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Archiv "Definition von Alter" (17.12.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 50

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17. Dezember 2010 899

M E D I Z I N

DISKUSSION

Elektronisches Verordnungssystem

Die PRISCUS-Liste ist ein wertvolles Instrument zur Identifikation potenziell inadäquater Medikation bei äl- teren Menschen (1). Inwieweit werden Medikamente dieser Liste in einem Haus der Maximalversorgung verordnet?

An der Universitätsklinik Freiburg ist seit Anfang des Jahres 2008 ein elektronisches Verordnungssystem (MEONA) im Einsatz (2). Zur Erhöhung der Arznei- mitteltherapiesicherheit werden die medikamentösen Verordnungen auf verschiedene Aspekte (unter ande- rem Allergien, Interaktionen, Dosierungen, Kontraindi- kationen) geprüft. Mit Hilfe dieses Systems wurden bislang 9 656 Patienten, die 65 Jahre oder älter waren, behandelt. Dabei wurden 186 419 orale medikamentöse Anordnungen vorgenommen.

Auf diese Verordnungen haben wir die PRISCUS- Liste in der veröffentlichten Version (1) angewendet und festgestellt, dass 8 836 Verordnungen (4,7 %) Me- dikamente betreffen, die auf der Liste als potenziell in- adäquate Medikamente für ältere Menschen aufgeführt sind. Diese Anordnungen umfassen insbesondere Prä- parate mit Lormetazepam > 0,5 mg/d (1 861 Anordnun- gen), Lorazepam (957) und Acetyldigoxin (334). Es wurden bei 43 % der Patienten Medikamente der PRIS- CUS-Liste angewendet (insgesamt bei 4 169 Patien- ten).

Zusammenfassend werden an einem Haus der Maxi- malversorgung bei älteren Patienten durchaus Wirk- stoffe aus der PRISCUS-Liste verwendet, insbesondere aus dem Bereich der Benzodiazepine. Während Lora- zepam überwiegend periinterventionell in adäquaten Dosierungen verwendet wurde, stellten wir für Lor- metazepam eine regelmäßige Gabe als Schlafmedikati- on in für ältere Patienten zu hoher Dosierung von 1 bis 2 mg pro Tag fest.

Über die konkrete Verträglichkeit der Präparate ist uns nichts bekannt. Das elektronische Verordnungssys- tem wurde so angepasst, dass ab sofort ein Warnhin- weis ausgegeben wird, falls ein Wirkstoff der PRISCUS-Liste bei einem älteren Patienten verordnet werden soll; außerdem werden mögliche Alternativprä- parate vorgeschlagen. Wir werden erneut berichten, in- wieweit diese Intervention das Verordnungsverhalten bei potenziell inadäquater Medikation im Alter beein- flusst.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0899a

Definition von Alter

Es ist kritisch anzumerken, dass die PRISCUS-Liste eine wesentliche Information schuldig bleibt. So wird stets von ungeeigneten Präparaten für Ältere gesprochen – ei- ne genaue Altersangabe in Jahren oder eine klinisch adä- quatere operationale Charakterisierung von Alter wird nicht vorgeschlagen. Damit gilt auch weiterhin das Di- lemma der unkonkreten Zuordnung. Die Definition von Alter ist seit vielen Jahren eine recht akademisch geführ- te Diskussion, zu der es dringend einer Einigung bedarf.

Außerdem wird in der PRISCUS-Liste Risperidon als Therapiealternative zu Neuroleptika auch bei Demenz- patienten aufgezählt. Risperidon wird jedoch seit dem Jahr 2005 für diese Patientengruppe nicht mehr empfoh- len und die Fachinformation des Fertigarzneimittels führt dies explizit auf. In einer Metaanalyse der Zulassungsbe- hörden zeigte sich eine tendenziell höhere Mortalität bei älteren Demenzpatienten (Risperidon: 4,0 %; Placebo 3,1 %) (1). Auch wenn die Anwendung von Risperidon angesichts der begrenzten Alternativen eine therapeuti- sche Option sein kann, muss man beachten, dass der pharmazeutische Unternehmer mit seiner Warnung in der Produktspezifikation eine eigene Haftung ausschließt.

Nichtsdestotrotz ist mit der Entwicklung und Veröf- fentlichung der PRISCUS-Liste ein wichtiger Schritt hin zur Verbesserung der Pharmakotherapie von alten Patienten getan worden. Eine sinnvolle Ergänzung zur PRISCUS-Liste ist die von Stefanacci veröffentliche Liste von geeigneten Medikamenten (2).

Nun sollte im nächsten Schritt prospektiv evaluiert werden, ob die Einnahme der PRISCUS-Präparate tat- sächlich mit höheren Problemraten assoziiert ist. Mit- telfristiges Ziel ist es, die positiv evaluierten Elemente der PRISCUS-Liste in Versorgungsleitlinien und die Verordnungssoftware der Ärzte zu implementieren.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0899b zu dem Beitrag

Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste

von Stefanie Holt, Dr. med. Sven Schmiedl, Prof. Dr. med. Petra A. Thürmann in Heft 31–32/2010

LITERATUR

1. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA: Potentially inappropriate medicati- ons in the elderly: the PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(31–32): 543–51.

2. Schäfer T, Rothe N, Kim E, Wuttke M: Implementierung eines elektro- nischen Verordnungssystems (CPOE). Krankenhauspharmazie 2009;

30(12): 569–74.

Dr. med. Tobias Schäfer, M.Sc.

Dr. med. Matthias Wuttke

Medizinische Klinik IV (Nephrologie und Allgemeinmedizin) Universitätsklinikum Freiburg

Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg

E-Mail: tobias.schaefer@uniklinik-freiburg.de matthias.wuttke@uniklinik-freiburg.de

Interessenkonflikt

Die Autoren sind für die Firma Meona GmbH tätig.

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900 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 50

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17. Dezember 2010

M E D I Z I N

Schmerztherapie

Die Erstellung der PRISCUS-Liste basierte auf interna- tionalen Vorbildern ähnlicher Listen, die durch ausge- wählte Experten aus dem deutschsprachigen Raum ge- prüft und ergänzt wurden. Für den Bereich der Schmerztherapie bedarf die Liste Korrekturen, von de- nen wir eine Auswahl präsentieren:

Die Assoziation von Pethidin mit einem erhöh- ten Frakturrisiko muss wohl auf einem Missver- ständnis einer epidemiologischen Studie aus Dä- nemark beruhen (1). Tatsächlich beschreiben die Autoren ein erhöhtes Frakturrisiko unter Ein- nahme von Codein, Fentanyl, Morphin, Metha- don, Oxycodon und Tramadol, während dieser Effekt für Buprenorphin, Pethidin und die Kom- bination von ASS mit Codein nicht nachgewie- sen wurde.

In der Schmerztherapie werden auch Antikonvul- siva und Antidepressiva in niedriger Dosis auf der Basis zahlreicher klinischer Studien eingesetzt.

Dieser Indikationsbereich wurde bei der Darstel- lung nicht berücksichtigt.

Die Assoziation von Etoricoxib mit einem erhöh- ten Risiko einer Herzinsuffizienz bezieht sich auf eine post-hoc-Analyse der MEDAL-Studie (2). In dieser Analyse weisen die Autoren im Vergleich zu Diclofenac ein erhöhtes Risiko bei betagten Patienten jedoch nur dann nach, wenn eine hohe Dosierung von 90 mg/d verordnet wird. Dieser Zusammenhang ist für die übliche Dosierung von 60 mg/d nicht nachgewiesen. Vielmehr beurteilen Fosbøl et al. das Risiko von Diclofenac und Coxi- ben gleich (3).

Aus schmerztherapeutischer Sicht bestehen deshalb gravierende Bedenken gegen die undifferenzierte Über-

nahme der Empfehlungen aus der PRISCUS-Liste. Wir empfehlen, die Liste nur mit dem Hinweis zu verwen- den, dass die darin angegeben Empfehlungen nicht für Patienten mit einer Indikation zur Behandlung von Schmerzen gelten.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0900a

LITERATUR

1. Vestergaard P, Rejnmark L, Mosekilde L: Fracture risk associated with the use of morphine and opiates. J Int Med 2006; 260: 76–87.

2. Krum H, Curtis SP, Kaur A, et al.: Baseline factors associated with congestive heart failure in patients receiving etoricoxib or diclofenac.

Eur J Heart Failure 2009; 11: 542–50.

3. Fosbøl EL, Folke F, Jacobsen S, et al.: Cause-specific cardiovascular risk associated with nonsteroidal antiinflammatory drugs among he- althy individuals. Circ Cardiovasc Qual Outcomes 2010; 3: 395–405.

4. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA: Potentially inappropriate medicati- ons in the elderly: The PRISCUS List. Dtsch Arztebl Int 2010; 107 (31–32): 543–51.

Dr. med. Markus Gehling Mönchebergstraße 41–43 34125 Kassel

E-Mail: gehling@klinikum-kassel.de

Interessenkonflikt

Der Autor gibt Verbindungen zu MSD, mundipharma, sanofi aventis und Metro- nic GmbH an.

Schlusswort

Wir danken den Autoren der Leserbriefe und auch vie- len anderen Kolleginnen und Kollegen für ihre Anre- gungen zur PRISCUS-Liste potenziell inadäquater Me- dikamente (PIM) für Ältere.

Der von Dres. Schäfer und Wuttke ermittelte prozen- tuale Anteil der Patienten mit PIM ist sicher nicht ver- gleichbar zu dem sonst im ambulanten Bereich berich- teten Anteil von etwa 20 % (1). Eine aktuell veröffent- lichte Studie aus den USA zeigt, dass die Implementie- rung der Beers-Liste in das elektronische Verordnungs- system zu einem signifikanten Rückgang der Verord- nungen von PIM führt (2).

Die in der ausführlichen PRISCUS-Liste gemachte Angabe zum erhöhten Frakturrisiko unter Pethidin gibt die Expertenmeinung aus der Arbeit von McLeod et al.

wieder (3). Die von Dr. Gehling zitierte Studie stellt hingegen aktuelle Ergebnisse einer Fall-Kontroll- Studie dar.

Die adjuvante Schmerztherapie mit Antidepressiva und Antikonvulsiva ist ein wichtiger Aspekt bei älteren Patienten. Die Bewertung dieser Arzneistoffe durch die Experten erfolgte überwiegend fokussiert auf die Indi- kation Depression beziehungsweise Anfallsleiden. So wurden Antidepressiva und Antikonvulsiva anderer- seits bewusst als Alternativen zu den als PIM beurteil- ten NSAID benannt.

Anhand der Risiko-Bewertung Diclofenac versus Etoricoxib möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass wir methodisch eine Konsens-Meinung von Ex- perten genutzt haben, welchen wir möglichst umfassen- LITERATUR

1. Haupt M, Cruz-Jentoft A, Jeste D: Mortality in elderly dementia patients treated with risperidone. J Clin Psychopharmacol 2006; 26:

566–70.

2. Stefanacci RG, Cavallaro E, Beers MH, Fick DM: Developing explicit positive beers criteria for preferred central nervous system medicati- ons in older adults. Consult Pharm 2009; 24: 601–10.

3. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA: Potentially inappropriate medicati- ons in the elderly: The PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(31–32): 543–51.

Dipl.-Pharm. Thomas Fiß

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Ellernholzstraße1/2

17487 Greifswald E-Mail: thomas.fiss@dzne.de

Prof. Dr. med. Wolfgang Hoffmann, MPH Institut für Community Medicine Ellernholzstraße 1/2 17487 Greifswald

E-Mail: wolfgang.hoffmann@uni-greifswald.de

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Referenzen

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