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Archiv "Datentransparenzgesetz: Zunächst nur partieller Durchblick" (07.09.2001)

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Im Detail zeigt sich allerdings, dass die- se Verfahren bislang nicht systematisch berücksichtigt wurden. Gerade zwei häufige nosokomiale Infektionen kön- nen nicht präzise abgebildet werden, die postoperative Wundinfektion und die Sepsis. Beide gehen in einem unspe- zifischen Schlüssel unter.

DRGs sind kein Argument zur Verfeinerung von ICD-10-SGB-V und OPS-301. Die Australier haben es vorge- macht, indem sie den Umfang der Klas- sifikationen bei der Weiterentwicklung ihres DRG-Systems reduziert haben.

Die fehlende Bedeutung des OPS-301 für die Kalkulation der Fallkosten wirft allerdings die Frage auf, wie ein Kran- kenhaus oder ein Fachgebiet seine spe- zifischen Kosten in die Ermittlung der Relativgewichte und des Basisfallpreises einbringen kann. Bei der Weiterent- wicklung des DRG-Systems sind hellse- herische Fähigkeiten gefragt, weiß man doch heute nicht, welche spezifischen Diagnosen und Prozeduren morgen zur Unterscheidung von Fallgruppen be- nötigt werden. Die Innovationsfähigkeit eines DRG-Systems erfordert daher Lö- sungen jenseits der Pflege von Klassifi- kationen.

Für eine Prüfung von Fehlbelegung und Versorgungsqualität ist ein feineres Raster notwendig als für die Definition von Fallgruppen. ICD-10-SGB-V und OPS-301 sind in ihrer jetzigen Form be- reits ausreichend detailliert. Allerdings zeigt sich eine Unausgewogenheit, die den Bedarf an stärkerer Abstimmung verdeutlicht.

Klassifikationen können ihr Anwen- dungsgebiet nicht objektiv fassen, son- dern müssen sich an Zielen orientieren.

Bei einer sorgfältigen Pflege sollte es dennoch möglich sein, die genannten Anforderungen eines DRG-Systems ge- meinsam abzudecken. Die vielfache Verwendung der gleichen Basisdoku- mentation trägt dann zu einer Verringe- rung des Dokumentationsaufwandes, zur Akzeptanz durch das medizinische Personal und zur Qualität der Daten bei.

Priv.-Doz. Dr. med. Jürgen Stausberg Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen

P O L I T I K

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A2224 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 36½½½½7. September 2001

V

ielleicht klappt es ja beim dritten Mal: Nach dem Scheitern von zwei Reformansätzen zu mehr Datentransparenz im Gesundheitswe- sen – entsprechende Passagen im Entwurf zum Gesundheitsreformge- setz 2000 fielen weg, ein Arbeits- entwurf des Bundesgesundheitsmini- steriums (BMG) vom März 2001 scheiterte am Widerstand der Betrof- fenen – startete auf Initiative der Ge- sundheitsministerkonferenz unter Fe- derführung des NRW-Gesundheits- ministeriums ein neuer Anlauf für ein Datentransparenzgesetz. Ein vorberei- tendes Konzept wurde unter Betei- ligung des AOK- und BKK-Bundes- verbands sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erarbeitet.

Es ist inzwischen dem BMG zur wei- teren Bearbeitung zugeleitet worden, wo man entschlossen ist, auf dieser Grundlage noch vor Ende der Legis- laturperiode einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen.

Verbesserung der

Datentransparenz ist nötig

Grundsätzlich sind sich alle Beteiligten einig, dass eine Verbesserung der Da- tentransparenz notwendig ist, um den Versorgungsbedarf im Gesundheitswe- sen analysieren und entsprechend steu- ernd eingreifen zu können. Allerdings zeigen bereits die von KBV und AOK- Bundesverband in Bezug auf das neue Eckpunktepapier vorgebrachten Vor- behalte, dass bei der Formulierung ei- ner detaillierten Gesetzesvorlage si- cherlich noch manches kontrovers dis- kutiert werden wird. Zudem gilt es noch die Klippe der datenschutzrechtlichen Belange zu umschiffen – diese sollen

noch im September ausführlich erörtert werden.

Von dem ursprünglichen Ziel, mit der raschen Einrichtung eines zentralen Datenpools steuernd in die Versor- gungsstrukturen und das gesamte Lei- stungsgeschehen sowohl des ambulan- ten als auch des stationären Bereichs einzugreifen, ist man noch weit ent- fernt: Das geplante Stufenmodell sieht vor, sich in einer Einstiegsphase zu- nächst auf die Zusammenführung der Daten aus der vertragsärztlichen Ver- sorgung und aus der Arzneimittelab- rechnung zu beschränken.

Stationärer Bereich bleibt zunächst außen vor

Erst in einer zweiten Phase sollen nach der Einführung der DRGs in den Kran- kenhäusern (Vergütung nach diagnose- bezogenen Fallpauschalen) die Ab- rechnungsdaten aus dem stationären Bereich in einen gemeinsamen Daten- pool einfließen. Mit dem vorläufigen Ausklammern des weitaus größten Leistungsbereichs in der Gesetzlichen Krankenversicherung – die techni- schen Voraussetzungen sind dabei noch völlig ungeklärt – stellt sich die Frage nach der Sinnfälligkeit einer solchen reduzierten Datenzusammen- führung. Die KBV plädiert deshalb dafür, zumindest auf Stichprobenbasis so rasch wie möglich Versorgungsdaten aus dem ambulanten und stationären Bereich zu verbinden, um Verlage- rungseffekte aus dem Krankenhaus in die ambulante Versorgung exakt be- urteilen zu können. Allerdings sei die Aussagefähigkeit von Versorgungs- daten, die aus stationären und am- bulanten Datensätzen zusammenge-

Datentransparenzgesetz

Zunächst nur

partieller Durchblick

Ein neuer Anlauf zu dem umstrittenen Gesetz will die

ursprünglichen Ziele nun in mehreren Stufen erreichen.

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setzt sind, derzeit wegen der unter- schiedlichen ICD-10-SGB-V-Systema- tiken eingeschränkt. Es sei deshalb dringend notwendig, eine einheitliche Codierungssystematik für Diagnosen und Leistungen zu schaffen.

Der AOK-Bundesverband hält es dagegen für sinnvoll und zielführend, stufenweise über ausgewählte Lei- stungsbereiche in die Datenzusammen- führung einzusteigen. Bei einer Erpro- bung in den GKV-Leistungsbereichen

„ambulante Versorgung“ und „Arznei- verordnung“ würde ein bereits beste- hender Datenträgeraustausch genutzt, sodass ohne großen logistischen Auf- wand in einem wichtigen Versorgungs- bereich eine optimierte Versorgungs- steuerung erfolgen könne. Allerdings liege der entscheidende langfristige Nutzen in der leistungs- und perioden- übergreifenden Verfügbarkeit aller Lei- stungs- und Abrechnungsdaten in ver- sichertenbezogener, pseudonymisierter Form.

Nutzung bestehender Strukturen

Das Konzept für die stufenweise Ein- führung der Datenzusammenführung verzichtet weitgehend auf den Aufbau neuer Organisationstrukturen, sondern sieht die Nutzung bestehender Struktu- ren in der GKV vor. Die Spitzenverbän- de der Krankenkassen und die KBV sollen sich zu einer Arbeitsgemein- schaft zusammenschließen, die einen Datenpool betreibt. Die Arbeitsge- meinschaft definiert für die beteiligten Institutionen Zugriffs- und Verarbei- tungsrechte auf die Daten im Pool. So soll beispielsweise verhindert werden, dass eine Krankenkasse die Detailda- ten einer anderen Krankenkasse einse- hen und auswerten kann. Die Arbeits- gemeinschaft stellt anderen Akteuren in der GKV Datenauswertungen zur Verfügung, die diese für ihre Aufgaben benötigen.

Die Vorschläge für den Entwurf ei- nes Datentransparenzgesetzes sehen vor, dass die Abrechnungsdaten von den Leistungserbringern an die bereits vorhandenen Datenannahmestellen ge- liefert werden. Diese prüfen die Lei- stungspflicht der Krankenkassen und

leiten die Daten an ein räumlich und personell von den Kassen getrenntes Trust Center weiter. Dort werden die Daten pseudonymisiert und an den ge- meinsamen Datenpool und die Kran- kenkasse weitergeleitet.

Bei der Organisation des Datenflus- ses, das heißt bei der personenbezoge- nen Zusammenführung von Abrech- nungsdaten aus verschiedenen Sekto- ren, muss sichergestellt werden, dass die Identifizierung des Versicherten

durch ein gesichertes Pseudonymisie- rungsverfahren unmöglich gemacht wird. Nur für im Gesetz genau zu defi- nierende Zwecke soll eine Entpseud- onymisierung zulässig sein. Hier sind Differenzen zwischen den Betreibern des Datenpools bei der Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung vorherseh- bar. Die KBV legt Wert darauf, dass nicht nur die Identität der Versicherten, sondern auch die der Vertragsärzte zu pseudonymisieren ist und deren Iden- tität nur in Einzelfällen bei gesetzlich legitimierten Prüfungsaufgaben offen- bart werden darf.

Informationen auf Knopfdruck

Der AOK-Bundesverband erkennt zwar auch den datenschutzrechtlichen Rege- lungsbedarf und stimmt der daraus resultierenden Pseudonymisierung der versichertenbezogenen Daten zu, will

aber zugleich sicherstellen, dass bei der Sachbearbeitung alle notwendigen ver- sichertenbezogenen Informationen oh- ne Zeitverzug („auf Knopfdruck“) ab- gerufen werden können. Verbindlich und umfassend müssten in einem Kata- log die rechtlichen Tatbestände für eine Entpseudonymisierung von Fall- und Abrechnungsdaten niedergelegt wer- den. Auf den Ausgang der Gespräche mit den Datenschutzexperten darf man gespannt sein.

Nach dem Eckpunktepapier ist eine rasche Umsetzung des Datentranspa- renzgesetzes nach Abschaffung der Arzneimittelbudgets unverzichtbar. Ei- ne Steuerung der Arzneimittelverord- nungen sei nur dann möglich, wenn die entsprechenden Daten zur Verfügung stehen. Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre fordert die KBV für ausbleibende, wiederholt unvollständi- ge oder fehlerhafte Datenlieferungen rechtlich abgesicherte Sanktionsmög- lichkeiten.

Es müsse verhindert werden, dass die zusammengeführten Daten von den Krankenkassen für Risikoselektions- strategien missbraucht werden. Transpa- renz der Versorgungslage bedeute auch, dass Daten aus Modellvorhaben und In- tegrationsverträgen regelhaft Eingang in den Pool finden und dort in gleicher Weise wie Regelversorgungsdaten den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Analyse offen stehen. Thomas Gerst P O L I T I K

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A2226 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 36½½½½7. September 2001

Grafik

Datenfluss bei der geplanten stufenweisen Datenzusammenführung

Originaldaten Pseudonymisierte Daten Arzneimittelabrechnungen/

Verordnungsdaten

Datenannahme- und Weiterleitungsstellen Leistungspflichtprüfung

Trust Center zur Verschlüsselung

weitere Leistungsdaten stufenweise integrieren

zur Prüfung Korrekturen Versicherten-

daten

Quelle: Arbeitsgruppe „Transparenzgesetz“ beim Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit NRW, Düsseldorf regionale Sicht

AGs auf Landesebene als Nutzer Krankenkassen

Abrechnungsprüfung

Kassensicht

ärztliche Leistungen versichertenbezogen

AG auf Bundesebene als Betreiber und Nutzer bundesweite Sicht

Datenpool zu Auswertungs- zwecken

Referenzen

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