorosa, 6 % einen erloschenen Kornealreflex, 2 % eine Keratitis, 1,2 % eine Diplopie, 0,2 % eine Meningitis und 0,1 % eine Karotis-Sinus-Cavernosusfistel.

Aus einer anderen Studie zur Thermokoagulation geht Folgendes hervor:

Hinsichtlich der Rezidivhäufigkeit konnte eine Abhängigkeit zur Koagulationsintensität festgestellt werden. Je zurückhaltender koaguliert wurde, desto höher fiel die Rezidivhäufigkeit aus. Bei nur geringem Sensibilitätsausfall lag sie bei 55 %, bei erheblicherem postoperativen Sensibilitätsausfall aber bei 25 %47.

(51)

Bei der von uns durchgeführten Studie, bei der 112 Patienten über 65 Jahre untersucht wurden (n = 112), die mittels mikrovaskulärer Dekompression operiert worden waren, wurde bei 73 Patienten (75,3 %) nach einer durchschnittlichen Zeitperiode von 7,5 Jahren (Follow-up) Schmerzfreiheit erreicht. Bei 13 Patienten (13,4 %) kam es zu einem Rezidiv. Bei 11 Patienten (11,3 %) waren die Beschwerden unverändert. Es ist festzustellen, dass bei dem Verfahren der Thermokoagulation häufig Hypästhesien vorkamen, wobei in unserer Studie bei den Patienten, die mittels mikrovaskulärer Dekompression nach Jannetta behandelt wurden, deutlich weniger Komplikationen mit Hypästhesien, nämlich 6,25 %, und keine Dysästhesien festzustellen waren.

(52)

4.4 Radiochirurgische Behandlung

Bei der radiochirurgischen Behandlung mittels Gamma-Knife liegt der Anfangserfolg bei 85,6 % und sinkt nach 33 Monaten auf 75,4 %45. Nach der Operation muss man in 10 % der Fälle mit einer Hypästhesie oder Dysästhesie rechnen. Kondziolka et al.44 untersuchten den therapeutischen Erfolg der Gamma- Knife-Therapie an 50 Patienten, von denen 38 bereits vorbehandelt waren. Im Durchschnitt wurden bei jedem Patienten 2,8 Gamma-Knife-Behandlungen durchgeführt, dabei wurden Dosen von 60–90 Gy verwendet. Die Follow-up- Periode betrug im Durchschnitt 18 Monate. Es konnte bei 29 Patienten (58 %) Schmerzfreiheit sowie bei 18 Patienten (36 %) eine gute postoperative Schmerzkontrolle erzielt werden; bei 3 Patienten (6 %) war kein Therapieerfolg zu verzeichnen.

Das mittlere Zeitintervall bis zum Beginn der Schmerzreduktion betrug einen Monat, wobei dieser Therapieerfolg in allen Fällen (abgesehen von 3 Patienten, bei denen nach 5,7 bzw. 10 Monaten wieder Schmerzen auftraten) für insgesamt 3 Jahre anhielt. Mit einer relativ hohen Dosis von mindestens 70 Gy wurde signifikant häufiger Schmerzfreiheit erreicht. Jedoch kam es bei 3 Patienten (6 %) zu fazialen Parästhesien, die bei einem Patienten vollständig und bei einem anderen Patienten teilweise rückläufig waren. Weitere Komplikationen traten nicht auf. Die Autoren sehen die Gamma-Knife-Methode als sinnvolle Ergänzung zu medikamentösen und operativen Ansätzen an, jedoch sind weitere

(53)

Im Jahre 1998 veröffentlichten Kondziolka et al.44 weitere Ergebnisse bezüglich Schmerzreduktion und Komplikationen nach der Gamma-Knife-Therapie. Bei allen 106 im Rahmen dieser Untersuchung behandelten Patienten bestand eine medikamentös oder chirurgisch nicht beherrschbare Trigeminusneuralgie.

Bei 64 Patienten (60 %) wurde ein exzellentes Ergebnis erreicht (schmerzfrei), bei 18 Patienten (17 %) eine 50–90%ige Schmerzreduktion (als gutes Ergebnis bewertet), wobei teilweise weiterhin Medikamente eingenommen wurden. Bei 9 Patienten (9 %) war nur eine geringe Verbesserung zu erreichen. Nach durchschnittlich 18-monatigem Follow-up bestand noch bei 77 % der Patienten eine signifikante Verbesserung. Bei 6 der 64 Patienten, bei denen eine initiale Schmerzfreiheit zu verzeichnen war, kam es im weiteren Verlauf zu einem Wiederauftreten von Schmerzen. Weder die applizierte Dosis noch das Alter, die chirurgische Vorgeschichte oder Sensibilitätsstörungen im Gesicht (bei 12 Patienten kam es zum erstmaligen oder zum verstärkten Auftreten von Parästhesien im Gesicht) korrelierten mit der Beschwerdebesserung. Weitere Komplikationen traten nicht auf, auch keine Anaesthesia dolorosa.

Die Autoren bewerten die Gamma-Knife-Behandlung abschließend als minimal invasive Methode zum Erreichen einer hohen Rate an signifikanter Schmerzbesserung (nämlich 80 %) und einer geringen Rezidivrate nach initialer Schmerzfreiheit. Das Risiko von Parästhesien ist gering. Jedoch sind für eine genauere Beurteilung weitere Langzeitergebnisse notwendig.

(54)

Young et al.78 behandelten 60 Patienten mit Trigeminusneuralgie mittels Gamma- Knife. Die Patienten hatten auf eine pharmakologische Therapie (sowie in 22 Fällen auf eine chirurgische Therapie) nicht angesprochen.

Bei 51 der Patienten lag kein Tumor vor; sie wurden mit einer maximalen Dosis von 70 Gy, ausgerichtet auf die Nervenwurzel, therapiert. Nach einer Follow-up- Periode zwischen einem Tag und 4 Monaten waren 38 der 51 Patienten (74,5 %) vollständig schmerzfrei und benötigten keine weitere Medikation. Bei weiteren 7 Patienten (13,7 %) war eine 50–90%ige Schmerzreduktion zu erreichen, so dass nur eine geringe oder gar keine weitere Medikation notwendig war. Dabei war bei den Patienten, die nicht operativ vorbehandelt worden waren, eine größere Schmerzreduktion zu erreichen als bei den voroperierten Patienten. Bei einer weiteren Follow-up-Untersuchung nach 6–36 Monaten waren 41 Patienten (80,4 %) schmerzfrei oder wiesen eine signifikante Schmerzreduktion auf. Bei 4 Patienten war es zu einem Rezidiv gekommen. Bei allen 26 Patienten mit klassischer Trigeminusneuralgie ohne atypische Komponente und ohne chirurgische Vorbehandlung war eine vollständige oder signifikante Schmerzreduktion erreicht worden; es trat bei diesen Patienten kein Rezidiv auf;

ebenso traten weder eine Sensibilitätsstörung im Gesicht noch weitere Komplikationen auf. Die Autoren sehen die Gamma-Knife-Therapie als minimal invasive, sichere und effektive Therapie der Trigeminusneuralgie an.

(55)

Poeck et al.58 führten bei 100 Patienten mit Trigeminusneuralgie eine Therapie mittels Gamma-Knife durch. Aufgrund mangelnder initialer Schmerzreduktion oder Auftreten eines Schmerzrezidivs musste bei 26 Patienten eine erneute Behandlung vorgenommen werden. Bei 10 dieser Patienten kam eine erneute Therapie mit dem Gamma-Knife zur Anwendung (nach durchschnittlich 13 Monaten), was in allen Fällen zu einer signifikanten Schmerzreduktion führte, davon in 8 Fällen zur Schmerzfreiheit (mediane Nachbeobachtungszeit: 15 Monate). Es kam unmittelbar nach der Behandlung weder zu Taubheitsgefühlen noch zu Parästhesien, jedoch war bei 6 der 8 schmerzfreien Patienten im Verlauf eine Taubheit im Gesicht festzustellen und bei den anderen beiden schmerzfreien Patienten eine Parästhesie.

Die Autoren kamen aufgrund dieser Ergebnisse zu dem Schluss, dass nach dem ersten Eingriff mit einer hohen Rate an schmerzfreien Patienten zu rechnen ist.

Jedoch kam es bei jedem Patienten, der ein zweites Mal behandelt wurde, zu Komplikationen.

(56)

4.5 Mikrovaskuläre Dekompression

Die Verteilung der männlichen und weiblichen Patienten in unserem Patientenkollektiv (weibliche Patienten 56 % und männliche 44 %) ist im Vergleich zu dem in der Literatur zu verzeichnenden (weibliche Patienten 58 % und männliche 42 %, Matsushima et al.)53 fast gleich. Das Durchschnittsalter in der Literatur wird mit 55 Jahren bei Matsushima et al.52 angegeben, bei unseren Patienten lag es bei 70,4 Jahren.

Barker et al.3 ermittelten die Häufigkeit der betroffenen Trigeminusäste.

Hauptsächlich betroffen war das Ausbreitungsgebiet von V2 + V3 (36 %), gefolgt von V2 (18 %), V1 + V2 (17 %), V3 (15 %), allen Ästen (12 %) und V1 (3 %). Bei unseren Patienten wurde das Ausbreitungsgebiet von V2 + V3 mit 37,3 % am häufigsten beobachtet, gefolgt von V2 (30,8 %), V1 + V2 (10,3 %), V3 und allen drei Ästen (jeweils 9,3 %) sowie V1 (2,8 %).

Am häufigsten beruht die Kompression nach Literaturangaben auf einem Kontakt mit der A. cerebelli superior (ca. 80 %), seltener und in absteigender Häufigkeit mit pontinen Venen, der A. cerebelli inferior anterior oder anderen, teilweise kleineren Gefäßen3.

In der von uns untersuchten Gruppe beruhte die Kompression am häufigsten auf einem Kontakt mit der A. cerebelli superior allein (42,9 %) sowie in Kombination mit anderen Gefäßen (71,9 %), was mit den Befunden in der Literatur übereinstimmt3.

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