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as Malariarisiko ist geographisch und jah- reszeitlich sehr unter- schiedlich. Besonders hoch ist es im tropi- schen Afrika, hoch auch in Ozea- nien (Neuguinea, Solomon-Inseln, Vanuatu), mäßig im indischen Sub- kontinent, sehr gering dagegen in Nordafrika, in den Großstädten Mit- telamerikas, Südamerikas, und Süd- ostasiens, ebenso bei den üblichen Thailandreisen, auf den Malediven, der arabischen Halbinsel. In großen Höhen gibt es keine malariaübertra- genden Stechmücken; diese Höhen- grenze liegt in äquatornahen Regio- nen bei etwa 2500 Metern, in subtro- pischen bei etwa 1500 Metern.Das Risiko einer Malariainfek- tion kann vermindert werden durch
1.1 Allgemeine Vorbeugemaß- nahmen, die grundsätzlich überall angewandt werden sollten:
• geeignete Kleidung (ab Dämmerung Strümpfe, lange Ho- sen, lange Armel)
• mückensicherer Schlafraum beziehungsweise Moskitonetz, das allseits unter die Matratze geschla- gen werden muß
• Versprühen eines Insekten- vertilgungsmittels (Pyrethrum, Py- rethroide)
• Einreiben unbedeckter Hautstellen mit einem Mückenab- wehrmittel (Repellent), zum Bei- spiel Autan®, Bonomol® und ande- re; auch an Strümpfen, Manschet- ten, Kragen aufbringen. Kann die
Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT hat im Heft 36 vom 5. Septem- ber 1986 mehrere Beiträge den Themen Malariaprophylaxe, -diagnostik und -therapie ge- widmet. Die weitere Ausbrei- tung von Chloroquinresistenz bei P. falciparum in Ost- und Zen- tralafrika und nun auch in Westaf- rika, die Zunahme von Fansidar- resistenz und die Neuzulassung von Mefloquin am 1. Dezember 1987 erfordern eine erneute Anpassung früherer Prophyla- xeempfehlungen. Sie entspre- chen im wesentlichen dem revi- dierten WHO-Konzept (1988).
Haut reizen, deshalb nicht zu häufig, nicht bei Kleinkindern anwenden.
• Eventuell elektrischen Insek- tizidverdampfer oder Mückenver- treibungskerzen (mosquito-coils) benutzen.
Diese Vorkehrungen können in den oben genannten Gebieten mit
Tropenmedizinisches Institut der Uni- versität Tübingen;
Landesinstitut für Tropenmedizin Berlin;
Abteilung Infektion- und Tropenmedizin der Universität München;
Missionsärztliche Klinik Würzburg (Arbeitsgruppe „Malariaprophylaxe und -therapie" der Deutschen Tropenmedizi- nischen Gesellschaft)
geringem Risiko ausreichen, doch sollte man Fansidar® oder Lariam®
für eine eventuelle Behandlung bei sich haben.
1.2 Vorbeugende Einnahme von Medikamenten
(Chemoprophylaxe):
Ihre Wirksamkeit wird beein- trächtigt durch persönliche Umstän- de (Erbrechen, unregelmäßige Ein- nahme), vor allem aber durch ver- minderte Medikamentenempfind- lichkeit von Malariaerregern (Resi- stenz). Das bedeutet aber nur aus- nahmsweise völlige Unwirksamkeit, sondern ist vielmehr so zu verste- hen: Es gibt in bestimmten Gegen- den Stämme verschiedener Malaria- erreger, die gegen das eine oder an- dere Medikament mehr oder weni- ger empfindlich sind. Hier muß die Chemoprophylaxe durch die er- wähnten Vorkehrungen zur Vermei- dung von Mückenstichen ergänzt werden.
1.3 Am wichtigsten ist die ver- minderte Wirksamkeit von Chloro- quin (siehe Medikamente) gegen Er- reger der Malaria tropica, die inzwi- schen weit verbreitet ist ( in Ameri- ka ab Panama südwärts, in Afrika ostafrikanische, zentralafrikanische und neuerdings auch mehrere west- afrikanische Länder, in Asien ab Iran ostwärts bis nach Ozeanien).
Gegen die anderen Malariaformen (Malaria tertiana, quartana) ist Chloroquin nach wie vor voll wirk- sam im Gegensatz zu Sulfadoxin/Py- rimethamin (siehe Medikamente), das gegen Malaria tertiana nicht si- cher schützt. Malaria tertiana ist in vielen Gebieten Asiens und Süd- amerikas mit Chloroquinresistenz der Malaria tropica mindestens gleich häufig wie diese.
1.4 Eine höhergradige Resi- stenz des Erregers der Malaria tropi- ca gegen Chloroquin gibt es in Ozea- nien, in Südostasien (Vietnam, Kambodscha, Laos, Thailand), in Südamerika (Amazonasbecken), in Ostafrika (vor allem Kenya, Tansa- nia), zunehmend auch in Zentralaf- rika, noch vereinzelt in Westafrika;
ebenso gegen Sulfadoxin/Pyrimeth- amin, vor allem in Südostasien, dann in Ozeanien, Ostafrika, im Amazonasbecken.
Empfehlungen
zur Malariavorbeugung
Wolfram Höfler, Ulrich Bienzle,
Dieter Eichenlaub und Klaus Fleischer
A-3586 (46) Dt. Ärztebl. 85, Heft 50, 15. Dezember 1988
2. Medikamente
2.1 Chloroquin = Resochin®
Tabletten zu 150 mg Base, Re- sochin® junior Tabletten zu 50 mg Base (im Ausland Aralen®, Nivaquine® u. a.)
2.2 Sulfadoxin/Pyrimethamin
= Fansidar®
Tabletten zu 500 beziehungs- weise 25 mg
2.3 Mefloquin = Lariam®
Tabletten zu 250 mg Base 2.4 Proguanil = Paludrine®*) Tabletten zu 100 mg
3. Anwendung: Die Dosisanga- be bezieht sich bei Chloroquin und Mefloquin nicht auf das Gewicht der Tablette, sondern auf den Wirkstoff- gehalt (Base).
3.1 Generell wird die Prophyla- xe mit Chloroquin empfohlen:
Resochin®
wöchentlich 2 Tabletten,
ab 75 kg Körpergewicht und bei Kindern: 5 mg/kg;
Beginn der Einnahme eine Woche vor der Einreise in das Malaria- gebiet, Ende der Einnahme sechs Wochen nach Verlassen des Mala- riagebietes.
3.2 Bei Reisen in Gebiete mit Chloroquinresistenz: Prophylaxe mit Chloroquin wie unter 3.1 ange- geben. Zusätzlich können 2 Tablet- ten Paludrine® täglich eingenommen werden.
Dosierung Paludrine® für Kinder:
unter 1 Jahr 1/4 Tablette tgl.
1 bis 4 Jahre 1/2 Tablette tgl.
4 bis 7 Jahre 3/4 Tablette tgl.
7 bis 12 Jahre 1 Tablette tgl.
über 12 Jahre 2 Tabletten tgl.
Außerdem Mitführen einer Be- handlungsdosis von Fansidar oder Lariam je nach Reiseziel. Fieber oh- ne unmittelbar erkennbare Ursache ab dem 7. Tag im Malariagebiet könnte eine Malaria sein. Eine Selbstbehandlung sollte aber nur durchgeführt werden, wenn kein Arzt erreichbar ist.
*) in der Bundesrepublik nicht zugelassen, kann jedoch über internationale Apotheken be- schafft werden.
• Behandlung mit Fansidar®
(die Tabletten sind auf einmal einzu- nehmen):
6 Monate bis 4 Jahre 1/2 Tablette von 4-8 Jahren 1 Tablette von 9-14 Jahren 2 Tabletten ab 15 Jahren 3 Tabletten
• Behandlung mit Lariam® (in Ozeanien, Südostasien, Ostafrika, Amazonien vorzuziehen):
bei 45 bis 60 kg Körpergewicht:
sofort 3 Tabletten Lariam®
(750 mg),
nach 6-8 Stunden noch einmal 2 Tabletten (500 mg);
über 60 kg Körpergewicht:
nach weiteren 6-8 Stunden nochmals 1 Tablette (250 mg);
bei Kindern unter 45 kg Körperge- wicht:
Einmaldosis von 25 mg/kg (= 1 Tablette pro 10 kg).
3.3 Bei Reisen in Gebiete mit hohem Malariarisiko und hochgradi- ger Resistenz gegen Chloroquin und/oder Sulfadoxin/Pyrimethamin (siehe 1.4) ist eine kurzzeitige Pro- phylaxe mit Mefloquin vertretbar (Aufenthaltsdauer 1 bis 3 Wochen):
ab 45 kg Körpergewicht:
1 Tablette Lariam einmal wöchent- lich während 6 Wochen einnehmen.
Beginn 1 Woche vor Abreise.
Dosierung für Kinder:
15-19 kg: 1/4 Tabl. einmal/Woche 20-30 kg: 1/2 Tabl einmal/Woche 31-45 kg: 3/4 Tabl. einmal/Woche Eine längerdauernde Prophyla- xe mit Mefloquin kann mit Rück- sicht auf zu befürchtende Resistenz- entwicklung und wegen unzurei- chender Erfahrungen hinsichtlich Verträglichkeit nicht empfohlen werden. Schwangere und stillende Mütter sollten die prophylaktische Einnahme von Mefloquin unterlas- sen.
3.4 Bei längerem Aufenthalt in Malariagebieten (über drei Monate) und bei tatsächlicher Unverträglich- keit von Medikamenten wird die Beratung durch .ein Fachinstitut be- ziehungsweise einen niedergelasse- nen Tropenmediziner empfohlen (Adressenliste bei der Deutschen Tropenmedizinischen Gesellschaft, Postfach 100-162, 4019 Monheim).
4. Nachträgliche Beobachtung:
Auch nach der Rückkehr muß man bei jeder fieberhaften Erkrankung an die Möglichkeit einer Malaria denken, selbst wenn eine regelrech- te Prophylaxe durchgeführt wurde.
Bei rechtzeitiger Diagnose ist eine erfolgreiche Behandlung. möglich, auch wenn es sich um eine Infektion mit L :regem handelt, die gegen be- stimmte Medikamente resistent sind.
Eine Informationsschrift „GE- sundheitsempfehlungen für den in- ternationalen Reiseverkehr, Impf- bestimmungen-Malariasituation"
kann beim Deutschen Grünen Kreuz, Schuhmarkt 4, 3550 Marburg bezogen werden (8,00 DM zuzüglich Porto).
Dieses Merkblatt ist gegen Vor- einsendung des Portos erhältlich beim Tropenmedizinischen Institut der Universität Tübingen, Wilhelm- straße 31, 7400 Tübingen. Die Ver- vielfältigung des Merkblatts unter Quellenangabe ist freigestellt.
Kommentar
Die zusätzliche Einnahme von Proguanil in Gebieten mit Chloro- quinresistenz erhöht die Prophylaxe- sicherheit. Das Medikament ist sehr gut verträglich (selten gastrointesti- nal Beschwerden, extrem selten Ul- zerationen der Mundschleimhaut).
Es ist in englischsprachigen Ländern meist erhältlich. Alternativ kann Py- rimethamin (Daraprim®, Pyrimeth- amin-Heyl®), einmal wöchentlich ei- ne Tablette, eingenommen werden, doch ist die kausalprophylaktische Wirkung weniger sicher.
Über die Dauer der Mefloquin- prophylaxe in Hochresistenzgebie- ten gibt es abweichende Empfehlun- gen. Unter dem Gesichtspunkt, daß ein Beitrag zur Resistenzent- wicklung vermieden werden muß, ist aber nur die Beschränkung auf Kurzreisen bis zu drei Wochen ratio- nal begründbar.
Anschrift für die Verfassen
Prof. Dr. Wolfram Höfler
Tropenmedizinisches Institut der Universität
Wilhelmstraße 31 • 7400 Tübingen Dt. Ärztebl. 85, Heft 50, 15. Dezember 1988 (49) A-3589