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Archiv "Verzögerung der Erstellung eines Gutachtens – berufsrechtliche Pflicht" (28.09.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 39

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28. September 2012 A 1951 Gutachten und Zeugnisse sind innerhalb einer

angemessenen Frist vom Arzt abzugeben. Eine Verzögerung von über zwei Jahren ist berufs- widrig. Das hat das Berufsgericht für Heilberu- fe beim Landgericht München I entschieden.

Der Arzt führt eine orthopädische Einzelarzt- praxis und ist für verschiedene Institutionen als Sachverständiger tätig. Im Jahr 2011 war ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet worden, weil der beschuldigte Arzt für eine im Jahr 2009 übernommene Begutachtung einer Versi- cherungsnehmerin für eine Versicherung trotz vieler Erinnerungen nicht fristgerecht sein Gut- achten abgegeben hatte. Gegenüber der Ärzte- kammer teilt er mit, dass er wegen der um-

fangreichen operativen Tätigkeit in seiner Praxis keine Zeit für die Gutachtenerstellung gehabt habe. Neben seiner Praxis übe er eine umfang- reiche Gutachtertätigkeit aus; hauptsächlich um die Verluste auszugleichen, die die Kassenme- dizin in einer orthopädischen Praxis verursache.

Nach Auffassung des Gerichts hat der Arzt gegen die Berufsordnung im Sinne von § 25 (Muster-)Berufsordnung verstoßen. Gerade bei versicherungsrechtlichen Vorfällen seien die Versicherungen darauf aus, dass sie die ärztli- chen Gutachten zeitgerecht erhalten, um ent- sprechende Versicherungsleistungen zu prüfen und gegebenenfalls zu zahlen. Reagiert ein Arzt permanent nicht auf Nachfragen einer Versiche -

rung, kann eine derart lange Verzögerung nicht toleriert werden, weil sie zulasten der Versicher - ten und deren Ansprüche geht. Der Arzt hätte klarstellen müssen, dass er etwa wegen zu- sätzlicher anderweitiger Belastung das Gutach- ten nicht zeitgerecht habe erstellen können. Er könne einen Gutachtenauftrag gegebenenfalls auch zurückgeben. Im vorliegenden Fall hat der Arzt letztlich, wenn auch mit erheblicher Ver- spätung, das Gutachten erstellt. Da der Arzt bislang zuverlässig tätig war, ist eine Geldbuße in Höhe von 1 500 Euro zur Ahndung der Be- rufswidrigkeit sowohl als ausreichend als auch notwendig vom Gericht angesehen worden (Beschluss Berufsgericht für die Heilberufe beim Landgericht München I vom 17. Novem- ber 2011, BG-Ä 2/11). RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Verzögerung der Erstellung eines Gutachtens – berufsrechtliche Pflicht

Z

unehmend häufiger sind in den letzten Jahren Rech- nungskürzungen zu medizinischen Gutachten bei Sozialgerichten zu verzeichnen; so sollen offenbar die durch vermehrte Klagen ausgelös- ten Kostensteigerungen begrenzt werden. Dies geschieht nicht zuletzt auf der Grundlage eines Beschlus- ses des Hessischen Landessozialge- richts (HLSG) vom 11. April 2005 (L 2/9 SF 82/04) zur Rückstufung eines Gutachtens von M-3 nach M-2, der aus medizinischer Sicht nicht nachvollziehbar ist. Der Be- schluss erscheint in seinen Begrün- dungen inkonsequent, was im Fol- genden gezeigt werden soll.

Die Ausarbeitung eines medizi- nischen Gutachtens folgt einer Sys- tematik, die dem Außenstehenden wenig bekannt ist und von ihm kaum zutreffend bewertet werden kann. So werden Gutachtenpassa- gen in ihren Schwierigkeiten ver- kannt und nicht adäquat berück- sichtigt. Dies ist auch in dem oben

angeführten richtungsweisenden Ur- teil ersichtlich. Generell ist fest - zustellen, dass die eigentliche Schwierigkeit oft in der Fassung ei- ner aussagekräftigen Diagnose und weniger in der Kausalität liegt.

Nach dem Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (JVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776) sind für die medizinische Vergü- tung in der Anlage 1 zu § 10 drei Niveaustufen ausgewiesen:

M-1: einfache gutachtliche Beurteilungen, insbesondere zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung (Fach- kenntnis erforderlich, aber einfache ohne Zweifel zu erstellende Dia - gnostik ohne Kausalitätsfragen)

M-2: beschreibende (Ist-Zu- stands-)Begutachtung (Aufzählung von Fakten, bereits erarbeitete Dia - gnosen und/oder Funktionsbeein- trächtigungen, vorgegebene Bewer- tungen)

– nach standardisiertem Schema (zum Beispiel einfache logische GERICHTSGUTACHTEN

Unzulässige Rechnungskürzungen

Die Ausarbeitung eines medizinischen Gutachtens folgt einer Systematik, die wenig bekannt ist und von Außen-

stehenden kaum zutreffend bewertet werden kann.

Schlussfolgerungen: Wenn-dann- Zusammenhang),

– ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge (allgemein bekannte Bewertungskriterien, keine individuellen oder gar strittigen Be- sonderheiten; somit keine einge - hende – wenngleich möglicherweise umfangreiche – Ausarbeitung vor- handener Daten),

– mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durch- schnittlichem Schwierigkeitsgrad.

Es handelt sich hierbei insbeson- dere um Gutachten in Verfahren nach Sozialgesetzbuch IX und um Die Honorarbe-

wertung eines Gutachtens richtet sich nicht nur nach dem Schwierig- keitsgrad einer Kausalitätsbeurtei- lung, sondern auch nach der Komplexi- tät der medizini- schen Problematik.

Foto: Fotolia/Schlierner

S T A T U S

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A 1952 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 39

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28. September 2012 Gutachten zur Minderung der Er-

werbsfähigkeit und zur Invalidität.

Dieser klaren Definition ist zu folgen, nicht aber der vom HLSG eingeführten Erweiterung einer ein- gehenden Zusammenhangsüberle- gung. Es ist eine allgemeine Zusam- menhangsüberlegung (abgestellt auf den vorliegenden Fall), nicht aber eine speziell auf den Fall eingehen- de Überlegung gefordert. Somit

sind (Renten-)Gutachten – zumin- dest in Widerspruchsverfahren, wenn es sich um individuelle medizi - nische Belange handelt – entgegen dem HLSG-Urteil nach M-3 einzu- stufen. Das Gleiche gilt für Begut- achtungen mit einfacher Kausalität, aber schwieriger Ausarbeitung von Diagnosen und abzuleitenden Funk- tionsbeeinträchtigungen.

Ebenso nicht zu folgen ist der ge- richtlichen Interpretation zu M-2, die darunter auch Gutachten mit

„eingehenderen Überlegungen zum Leistungsvermögen“ und zu Fragen des Zusammenhangs versteht, als auch Auseinandersetzungen mit Vorgutachten fordert. In diesen Fäl- len gehen die Ausarbeitungen ein-

deutig über das gesetzlich vorgege- bene Niveau hinaus; sie sind nach M-3 einzustufen.

M-3: Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtun- gen spezieller Kausalzusammen- hänge und/oder differenzialdia - gnostischer Probleme und/oder Be- urteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitäts- fragen), insbesondere Gutachten

– zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen und

– zu ärztlichen Behandlungsfehlern.

Gutachten werden nicht mehr nach der Gebührenordnung für Ärz- te abgerechnet. Anzugeben ist die jeweils „objektiv“ benötigte Zeit für Vorbereitung, Aktenstudium, Unter- suchung, Gutachtenabfassung et ce- tera. Die Autoren sind dazu über - gegangen, für größere Gutachten die einzelnen Schritte gesondert zu dokumentieren (orientierende Ak- tendurchsicht, Briefe, Aktenstudi- um und Auszüge, Klinikakten, Un- tersuchungszeiten, Auswertung von Befunden und Bildern, Befunddik- tat, gegebenenfalls Stellungnahmen

zu Vorgutachten, Gutachtenabfas- sung und Endbearbeitung). Es ist erstaunlich, welche Zeiten dabei zusammenkommen. Dieses Arbeits- blatt wird dem Abrechnungsform- blatt zur Transparenz beigelegt.

Die Wertung M-2 (60 Euro Ho- norar pro Stunde) oder M-3 (85 Eu - ro) richtet sich nicht nur nach dem Schwierigkeitsgrad einer Kausali- tätsbeurteilung, sondern zumindest in gleicher Weise nach der Komple- xität der medizinischen Problema- tik. Für die Zuordnung ist es we- sentlich zu wissen, dass nach der Originalvorgabe für M-2 keine

„vertiefende“, sondern eine standar- disierte Beurteilung ausgewiesen ist. Weitergehende Ausarbeitungen sind demnach M-3 zuzuordnen. Auf aufschlussreiche Vergleiche mit an- deren Sachgebieten wird verzichtet, doch sei angemerkt, dass die Be- wertung eines Gebäudes nach weit- gehend starren Berechnungsformeln mit 95 Euro höher angesetzt ist als die medizinische Bewertung der dynamischen Körperfunktionen mit ihren komplexen Verhältnissen.

Dr. med. Michael Janusz Koss Dr. med. Harald Burggraf,

mahabu@t-online.de

Intravitreale Injektion (1)

Zur Behandlung verschiedener Netzhauter- krankungen stellt die intravitreale Injektion (IVI) von monoklonalen Antikörpern (VEGF-Inhibito- ren) oder Steroiden eine anerkannte Therapie- form dar. Die IVI ist im Leistungsverzeichnis der derzeitig gültigen Amtlichen Gebührenord- nung für Ärzte (GOÄ) jedoch nicht abgebildet.

Die intravitreale Injektion wird auch als in- travitreale operative Medikamentengabe be- zeichnet. Die intravitreale Injektion (Einbringen eines Medikaments in den hinteren Augenab- schnitt durch Injektion) wird nicht als „Eingriff“, sondern als „Operation“ eingestuft, weil sämt- liche Bedingungen hinsichtlich Sterilität, bau- lich-funktionellen sowie betrieblich-organisato- rischen Anforderungen, wie beispielsweise bei der Operation einer Katarakt, gewährleistet werden müssen.

Die intravitreale Injektion kann stichpunkt - artig wie folgt beschrieben werden: Pupillen - erweiterung, topische Anästhesie, Spülung der Augenoberfläche, Desinfektion der periokula- ren Haut der Lider und der Zilien, Abdecken des Patienten mit sterilem Tuch, Einsetzen eines sterilen Lidspekulums, Einführen der Kanüle in 3,5 mm Abstand zum Limbus, stufenweises Vorgehen mit Verschieben der Bindehaut, postoperativ Prüfung auf Licht- scheinwahrnehmung, Augendruckkontrolle postoperativ (insbesondere bei einem Injek - tionsvolumen von mehr als 0,1 ml). Die Ver- wendung eines Operationsmikroskops wird für diese Maßnahme von den wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften empfohlen.

Eine Vergleichbarkeit der intravitrealen In- jektion mit einer einfachen Injektionsleistung ist vor dem Hintergrund der Invasivität der IVI und der möglichen weitreichenden Konse-

quenzen für die Patienten im Falle einer Infek- tion des Auges nicht sachgerecht. Der Vor- stand der Bundesärztekammer hat daher in seiner 34. Sitzung am 25. Juni 2010 auf Empfehlung des Ausschusses „Gebührenord- nung“ der Bundesärztekammer unter Berück- sichtigung von Art, Kosten und Zeitaufwand dieser Maßnahme Folgendes beschlossen (DÄ, Heft 27/2010): „Intravitreale Injektion (IVI)/intravitreale operative Medikamentenein- bringung (IVOM), analog Nr. 1383 GOÄ“. Als ergänzende Bestimmung wurde festgelegt:

„Neben der Nr. 1383 GOÄ sind die Zuschläge nach den Nrn. 440 und 445 GOÄ nicht be- rechnungsfähig“.

Zu der Berechnung des Gebührensatzes (1,0-fach bis 3,5-fach, Schwellenwert 2,3-fach) dieser analogen Leistung und der Grundlage für die ergänzende Bestimmung folgt ein weiterer GOÄ-Ratgeber. Dr. med. Anja Pieritz

GOÄ-RATGEBER

Die Autoren sind dazu übergegangen, für größere Gutachten die einzelnen Schritte gesondert zu dokumentieren.

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Weitere Ausführungen und eingehende Begründungen auf www.aerzteblatt.de/121951

S T A T U S

Referenzen

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