A 532 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 13|
28. März 2014E
s ist wie bei einem jährlich stattfindenden großen Famili- entreffen. Man liebt sich nicht unbe- dingt, weiß aber, dass man irgendwie zusammengehört. Aber deshalb ist man noch lange nicht in allem einer Meinung. Der Fachberufekonferenz der Bundesärztekammer, die am 13.März in Berlin zusammenkam, ge- hören inzwischen im 25. Jahr ihres Bestehens 40 Mitgliedsverbände an. Als eine geeignete Plattform, auf der man auch Probleme bespre- chen könne, die Ärzte und Gesund- heitsfachberufe miteinander haben, bezeichnete der Präsident der Bun- desärztekammer, Prof. Dr. med.
Frank Ulrich Montgomery, die Kon- ferenz der Fachberufe. Ziel dieser Einrichtung könne es nicht sein, ei- nen einheitlichen Standpunkt zu al- len Sachfragen zu entwickeln, be- tonte er. „Jeder von uns vertritt legi- time Interessen. In allen Punkten zu einer abgestimmten Meinung zu kommen, wird nicht möglich sein.
Aber wir wollen die Problemlagen und das, was von außen auf uns ein- wirkt, gemeinsam beschreiben, und wir wollen hier die Chance nutzen, miteinander zu reden und miteinan- der zu streiten.“
Deutlich wurde bei der Konfe- renz, dass die Konfliktlinien nicht nur zwischen Ärzten und Fachberu- fen verlaufen, sondern dass die Ge- mengelage etwas komplizierter ist.
Wenn es etwa um die Errichtung von Pflegekammern geht, gibt es inner- halb der Pflegeberufe noch Diskus - sionsbedarf. Aktuell scheint die Ent- wicklung der Verkammerung in Rheinland-Pfalz und in Schleswig- Holstein so weit vorangeschritten,
dass dort bis 2016 Pflegekammern etabliert sein werden. Dies ist die Einschätzung von Carsten Drude, Vorsitzender des Bundesverbands Lehrende Gesundheits- und Sozial- berufe, auf der Fachberufekonferenz.
Gegen die Verkammerung wendet sich der Deutsche Verband für Alten- pflege; dessen Bundesvorstand Mar- tin Petzold lehnte die Errichtung von Pflegekammern als nicht zielführend für die Verbesserung der Arbeitssi- tuation und der Qualität in der Alten- pflege ab. Auch Axel Schnell vom Bundesverband privater Anbieter so- zialer Dienste sprach sich dagegen aus; anders als Ärzte oder Anwälte seien die Pflegekräfte weisungsge- bunden und arbeiteten wirtschaftlich nicht selbstständig.
Pflegekammern einheitlich in den Ländern umsetzen
Die Bundesärztekammer unter- stützt mittlerweile die Bestrebun- gen in der Pflege nach einer Ver- kammerung. Es dürfe sich aber nicht dahin entwickeln, betonte Montgomery, dass es unterschiedli- che Regelungen in den Bundeslän- dern gebe. Derzeit sei es wichtig, an allen geeigneten Stellen, etwa bei den leitenden Medizinalbeamten oder bei der Gesundheitsminister- konferenz, auf eine einheitliche Entwicklung hinzuwirken.Auch darüber, wie viel Schulzeit die geeignete Voraussetzung für die Ausübung der Pflege oder der Phy- siotherapie sein soll, herrscht noch Uneinigkeit unter den Gesundheits- fachberufen. Gertrud Stöcker vom Deutschen Berufsverband für Pfle- geberufe sprach sich für die zwölf-
jährige Schulausbildung als Voraus- setzung für den Pflegeberuf aus und kritisierte die Blockierung der ent- sprechenden EU-Richtlinie durch die deutsche Bundesregierung. Dr.
jur. Michael Stehr, Geschäftsführer beim VDB-Physiotherapieverband, hält es für erforderlich, auch künftig
„den Zugang der mittleren Schulab- schlüsse zu unserem praxisorientier- ten Beruf“ zu ermöglichen. Eine ver- pflichtende Hochschulausbildung in der Physiotherapie lehnte er ab. Da- gegen sieht die Vorsitzende des Bun- desverbands selbstständiger Physio- therapeuten, Ute Repschläger, ihren Beruf bereits auf dem Weg zu mehr Autonomie und Akademisierung.
Der Forschungsbedarf im Heilmit- telbereich werde derzeit geprüft, be- tonte sie. Es sei zudem an der Zeit, den Direktzugang ihres Berufes zum Patienten gesetzlich zu regeln.
Die Fachberufekonferenz befass- te sich bei ihrem diesjährigen Tref- fen mit Fragen der Weiterentwick- lung berufsrechtlicher Positionen.
Prof. Dr. jur. Gerhard Igl vom Insti- tut für Sozialrecht und Gesund- heitsrecht der Universität zu Kiel erörterte grundsätzliche Fragen des Berufsrechts und der Heilkunde- ausübung. Hierbei wie auch in der anschließenden Diskussion ging es um die Möglichkeiten eines allge- meinen Heilberufegesetzes, das Re- gelungen zum Begriff der vorbehal- tenen Tätigkeiten und zu den Vor- aussetzungen der selbstständigen Ausübung von Heilkunde enthält sowie allgemeine Vorgaben für die Inhalte und die Gestaltung von Aus- bildung und Prüfung macht.
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Thomas Gerst
FACHBERUFEKONFERENZ
Konsentierte Meinungsvielfalt
Verkammerung, Akademisierung, Schulzeiten oder allgemeines Heilberufegesetz – es war ein breites Themenspektrum, über das bei der Bundesärztekammer gesprochen wurde.
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