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Die Rolle der Neurodegeneration bei der Pathogenese der Temporallappenepilepsie im Hinblick auf die Entwicklung neuer Antiepileptika

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule

Hannover

___________________________________________________________________

Die Rolle der Neurodegeneration bei der Pathogenese der Temporallappenepilepsie im Hinblick

auf die Entwicklung neuer Antiepileptika.

These

zur Erlangung des Grades eines

P HILOSOPHICAL D OCTOR

- Ph.D. -

im Fachgebiet Pharmakologie

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

vorgelegt von Claudia Brandt aus Bad Segeberg

Hannover 2002

(2)

Supervisor: Univ.-Prof. Dr. W. Löscher

Betreuungsgruppe: Univ.-Prof. Dr. W. Löscher Univ.-Prof. Dr. E. Zimmermann Univ.-Prof. Dr. H. Bigalke

1. Gutachten: Univ.-Prof. Dr. W. Löscher (Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover)

Univ.-Prof. Dr. E. Zimmermann (Institut für Zoologie der Tierärztliche Hochschule Hannover)

Univ.-Prof. Dr. H. Bigalke (Zentrum für Pharmakologie und Toxikologie der Medizinische Hochschule Hannover) 2. Gutachten: Prof. Dr. G. F. Walter (Institut für Neuropathologie

der Medizinische Hochschule Hannover)

Datum der mündlichen Prüfung: 03.06.2002

gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und durch ein

Promotionsstipendium der Graduiertenförderung der Tierärztlichen Hochschule Hannover

(3)

Für meine Eltern

(4)
(5)

1 EINLEITUNG... 1

2 LITERATURÜBERSICHT... 3

2.1 EPILEPSIEN... 3

2.1.1 TEMPORALLAPPENEPILEPSIE... 3

2.1.2 HIPPOCAMPUS-SKLEROSE... 5

2.1.3 TEMPORALLAPPENEPILEPSIE UND HIPPOCAMPUS-SKLEROSE... 6

2.1.4 ANDERE RELEVANTE GEHIRNGEBIETE... 8

2.2 TIERMODELLE... 8

2.2.1 KAINAT-MODELL... 9

2.2.2 LITHIUM-PILOCARPIN-MODELL... 12

2.2.3 MODELL DER ELEKTRISCHEN STIMULATION DER BASOLATERALEN AMYGDALA... 13

2.2.4 OVERKINDLING-MODELL... 14

2.3 NEURODEGENERATION... 15

2.3.1 BCL-2 UND BAX... 18

2.3.2 CASPASEN... 18

2.4 SUBSTANZEN MIT NEUROPROTEKTIVER WIRKUNG... 19

2.4.1 RETIGABIN (D-23129) ... 20

2.4.2 DIZOCILPIN (MK-801) ... 20

3 ZUSAMMENFASSUNG UND ZIELSETZUNG... 22

4 MATERIAL UND METHODEN... 24

4.1 CHEMISCHE EPILEPSIE-MODELLE... 24

4.1.1 VERSUCHSTIERE... 24

4.1.2 KAINAT-MODELL... 24

4.1.3 LITHIUM-PILOCARPIN-MODELL... 27

4.2 ELEKTRISCHE EPILEPSIE-MODELLE... 28

4.2.1 VERSUCHSTIERE... 28

4.2.2 E ... 28

(6)

AMYGDALA (BLA)... 31

4.2.5 „OVERKINDLING“-MODELL... 34

4.3 ÜBERWACHUNG... 38

4.3.1 ÜBERWACHUNG AUF SPONTANE ANFÄLLE IM KAINAT-MODELL... 38

4.3.2 ÜBERWACHUNG AUF SPONTANE ANFÄLLE IN DEN ELEKTRISCHEN EPILEPSIE-MODELLEN ... 39

4.4 PHARMAKOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM KAINAT-MODELL... 43

4.4.1 CASPASE-INHIBITOREN... 43

4.4.2 DIZOCILPIN- (MK-801) UND RETIGABIN-APPLIKATION FÜR AKUTE UNTERSUCHUNGEN IM KAINAT-MODELL... 46

4.4.3 DIZOCILPIN-APPLIKATION FÜR CHRONISCHE UNTERSUCHUNGEN IM KAINAT-MODELL47 4.5 HISTOLOGIE... 48

4.5.1 FIXIERUNG... 48

4.5.2 GEFRIERSCHNITTE... 49

4.5.3 NISSL-FÄRBUNG... 49

4.6 NACHWEIS VON MARKERN FÜR DEN PROGRAMMIERTEN ZELLTOD UND DER APOPTOSE... ... 49

4.6.1 IMMUNHISTOLOGIE... 49

4.6.2 TUNEL... 50

4.6.3 DNA-LADDERING... 51

4.6.4 ELEKTRONENMIKROSKOPIE... 52

4.7 ÜBERSICHT ÜBER DIE MODELLE UND DIE ANGEWENDETEN METHODEN... 53

4.8 AUSWERTUNG... 55

4.8.1 LÄSIONEN IM THIONINSCHNITT... 55

4.8.2 BAX UND BCL-2 ... 61

4.8.3 TUNEL... 61

4.8.4 DNA-LADDERING UND ELEKTRONENMIKROSKOPIE... 62

4.9 STATISTIK... 62

4.10 ANHANG... 63

4.10.1 GERÄTE FÜR DIE EEG- UND VIDEOÜBERWACHUNG... 63

(7)

4.10.2 PROTOKOLLE FÜR DIE HISTOLOGISCHEN UND MOLEKULARBIOLOGISCHEN METHODEN64

5 ERGEBNISSE... 74

5.1 INDUKTION UND CHRONISCHE AUSWIRKUNG DES STATUS EPILEPTICUS... 74

5.1.1 KAINAT-MODELL... 74

5.1.2 LITHIUM-PILOCARPIN-MODELL... 75

5.1.3 MODELL DER ELEKTRISCHEN STIMULATION DER BLA... 75

5.2 NEURODEGENERATION NACH INDUZIERTEM STATUS EPILEPTICUS... 76

5.2.1 KAINAT-MODELL: AKUTE NEURODEGENERATION... 77

5.2.2 LITHIUM-PILOCARPIN-MODELL: AKUTE NEURODEGENERATION... 80

5.2.3 MODELL DER ELEKTRISCHEN STIMULATION DER BLA: AKUTE NEURODEGENERATION80 5.2.4 VERGLEICH DER AKUTEN NEURODEGENERATION BEI DEN UNTERSCHIEDLICHEN MODELLEN... 93

5.2.5 CHRONISCHE NEURODEGENERATION UND SPONTANE ANFÄLLE... 97

5.3 NACHWEIS DER MARKER FÜR DEN PROGRAMMIERTEN ZELLTOD... 112

5.3.1 KAINAT-MODELL... 112

5.3.2 LITHIUM-PILOCARPIN-MODELL... 115

5.3.3 MODELL DER ELEKTRISCHEN BLA-STIMULATION... 122

5.3.4 VERGLEICH DES KAINAT-MODELLS, DES LITHIUM-PILOCARPIN-MODELLS UND DES MODELLS DER ELEKTRISCHEN STIMULATION DER BLA... 132

5.4 PHARMAKOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN AM KAINAT-MODELL... 140

5.4.1 CASPASE-INHIBITOR... 140

5.4.2 EFFEKTE DURCH DIZOCILPIN 7 WOCHEN NACH KAINAT-INDUZIERTEM STATUS EPILEPTICUS... 156

5.5 „OVERKINDLING“-MODELL... 160

5.5.1 KRAMPFSCHWERE, KRAMPFDAUER, NACHENTLADUNGSDAUER UND NACHENTLADUNGSSCHWELLE... 160

5.5.2 EEG-VERÄNDERUNGEN... 164

5.5.3 NEURODEGENERATION... 167

6 DISKUSSION ... 169

6.1 INDUKTION UND CHRONISCHE AUSWIRKUNGEN DES STATUS EPILEPTICUS... 169

(8)

6.4 PROGRAMMIERTER (VERZÖGERTER) ZELLTOD... 185

6.5 RETIGABIN UND DIZOCILPIN... 193

6.6 OVERKINDLING-MODELL... 199

7 ZUSAMMENFASSUNG ... 205

8 SUMMARY ... 209

9 LITERATURVERZEICHNIS...212

(9)
(10)

Abb. Abbildung

APir Übergangsbereich der Amygdala und dem piriformen Cortex BL basolaterale Amygdala

BLA anteriore basolaterale Amygdala BM basomediale Amygdala

Co corticale Amygdala DAB 3,3´Diaminobenzidin

DEn dorsaler endopiriformer Nucleus DG Gyrus dentatus

d.h. das heißt

EEG Elektroenzephalogramm Ent entorhinaler Cortex

Fa. Firma

g Gramm h Stunde

Hz Hertz

i.m. intramuskulär i.p. intraperitoneal i.v. intravenös kg Kilogramm

LD laterodorsaler Thalamus M Molar

max. maximal

MD mediodorsaler Thalamus meq Milliäquimolar

MEZ Mitteleuropäische Zeit

mg Milligramm

min Minute min. mindestens ml Milliliter mm Millimeter ms Millisekunde mV Millivolt

µA Mikroampère

µg Mikrogramm

µl Mikroliter

µm Mikrometer

NaCl Natriumchlorid PC piriformer Cortex

PV paraventrikulärer Thalamus s.c. subcutan

sec Sekunde

SD Sprague-Dawley SE Status epilepticus

SEM standard error of the mean (Standardfehler) SNr Substantia nigra pars reticulata

SSSE self sustained status epilepticus (selbsterhaltender Status epilepticus) St.D. standard deviation (Standardabweichung)

(11)

Tab. Tabelle

TUNEL terminal UTP nick end labeling VEn ventraler endopiriformer Nucleus VT ventraler Thalamus

Wo Woche

z.B. zum Beispiel

(12)
(13)

1 E INLEITUNG

Unter dem Begriff Epilepsien sind verschiedene Erkrankungen und Syndrome mit cerebraler Funktionsstörung zusammengefasst, die durch das Auftreten spontaner epileptischer Anfälle gekennzeichnet sind. Die Anfälle können sich im klinischen Erscheinungsbild, elektrographisch und in ihrer Pathogenese voneinander unterscheiden. Es ist etwa 1% der Bevölkerung von Epilepsien betroffen (HAUSER 1999). Eine häufige Ausprägungsform der Epilepsien bei Erwachsenen ist die Temporallappenepilepsie, wobei die Anfallsaktivität ihren Ursprung im Temporallappen hat. Innerhalb der Temporallappen ist meistens der Hippocampus, eine Struktur des limbischen Systems, die Ausgangsregion der epileptischen Aktivität. Etwa 70 – 80% der Patienten mit Temporallappenepilepsie sprechen auf eine medikamentöse Therapie mit Antikonvulsiva nicht oder nur unzureichend an (LEPPIK 1992). Die chirurgische Entfernung des Hippocampus und angrenzender Regionen ist für diese Patienten häufig die letzte Möglichkeit, um eine Besserung zu erreichen.

Schon vor über 100 Jahren wurde das Vorkommen massiver Neurodegeneration in bestimmten Strukturen des Hippocampus bei Patienten mit Temporallappenepilepsie beschrieben (SOMMER 1880; BRATZ 1899) und ist bis heute Gegenstand vielfältiger Untersuchungen (VAN PAESSCHEN et al. 1997; Tasch et al. 1999;

SALMENPERA et al. 2001). Das charakteristische Muster der Neurodegeneration wurde von den verschiedenen Autoren unterschiedlich benannt. Die Bezeichnung

´Hippocampus-Sklerose` hat sich weitestgehend durchgesetzt und wird auch hier im Folgenden verwendet werden. Auch andere limbische Gehirnstrukturen, wie die Amygdala, aber auch thalamische Nuclei sind häufig von Neuronenverlusten betroffen (MARGERISON und CORSELLI 1966), werden aber im Zusammenhang mit der Temporallappenepilepsie nicht so ausgiebig diskutiert wie die Hippocampus- Sklerose.

Ein Insult, vor allem in Form eines schweren Schädel-Hirn-Traumas oder eines Status epilepticus, begünstigt das Auftreten einer Temporallappenepilepsie noch Jahre danach (CAVENESS 1979; SALAZAR 1985). Bei 90% der therapieresistenten Patienten mit Temporallappenepilepsie und einem vorausgegangenem Insult konnte

(14)

eine Hippocampus-Sklerose nachgewiesen werden (Hauser 1999). Die Frage, die aufgrund der oben beschriebenen Befunde noch immer kontrovers diskutiert wird, lautet, ob die Hippocampus-Sklerose (aber auch die Läsionen in anderen Gehirnstrukturen) die Ursache für die Entwicklung einer Temporallappenepilepsie nach einem initialen Insult ist, oder ob die Hippocampus-Sklerose nur eine sekundäre Erscheinung ist, die nicht ursächlich mit der Epilepsie zusammenhängt.

Diese Frage ist von großer klinischer Relevanz, da bei Patienten mit z.B. Schädel- Hirn-Trauma oder Status epilepticus, also den Patienten mit einem erhöhten Risiko, Temporallappenepilepsie und Hippocampus-Sklerose zu entwickeln, eine prophylaktische Behandlung gleich nach dem Insult möglich wäre. In bisherigen Studien, in denen bei Risiko-Patienten prophylaktisch gängige Antikonvulsiva eingesetzt wurden, konnte die Zahl der Patienten, bei denen später eine Temporallappenepilepsie auftrat, nicht reduziert werden (GLÖTZNER et al. 1983;

HALTINER et al. 1999; TEMKIN et al. 1999). Wenn die Läsionen im Hippocampus und auch in anderen Regionen ursächlich an der Manifestation der Epilepsie beteiligt sind, könnte der Einsatz neuroprotektiver Substanzen einen erfolgversprechenden Ansatz darstellen. Voraussetzung für eine solche Strategie ist, dass die Neurodegeneration nach dem initialen Insult verzögert auftritt und durch ein aktives Programm bestimmt wird, in das pharmakologisch eingegriffen werden kann.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, in tierexperimentellen Studien die Rolle der Neurodegeneration, insbesondere die im Hippocampus, bei der Entwicklung der Temporallappenepilepsie näher zu untersuchen. Dabei sind zwei Untersuchungsschwerpunkte vorgesehen. Zum einen soll untersucht werden, ob es Hinweise gibt, dass die Neuronenverluste verzögert auftreten und durch ein Zelltodprogramm bestimmt werden. Zum anderen, ob die Neurodegeneration pharmakologisch zu beeinflussen ist und wenn ja, welche Konsequenzen sich daraus für die Entwicklung spontaner epileptischer Anfälle ergeben.

(15)

2 L ITERATURÜBERSICHT

2.1 EPILEPSIEN

Der Begriff Epilepsien umfasst verschiedene Erkrankungen und Syndrome mit cerebraler Funktionsstörung, die durch das wiederholte Auftreten spontaner epileptischer Anfälle gekennzeichnet sind. Die Einteilung der verschiedenen Ausprägungsformen der Epilepsien erfolgt aufgrund des klinischen und elektrographischen Bildes. Die Internationale Liga gegen Epilepsie veröffentlichte 1989 eine überarbeitete Klassifikation für Epilepsien und epileptische Syndrome (Commission on Classification and Terminology of the International League Against Epilepsy 1989). Dieser Versuch der Klassifikation wird bis heute kontrovers diskutiert, und viele den Epilepsien zugeordnete Erkrankungen oder Syndrome können nach wie vor nicht genau eingeteilt werden.

Die Prävalenz von Epilepsien ist schwer zu bestimmen und variiert stark zwischen den einzelnen Studien, da den Erhebungen jeweils unterschiedliche Populationen und Protokolle zu Grunde liegen. Es sind ca. 1,4 - 5,7% der Bevölkerung von Epilepsien betroffen (HAUSER 1999). Von allen Betroffenen zeigen ca. 30 - 50%

fokale Anfälle (LAVADOS et al. 1992; HAUSER et al. 1993; OLAFSSON et al. 1996), so dass fokale Anfälle den am häufigsten vertretenen, klassifizierbaren Anfallstyp darstellen. Bei fokalen Anfällen bleibt die epileptische Aktivität auf ein Gehirngebiet begrenzt, das als epileptischer Fokus bezeichnet wird. Gehen die fokalen Anfälle mit einer Bewusstseinsbeeinträchtigung einher, wird von komplex-fokalen Anfällen gesprochen. Bei einer Ausdehnung der epileptischen Aktivität über den Fokus hinaus auf das gesamte Gehirn wird dies als sekundäre Generalisierung bezeichnet.

Die Ausbreitung der Anfallsaktivität im Gehirn manifestiert sich auch im klinischen Erscheinungsbild des epileptischen Anfalls.

2.1.1 Temporallappenepilepsie

Eine Form der Epilepsien ist die Temporallappenepilepsie. Die Anfallstypen, die diese Epilepsieform charakterisieren, sind fokale oder komplex-fokale Anfälle, z.T.

mit sekundärer Generalisierung. Der Fokus der epileptischen Anfälle liegt innerhalb des Temporallappens, wodurch sich die Bezeichnung Temporallappenepilepsie

(16)

erklärt. Bei ungefähr 70 - 80% der Menschen mit fokalen oder komplex-fokalen Anfällen ist der epileptische Fokus im Temporallappen lokalisiert (DAM 1992) und hierbei meistens im Hippocampus, einer Struktur des limbischen Systems. Es können ca. 60 - 70% der Patienten mit Temporallappenepilepsie mit den zur Verfügung stehenden Antikonvulsiva nur unzureichend oder nicht therapiert werden (SCHMIDT 1986; LEPPIK 1992). Für diese Patienten ist häufig die chirurgische Entfernung des Fokus, d.h. des Hippocampus und angrenzender Regionen, die letzte Möglichkeit, um eine Besserung des Krankheitsbildes zu erreichen.

Ein Insult begünstigt die Entwicklung einer Epilepsie, insbesondere der Temporallappenepilepsie, noch Jahre nachdem er eingetreten ist. Als solch ein auslösender Insult werden schwere Schädel-Hirn-Traumata oder epileptische Anfallsaktivität in Form eines Status epilepticus (siehe unten) diskutiert. Auch einzelne epileptische Anfälle während der Kindheit erhöhen das Risiko, eine Epilepsie zu entwickeln. Retrospektive Studien an Vietnam-Veteranen mit schweren Kopfverletzungen (Schädel-Hirn-Trauma) zeigen, dass innerhalb der ersten 12 Monate nach der Verletzung ein 580fach erhöhtes Risiko und in den weiteren 10 – 15 Jahren ein 25fach erhöhtes Risiko besteht, an Epilepsie zu erkranken (CAVENESS 1979; SALAZAR 1985). ANNEGERS et al. (1980) zeigen, dass mit zunehmender Schwere der Kopfverletzung das Risiko steigt, Monate oder Jahre danach eine Epilepsie zu entwickeln, wobei eine schwere Verletzung definiert wird als Prellung des Gehirns, intracerebrales Hämatom oder eine Bewusstlosigkeit, die länger als 24 h anhält.

Status epilepticus ist definiert als ein epileptischer Anfall oder wiederholte Anfälle, zwischen denen der Patient nicht das Bewusstsein erlangt und dieses Anfallsgeschehen über einen Zeitraum von mehr als 30 min andauert. Diese Definition des Status epilepticus liegt verschiedenen epidemiologischen Studien zu Grunde (DeLORENZO et al. 1995; HESDORFER et al. 1998a; KNAKE et al. 2001).

Je nach vorherrschendem Anfallstyp wird der Status epilepticus in konvulsiv oder nicht-konvulsiv, primär oder sekundär generalisiert oder fokal oder komplex-fokal eingeteilt. Die Inzidenz des Status epilepticus liegt bei ca. 17 – 18 Personen pro 100.000. Diese Zahlen basieren auf einer Studie aus Rochester, Minnesota, U.S.A (HESDORFFER et al. 1998a) und einer Studie aus Hessen, Deutschland (KNAKE et al. 2001). Ein Status epilepticus tritt häufiger bei Kindern unter einem Jahr

(17)

(HESDORFFER et al. 1998a) und bei Personen über 60 Jahren auf (HESDORFFER et al. 1998a; KNAKE et al. 2001). Nach dem Auftreten eines Status epilepticus ist das Risiko für die Manifestation einer Epilepsie erhöht. Pädiatrische Untersuchungen zeigen, dass zwischen 30 und 82% der Kinder mit einem konvulsiven Status epilepticus später spontane epileptische Anfälle entwickeln (AICARDI und CHEVRIE 1970; MAYTAL et al. 1989; VERITY et al. 1993). HAUSER et al. (1990) finden, dass nach einem konvulsiven Status epilepticus 37% der Patienten im ersten Jahr und 56% 3 Jahre danach wiederholt spontane Anfälle zeigen. Für die Häufigkeit des Auftretens eines konvulsiv generalisierten Status epilepticus im Verhältnis zu anderen Status epilepticus-Typen finden sich in der Literatur Angaben von 40 – 70% (TOWNE et al. 1994; KNAKE et al. 2001). Auch einzelne während der Kindheit vorkommende epileptische Anfälle, die aufgrund ihres einmaligen Auftretens nicht als Epilepsie definiert sind, begünstigen die Entwicklung einer Epilepsie in späteren Jahren um mehr als 40% (ANNEGERS et al.

1986; ROCCA et al. 1987; SHINNAR et al. 1996). Dabei beinhalten komplex-fokale Anfälle ein höheres Risiko, eine Epilepsie zu entwickeln als einfach-fokale Anfälle (ANNEGERS et al. 1987). Zudem sind die Ätiologie des Anfalls (symptomatisch oder idiopathisch) und das Alter des Auftretens entscheidend für die Prognose einer späteren Epilepsie (LIZANA et al. 2000). Andere Faktoren, wie ein Schlaganfall oder Infektionen im zentralen Nervensystem, sind ebenfalls Risikofaktoren für die Entwicklung einer Epilepsie, sollen hier aber nicht näher beschrieben werden.

2.1.2 Hippocampus-Sklerose

Schon vor über 100 Jahren ist das Vorkommen von massiver Neurodegeneration in Strukturen des Hippocampus von Menschen mit Temporallappenepilepsie beschrieben worden (SOMMER 1880). Mittlerweile ist das typische Muster dieser Neuronenverluste detaillierter dargestellt (BRATZ 1899; MARGERISON und CORSELLIS 1966). Es ist beschrieben, dass charakteristischerweise immer die Pyramidenzellschichten des Hippocampus von der Neurodegeneration betroffen sind (Abb. 1). Innerhalb der Pyramidenzellschichten zeigen die CA1-Region und die CA3c-Region Neuronenverluste von über 40%, während die CA2-Region und die CA3a-Region vor massivem neuronalen Schaden geschützt zu sein scheinen. Eine weitere anfällige Region ist der Hilus des Gyrus dentatus im Hippocampus. Die

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Körnerzellschicht des Gyrus dentatus wiederum weist kaum Neuronenverluste auf.

Abbildung 1 zeigt eine schematische Darstellung der wesentlichen Strukturen des Hippocampus. Dieses Phänomen der sehr spezifisch verteilten Neurodegeneration innerhalb des Hippocampus wurde von verschiedenen Autoren unterschiedlich benannt. Die Bezeichnung, die sich weitestgehend durchgesetzt hat, ist Hippocampus-Sklerose, doch auch der Begriff Ammonshorn-Sklerose wird noch häufig in der Literatur verwendet.

2.1.3 Temporallappenepilepsie und Hippocampus-Sklerose

Es wird ein direkter Zusammenhang zwischen der Temporallappenepilepsie und der Hippocampus-Sklerose postuliert, da bei anderen Epilepsieformen vergleichbare Neuronenverluste nicht gefunden werden können (STAUDER 1936; MARGERISON und CORSELLIS 1966; CENDES et al. 1993). Allerdings wird auch beschrieben, dass nur ca. 50 - 70% der Patienten mit Temporallappenepilepsie Neurodegeneration im Hippocampus aufweisen (BRATZ 1899; MARGERISON und CORSELLIS 1966).

Retrospektive Studien haben ergeben, dass Patienten mit therapieresistenter Temporallappenepilepsie nach einem initialen Insult in 90% der Fälle Hippocampus- Sklerose aufweisen. Demgegenüber konnte nur bei 16% der nicht therapierbaren Temporallappenepileptiker ohne initialen Insult eine Hippocampus-Sklerose

CA3a CA1

Hilus

CA3c DG

Moosfasern

entorhinaler Cortex

Tractus perforans

Schaffer Kolla

teraten CA2

Abb. 1: Schematische Darstellung des Hippocampus mit wichtigen Verschaltungen

(19)

nachgewiesen werden (MATHERN et al. 1995a und 1995b). Die Diskussion, die aufgrund dieser Befunde geführt wird, befasst sich mit der Frage, ob die Hippocampus-Sklerose Ursache für die Entwicklung einer Temporallappenepilepsie ist, oder ob sie nur eine sekundäre Erscheinung ist, die nicht ursächlich mit der Entstehung der Temporallappenepilepsie zusammenhängt. Viele Untersuchungen, die sich mit diesem Thema befassen, kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Eine häufig angewandte Methode zur Diagnostik der Hippocampus-Sklerose von Patienten mit Temporallappenepilepsie ist die Volumenbestimmung der Hippocampi mittels Magnetresonanzspektroskopie (MRI). Eine Volumenabnahme deutet daraufhin, dass massive Neuronenverluste im Hippocampus zu finden sind.

CENDES et al. (1993) haben mit diesem Verfahren das Hippocampus-Volumen bei Temporallappenepileptikern bestimmt und haben keine Korrelation zwischen Dauer der Epilepsie, Frequenz der Anfälle oder Alter der Patienten und dem Grad der Volumenabnahme der Hippocampi gefunden. Allerdings haben sie feststellen können, dass Patienten mit frühkindlichen Anfällen signifikant kleinere Hippocampi haben, als Patienten ohne einen solchen Vorbericht. DAVIES et al. (1996) erhalten ähnliche Befunde mit der Ausnahme, dass das Alter, in dem die Epilepsie anfängt, prädiktiv für eine schwere Hippocampus-Sklerose ist. Beide Gruppen folgern aus diesen Ergebnissen, dass die Hippocampus-Sklerose nicht die Konsequenz der Anfälle, sondern eher die Ursache ist. Damit stimmen die Befunde von SAUKKONEN et al. (1994) überein, dass Patienten mit neu diagnostizierter Temporallappenepilepsie nach einigen wenigen Anfällen schon eine Volumenreduktion des Hippocampus aufweisen. Allerdings weisen in dieser Studie Patienten mit einer langen Anfallsgeschichte signifikant schwerere Hippocampus- Läsionen auf, was dafür spricht, dass die epileptischen Anfälle die Neuronenverluste zumindest verstärken. Dies wird bestätigt durch Untersuchungen von TASCH et al.

(1999), die nachweisen, dass die Hippocampus-Sklerose bei Patienten mit sekundär generalisierten Anfälle deutlicher ausgeprägt ist. MELDRUM (1991) vermutet, dass durch einen auslösenden Insult Neurodegeneration im Hippocampus induziert wird, dass diese Neuronenverluste aber, nachdem sich eine Epilepsie manifestiert hat, durch die spontanen epileptischen Anfälle noch verstärkt werden. Die angeführten Studien sind nur ein Auszug aus den zahlreichen Publikationen, die sich kontrovers mit diesem Thema befassen.

(20)

2.1.4 Andere relevante Gehirngebiete

Neben dem Hippocampus sind auch andere Gehirnregionen bei Patienten mit Temporallappenepilepsie von der Neurodegeneration betroffen. So weisen auch die Amygdala, ebenfalls eine Struktur des limbischen Systems, und der entorhinale Cortex, der zur Hippocampus-Formation gezählt wird, häufig Läsionen auf (FALCONER et al. 1964; MARGERISON und CORSELLIS 1966; YILMAZER-HANKE et al. 2000). Auch in thalamischen Kerngebieten können oft Neuronenverluste gefunden werden (FALCONER et al. 1964). Für Neuronenverluste, die außer dem Hippocampus auch andere Strukturen der Temporallappen umfassen, wurde der Begriff mesiale temporale Sklerose geprägt (FALCONER et al. 1964). Allerdings wird dieser Ausdruck auch häufig verwendet, wenn nur die Hippocampus-Sklerose gemeint ist. Neurodegeneration in anderen Gehirnregionen als dem Hippocampus ist zwar bekannt und wird immer wieder beschrieben, allerdings wurde ihr im Zusammenhang mit der Temporallappenepilepsie eher eine unbedeutende Rolle beigemessen. Erst in letzter Zeit wird vor allem die Amygdala bei Patienten mit Temporallappenepilepsie intensiver erforscht (CENDES et al. 1993; HUDSON et al.

1993; WOLF et al. 1997; ZENTNER 1999; SALMENPERA et al. 2001). Die Untersuchungen zeigen, dass massive Neuronenverluste auch in amygdaloiden Nuclei bei Temporallappenepileptikern auftreten. Der Zusammenhang zu der Entwicklung einer Epilepsie ist aber ebenso wenig geklärt wie für die Hippocampus- Sklerose. In Tiermodellen für Temporallappenepilepsie wurden weitere Gehirnregionen, wie der primäre olfaktorische (piriforme) Cortex, eingehend untersucht. Dieser Region konnte tierexperimentell eine große Bedeutung bei der Krampfausbreitung nachgewiesen werden (ENGEL et al. 1978; KAIRISS et al.1984;

ACKERMANN 1986; EBERT und LÖSCHER 1995). FUJIKAWA et al. (2000a) zeigen an post mortem Gewebe von Menschen mit Status epilepticus, dass der piriforme Cortex neben den schon beschriebenen Regionen schwerwiegend geschädigt ist.

2.2 TIERMODELLE

Da viele Untersuchungen zu verschiedensten Aspekten von Erkrankungen am Menschen aus ethischen Gründen, aus Mangel an Kontrollgruppen oder aufgrund

(21)

einer zu großen Varianz innerhalb der Testgruppen nicht oder nur sehr unzureichend durchgeführt werden können, greift man auf geeignete Tiermodelle zurück. Die häufigsten für Tiermodelle eingesetzten Spezies sind Mäuse und Ratten.

Tiermodelle sollten die Voraussetzung erfüllen, entweder die Symptome oder die Pathogenese der zu untersuchenden Krankheit zu zeigen. Auch sollten Pharmaka, die schon zur Behandlung der entsprechenden Krankheit beim Menschen eingesetzt werden, bei den Tiermodellen eine Wirkung zeigen. Dadurch gewinnt man eine gewisse Sicherheit, dass an den Tiermodellen gewonnene Erkenntnisse auf den Menschen übertragbar sind.

Bei Erkrankungen, deren Pathogenese nicht bekannt ist, wie den Epilepsien, können nur Tiermodelle verwendet werden, die den Epilepsien ähnliche Symptome aufweisen. Dabei können zwei Modelltypen unterschieden werden. Es gibt die Anfallsmodelle, bei denen durch elektrische oder chemische Induktion ein epileptischer Anfall ausgelöst wird. Ohne die Induktion, zeigt das Tier auch keine Anfälle, d.h. das Tier hat keine Epilepsie. Dem gegenüber stehen die Epilepsie- Modelle, bei denen die Tiere durch einen primären Insult, der chemisch oder elektrisch ausgelöst werden kann, nach einer gewissen Zeit (Latenzzeit) spontan epileptische Anfälle zeigen. Diese Tiere sind chronisch krank bzw. epileptisch geworden. Der Vorteil der Epilepsie-Modelle ist, dass sie die Situation simulieren, die beim Menschen durch ein Schädel-Hirn-Trauma oder einen Status epilepticus mit anschließend auftretender Temporallappenepilepsie gegeben ist (siehe Punkt 2.1.1). Epilepsie-Modelle bieten die Möglichkeit, den Prozess zu untersuchen, der zur Manifestation der Epilepsie führt, die sogenannte Epileptogenese. Für die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit spielen ausschließlich die Epilepsie- Modelle und nicht die Anfallsmodelle eine Rolle. Es wurden das Kainat-Modell, das Lithium-Pilocarpin-Modell, das Modell der elektrischen Stimulation der basolateralen Amygdala (BLA-Stimulationsmodell) und das Overkindling-Modell an Ratten verwendet.

2.2.1 Kainat-Modell

Kainat ist eine exzitatorische Aminosäure, die eine große strukturelle Ähnlichkeit mit dem wichtigsten exzitatorischen Neurotransmitter im zentralen Nervensystem, dem

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Glutamat, aufweist (OLNEY et al 1979). Kainat besitzt eine sehr hohe Affinität zum Kainatrezeptor, der zu der Gruppe der ionotropen Glutamatrezeptoren gehört. Zwei Eigenschaften des Kainats wurden sich für die Forschung zur Nutze gemacht. Zum einen verursacht die intracerebrale Applikation von Kainat, dass in der jeweiligen Gehirnregion Läsionen entstehen, ohne dass Axone zerstört werden (COYLE et al.

1978). Zum anderen führt die systemische oder intracerebrale Applikation von Kainat bei Ratten zu fokalen und komplex-fokalen epileptischen Anfällen mit sekundärer Generalisierung und zu einem durch diese Anfallstypen charakterisierten Status epilepticus (BEN-ARI et al. 1979; SCHWOB et al. 1980;

BEN-ARI et al. 1981). Einige Wochen nach Beendigung des Status epilepticus zeigen die Tiere spontan auftretende epileptische Anfälle (PISA et al. 1980;

CAVALHEIRO et al. 1982; CRONIN und DUDEK 1988). Die Entwicklung spontaner Anfälle einige Zeit nach dem Status epilepticus bietet die Möglichkeit die Pathomechanismen, die für die Manifestation der epileptischen Anfälle verantwortlich ist, eingehend zu untersuchen.

Um durch die intracerebrale Applikation von Kainat epileptische Anfälle induzieren zu können, ist eine Dosierung von 0,4 – 1,5 µg erforderlich. Kommt es zu kainat- induzierter Anfallsaktivität treten Läsionen auch entfernt vom Applikationsort auf, bleiben aber hauptsächlich auf die ipsilaterale Gehirnhemisphäre beschränkt und werden mit der epileptischen Anfallsaktivität in Verbindung gebracht (BEN-ARI et al.

1979 und 1980; SCHWOB et al. 1980; TANAKA et al. 1992). Häufiger wird jedoch durch systemische Gabe von Kainat ein Status epilepticus induziert, wodurch es zu Neuronenverlusten in bestimmten Gehirnregionen kommt (SCHWOB et al. 1980;

BEN-ARI et al. 1981; zusammengefasst bei SPERK et al. 1994). Besonders anfällige Gehirnregionen für neuronalen Schaden nach kainat-induziertem Status epilepticus sind der piriforme Cortex (auch primärer olfaktorischer Cortex genannt), der entorhinale Cortex, die Amygdala und die hippocampalen Pyramidenzellschichten CA1, CA3a und CA3c sowie der Hilus des Gyrus dentatus. Die CA2- Pyramidenzellschicht und die Körnerzellschicht des Gyrus dentatus sind vor Neuronenverlusten weitestgehend geschützt. Diese nach kainat-induziertem Status epilepticus auftretende Neurodegeneration ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen (SCHWOB et al. 1980; LOTHMAN et al. 1981; NADLER 1981;

SPERK et al. 1983; BEN-ARI 1985; ALTAR et al. 1990; COVOLAN und MELLO

(23)

2000). Übereinstimmend sind der piriforme Cortex, der entorhinale Cortex und die Amygdala von großen Läsionen betroffen. Bei den Pyramidenzellschichten des Hippocampus liegen unterschiedliche Ergebnisse vor. NADLER et al. (1981) und BEN ARI et al. (1985) beschreiben die Pyramidenzellen der CA3a-Region als die vulnerabelsten Neurone gegenüber kainat-induziertem Status epilepticus. SCHWOB et al (1980); ALTAR et al. (1990) und COVOLAN und MELLO (2000) finden zum Teil massive Neuronenverluste in der CA1-Region des Hippocampus. Die CA3a-Region scheint besonders vulnerabel nach intracerebroventrikulärer Applikation von Kainat zu sein (NADLER et al. 1978), während nach systemischer Kainat-Injektion diese Region nicht so anfällig ist (SCHWOB et al. 1980). So entspricht die Neuropathologie im Hippocampus nach systemischer Applikation von Kainat und Status epilepticus in großem Maße der oben beschriebenen menschlichen Hippocampus-Sklerose. Auch thalamische Nuclei, insbesondere der mediodorsale, laterodorsale und periventrikuläre Thalamus sind nach kainat-induziertem Status epilepticus von Neuronenverlusten betroffen (ALTAR et al. 1990; COVOLAN und MELLO 2000). Die Auswirkung von Kainat in Bezug auf Krampfaktivität und Neurodegeneration ist abhängig von Alter und Stamm der Ratten (SANBERG et al.

1979; ALBALA et al. 1984; GOLDEN et al. 1995; KESSLAK et al. 1995). Die beschriebenen neuropathologischen Befunde nach Kainat-Applikation und Status epilepticus bei Ratten sind sehr ähnlich den Befunden bei der menschlichen Temporallappenepilepsie (NADLER 1981; BEN-ARI 1985). Auch das elektrographische Bild, die Pharmakologie und die klinische Ausprägung der epileptischen Anfälle, sowohl die während des Status epilepticus als auch die nach einer Latenzzeit spontan auftretenden, entsprechen in vielen Aspekten den Befunden der Temporallappenepilepsie beim Menschen (LOTHMAN et al. 1981;

NADLER et al. 1981; Löscher 1999). Das Kainat-Modell stellt also ein relevantes Tiermodell für die Temporallappenepilepsie dar. Da es bei diesem Modell nach einem initialen Insult (Status epilepticus) zu charakteristischen Neuronenverlusten kommt und nach einer Latenzzeit spontane epileptische Anfälle auftreten, ist es besonders geeignet für Untersuchungen zur Rolle der Neurodegeneration bei der Epileptogenese. Für die vorliegende Arbeit wurden die meisten Studien am Kainat- Modell bei der Ratte durchgeführt.

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2.2.2 Lithium-Pilocarpin-Modell

Pilocarpin ist ein Agonist am muscarinergen Acetylcholinrezeptor. Hinweise, dass cholinerge Bahnen im zentralen Nervensystem an der Ausbreitung von Krampfaktivität beteiligt sind (OLNEY et al. 1983; WASTERLAIN et al. 1983), führten zur Etablierung des Pilocarpin-Modells bei der Ratte (TURSKI et al. 1983). Durch die systemische Gabe von Pilocarpin entwickeln Ratten fokale bzw. komplex-fokale Anfälle mit sekundärer Generalisierung und einen entsprechenden Status epilepticus (TURSKI 1983). Wochen nach Beendigung des Status epilepticus können bei den Ratten spontan auftretende epileptische Anfälle detektiert werden (CAVALHEIRO et al. 1991). Die Gabe von Lithium vor der Pilocarpin-Injektion potenziert dessen Wirkung um ein Vielfaches, so dass die Pilocarpin-Dosis zur Induktion der oben beschriebenen Anfallsaktivität gesenkt werden kann (HONCHAR et al. 1983). Dies führte zur Beschreibung des Lithium-Pilocarpin-Modells durch JOPE et al. (1986). Die Neuropathologie nach dem Status epilepticus beim Pilocarpin-Modell und beim Lithium-Pilocarpin-Modell ist nicht zu unterscheiden (CLIFFORD et al. 1987). Die betroffenen Gehirnregionen sind wie beim Kainat- Modell der piriforme Cortex, die Amygdala, der entorhinale Cortex, thalamische Nuclei und hippocampale Regionen, wobei sowohl die CA3a- als auch die CA1- Region betroffen sind (TURSKI et al. 1983; CLIFFORD et al. 1987; FUTJIKAWA et al. 1996; COVOLAN und MELLO 2000). Die Neurodegeneration nach einem pilocarpin-induzierten Status epilepticus tritt schneller auf als nach einem durch systemische Kainat-Applikation verursachten Status epilepticus. Es sind mehr Gehirnregionen von Neuronenverlusten betroffen und die auftretenden Läsionen sind größer (FUJIKAWA 1996; COVOLAN und MELLO 2000).

Insgesamt ist die Neuropathologie nach einem pilocarpin-induzierten bzw. lithium- pilocarpin-induzierten Status epilepticus der Neuropathologie der menschlichen Temporallappenepilepsie ähnlich (TURSKI et al. 1983; CLIFFORD et al. 1987).

Auch elektrographische, pharmakologische und klinische Befunde sind vergleichbar mit denen der Temporallappenepilepsie beim Menschen (TURSKI et al. 1983;

TURSKI et al. 1989; CLIFFORD et al. 1987; LÖSCHER 1999).

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2.2.3 Modell der elektrischen Stimulation der basolateralen Amygdala

Die beiden oben beschriebenen Modelle gehören zu den chemischen Epilepsie- Modellen, da konvulsive Substanzen verabreicht werden. Ein Nachteil von chemischen Epilepsie-Modellen ist, dass auftretende Neuronenverluste möglicherweise nicht nur durch die Anfallsaktivität, sondern auch durch die exzitotoxischen Effekte der Substanz verursacht werden. McINTYRE et al. (1982) beschreiben ein Modell, bei dem durch 60 minütige elektrische Stimulation (60 Hz, 50 µA) der basolateralen Amygdala bei gekindelten Ratten ein Status epilepticus induziert werden kann, der auch nach Beendigung der Stimulation noch anhält. Der während der Stimulation auftretende Anfallstyp ist hauptsächlich fokal z.T. mit sekundärer Generalisierung. Der Anfallstyp nach Beendigung der Stimulation ist fast ausschließlich fokal. Histopathologische Untersuchungen der Gehirne haben ergeben, dass Läsionen bei Ratten erst auftreten, wenn der Status epilepticus wenigstens 4 h dauert. Läsionen sind wie beim Kainat-Modell im piriformen Cortex, dem entorhinalen Cortex, der Amygdala und thalamischen Nuclei zu finden. Im Hippocampus ist ausschließlich die CA1-Region als vulnerabel beschrieben. Im Gegensatz zum Kainat-Modell nach systemischer Applikation und zum Pilocarpin- Modell treten die Neuronenverluste nur unilateral auf der Seite der Stimulationselektrode auf. McINTYRE et al. (1982) untersuchen nicht, ob bei Ratten mit Status epilepticus nach einer Latenzzeit spontane Anfälle auftreten. NISSINEN et al. (2000) beschreiben ein modifiziertes Modell, bei dem naive Ratten 20 – 30 min mit 400 µA (60 Hz) in der lateralen Amygdala stimuliert werden. Durch die elektrische Stimulation entwickeln die Ratten einen selbsterhaltenden Status epilepticus, der 6 – 20 h anhält. Nach einer Latenzphase entwickeln die Ratten spontane epileptische Anfälle. Neurodegeneration tritt ebenfalls in den oben beschriebenen Regionen auf und auch NISSINEN et al. (2000) finden, dass die CA1-Region aber auch der Hilus die vulnerabelsten Regionen innerhalb des Hippocampus sind. Sie beschreiben auch massive Läsionen in der Hirnhemisphäre contralateral zur Stimulationselektrode.

Für die vorliegende Arbeit wurde das Modell von NISSINEN et al. (2000) in einigen Aspekten modifiziert. Die bisherigen Befunde von McINTYRE et al. (1982) und NISSINEN et al. (2000) zeigen, dass die Neuropathologie und auch das klinische

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Erscheinungsbild der epileptischen Anfälle während und nach einem elektrisch induzierten Status epilepticus mit den beschriebenen chemischen Epilepsie- Modellen weitestgehend vergleichbar sind und somit auch den Befunden der Temporallappenepilepsie beim Menschen ähneln. Vorteil dieses elektrischen Epilepsie-Modells ist, dass eventuelle unspezifische Substanzeffekte ausgeschlossen werden können.

2.2.4 Overkindling-Modell

Das Overkindling-Modell basiert auf dem Kindling-Modell. Beim Kindling-Modell werden den Ratten durch kurze, überschwellige elektrische Stimulationen (1 – 2 sec) in einer Region des limbischen Systems (meistens der Amygdala) einzelne epileptische Anfälle induziert. Mit zunehmender Anzahl an Stimulationen steigt der Schweregrad der epileptischen Anfälle. Bei den ersten Stimulationen sind nur EEG- Veränderungen (Nachentladungen) ohne motorische Krampfaktivität zu sehen, bei weiteren Stimulationen treten dann fokale Anfälle auf, bis durch die Stimulation mit derselben Stromstärke fokale Anfälle mit sekundärer Generalisierung induziert werden können. Nachdem ausreichend häufig sekundär generalisierte Anfälle elektrisch induziert wurden, ist die Stromstärke zum Auslösen eines epileptischen Anfalls vielfach geringer als vor dem Stimulationsprozess, der als Kindling-Prozess bezeichnet wird (GODDARD et al. 1969). Diese erhöhte Empfindlichkeit gegenüber elektrischen Stimulationen, die auch in anderen bis dahin nicht stimulierten limbischen Gehirnregionen vorhanden ist, kann noch Monate nach dem Kindling- Prozess festgestellt werden, so dass bei den Ratten durch das Kindling eine chronische Veränderung eingetreten sein muss (GODDARD et al. 1969; SATO et al.

1990). Aufgrund der durch den Kindling-Prozess verursachten permanenten Veränderungen wird das Kindling-Modell als Epilepsie-Modell angesehen.

Neuropathologische Befunde zeigen, dass Ratten schon nach wenigen elektrisch ausgelösten Anfällen Neuronenverluste im Hilus und der CA-1-Region des Hippocampus aufweisen (CAVAZOS et al. 1994). Schon ab 30 sekundär generalisierten Anfällen sind mehr als 40% der Neurone im Hilus degeneriert (CAVAZOS et al. 1990; SUTULA 1991). Nach 150 gekindelten Anfällen weisen die Ratten Aspekte des charakteristischen Musters der Hippocampus-Sklerose beim Menschen auf (> 40% Neuronenverluste im Hilus und der CA1-Region). In der CA2-

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Region, CA3a-Region und der Körnerzellschicht des Gyrus dentatus tritt Neurodegeneration nur moderat auf. Zusätzlich sind der entorhinale Cortex und der endopiriforme Nucleus von Neuronenverlusten betroffen (CAVAZOS et al. 1994). Es ist zu beachten, dass CAVAZOS et al. (1990 und 1994) nicht in der Amygdala, sondern in der Projektion vom entorhinalen Cortex zu den Körnerzellen des Gyrus dentatus (Tractus perforans) stimuliert haben. TUUANEN und PITKÄNEN (2000a) konnten nach dem Kindling-Prozess in der Amygdala weder Neuronenverluste in amygdaloiden Nuclei noch im Hilus des Hippocampus feststellen. Dies deutet daraufhin, dass die Neurodegeneration abhängig ist vom Stimulationsort, und es kann nicht per se gesagt werden, dass die Neuropathologie des Kindling-Modells die Neuropathologie der menschlichen Temporallappenepilepsie reflektiert.

Allerdings muss berücksichtigt werden, dass in den angeführten Studien durch das Kindling keine spontanen Anfälle ausgelöst oder zumindest nicht beschrieben wurden, so dass wahrscheinlich keine vollständige Epileptogenese abgelaufen ist.

PINEL und ROVNER (1978a) beschreiben als erste, dass ausreichend häufige elektrische Stimulationen bei gekindelten Ratten (im Mittel 200 Stimulationen) zu der Entwicklung spontaner epileptischer Anfälle führen. Dieses Modell wird hier als Overkindling-Modell bezeichnet. Nach der Beschreibung und näheren Charakterisierung der Induktion spontaner Anfälle durch Kindling (PINEL und ROVNER 1978a und 1978b) befassen sich MICHALAKIS et al. (1998) mit elektrographischen- und Verhaltensbesonderheiten im Overkindling-Modell. Die Neuropathologie und Pharmakologie sind bisher noch nicht untersucht worden.

2.3 NEURODEGENERATION

Wie unter Punkt 2.1.3 ausführlich beschrieben ist, wird die Neurodegeneration in spezifischen Gehirnregionen als Ursache für die Manifestation einer Temporallappenepilepsie diskutiert. In diesem Zusammenhang wurde in der vorliegenden Arbeit die Neurodegeneration an Epilepsie-Modellen untersucht. Der Degeneration von Neuronen können verschiedene Mechanismen zu Grunde liegen.

Der Begriff Apoptose wurde zuerst von dem australischen Wissenschaftler J.F.R.

KERR und den schottischen Wissenschaftlern A.H. WHYLLIE und A.R. CURRIE im Jahr 1972 beschrieben (KERR et al. 1972). Sie stellten Apoptose der Nekrose gegenüber und beschrieben Apoptose als ein kontrolliertes Zelltodprogramm, das

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aktiv in der degenerierenden Zelle ausgeführt wird. Sie postulierten, dass Apoptose sowohl eine unverzichtbare Rolle bei physiologischen Prozessen spielt, als auch an pathologischen Entwicklungen beteiligt ist. Der wesentliche Unterschied zwischen Nekrose und Apoptose ist, dass bei der Apoptose einzelne Zellen innerhalb eines Gewebes eliminiert werden können, ohne das Gewebe dabei schwerwiegend zu schädigen. Das bedeutet, dass durch das in der geschädigten Zelle aktivierte biochemische Programm letztendlich die Zellstrukturen zerkleinert und in Vesikel verpackt, die von benachbarten Zellen phagozytiert werden. Diese Vesikel werden als apoptotische Körper bezeichnet und können elektronenmikroskopisch nachgewiesen werden. Aufgrund des spezifischen Zelltodprogramms, das bei der Apoptose stattfindet, wird häufig der Begriff ´programmierter Zelltod` synonym für Apoptose verwendet. Bei nekrotischen Prozessen kommt es zu einer großflächigen Schädigung des Gewebes, da durch geschädigte Zellen Entzündungsmediatoren freigesetzt werden (KERR et al. 1978; WHYLLIE et al. 1980). Bisher wurde angenommen, dass es bei der Nekrose nicht zur Aktivierung eines zellinternen Zelltodprogramms kommt. Seit einigen Jahren ist die Apoptose Gegenstand zahlreicher Untersuchungen im Zusammenhang mit sowohl physiologischen Prozessen, als auch im Hinblick auf die Pathomechanismen neurodegenerativer Erkrankungen. Aufgrund dieser zahlreichen Untersuchungen ergab sich während der letzten beiden Jahre, dass eine Differenzierung zwischen der ´Apoptose` und dem ´programmierten Zelltod` stattfinden muss. Der Begriff Apoptose beschreibt lediglich die Formation apoptotischer Körper und deren Phagozytose. Der Begriff

´programmierter Zelltod` beschreibt somit das aktive, determinierte Zelltodprogramm das morphologisch sowohl mit Apoptose als auch mit Nekrose enden kann. Dies resultiert aus den Befunden, dass die bisher für die Apoptose beschriebenen charakteristischen biochemischen Marker auch bei nekrotischem Zelltod gefunden werden können (ISHIMARU et al. 1999; FUJIKAWA et al. 1999; FUJIKAWA 2000;

SHIMIZU et al. 1996; SUZUKI et al. 1997; HIGUCHI et al 1998). Das heißt, dass mit den Begriffen Nekrose und Apoptose charakteristische morphologische Merkmale beschrieben werden, während der Begriff des programmierten Zelltods das zellinterne biochemische Zelltodprogramm beschreibt. Aufgrund dieser z.T.

gegensätzlichen Befunde und unterschiedlich verwendeten Terminologien, ist die

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Verwirrung in diesem Bereich sehr groß. Veröffentlichungen von FUJIKAWA (2000), ROY und SAPOLSKY (1999) und SLOVITER (2002) machen dies sehr deutlich.

Der Grund, warum der Apoptose eine so große Aufmerksamkeit zu Teil wurde war der, dass man sich erhoffte aufgrund des biochemisch determinierten Programms eine Möglichkeit zu bekommen, pharmakologisch in diesen Prozess eingreifen und pathologische Zelldegenerationen bzw. Neurodegenerationen verhindern zu können. Genau aus diesem Grund ist es jedoch nicht von Bedeutung, ob die Degeneration von Neuronen, die für die Entstehung einer Vielzahl von Erkrankungen verantwortlich gemacht wird, durch Apoptose sondern durch den programmierten Zelltod bestimmt wird. Des Weiteren ist von entscheidender Bedeutung, dass die Neurodegeneration, wenn sie durch einen Insult hervorgerufen wurde, nicht sofort mit dem Insult einhergeht, sondern verzögert auftritt. Nur wenn die Neuronenverluste mit einer gewissen Verzögerung nach dem induzierenden Insult auftreten ist eine pharmakologische Inhibition der Neurodegeneration möglich.

Auch bei der auftretenden Neurodegeneration bei der menschlichen Temporallappenepilepsie wurde die Rolle des programmierten Zelltods untersucht, da es möglich ist, dass der initiale Insult vor einer Temporallappenepilepsie und/oder die Anfallsaktivität selbst Auslöser sind für die Aktivierung des Zelltodprogramms. An verschiedenen Tiermodellen für Temporallappenepilepsie konnte gezeigt werden, dass Prozesse des programmierten Zelltods bei den auftretenden Neuronenverlusten beteiligt sind. Biochemische und morphologische Marker für programmierten Zelltod konnten sowohl im Kainat-Modell (GILLARDON et al. 1995; BECKER et al. 1999; FERRER et al. 2000; TUUNANEN und PITKÄNEN 2000b; HENSHALL et al. 2001; KONDRATYEV und GALE 2001) als auch im Kindling-Modell (BENGZON et al. 1997; PRETEL et al. 1997; UMEOKA et al. 2000) nachgewiesen werden. Der zeitliche Abstand vom Insult (Status epilepticus) beim Kainat-Modell oder die Anzahl stimulierter Anfälle beim Kindling-Modell sind entscheidend dafür, ob Marker für den programmierten Zelltod gehäuft nachgewiesen werden können. Diese zeitliche Einschränkung erschwert die Suche nach dem Auftreten von Markern für solche Prozesse bei Menschen mit Temporallappenepilepsie sehr. Trotzdem gibt es Untersuchungen, in denen anhand von Hippocampus-Resektionen von therapieresistenten Temporallappenepileptikern Hinweise auf Marker für programmierten Zelltod gefunden werden können. NAGY

(30)

und ESIRI (1998) zeigen, dass das Protein Bax (siehe Punkt 2.3.1) in hippocampalen Regionen bei Menschen mit Temporallappenepilepsie erhöht ist.

HENSHALL et al. (2000) finden zusätzlich zu einer erhöhten Anzahl Bax- exprimierender Neurone ebenfalls eine Zunahme der inhibierenden Proteine Bcl-2 und Bcl-xL und eines weiteren Proteins, der Caspase 3 (siehe Punkt 2.3.2). Alle diese Proteine spielen eine Rolle bei der programmierten Zelltodkaskade. Wie groß die Rolle des programmierten Zelltods genau bei den Neuronenverlusten ist, ist bisher nicht geklärt.

2.3.1 Bcl-2 und Bax

Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Nachweisverfahren für programmierten Zelltod und Apoptose basieren einerseits auf der Darstellung morphologischer Veränderungen (Elektronenmikroskopie, Nachweis der DNA-Fragmentierung) und sind an entsprechender Stelle unter Material und Methoden beschrieben.

Andererseits wurden Proteine der Bcl-2-Familie immunhistochemisch nachgewiesen, die mit dem programmierten Zelltod assoziiert sind. Hier wurden die Proteine Bcl-2 und Bax näher untersucht. Bcl-2 wirkt inhibiert Zelltodmechanismen (VAUX et al.

1988) während Bax solche Mechanismen induziert (OLTVAI et al. 1993). Bcl-2 ist mit der äußeren Membran der Mitochondrien, der Membran des endoplasmatischen Reticulums und des Nucleus assoziiert und beeinflusst den Ein- und Ausstrom von kleineren Molekülen und Proteinen (CHEN-LEVY et al. 1989; KROEMER 1997;

GREEN und REED 1998). Bax kommt hauptsächlich im Cytoplasma gelöst vor (HSU et al. 1997; HSU und YOULE 1998). Es wird angenommen, dass das Konzentrationsverhältnis zwischen Bax und Bcl-2, die dementsprechend entweder Heterodimere oder Homodimere bilden, entscheidend ist, ob Prozesse eingeleitet werden, die den programmierten Zelltod inhibieren oder induzieren (KORSMEYER et al. 1993; YIN et al. 1994). Bax und Bcl-2 stehen relativ am Anfang der Zelltodkaskade. Bei einem induzierenden Signal kommt es über die Freisetzung und Aktivierung verschiedener Faktoren letztendlich zur Aktivierung von Caspasen (LI et al. 1997; YANG et al. 1997; GREEN und REED 1998).

2.3.2 Caspasen

Caspasen stehen am Ende der biochemischen Kaskade des programmierten Zelltods. Mittlerweile gibt es wenigstens 13 identifizierte Caspasen

(31)

(zusammengefasst bei COHEN et al. 1997; THORNBERRY und LAZEBY 1998). Es gibt Initiator-Caspasen, die für die Aktivierung der Effektor-Caspasen verantwortlich sind. Die Rolle der Effektor-Caspasen ist die Zerstörung von überlebenswichtigen Zellbausteinen und von Proteinen, die die Zelle vor degenerativen Prozessen schützen (CHENG et al. 1997; LIU et al. 1997; ENARI et al. 1998). Die Effektor- Caspase, die im zentralen Nervensystem die größte Rolle spielt, ist die Caspase 3, die von der Initiator-Caspase 9 aktiviert wird. Caspase 3- und Caspase 9-knock out Mäuse zeigen schwerwiegende Defizite im zentralen Nervensystem schon während der Entwicklung (KUIDA et al. 1998). Aber auch die Caspasen 1, 2, 11 und 12 sind im zentralen Nervensystem von Bedeutung (zusammengefasst bei YUAN und YANKER 2000). Caspasen können durch spezifische Caspase-Inhibitoren gehemmt werden. Caspase-Inhibitoren sind kurze Aminosäuresequenzen, die an die katalytisch aktiven Sequenzen der Caspasen binden, aber nicht geschnitten werden können und somit die Caspasen inaktivieren. Caspase-Inhibitoren werden als effektives Mittel zur Neuroprotektion diskutiert. Dabei wurden sie zuerst in der tierexperimentellen Ischämieforschung eingesetzt, wo ein neuroprotektiver Effekt bestätigt werden konnte (HARA et al. 1997). Auch im Kainat-Modell für Temporallappenepilepsie kann durch intracerebroventrikuläre Applikation eines Caspase 3-Inhibitors die auftretende Neurodegeneration verringert werden (KONDRATYEV und GALE 2000). Allerdings ist bei dieser Studie zu beachten, dass der Caspase 3-Inhibitor vor der Induktion des Status epilepticus injiziert wurde, was bei der Übertragung auf den Menschen nicht der klinischen Situation entsprechen würde. In der vorliegenden Arbeit wurde der neuroprotektive Effekt des relativ spezifischen Caspase 3-Inhibitors Ac-DEVD-CHO aus diesem Grund nach einem kainat-induziertem Status epilepticus untersucht. Das ´DEVD` steht für Asp(Ome)- Glu(Ome)-Val-Asp(OME) und bezeichnet die Aminosäuresequenz, die die höhere Selektivität für die Caspase 3 und ähnliche Caspasen gewährleistet (HARA et al.

1997).

2.4 SUBSTANZEN MIT NEUROPROTEKTIVER WIRKUNG

Der prophylaktische Einsatz von Antikonvulsiva nach einem Insult, um die Entwicklung einer Temporallappenepilepsie zu verhindern, wurde bereits durchgeführt, war aber bisher erfolglos. Carbamazepin, Phenytoin und Valproat

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reduzieren zwar die Anfälle, die in den ersten Tagen nach einem Schädel-Hirn- Trauma auftreten, verhindern aber nicht die Entwicklung spontaner epileptischer Anfälle Jahre später (GLÖTZNER et al. 1983; HALTINER et al. 1999; TEMKIN et al.

1999). Nach den oben beschriebenen Beobachtungen könnte der prophylaktische Einsatz von neuroprotektiven Substanzen nach einem Insult einen erfolgsversprechenden Ansatz zur Inhibition der Entwicklung einer Temporallappenepilepsie sein. Sowohl für die Behandlung nach einer cerebralen Ischämie als auch nach Schädel-Hirn-Traumata wird schon seit langem nach Substanzen gesucht, die in der Lage sind, Neuronenverluste zu reduzieren, wenn nicht gar zu inhibieren. In tierexperimentellen Untersuchungen konnten einige Substanzen mit neuroprotektivem Potential charakterisiert werden. In klinischen Studien an Patienten mit traumatischen Hirnverletzungen konnten die beim Tier gefundenen Effekte aber in diesem Ausmaß nicht gefunden werden (zusammengefasst bei MAAS 2001).

Neben dem im vorherigen Abschnitt beschriebenen Caspase-Inhibitor wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit zwei Substanzen verwendet, für die tierexperimentell eine neuroprotektive Wirkung beschrieben ist.

2.4.1 Retigabin (D-23129)

Der Hauptwirkungsmechanismus von Retigabin scheint in der Öffnung von spannungsabhängigen Kaliumkanälen zu liegen (RUNDFELDT (1997). Aufgrund dieses Mechanismus konnte eine antikonvulsive Wirkung von Retigabin bei verschiedenen Anfallsmodellen nachgewiesen werden (TOBER et al. 1996;

ROSTOCK et al. 1996). In vitro Versuche an einer neuronalen Zelllinie zeigen, dass Retigabin nach glutamat-induzierter Toxizität in der Lage ist, nekrotische Prozesse zu inhibieren. Auf L-DOPA-induzierte Apoptose hatte Retigabin keinen Effekt (SEYFRIED et al. 2000).

2.4.2 Dizocilpin (MK-801)

Dizocilpin ist ein nicht-kompetitiver N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptor- Antagonist. NMDA-Rezeptoren gehören wie die bereits erwähnten Kainatrezeptoren zu den ionotropen Glutamatrezeptoren. Aufgrund der antagonistischen Wirkung am NMDA-Rezeptor entwickelt Dizocilpin ein antikonvulsives Potential in verschiedenen

(33)

Anfallsmodellen (GILBERT et al. 1988; McNAMARA et al. 1988; BERTRAM et al.

1990).

Die neuroprotektive Wirkung von Dizocilpin bei verschiedenen Tiermodellen wird seit einigen Jahren immer wieder beschrieben. In geringen Dosierungen (0,1 – 1,0 mg/kg) systemisch verabreicht verhindert Dizocilpin durch epileptische Anfälle induzierte Neuronenverluste (CLIFFORD et al. 1990; SPARENBORG et al. 1992).

Wird Dizocilpin vor einem kainat-induziertem Status epilepticus verabreicht, sind die Läsionen in verschiedenen Gehirnregionen signifikant reduziert (CLIFFORD et al.

1990). Auch bei einem durch Soman induzierten Status epilepticus ist Dizocilpin neuroprotektiv, sogar dann, wenn es erst 5 min nach Beginn der Anfallsaktivität appliziert wird (SPARENBORG et al. 1992). FOSTER et al. (1988) beschreiben, dass Dizocilpin systemisch verabreicht noch 5 h nach intracerebroventrikulärer Applikation von Glutamat die Neurodegeneration reduziert. Wird statt Glutamat Kainat injiziert, bleibt der neuroprotektive Effekt von Dizocilpin aus. ZHANG et al.

(1996) und HORVATH et al. (1997) zeigen, dass Dizocilpin in höheren Dosierungen (5 mg/kg) neuronalen Schaden in diversen Gehirnregionen einschließlich dem Hippocampus, der Amygdala und dem entorhinalen und piriformen Cortex verursacht.

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3 Z USAMMENFASSUNG UND Z IELSETZUNG

Neurodegeneration in spezifischen Gehirnregionen des Hippocampus wird als mögliche Ursache für die Entwicklung einer Temporallappenepilepsie nach einem initialen Insult (Status epilepticus, Schädel-Hirn-Trauma) diskutiert. Wenn sich ein ursächlicher Zusammenhang bestätigen sollte, wäre der prophylaktische Einsatz von neuroprotektiven Substanzen nach einem Insult ein sinnvolles Mittel zur Prävention von Temporallappenepilepsie.

In Epilepsie-Modellen bei Ratten führt ein initialer Insult in Form eines Status epilepticus nach einer Latenzphase zu spontan auftretenden epileptischen Anfällen.

Neurohistologische Untersuchungen dieser Ratten zeigen Neuronenverluste, die mit denen bei der menschlichen Temporallappenepilepsie vergleichbar sind. Epilepsie- Modelle stellen also ein geeignetes Mittel dar, um den Zusammenhang zwischen der Neurodegeneration und der Manifestation einer Epilepsie zu untersuchen. Es gibt Hinweise, dass der programmierte Zelltod eine Rolle bei der Entstehung der Neuronenverluste spielt. Dies ist in sofern von Bedeutung, dass die pharmakologische Prävention der Neurodegenration nur möglich ist, wenn die Degeneration durch ein aktives Programm bestimmt wird und verzögert nach dem initialen Insult auftritt. Caspase-Inhibitoren bieten eine Möglichkeit, die programmierte Zelltodkaskade zu unterbrechen und den auftretenden Zelltod zu inhibieren, da sie spezifisch in dieses Programm eingreifen. Für andere Substanzen, wie Retigabin (D-23129) oder Dizocilpin (MK-801), ist ein neuroprotektives Potential beschrieben, wobei nicht bekannt ist, wie der Wirkmechanismus für den neuroprotektiven Effekt ist.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zum einen an Epilepsie-Modellen bei der Ratte den Zusammenhang zwischen Neuronenverlusten und spontan auftretenden Anfällen näher zu bestimmen. Zum anderen soll der Effekt der Reduktion bzw.

Inhibition der Neurodegeneration auf die Entstehung spontaner epileptischer Anfälle untersucht werden.

Die verwendeten Epilepsie-Modelle sind das Kainat-Modell, das Pilocarpin-Modell, das Modell der elektrischen Stimulation der basolateralen Amygdala (BLA-

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Stimulationsmodell) und das Overkindling-Modell. Da beschrieben ist, dass die Neuropathologie in gewissem Maße abhängig ist von Stamm, Alter und Geschlecht der Ratten (Kainat-Modell und Pilocarpin-Modell) oder die Neuropathologie noch nicht detailliert dargestellt wurde (BLA-Stimulationsmodell und Overkindling-Modell), wurden zunächst an histologischen Übersichtsfärbungen der Gehirnpräparate für alle Modelle die betroffenen Gehirnregionen untersucht, und der Grad der Neurodegeneration bestimmt. Danach wurden die auftretenden Neuronenverluste von Ratten ohne spontane epileptische Anfälle trotz initalem Insult und Ratten mit spontanen Anfällen verglichen (Kainat-Modell, BLA-Stimulationsmodell, Overkindling-Modell). Um eine Aussage darüber treffen zu können, ob die Neurodegeneration aktiv durch ein Programm bestimmt und zudem verzögert nach dem Insult auftritt, wurden verschiedene Marker für programmierten Zelltod am Kainat-Modell, am Pilocarpin-Modell und am BLA-Stimulationsmodell untersucht.

Bereits zu Beginn der Experimente der vorliegenden Arbeit wurde festgelegt, dass GLIEN (2002), deren Arbeit sich mit der Charakterisierung zweier Epilepsie-Modelle und der Detektion spontan auftretender Anfälle beschäftigt, die entsprechenden Tiere aus dem BLA-Stimulationsmodell und dem Lithium-Pilocarpin-Modell für die detaillierte Beschreibung dieser Modelle verwendet.

Für die Versuche zur Neuroprotektion wurde ausschließlich das Kainat-Modell verwendet. Es wurde der Caspase 3-Inhibitor Ac-DEVD-CHO zur spezifischen Inhibition des programmierten Zelltods getestet. Außerdem wurde das neuroprotektive Potential des Retigabin und des Dizocilpin am Kainat-Modell untersucht. Ein Effekt auf die Entwicklung spontaner epileptischer Anfälle wurde nur für das Dizocilpin bestimmt. Alle Substanzen wurden jeweils nach der Induktion des Status epilepticus appliziert, um möglichst genau die klinische Situation zu simulieren.

(36)

4

M ATERIAL UND M ETHODEN

4.1 CHEMISCHE EPILEPSIE-MODELLE

4.1.1 Versuchstiere

Für die Versuche wurden weibliche Wistar-Ratten des Versuchstierzüchters Harlan Winkelmann, Borchen verwendet. Die Haltung erfolgte in Gruppen von 5 – 6 Tieren in Makrolonkäfigen Typ IV. Als Einstreu diente Weichholzgranulat (Altromin ; Fa.

Altrogge, Lage). Die Ratten erhielten Altromin 1324 Standarddiät und Leitungswasser ad libitum. Das Futter wurde einmal pro Woche und das Wasser zweimal pro Woche erneuert. Einmal in der Woche wurden die Ratten in frische Käfige umgesetzt. Das Umsetzen der Ratten erfolgte 1 – 2 Tage vor den Versuchen, um eine Beunruhigung der Ratten direkt vor dem Experiment zu vermeiden.

Die Tiere wurden bei einem 12 h Hell-Dunkel-Zyklus (Licht an 6:00; Licht aus 18:00 MEZ), bei einer Umgebungstemperatur von 22 – 24 °C und einer Luftfeuchtigkeit von 50 – 60% gehalten.

Nach der Ankunft hatten die Tiere 4 - 5 Tage Ruhe, um sich an die neuen Bedingungen zu akklimatisieren. Danach wurden sie an 2 – 3 Tagen einmal am Tag gewogen, die Temperatur wurde gemessen und i.p. Injektionen von 0,9%iger NaCl- Lösung vorgenommen, um sie an diese Prozeduren zu gewöhnen. 7 Tage nach der Ankunft wurde der eigentliche Versuch durchgeführt. Beginn der Versuche war immer zwischen 7:00 und 9:00 MEZ, um circadiane Einflüsse möglichst gering zu halten (STEWART et al. 2001). Zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung wogen die Ratten 180 g – 210 g.

4.1.2 Kainat-Modell

Es wurden 10 mg/kg Kainat (siehe Punkt 3.10.1) in 3 ml/kg 0,9%iger physiologischer Natriumchlorid-Lösung (NaCl-Lösung) intraperitoneal (i.p.) injiziert.

Der pH-Wert der Lösung betrug pH 4. Kontrolltiere erhielten 3 ml/kg 0,9%ige NaCl- Lösung i.p. (pH 6).

Nach der Injektion wurden die Ratten kontinuierlich beobachtet. In der Regel belief sich die Beobachtungszeit auf 3 - 4 h. In dieser Zeit durchliefen die Ratten zunächst fokale und dann generalisierte Anfallsstadien bis die generalisierte Anfallsaktivität

(37)

kontinuierlich ohne zwischenzeitliches Erlangen des Bewusstseins zu beobachten war. Auch während des Status epilepticus wurden die Ratten beobachtet, um sicher zu gehen, dass die generalisierte Krampfaktivität kontinuierlich anhielt. Ratten, die keine Krampfaktivität zeigten, wurden maximal 3 h beobachtet.

Die Anfallsstadien wurden nach einer von BARAN et al. (1995) modifizierten Skala von RACINE et al. (1972b) bewertet.

keine Anfallsaktivität

WDS: wet dog shakes fokale Anfallsaktivität

Stadium I: Immobilität, schwacher Fazialklonus

(Schließen eines Auges, stereotypes Schnüffeln)

Stadium II: schwerer Fazialklonus (klonische Kaubewegungen, Kopfnicken) Stadium III: unilateraler Vorderextremitätenklonus

generalisierte Anfallsaktivität

Stadium IV: bilateraler Vorderextremitätenklonus und Aufrichten des Rumpfes Stadium V: bilateraler Vorderextremitätenklonus mit Verlust der Stellreflexe

(nach hinten fallen)

Stadium VI: Status epilepticus (Serie von Anfällen der Klasse III – V ohne anfallsfreie Intervalle bzw. Erlangen des Bewusstseins) Tabelle 1: Skala der Krampfstadien im Kainat-Modell

Aus einem Status epilepticus entwickelten sich in einigen Fällen tonische Streckkrämpfe, denen ein unkontrolliertes Rennen und Springen vorausging.

Der Status epilepticus wurde 90 min nach Beginn mit 5 mg/kg Diazepam i.p.

unterbrochen. Danach wurde das Befinden der Ratten kontinuierlich kontrolliert und die Temperatur gemessen. Bei zu starkem Temperaturabfall (<36°C) wurden die Ratten auf eine Wärmeplatte gelegt. Da die Tiere nach einem Status epilepticus zunächst sehr geschwächt waren und nicht selbständig trinken und fressen konnten, wurde ihnen bis zwei Tage nach dem Status epilepticus täglich 5 ml 0,9%ige NaCl- Lsg. i.p. injiziert. Da Kontrolltiere selbstständig Flüssigkeit in ausreichender Menge zu sich nahmen, wurde ihnen keine zusätzliche Flüssigkeit injiziert. Zudem wurde nach dem Status epilepticus täglich das Gewicht kontrolliert.

(38)

4.1.2.1 Kainat-Modell: Protokoll für akute Untersuchungen

Ratten, bei denen die Neurodegeneration akut nach dem kainat-induzierten Status epilepticus untersucht werden sollte, wurden 48 h nach dem ersten generalisierten Anfall perfusionsfixiert (siehe Punkt 4.5.1). Die Gruppe der Ratten mit kainat- induziertem Status epilepticus umfasste 9 Tiere, die Kontrollgruppe bestand aus 7 Tieren.

Abb. 2: Schema des Versuchprotokolls für die akuten Untersuchungen am Kainat- Modell.

4.1.2.2 Kainat-Modell: Protokoll für chronische Untersuchungen

Bei einigen Ratten sollte die Neurodegeneration nach einem längeren Zeitraum nach dem kainat-induzierten Status epilepticus untersucht werden. Zudem sollte eine Überwachung stattfinden, ob die Ratten nach einer gewissen Latenzzeit spontan auftretende epileptische Anfälle entwickeln. Die Durchführung der Überwachung ist unter Punkt 4.3.1 beschrieben. Die Ratten (n = 6) wurden 7 Wochen nach dem Status epilepticus perfusionsfixiert (siehe Punkt 4.5.1).

Abb. 3: Schema des Versuchsprotokolls für die chronischen Untersuchungen am Kainat-Modell.

ab 4. – 5. Tag Handling der Ratten (1 x täglich) 8. Tag

Ankunft

10. Tag

(48 h nach erstem generalisierten Anfall)

Perfusionsfixierung

Induktion des Status epilepticus ab 4. – 5. Tag Handling der Ratten (1 x täglich)

8. Tag

Ankunft

10. Tag

(48 h nach erstem generalisierten Anfall)

Perfusionsfixierung

Induktion des Status epilepticus

ab 4. – 5. Tag Handling der Ratten (1 x täglich) 8. Tag

Ankunft

14. – 15. Tag Beginn der Überwachung

Induktion des Status epilepticus

49. – 50. Tag Perfusionsfixierung

ab 4. – 5. Tag Handling der Ratten (1 x täglich) 8. Tag

Ankunft

14. – 15. Tag Beginn der Überwachung

Induktion des Status epilepticus

49. – 50. Tag Perfusionsfixierung

(39)

4.1.3 Lithium-Pilocarpin-Modell

Den Ratten wurde 20 h – 24 h vor der Pilocarpin-Behandlung Lithiumchlorid in einer Dosierung von 3 meq/kg (entsprechen 127 mg/kg) in 3 ml/kg 0,9%iger NaCl-Lösung, pH-Wert 6 – 7, i.p. injiziert. Auch die Ratten, die als Kontrollen dienten, wurden mit derselben Dosis Lithiumchlorid behandelt (n = 6). Auf die Injektion reagierten die Ratten für ca. 30 – 60 sec mit deutlichen Schmerzäußerungen (Einziehen der Flanken, Vokalisation), die dann aber vollständig aufhörten. Aufgrund der Vorbehandlung mit Lithiumchlorid kann die Pilocarpin-Dosis, die zur Auslösung eines Status epilepticus notwendig ist, um eine Zehnerpotenz gesenkt werden.

Ca. 19 h nach der Lithiumchlorid-Gabe wurde den Ratten 1 mg/kg Methylscopolamin in 2 ml/kg 0,9%iger NaCl-Lösung, pH-Wert 6, i.p. verabreicht. Methylscopolamin ist ein muscarinerger Antagonist, der aufgrund seines quaternären Ammoniumions die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann. Somit hebt Methylscopolamin nur die unerwünschten peripheren Nebenwirkungen des Pilocarpins auf. Den Ratten wurde 30 min nach der Methylscopolamin-Gabe 30 mg/kg Pilocarpin in 3 ml/kg 0,9%iger NaCl-Lösung, pH-Wert 6, i.p. injiziert. Kontrollratten (n = 6) wurden parallel zu jeder Injektion mit einem entsprechenden Volumen 0,9%iger NaCl-Lösung i.p. behandelt.

Nach der Pilocarpin-Gabe wurden die Ratten beobachtet und die Anfallsstadien wie beim Kainat-Modell bewertet (siehe Punkt 4.1.2). Der Status epilepticus wurde 90 min nach Beginn mit 10 mg/kg Diazepam i.p. unterbrochen (n = 7). Alle Ratten wurden 48 h nach dem ersten generalisierten Anfall perfusionsfixiert (siehe Punkt

Abb. 4: Schema des Versuchsprotokolls für die akuten Untersuchungen am Lithium- Pilocarpin-Modell.

Ankunft

Handling der Ratten (1x täglich) ab 5. Tag

7. Tag Lithiumchlorid-Applikation

8. Tag Induktion des Status epilepticus

10. Tag

(48 h nach erstem generalisierten Anfall)

Perfusionsfixierung Ankunft

Handling der Ratten (1x täglich) ab 5. Tag

7. Tag Lithiumchlorid-Applikation

8. Tag Induktion des Status epilepticus

10. Tag

(48 h nach erstem generalisierten Anfall)

Perfusionsfixierung

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