A 1778 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 35–36|
3. September 2012BÖRSEBIUS
Böse Internetaktien
V
or gut zehn Wochen habe ich geschrieben, dass die Face- book-Aktie für meinen Geschmack selbst mit 20 Dollar noch zu teuer sei. Sie haben es ja selbst schon mitbekommen, dass der ehemals hochgejubelte Börsengang des In- ternetgiganten zum Fiasko geriet.Vom sehr ambitionierten (sprich maßlos überteuerten) Emissions- preis von 38 Dollar kannte der Kurs bis heute nur eine Richtung, näm- lich scharf nach unten, mittlerweile bis unter die Marke von 20 Dollar.
„So eine böse Internetaktie hatte ich noch nie, der Teufel soll Facebook holen“, beschwerte sich dieser Tage ein erboster Leser bei mir.
Nun gibt es ja bei dem einen oder anderen „dynamischen“ Börsianer den Reflex, ab einer bestimmten Fallhöhe genau in diese Aktie ein- zusteigen. Denn der Wert könne doch „auf diesem niedrigen Niveau nur noch steigen“?! Das würde ich mir allerdings wirklich genau über-
legen und schauen, was die Leute aus dem „Inner Circle“ bei Face- book denn so treiben. Einige von ihnen sind fröhlich dabei, ihre Ak- tien zu verkloppen, was ja nichts anderes heißt, dass sie das Vertrau- en in das Unternehmen verloren haben oder zumindest bestimmte Kurshöhen als unrealistisch ein- schätzen. Der deutschstämmige Pe- ter Thiel, immerhin Board-Mitglied bei Facebook, verkaufte mal eben schnell 20 Millionen Aktien. Dabei dürfte der ganz große Druck noch kommen. In den nächsten Monaten laufen die Haltefristen für insge- samt 1,66 Milliarden Aktien ab.
Gute Nacht, Facebook.
Kurzum: Es heißt also dringend aufzupassen und nicht unüberlegt nur aufgrund eines halbierten Kur- ses zu handeln. Die Facebook-Ak- tie kann durchaus so „böse“ sein, weiter zu fallen. Und so, wie ich das sehe, hat der Wert noch ziem- lich Luft nach unten. Erst bei zwölf
Euro würde ich persönlich an einen Kauf denken. Aber nur denken.
In der Tat, wer sich Internetak- tien ins Depot gelegt hat, könnte wahrhaftig glauben, dass einige dieser Titel echt böse sind. Dabei sollte doch gerade die Branche für einen neuen Boom im Kommunika- tionszeitalter stehen. Die Realität sieht allerdings mehr nach ver- brannter Erde aus.
Beim Onlinerabatthändler Grou- pon (minus 75 Prozent) etwa ver - sagen sogenannte Ankerinvestoren dem Unternehmen scharenweise die Gefolgschaft. Der Netscape- Gründer Mark Andreessen warf seine Aktien (nach Ablauf der Haltefrist) ebenso auf den Markt wie die schwedische Investment - gesellschaft Kinnevik. Bei Zynga (Computerspiele) verkaufte sogar der Boss des Unternehmens, Mark Pincus, 15 Prozent seiner Anteile für 200 Millionen Dollar, und zwar zwei Monate vor Ablauf der Bin- dungsfrist. Aus seiner Sicht war das gut, denn der Preis pro Aktie lag noch über zehn Dollar. Heute notiert Zynga zwei Drittel niedriger. Sie merken also, dass nicht die Aktien selbst die wirklich Bösen sind.