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Archiv "Qualitätssicherung: Viele Facetten in den Fachberufen" (06.02.1998)

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Die anhaltende Diskussion über tatsächliche oder vermeintliche Ab- rechnungsmißstände und Fehlent- wicklungen im Zusammenhang mit der Anwendung der Amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ) und das aktuelle politische Gezerre um ei- ne Absenkung der gesetzlich veran- kerten Multiplikatoren haben eines verdeutlicht: Offensichtliche Schwie- rigkeiten bei der Abrechnung ärztli- cher Leistungen sowohl im Privatli- quidationssektor als auch im ver- tragsärztlichen Bereich können nicht durch weitere, verschärfte Kontroll- maßnahmen und rigide Wirtschaft- lichkeitsprüfungen beseitigt werden, vielmehr müssen die immer kompli- zierter werdenden Abrechnungsbe- dingungen dringend vereinfacht wer- den. Mehr Transparenz für Arzt und Patient ist notwendig.

In einem ist sich die Bundes- ärztekammer mit Bundesgesundheits- minister Horst Seehofer einig: Ab- rechnungsmanipulationen können nicht toleriert, dürfen nicht verharm- lost werden, sondern müssen mit allen gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt und mit Sanktionen der ärztli- chen Selbstverwaltung geahndet wer- den. Die Ärzteschaft geht schon im- mer hiergegen vor. Sie wirkt aktiv bei der Aufklärung und der Ermittlung im Zusammenhang mit Fehlabrechnun- gen ärztlicher Leistungen mit. Aller- dings erfahren die Betroffenen und die Ärzteschaft (Bundesärztekam- mer; Landesärztekammern) nicht im- mer die erforderliche Unterstützung seitens der privaten Krankenversiche- rung (PKV). Im Zusammenhang ins- besondere mit den in der Presse und auch von der Politik hochgespielten Affären (Abrechnung in herzchirurgi- schen Zentren und von Kardiologen) wird nicht immer die notwendige Sorgfaltspflicht bei der Recherche, der Überprüfung des Sachverhalts ins- besondere durch die privaten Kran- kenversicherungen und die Kranken- kassen an den Tag gelegt. Damit wer- den aber rechtsstaatliche Prinzipien zuungunsten der Inkriminierten außer

acht gelassen, wie zum Beispiel bei den bereits erfolgten Vorverurteilun- gen im Fall von Kardiologen.

Horst Seehofer ist zuzustimmen, der gegenüber der Ärzteschaft, den Zahnärzten, den Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem PKV-Verband dargelegt hat, daß mehr Transparenz, neue struktu- rell verbesserte Abrechnungsbedin- gungen, flankiert von Maßnahmen zur Aufklärung, Information und zur Qualitätssicherung, eher geeignet sind, korrekte Abrechnungen zu er- reichen als noch kompliziertere Prü- fungen und Überwachungen.

Zudem ist jedem Insider und Be- troffenen klar: Ärztekammern als die Instanz zur Überprüfung der Ange- messenheit von GOÄ-Honorarfor- derungen und zur Begutachtung in Streitfällen. Kommissionen und Kon- sultationsausschüsse sind in ihrer Wirksamkeit begrenzt, wenn es bei den unzulänglichen Rahmenbedin- gungen und dem teilweise 20 Jahre alten Leistungsverzeichnis der GOÄ

bleiben sollte. Die Bundesärztekam- mer nimmt den für GOÄ-Fragen zuständigen Ressortminister beim Wort, im zweiten Novellierungs- schritt zur GOÄ klarere Vorgaben für die Abrechnung zu schaffen und vor allem das Gebührenverzeichnis in wichtigen Kapiteln dem heutigen Stand der Medizin anzupassen. Da- durch könnten viele Auseinanderset- zungen mit den Versicherten und ihren Versicherungen von vornherein ausgeschaltet werden. Zu einer Ver- einfachung der Gebührenabrech- nung könnte möglicherweise auch ei- ne vermehrte Bildung von Ziel- und Komplexleistungen dienen. Aller- dings sind Pauschalen und Leistungs- komplexen in der Privat-GOÄ da- durch Grenzen gesetzt, daß die Ge- bührenordnung als Gebührentaxe den Wert der einzelnen ärztlichen Leistungen widerspiegeln muß und der Behandlungsfall nicht so ab- grenzbar definiert werden kann wie im EBM für den vertragsärztlichen Sektor. Dr. Harald Clade

A-264 (20) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 6, 6. Februar 1998

P O L I T I K AKTUELL

Gebührenordnung für Ärzte

Transparenz und Vereinfachung

Die Versorgungsqualität im Ge- sundheitswesen könne nur durch die Kooperation aller Berufsgruppen verbessert werden. Dieses Bemühen müsse zu einem festen Bestandteil des Berufsverständnisses jedes einzelnen Mitarbeiters werden, sagte der Präsi- dent der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. med. Karsten Vilmar, bei einer Ta- gung der Fachberufe im Gesundheits- wesen. In der Fachberufekonferenz, die auf Initiative der BÄK 1989 ins Leben gerufen wurde, sind 40 Organi- sationen mit mehr als 1,8 Millionen Beschäftigten vertreten. Rund 60 Teilnehmer diskutierten am 21. Janu-

ar in Köln über Konzepte der Qua- litätssicherung. „Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement im Ge- sundheitswesen sind kein Allheilmit- tel gegen Ressourcenknappheit und ökonomische Zwänge“, betonte Prof.

Dr. med. Friedrich-Wilhelm Kolk- mann, Präsident der Landesärzte- kammer Baden-Württemberg, Vorsit- zender des Ausschusses Qualitätssi- cherung ärztlicher Berufsausübung der BÄK. In erster Linie gehe es um die Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität. Dies erfordere bei allen Beteiligten eine Verhal- tensänderung. Neben der Patienten-

Qualitätssicherung

Viele Facetten in den

Fachberufen

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s gibt eine Kluft zwischen dem tatsächlichen Niveau der ge- sundheitlichen Versorgung und den Ansprüchen von Meinungsbild- nern und Versicherten. Sie ist jedoch nicht ausschlaggebend für die Identitätsprobleme der Ärzte mit ihrem Beruf, sondern vielmehr Indiz für tiefgreifende historische, gesell- schaftliche und ökonomische Wurzeln.

Nach Ansicht des Kölner Universitäts- professors Dr. med. Dr. phil. Klaus Bergdolt vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin sind die Ursa- chen in der Entwicklung des Arztberu- fes vom karitativ ausgerichteten Heiler zum naturwissenschaftlich orientier- ten Mediziner zu sehen. „Der Sieges- zug der naturwissenschaftlich domi- nanten Medizin hat die soziale Funkti- on des Arztes immer stärker in den Hintergrund gerückt und die ökono- mische in den Vordergrund gestellt“, führte Bergdolt bei den 75. Bad Nau- heimer Gesprächen in Frankfurt aus.

Abgrenzung statt ärztliche Solidarität

Einzelne Arztgruppen hätten sich immer stärker voneinander abge- grenzt, zum Beispiel die Fachärzte von den Hausärzten oder die Kran- kenhausärzte von den niedergelasse- nen Kollegen. „Die Standesorganisa- tionen können hier, obwohl sie es müßten, nicht mehr als Klammer zwi- schen allen Arztgruppen fungieren“, stellte der Medizinhistoriker fest.

Professor Jörg-Dietrich Hoppe, Vizepräsident der Bundesärztekam- mer und Präsident der Ärztekammer Nordrhein, bestätigte dies. Wesentli- che Elemente, die nach Ansicht von

Hoppe zur Identitätskrise der Ärzte- schaft geführt haben, sind der ständig steigende wirtschaftliche Druck durch immer neue Kostendämpfungsgeset- ze, der zu Verteilungskämpfen zwi- schen den einzelnen Arztgruppen geführt habe, die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch gesetzli- che Zulassungsbeschränkungen sowie der wachsende Konkurrenzdruck un- ter den Ärzten aufgrund von Überka- pazitäten.

„Negativ auf das ärztliche Selbst- verständnis wirkt sich auch aus, daß sich in jüngster Zeit Vertreter anderer Berufsgruppen in ärztliche Entschei- dungen einmischen“, merkte Hoppe an. Kennzeichnend hierfür seien soge- nannte Runde Tische oder Experten- treffen, etwa um Diagnose- und The- rapiestandards in der Behandlung des Diabetes mellitus festzulegen.

Außerdem sähen Patienten Krankheit nicht mehr als Schicksal, sondern als Schaden an, den abzu- wenden Aufgabe des Arztes sei. Dies zeige sich unter anderem in der zu- nehmenden Zahl von Schlichtungs- und Haftungsfällen. „Nicht mehr das Wohlergehen des Patienten ist ober- stes Gebot für den Arzt, sondern sein Wille“, charakterisierte der Vizepräsi- dent der BÄK den Wandel im Ver- hältnis zwischen Arzt und Patient.

Entscheidend sei auch, daß der Gesetzgeber ständig neue Verordnun- gen und Gesetze erläßt, ohne die Aus- wirkungen der vorherigen abzuwar- ten. „Dies hat zu einer enormen Rechtsunsicherheit bei vielen Kolle- gen geführt. Die Ärzte verstehen das System der Gesetzlichen Krankenver- sicherung selbst nicht mehr“, erklärte der 2. Vorsitzende der KV Hessen, Dr.

Hans-Friedrich Spies. Petra Spielberg A-266

P O L I T I K AKTUELL

(22) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 6, 6. Februar 1998 zufriedenheit sei daher die Mitarbei-

terzufriedenheit eine wichtige Vor- aussetzung für ein erfolgreiches Qualitätsmanagement. Die Verbände stellten in Köln ihre Projekte vor, bei denen jeweils spezifische Aspekte der Qualitätssicherung im Vordergrund stehen: So strebt der Deutsche Berufs- verband der Motopäden/Motothera- peuten eine Vereinheitlichung der Ausbildung an, um Kostenträgern, Ärzten und Patienten ein klar defi- niertes Angebot bieten zu können.

Die Eingangsvoraussetzungen, der Schulstatus sowie Dauer und Inhalte der Ausbildung sollen bundesweit ver- einheitlicht werden. Der Verband will zudem die Ausbildung zur „staatlich anerkannten Motopädin“ erweitern.

Der Deutsche Verband Techni- scher Assistenten in der Medizin will die Qualitätssicherung generell aus- bauen. „Wir müssen lernen“, sagte Edith Briehl, „alle qualitätsrelevan- ten Arbeiten in einem Laboratorium unter eine geregelte Kontrolle zu stel- len.“ Ziel müsse die Vergleichbarkeit von Analyseergebnissen sein. Für Ärzte müßte der Laborbefund eines Patienten über die deutschen Gren- zen hinaus interpretierbar sein.

Die Ergotherapeuten haben ein Konzept zur Diagnostik, Therapiepla- nung, Dokumentation und Evaluati- on in der Erwachsenenrehabilitation entwickelt. Erste Anhaltspunkte zur Akzeptanz und Praktikabilität des Modells soll ein Feldversuch mit zwölf Rehabilitationseinrichtungen brin- gen. Ziel sei es, das Modell als Stan- dardinstrument einzusetzen, berichte- te Projektleiter Sebastian Voigt-Rad- loff von der Universität Freiburg.

Am Universitätsklinikum Benja- min Franklin in Berlin wird seit 1992 ein Qualitätssicherungsprogramm in der Pflege eingeführt. Angelehnt an ein amerikanisches Modell umfaßt es die „Bausteine“ Standardentwick- lung, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Kompetenzen, Überprüfung, Risi- komanagement, Ressourcen und Pro- blemanalysen. „Es gibt unendlich vie- le Konzepte und Beschreibungen, wie man alles besser machen kann“, sagte die Pflegedirektorin Hedwig François- Ketter. Ein Änderungsprozeß setze aber Geduld, ein starkes Bewußtsein und die Reflexionsbereitschaft aller Beteiligten voraus. Dr. Sabine Glöser

Bad Nauheimer Gespräche

Ärzte zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Viele Ärzte erleben derzeit eine berufliche Identitätskrise.

Wirtschaftlicher Druck und Verteilungskämpfe spielen dabei eine Rolle. Doch es gibt auch andere Gründe.

E

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