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Bürgi, A. (2011). Holzproduktion im Schweizer Wald: Potenzial und Nutzungskonflikte. In Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Ed.), Forum für Wissen: Vol. 2011. Der multifunktionale Wald – Konflikte und Lösungen (pp. 15-21). Eidgenössische Forschungsanst

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Holzproduktion im Schweizer Wald: Potenzial und Nutzungskonflikte

Anton Bürgi

WSL Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf anton.buergi@wsl.ch

Nutzungskonflikte entstehen dort, wo verschiedene Nutzer-Interessen an einer Sache aufeinander stossen. Das trifft in besonderem Masse auch auf den Schwei- zer Wald zu, an den grosse Ansprüche von Seiten verschiedener Öffentlichkeiten gestellt werden, mit denen der Waldbesitzer, oft auch wieder die Öffentlichkeit, umgehen muss. Einige Nutzungskonflikte schränken eine Holznutzung ein oder verunmöglichen diese. Um die Konflikte zu verdeutlichen, müssen sowohl das Holznutzungspotenzial als auch die Eigentumsverhältnisse am Wald dargestellt werden, daneben die hauptsächlichen Nichtholznutzungen am Wald, insbesondere Naturschutz, Schutz vor Naturgefahren, Schutz des Trinkwassers und der Böden, Erholung und die Jagd. Im Folgenden sollen also die Konflikte kurz skizziert und charakterisiert, sowie Lösungsansätze, wenn es sie überhaupt gibt, angesprochen werden.

1 Holznutzungspotenzial in der Schweiz

Aufgrund der Daten der drei vorlie- genden Landesforstinventare (BränD-

li 2010) ist es möglich, mit Szenariomo- dellen das Holznutzungspotenzial zu schätzen (kAufMAnn 2011). Es beträgt 7,1 bis 7,3 Mio. m³/Jahr (Derbholz ohne Rinde) für ein Basisszenario «business as usual». Werden 10 % der Waldflä- che nicht mehr bewirtschaftet (Wald- reservate) sinkt das Potenzial auf 6,1 Mio. m³/Jahr, bei Stilllegung von 40 % (wegen zu hoher Erntekosten) könn- ten noch 3,8 Mio. m³/Jahr geerntet wer- den (kAufMAnn 2011).

Werden Rinde und Reisig in einem der Erntetechnik angepassten Rahmen mitberücksichtigt, beläuft sich die nutz- bare Erntemenge auf rund 8,23 Mio.

m³/Jahr (hofer und AltWegg 2008).

Die vermarktbare Holzmenge sinkt durch Zumasse und Abrundungen gemäss geltender Handelsgebräuche auf 7,83 Mio. m³.

Sollen mögliche Entwicklungen antizipiert und das Potenzial auch unter veränderten Randbedingungen geschätzt werden, kann mit Szenarien versucht werden, die Holzerntemenge zu schätzen, wie das bei einer weiteren Studie im Auftrag des BAFU gemacht wurde (hässig und hofer 2010). Die

Szenarien waren «business as usual»,

«Zuwachsmaximierung», «moderate Vorratsäufnung zur CO2-Bindung» und

«moderate Vorratssenkung zur Befrie- digung einer erhöhten Nachfrage mit späterer Wiederanhebung des Vor- rates». Über einen Zeitraum von 100 Jahren betrachtet variiert das Potenzi- al nach den verschiedenen Szenarien erstaunlich wenig, es bewegt sich zwi- schen 7,2 und 8,2 Mio. m³/Jahr für die ganze Schweiz.

2 Eigentumsstruktur und regionale Verteilung des Waldes

Nicht alle Waldeigentümer haben das- selbe Interesse an der Holznutzung.

Während die öffentlichen Waldeigen- tümer zur Deckung der Fixkosten ihrer Forstbetriebe auch bei tieferen Holz- preisen Holz auf den Markt bringen, werden private Waldbesitzer kaum Holz nutzen, wenn die Kosten für die Ernte nicht durch den Ertrag gedeckt werden können (ausser es besteht ein Eigenbedarf an Holz). Möglicherweise verhalten sich öffentliche Waldeigentü- mer, die über keine Steuerhoheit ver- fügen, ähnlich.

Rund drei Viertel des Schweizer Wal- des gehört öffentlich rechtlichen Kör- perschaften, 29 % sind Privatwald. Von den öffentlich rechtlichen Körper- schaften sind rund die Hälfte Bürger-, Ortsbürger, Burgergemeinden und Korporationen, die keine Steuerhoheit haben. Der Anteil der Nutzungen aus dem Privatwald an der gesamten Holz- nutzung stieg in letzter Zeit deutlich an: er betrug 1995 lediglich 27 %, 2005 37 % und 2009 34 %. Vor dem Orkan Lothar lag die Nutzung im Privatwald fast immer unter dem schweizerischen Durchschnitt, seither liefert der Pri- vatwald einen überdurchschnittlichen Anteil an die schweizerische Gesamt- nutzung.

Regional bestehen sehr starke Dis- paritäten bei der Intensität der Holz- nutzung, vor allem bedingt durch die Zugänglichkeit, die sich unmittel- bar auf die Höhe der Holzerntekos- ten auswirkt. Im Mittelland werden auf 18 % der schweizerischen Wald- fläche 38 % der gesamten schweizeri- schen Holznutzung geerntet, während

1% 4%

66%

29%

Bundeswald Kantonswald

Gemeinden, öffentliche Körperschaften Privatwald

Abb. 1. Aufteilung des Waldeigentums in der Schweiz (BAFU 2009).

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ten die erneuerbaren Rohstoffe und Energieträger wieder verstärkt in den Vordergrund (vgl. dazu auch hänggi

2011). Gleichzeitig ist auch die Einsicht gewachsen, dass wir nicht alles, was wir zum Leben brauchen, im Ausland zu billigsten Bedingungen produzieren lassen können, ohne uns mit den damit verbundenen Konsequenzen auseinan- derzusetzen. Beispiele dafür sind unter vielen anderen der Tierfutterimport (BosshArD 2011) oder der Import von Holz aus illegalen Holzschlägen (WWF Schweiz 2011).

Für die Schweizerische Wald- und Holzwirtschaft bedeutet dies, einen möglichst grossen Teil des Bedarfs an Holz und Holzprodukten aus eige- ner Produktion zu decken. Ein Blick auf die Holzbilanz 2008 (BAFU 2010) zeigt, dass der Inlandverbrauch von Holz und Holzprodukten bei rund 10 Mio. m³ (Rundholzäquivalente) lag und damit das oben erwähnte Poten- zial um rund 2 bis 3 Mio. m³ über- steigt. Vergleicht man diese Zahlen mit der tatsächlichen Holznutzung in der Schweiz von rund 5 bis 6 Mio. m³ (mit Rinde) (BAFU 2010), stellt man eine bereits erhebliche Abhängigkeit von Importen fest. Allerdings finden diese Importe nur zu einem sehr geringen Teil als Waldholz statt, überwiegend werden Halbfertig- und Fertigfabrika- Allgemeinheit an einer Sache von

Gesetzes wegen eingeräumt werden.

Als Beispiel mag der Artikel 699 des ZGB dienen, der jedermann das freie Betreten des Waldes und das Sam- meln von Beeren und Pilzen im orts- üblichen Umfang gestattet. Dass die Öffentlichkeit am Geschehen im Wald auch schon deshalb auf eine andere Art Anteil nehmen will als an den Vorgän- gen in einem privaten Garten, liegt auf der Hand.

4 Ansprüche an die Holz­

produktion

Nachdem Holz während Jahrhunder- ten eine sehr wichtige natürliche Res- source darstellte, nahm seine Bedeu- tung bei uns im 20. Jahrhundert stark ab, Holz wurde durch andere Rohstoffe substituiert. In den letzten fünf Jahren haben sich bezüglich der Ansprüche an die Holzproduktion aber Änderun- gen ergeben, die in dieser Geschwin- digkeit wohl von den wenigsten, auch nicht von Fachleuten, erwartet worden wären. Die zunehmende Weltbevölke- rung mit stetig steigenden Ansprüchen an den Lebensstandard und das gleich- zeitig wachsende Bewusstsein um die Endlichkeit der Ressourcen rück- auf der Alpensüdseite, deren Waldan-

teil immerhin 14 % beträgt, lediglich 2 % der gesamten Holzernte anfällt (BAFU 2010). In den stark besiedel- ten Regionen mit hohem Erholungs- druck und hohen Ansprüchen an den Naturschutz als Ausgleich für die star- ke Beanspruchung der Nicht-Waldflä- chen, wird gleichzeitig auch am meis- ten Holz genutzt.

3 Nutzungskonflikte

Nutzungskonflikte um natürliche Res- sourcen wie Weiden, Wälder, Feucht- gebiete, Alpen oder Gewässer, die nicht in dauerhaftem Individualbe- sitz, sondern im Gemeinschaftsbesitz eines oder mehrerer Siedlungsverbän- de waren oder eine Art Niemands- land darstellten, sind seit langer Zeit gut dokumentiert (Historisches Lexi- kon der Schweiz 1998–2011). Sie spiel- ten sich entweder zwischen Unterta- nen und Herrschaft, zwischen benach- barten Siedlungsverbänden, zwischen unterschiedlichen Gruppen eines Sied- lungsverbandes oder zwischen exter- nen Nutzern und den Bewohnern eines Siedlungsverbandes ab. Gegenstand waren meist Weiderechte, Wasserrech- te und in vielen Fällen Holznutzungs- rechte. Sie traten in Perioden langfris- tigen Bevölkerungswachstums gehäuft auf, als Folge von Verteilungskämpfen um sich verknappende Ressourcen, aber auch als Folge ökonomischer Ver- änderungsprozesse.

An diesem Muster hat sich grund- sätzlich bis heute nicht viel geändert.

Geändert hat sich aber die räumliche Ausdehnung der Konflikte; sie sind von regionalen zu globalen Konflikten geworden, oft eine Auseinanderset- zung zwischen so genannt entwickelten und in Entwicklung begriffenen Regio- nen (Nord-Süd-Konflikt). Zunehmend geht es in den entwickelten Ländern nicht mehr um Nutzung, sondern um Nichtnutzung von Wald und Kultur- land zu Gunsten des Natur- und Land- schaftsschutzes. Wir betreiben unse- ren Natur-, Landschafts- und Umwelt- schutz zunehmend auf Kosten von Schwellen- und Entwicklungsländern (vgl. BosshArD 2011).

Die Nutzungskonflikte sind umso ausgeprägter, je mehr Rechte einer

18%

18%

19%

31%

14%

Jura Mittelland Voralpen Alpen

Alpensüdseite

Abb. 2. Regionale Waldverteilung in der Schweiz (BAFU 2009).

Jura Mittelland Voralpen Alpen

Alpensüdseite

22%

38%

24%

14% 2%

Abb. 3. Aufteilung der Nutzung nach Regio- nen in der Schweiz, am Beispiel der Zahlen 2008 (BAFU 2009).

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te (Möbel, Konstruktionsholz, Papier, Karton und Zellstoff) importiert.

Es ist zu erwarten, dass mit stei- genden Energiepreisen die Nachfra- ge nach Energieholz weiter zunimmt.

Auch beim Konstruktionsholz ist mit einer Zunahme zu rechnen, schon allein dadurch, dass beim Bauen nach Minergie-Standard wegen seiner dafür günstigen Eigenschaften mehr Holz verbaut wird, als bei konventionellen Bauwerken. Oft wird vergessen, dass sich Holz auch als Chemie-Rohstoff eignet, der in der chemischen Indus- trie (Petrochemie, Kunststoffchemie) an Stelle von Öl eingesetzt werden kann. Eine Studie der EU (MAntAu

und sAAl 2011) zeigt, dass aufgrund dieser Entwicklungen bereits ab 2020 in Europa mit einem Defizit von 100 Mio. m³ Holz zu rechnen ist bei einem geschätzten Potenzial von gegenwärtig 1000 Mio. m3.

Es ist also davon auszugehen, dass die Phase, während der unsere Wäl- der unter keinem oder nur geringem Nutzungsdruck standen, nur eine kur- ze, durch weltweite Übernutzung ande- rer (oder anderer Leute) Ressourcen, insbesondere Öl aber auch Holz, ent- standene Episode in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert war. Damit dürf- ten sich die bereits bestehenden Nut- zungskonflikte verschärfen und neue Konflikte, zum Beispiel bei der Vertei- lung der Landressourcen bei uns, auf- tauchen.

5 Holzproduktion – Natur­

schutz

Der offensichtlichste Nutzungskonflikt ergibt sich selbstredend bei marktfähi- gem Holz, das nicht genutzt und ver- kauft wird. Am häufigsten dürfte wohl das Stehenlassen marktfähiger Bäume aus Gründen des Natur- und Biotop- schutzes sein. Dabei kann die Nicht- nutzung einzelne Bäume (z. B. soge- nannte Biotopbäume [kAufMAnn et al.

2010]), Baumgruppen, Bestände oder grossflächige Reservate und National- parks betreffen. In letzter Zeit sind zwei gegenläufige Bewegungen zu beobachten: einerseits betreffen die Forderungen aus Naturschutz-Kreisen, Wälder aus der Nutzung zu entlassen, immer grössere Flächen, andererseits

ist die Opposition gegenüber solchen Forderungen, insbesondere von Seiten der Holzindustrie, stärker geworden (vgl. z. B. Holz-Zentralblatt 2011).

Zu dieser Auseinandersetzung sind einige Bemerkungen anzubringen, die sich hier vor allem auf die Schweiz beziehen:

Wald, auch bewirtschafteter Wald, ist das am grossflächigsten erhalte- ne naturnahe Gebiet in Mitteleuro- pa. Selbst nach forstlichen Massstä- ben intensiv bewirtschafteter Wald ist gegenüber anderen Landnutzun- gen (Weiden, Äcker, Verkehrswege, Siedlungsflächen) sehr naturnah. Das macht ihn für den Naturschutz interes- sant. Selbst seit Jahrtausenden bewirt- schafteter Wald ist für den Naturschutz noch wertvoll, ein vom ökologischen Aspekt her betrachtet grosses Kompli- ment an die Waldbesitzer und Förster.

Wald ist oft in öffentlichem Besitz.

Es ist politisch einfacher, Forderun- gen, die das Verfügungsrecht betref- fen, gegenüber öffentlichem Eigentum durchzusetzen, als gegenüber privatem.

Gemessen an der gesamtwirtschaftli- chen Wertschöpfung ist die Bedeutung der schweizerischen Forstwirtschaft marginal (< 0,1 % an der gesamten Bruttowertschöpfung [BAFU 2010]), ihre Produkte wurden und werden durch importierte Substitute, wie Heiz- öl und Kunststoffe ersetzt. Holz ist aus wirtschaftlich weniger potenten Regi- onen billiger zu beziehen als aus Mit- teleuropa. Eine Stilllegung auch grös- serer Flächen spielt in der Schweiz wirtschaftlich nur lokal, nicht aber gesamtwirtschaftlich eine Rolle.

Dies sind einige der Gründe, weshalb sich Ansprüche des Naturschutzes an den Wald politisch einfacher formu- lieren und wohl auch durchsetzen las- sen, als Forderungen gegenüber anders genutzten Flächen. Es ist allerdings fraglich, ob unsere Umwelt und die heutzutage so wichtige «Biodiversität»

durch Schutzmassnahmen in öffent- lichen Wäldern und an Gewässern erhalten werden kann. Müssten nicht auch andere Gebiete einen verhältnis- mässigen Anteil an den berechtigten Schutzanliegen mittragen?

Massgeblich zu den Nutzungskon- flikten bezüglich der Holzproduktion tragen auch die für die Holznutzung unerlässlichen infrastrukturellen Ein- richtungen bei: Waldstrassen, Rücke-

gassen, Seilkranschneisen, usw.. Durch die wirtschaftlich angespannte Situa- tion bedingte Rationalisierungen füh- ren zum Einsatz immer grösserer und schwererer Maschinen, die nachteilige Folgen für das Ökosystem Wald und seine Produktivität haben können. Der Bodenschutz geriet deswegen in letzter Zeit in den Fokus von Forschung und Weiterbildung, um unverhältnismäs- sige Schäden für künftige Wälder zu verhindern (lüscher et al. 2010). Auch das Zerschneiden zusammenhängen- de Lebensräume durch Waldstrassen kann eine Beeinträchtigung bedeuten (eWAlD und klAus 2009), wobei anzu- merken ist, dass das Waldstrassennetz nicht nur das Rückgrat der Holznut- zung, sondern auch die Voraussetzung für die heute übliche Erholungsnut- zung des Waldes ist.

Alte und tote Bäume, welche aus Gründen des Natur- und Biotopschut- zes im Wald stehen bleiben, können ein erhebliches Risiko bei Waldarbei- ten darstellen, mit dem sehr bewusst umgegangen werden muss (DietZ et al. 2010). Verhängnisvoll wäre, die von solchen Bäumen ausgehende Gefähr- dung zu verharmlosen, haben sich doch in der Schweiz schon mehrere tödliche Unfälle mit Totholz ereignet (Wett-

MAnn und hArtMAnn 2009). In solchen Situationen ist es besonders wichtig, die Lage genau zu analysieren und kei- ne Risiken einzugehen. Dass dies Zeit braucht und das Arbeiten erschwert, ist vom Forstbetrieb und dessen Mitarbei- tern in Kauf zu nehmen, eine Entschä- digung für erschwerte Bedingungen bei der Holzerei gewährt bisher niemand.

6 Holzproduktion – Schutzwirkungen

Die Wirkung des Schutzwaldes hat in einem gebirgigen Land wie der Schweiz naturgemäss eine besondere Bedeu- tung. Einschränkungen der Waldnut- zung mit dem Ziel, die Schutzwirkung des Waldes zu erhalten und zu verbes- sern, haben deshalb eine lange Traditi- on. Bemühungen zur Verbesserung der Schutzwirkung des Waldes (z. B. durch Bannbriefe bereits im Mittelalter) stan- den am Anfang einer geregelten Forst- wirtschaft in der Schweiz (vgl. EAFV 1977). Heute wird für den Schutzwald

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die Bedeutung dieser Art der Wald- nutzung zugenommen hat und wahr- scheinlich immer noch zunimmt. Das LFI weist nach, dass der Anteil an Probeflächen, wo es zu Überbelastun- gen durch Erholungssuchende und damit zu Schäden an Bestand, Vege- tation und Boden kommt, tatsächlich steigt (ulMer und BränDli 2010) und bereits 1,3 % der Schweizer Waldfläche betrifft. Das mag mit der hohen Bevöl- kerungsdichte in der Schweiz zusam- menhängen, wahrscheinlich aber auch mit der im Vergleich zu den umliegen- den europäischen Ländern liberaleren Gesetzgebung bezüglich des Gehens, Fahrens (ohne Motor) und Reitens im Wald (keller und BernAsconi 2005).

Bemerkenswert ist in diesem Zusam- menhang der Befund einer an der WSL durchgeführten Studie, wonach der Erholung suchende Mensch durch einen gepflegten Wald stärker positiv beeinflusst wird, als durch einen Wald mit einem hohen Totholzanteil (MAr-

tens und BAuer 2010). Der im schwei- zerischen Mittelland zur Erholung zur Verfügung stehende, gepflegte, Wald erfüllt also gemäss dieser Studie sei- nen Zweck, was die hohen Besucher- frequenzen bestätigen. Der Wert des Erholungsnutzens lässt sich sogar beziffern: er beträgt zwischen CHF 544 und CHF 1778 pro Person und Jahr (ott und BAur 2005) und übertrifft damit die volkswirtschaftliche Bedeu- tung der Holzproduktion im Wald um das 4- bis 11-fache. Relativiert wird die- ses Ergebnis durch eine andere Studie, die die regionalökonomischen Effek- te der Freizeitnutzung des Waldes (auf Hotellerie, Gastronomie, usw.) an den Fallbeispielen Bergell und Sihlwald untersuchte (vogt und PütZ 2010).

Der Effekt beträgt CHF 1,4 Mio. für das Bergell und lediglich CHF 0,4 Mio.

für den Sihlwald.

So erfreulich die positive Perzeption des Schweizerischen Waldes durch sei- ne Besucher ist, so ist sie dennoch auch aus dem Blickwinkel der Holzpro- duktion – nicht nur wegen den bereits erwähnten punktuellen Schäden auf- grund Überbelastung durch Erho- lungssuchende – problematisch (Ber-

nAsconi und schroff 2008).

Die Gewährleistung der Sicherheit der Spaziergänger, Läufer, Radfahrer und Reiter stellt bei Holzschlägen ein grosses Problem dar. Obschon durch hundert Franken pro Jahr und Hektar

betragen. Damit die tatsächlichen Auf- wendungen für den Einzelfall geschätzt werden können, wurde auf der Grund- lage der oben erwähnten Arbeiten ein Tool entwickelt, das die Berechnung der Mehraufwendungen und Minder- erträge für einzelne Grundwasser- schutzzonen erlaubt (BlAttert et al.

2011, im Druck). Für den Trinkwasser- schutz im Wald ist es nun also möglich, Einschränkungen der Holznutzung monetär zu bewerten und damit über allfällige Abgeltungen durch die Nutz- niesser zu verhandeln.

7 Holzproduktion – Erholung Es gab eine Zeit, in der Forstästhe- tik ein Lehrfach an forstlichen Hoch- schulen war, auch an der ETH Zürich.

Und es gab Lehrbücher, die sich mit Fragen der Inszenierung von Waldbil- dern, mit der zweckmässigen Möblie- rung von Wald und mit der für Freun- de des Waldes geeigneten Erschlies- sung von Waldflächen mit Wegen und Spazierwegen, samt deren Signalisati- on, befassten. In der Schweiz erschien das letzte solche Buch eines Forstpro- fessors im Jahre 1910 in der zweiten Auflage (felBer 1910). Im 20. Jahr- hundert haben die meisten Forstleute sich nur mehr wenig mit dieser The- matik befasst, ausser vielleicht der Umnutzung ihrer Wald- in Festhütten zugestimmt und bei der Renovierung Hand angelegt, Feuerstellen im Wald geduldet oder an geeigneten Stellen auch gebaut, und an Aussichtspunkten oder lauschigen Plätzchen Ruhebänke installiert. Die Kosten für diese Akti- vitäten übernahm dabei der öffentli- che Waldbesitzer, sei es die politische Gemeinde (die solches auch ausser- halb des Waldes tut), sei es eine Orts- bürgergemeinde oder Korporation, die damit ihre Verbundenheit mit den Ein- wohnern einer Gemeinde ausdrückt.

Heute befassen sich nicht mehr nur Forstleute mit der Frage, welchen Wald die Bevölkerung für ihre Erho- lungsbedürfnisse wünscht und welche Wirkungen der Wald auf den Men- schen ausübt. Es sind vielmehr Sozio- logen, Psychologen, Umweltökono- men und Politologen, die sich mit die- ser Thematik befassen. Dies zeigt, dass im Waldgesetz eine minimale, nach-

haltige Pflege gefordert (WaG, Art. 20, Abs. 1 und 5). Als Hilfsmittel dazu die- nen die Ausscheidung von Schutzwäl- dern und die Wegleitung «Nachhaltig- keit und Erfolgskontrolle im Schutz- wald NaiS» (frehner et al. 2005).

Im Gegensatz zu früher, als Ein- schränkungen zu Gunsten der Schutzwirkung des Waldes die Ein- kommen waldbesitzender Gemein- den zwar schmälerten, die Pflege der Schutzwaldflächen noch kostende- ckend sichergestellt werden konnte, ist auf vielen heutigen Schutzwaldflä- chen eine kostendeckende Pflege und Holzernte wegen tiefer Holzpreise und hoher Erntekosten nicht mehr möglich.

Um eine minimale Pflege zu gewähr- leisten, muss diese durch Beiträge der öffentlichen Hand geleistet werden.

Eine andere Situation betrifft den Schutz der häufig in Waldgebieten vor- handenen Quell- und Grundwasser, die der Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser dienen. Für deren Schutz wurden in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen (Gewäs- serschutzgesetz, Umweltschutzgesetz, Chemikalien-Risikoreduktions-Ver- ordnung [Besson et al. 2007]) Bestim- mungen erlassen, die bei der Waldbe- wirtschaftung Mehraufwendungen und Mindererträge bewirken können. Dar- über hinaus formulierte das BUWAL (2005) in einem Merkblatt über die gesetzlichen Regelungen hinausge- hende Empfehlungen für den Grund- wasserschutz im Wald. Aufgrund der klar umrissenen Einschränkungen und Empfehlungen sowie der vorliegenden Ausscheidung der Grundwasserschutz- zonen für die ganze Schweiz war es möglich, die massgebenden Faktoren für Mehraufwendungen und Minderer- träge zu erfassen und die entsprechen- den Kosten für Fallbeispiele zu berech- nen (sPJevAk und Bürgi 2008; Bürgi

und sPJevAk 2009). Auf dieser Grund- lage konnte eine Schätzung der Kosten des Trinkwasserschutzes im Wald für die ganze Schweiz durchgeführt wer- den, die einen Aufwand von rund 15 Mio. CHF pro Jahr ergab (usBeck et al. 2010). Dabei wurde aber auch klar, dass diese zusätzlichen Aufwendun- gen zugunsten des Trinkwasserschutzes sehr ungleich verteilt sind: je nach Lage und Grösse der Schutzzonen können sie von wenigen Franken bis mehreren

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gung von Wildschäden damit erreicht werden kann, ist noch nicht abzusehen.

In einem Vortrag an der Uni Freiburg i.Br. bezeichnete Borchers (2011) jedenfalls die Wildschäden als «eines der ökonomisch wichtigsten, allerdings auch in jeder Hinsicht schwierigsten Aufgabenfelder» für Forstbetriebe.

9 Folgerungen

Die Holznutzung ist die wesentlichste Einnahmequelle der Forstbetriebe.

Ohne Holzverkäufe könnten sich die meisten Waldbesitzer ihre Forstbe- triebe gar nicht leisten. Dabei ist aber klar zu betonen, dass die Waldbesit- zer, vorab die öffentlichen, sehr wohl ein Interesse daran haben, die Schutz- und Wohlfahrtsansprüche der Bevöl- kerung zu befriedigen. Nur stellen sich die Waldbesitzer, vor allem diejenigen ohne Steuerhoheit, natürlich auf den Standpunkt, dass der Forstbetrieb dar- ob weder institutionell noch finanziell zu Grunde gehen darf.

Die Nachfrage nach der erneuerba- ren Ressource Holz als Rohstoff und Energieträger hat in letzter Zeit zuge- nommen und wird noch weiter zuneh- men, allerdings ohne die Rentabili- tät wesentlich zu verbessern (Abb. 4).

Parallel dazu haben andere Ansprü- che an den Wald auch zugenommen, die Nutzungskonflikte haben sich ver- schärft. Wesentlich werden die Nut- zungskonflikte dann, wenn sie bezüg- Die Diskussion der Frage, wie viel Wild

der Wald unter welchen Bedingungen erträgt, dauert schon seit Jahrzehn- ten an. Die Forschung konnte bisher offensichtlich weder Grenzwerte für die Verbissintensität eindeutig fest- legen, noch die für gewisse Intensitä- ten verantwortlichen Wilddichten je nach Waldtyp und Standort bestimmen (rüegg und nigg 2003). Zudem wird immer noch kontrovers diskutiert, was ein Wildschaden überhaupt sei. Wäh- rend dies bei Schälschäden durch Rot- wild noch recht offensichtlich ist, ist der Verbiss sehr viel schwieriger zu beur- teilen, obschon bekannt ist, dass er die Verjüngung praktisch verunmöglichen oder eine wesentliche Entmischung durch Ausfall einzelner Baumarten bewirken kann (senn et al. 2007).

In der Schweiz wird die Situation noch dadurch kompliziert, dass die Jagd kantonales Regal ist und damit kantonal geregelt wird. Ebenso vielfäl- tig sind die Verfahren zur Beurteilung der Wildschäden und die Praxis allfäl- liger Abgeltung von Schäden oder der Unterstützung von präventiven Schutz- massnahmen. Beispiele für solche Regelungen finden sich bei rüegg und oDerMAtt (2011). Eine Zusammen- stellung aller in der Schweiz gelten- den Regelungen konnte hingegen nicht gefunden werden. In Deutschland gibt es seit einiger Zeit eine Methode zur monetären Bewertung von Rehwild- verbiss in Naturverjüngungen (Burg-

hArDt et al. 2010). Ob das angestreb- te Ziel der angemessenen Entschädi- deutliche Signalisation und Absper-

rungen auf Waldarbeiten aufmerksam gemacht wird (gemacht werden muss), tauchen bei Fällarbeiten nicht sel- ten plötzlich Personen im Fällbereich auf, besonders in stark frequentierten Waldteilen. Deshalb kann es nötig sein, während der Arbeiten Wachposten aufzustellen, die den Zutritt sperren.

Die Auswirkungen auf die Kosten der Holzerei sind erheblich.

Ein weiteres Problem sind Biotop- bäume und Altholzinseln, an denen Wege vorbei führen. Diese müssen regelmässig auf Dürräste, die herabzu- fallen drohen und auf die Gefahr durch fallende Bäume überprüft werden.

Die Ansprüche der Waldbesucher an die Qualität der Waldstrassen und -wege gehen weit über das hinaus, was zur Bewirtschaftung des Waldes notwendig wäre. Eine für einen Trak- tor, Forwarder oder Lastwagen noch befahrbare Waldstrasse ist für einen handelsüblichen Kinderwagen unpas- sierbar, mit dem Fahrrad schwer zu bewältigen und für Spaziergänger mit leichtem Schuhwerk unzumutbar. Der Standard der Waldstrassen ist in der Schweiz dementsprechend hoch, was jedem auffällt, der auch einmal im Aus- land eine Waldstrasse benützt. Bezahlt wird dieser zusätzliche Aufwand manchmal durch Unterhaltszuschüs- se der Einwohnergemeinden, meistens aber durch den Waldbesitzer.

Die Kosten, die der Waldwirt- schaft durch alle diese Massnahmen erwachsen, sind bisher nicht systema- tisch erhoben worden. Sie bewegen sich sicher nicht im Bereich des oben erwähnten Erholungsnutzens, dürf- ten aber für die Waldbesitzer und ihre Forstbetriebe erheblich sein.

8 Holzproduktion – Jagd Ein sehr schwieriges, weil kontrover- ses Thema sind Wildschäden im Wald.

Der Wald ist gemäss Waldgesetz auch Lebensraum einheimischer Tiere und Pflanzen. Das Wild hat somit ein Recht auf sein Habitat im Wald. Die Jagd selbst ist zudem mit stark emotional gefärbten Attributen belegt, sowohl was die Anhänger der Jagd als auch deren Gegner betrifft.

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

1970 1974 1978 1982 1986 1990 1994 1998 2002 2006

CHF/m3

CHF/h

Ständiger Mitarbeiter CHF/h Fi-Langholz 3. Klasse CHF/m3 Bu-Rundholz 4B (Jura) CHF/m3

Abb. 4. Entwicklung der Holzpreise für Hauptsortimente und der Kosten eines ständigen Mitarbeiters seit 1971 in der Schweiz. Im Jahre 1970 konnten mit 1 m³ Nadelholz noch 10 Arbeitsstunden, 2003 dagegen nur noch gut eine Arbeitsstunde bezahlt werden. Quelle:

Schweizerische Forststatistik (Forstkalender seit 1971).

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10 Literatur

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AFZ/Wald 65, 1: 13–14.

macht, der über den für die Bewirt- schaftung notwendigen Standard hin- ausgeht, müsste erfasst werden können.

Die Aufwendungen für die Gewähr- leistung der Sicherheit im Bereich von Strassen, Wegen und Einrichtungen im Wald wäre wohl mit einem vertretba- ren Aufwand abzuschätzen.

Unübersichtlich und von emotiona- len Diskussionen geprägt ist die Erfas- sung der Wildschäden im Wald. Trotz jahrzehntelanger Bemühungen und unzähliger Untersuchungen sind wir weit von einer Lösung des Problems entfernt.

Fehlender politischer Wille kann ver- schiedene Ursachen haben: fehlendes Problembewusstsein oder das Auswei- chen bei allzu grosser Divergenz der Ansichten. Es ist nicht abwegig, die Probleme bei den Wildschäden beim fehlenden politischen Willen zu suchen.

Darauf deuten auch die «Ansätze zur Konfliktlösung» hin, die AMMer et al.

(2010) anführen und bei denen dem Einbezug der Politik zur Problemlö- sung eine wesentliche Rolle zugespro- chen wird.

Fehlendes Geld ist im gegenwärtigen Umfeld das möglicherweise gewich- tigste Argument, um die Abgeltung oder die «buchhalterische» Anrech- nung von Mehraufwänden oder Min- dereinnahmen zu verhindern. Wenn es nun aber gut abgestützte Untersu- chungen über den Wert eines Wald- besuchs gibt, warum kann dann diese Information nicht für einen Pro-Kopf- Beitrag an die Waldpflege, den Wald- strassenunterhalt, usw. benutzt wer- den? Im Kanton Aargau zum Beispiel gab es etwas Ähnliches schon ein- mal, die Stadt Luzern bezahlt stellver- tretend für ihre Bürger jährlich CHF 200 000.– bis 300 000.– beziehungsweise rund CHF 5.– pro Kopf als Abgeltung für gemeinwirtschaftliche Leistungen (ingolD et al. 2007, S. 181–182). Vor- aussetzung dafür ist, dass die erforder- lichen Grundlagen für die Bemessung von Abgeltungen verfügbar sind. Der Aufwand für die Erarbeitung dieser Grundlagen, zusammen mit forstbe- trieblichen und forstpolitischen Stra- tegien zur Konfliktbewältigung ist von der Forschung zu leisten. Dafür müsste die WSL wohl mehr investieren kön- nen, als es in der letzten Zeit der Fall war.

lich der Haupteinnahmequelle der Forstbetriebe, der Holzproduktion, Mindereinnahmen oder Mehraufwen- dungen verursachen. Das ist bei allen oben besprochenen Nutzungskon- flikten in mehr oder weniger grossem Umfang der Fall. Akzentuiert werden die Konflikte noch durch den Umstand der gesetzlichen Gleichwertigkeit der Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsfunktio- nen des Waldes, die implizit von vielen dahingehend interpretiert wird, dass der Wald respektive der Waldbesitzer dadurch bedingte Mehraufwendungen oder Mindererträge zu erbringen und zu erdulden habe.

Durch die prekäre wirtschaftliche Lage vieler, vor allem auch der bezüg- lich Holzproduktion weniger günstig gelegenen Forstbetriebe wurde aber klar, dass viele der Schutz- und Wohl- fahrtsleistungen nicht mehr ohne eine zusätzliche Finanzierung erbracht wer- den können.

Im Falle des Schutzwaldes kauft die öffentliche Hand den Waldbesitzern schon seit geraumer Zeit Schutzleis- tungen ab, die Beiträge an sich sind weitgehend unbestritten, der Nutzen funktionierender Schutzwälder offen- sichtlich (Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung 2000). Nur über die Höhe der Beiträge und die Anreiz- strukturen ergeben sich immer wieder Diskussionen. In anderen Fällen sind Beiträge weniger einfach oder nicht in einer angemessenen Höhe zu erhal- ten. Die Gründe dafür sind vielfältig:

Fehlende Bemessungsgrundlagen, feh- lender politischer Wille oder fehlendes Geld, wobei die beiden Letzteren mög- licherweise zusammenhängen.

Fehlende Bemessungsgrundlagen für eine angemessene Entschädigung sind bei fast allen der aufgeführten Nut- zungskonflikte festzustellen:

Der Wert stehen gelassener Bäu- me (Biotopbäume, Totholz) und der Ertragsausfall nicht bewirtschafteter Flächen kann berechnet werden. Die zusätzlichen Aufwendungen für die erschwerte Holzerei hingegen fehlen weitgehend. Sie wären möglicherweise mit einem Ansatz analog zu jenem den Mehraufwendungen und Mindererträ- ge infolge des Trinkwasserschutzes zu ermitteln.

Wie viel der zusätzliche Aufwand für den Unterhalt der Waldstrassen aus-

(7)

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Abstract

Timber production in Swiss forests: potential and conflicting interests

Forests in Switzerland have to fulfill three main functions: timber production, pro- tection against natural hazards and welfare benefits for the population, in cluding recreation, drinking water, and nature protection. These are, according to the current rules and regulations, all equally important. Because of these different demands on the forest, conflicts arise, which become more acute the more needs there are. This paper focuses on the conflicts that constrain forest management and timber production: between nature conservation measures, particularly re serves and protected old-growth trees and the recreational use of forests, which may hamper forest management and maintenance, and generates additional costs to ensure safety. Another factor is the pressure of game, since the high stocks hunters like lead to severe damage to regeneration. With increasing pressure on timber as a renewable resource to replace exhaustible raw materials, the conflicts have become more intense. Since timber prices are still low, forest owners and forest enterprises are not financially in a position to cope with the shortfall in income and the extra expenditure required for nature protection and recreation.

Keywords: renewable resources, timber production, forest management, nature conser vation, recreational use of forests, game damage

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