DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung
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ie Presse hat einen schein- toten Hund ausgegraben, aber das soll ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden.Dr. Frank-Schmidt, Präsident des Berufsverbandes Deutscher Internisten, hatte diesen (dik- ken) Hund schon vor Monaten, im Mai 1984, auf die Bundes- ärztekammer losgelassen; Na- mens seines Verbandes hatte er die Schaffung einer „Nummer für Sterbebeistand" gefordert, nämlich die Einfügung einer Ziffer 1 c in die GOÄ mit dem Wortlaut: „Intensiver ärztlicher Beistand für einen Sterbenden mit Gespräch, Zuwendung und Fürsorge — auch zum Kreis der Betreuer — von mindestens 20 Minuten Dauer 200 Punkte, DM 20,—". Seine Begründung (etwas für Feinschmecker der Sprache und der Logik): „Die Höhe dieser beratenden und beistehenden Funktion ent- spricht der Beratung einer Schwangeren. Es erscheint dringend notwendig, eine hu- mane Sterbehilfe gesondert zu honorieren und auch schon da- durch optisch und tatsächlich jede Form einer aktiven Sterbe- hilfe zu verhindern."
Unbestritten: Die Honorierung des „ärztlichen Gesprächs" ist unbefriedigend, besonders, wenn man sie an der immer wieder publizierten Erwar- tungshaltung mißt, daß dieses Gespräch überhaupt das Größ- te sei. Aber ausgerechnet und ausdrücklich für ärztlichen Sterbebeistand eine neue Posi- tion in der Gebührenordnung
moze,
Dicker Hund
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zu fordern? Entsprechende Vorwürfe soll der Internisten- Präsident dem Vernehmen nach abgewiegelt haben: Man brauche ihn doch nicht so ernst zu nehmen. Der Hund schien tot und wurde begraben: We- der in der ersten Empfehlung der Bundesärztekammer für
„analoge Bewertungen" (Heft 38) ist eine „Nummer für Ster- bebeistand" enthalten, noch wird sie in der zweiten Emp- fehlung enthalten sein. Der Vorstand der Bundesärztekam- mer hat die Ablehnung der For-
derung Frank-Schmidts jetzt noch bekräftigt.
Aber da gibt es ja auch das Bundesarbeitsministerium, das für Erlaß und Novellierung der amtlichen GOÄ zuständig und verantwortlich ist. Tatsächlich hatte der Präsident des Interni- sten-Verbandes den „Gesetz- geber" im Juni doch allen Ern- stes, wenn auch mit ganz ande- rer Begründung, aufgefordert, die geschilderte Leistungs- beschreibung eines „Sterbe- beistandes" in die GOÄ aufzu- nehmen. Hackethal wußte, was Frank-Schmidt vom „Gesetz- geber" wollte, erzählte es in ei- ner Fernsehsendung. „Bild am Sonntag" brachte es am 9. Sep- tember unters Volk. Tenor: Das darf doch nicht wahr sein!
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ie Reaktion der Medien war klar vorauszusehen.Wie ein Lauffeuer prassel- te Kritik durch den Blätterwald.
Die Empörung galt aber nicht etwa nur dem Internisten-Ver- band und seinem Präsidenten, sondern „den" Ärzten, allen.
Frank-Schmidt könnte auch mit viel Geld den Schaden nicht wiedergutmachen. roe
Inhaltsverzeichnis 39
Aktuelle Politik
DGB fegt die Einwände
der Datenschützer vom Tisch 2777 Der Deutsche Gewerkschaftsbund will mit der
Transparenzforschung in der Krankenversiche- rung den „Ernstfall" proben
Harald Clade
Datenschützer bekräftigen
strenge Auflagen 2778
Aufruf an die Kassenärzte 2779
Dr. med. Hans Wolf Muschallik
Der Kommentar
Ärzte-Komplex 2780
Nachrichten
Aus Bund und Ländern: 9300 Plätze für 49 000 Bewerber — Apotheken-Boom — Un- gewisse Beitragsentwicklung — ZeitVerträ- ge für Wissenschaftler — Krankenkassen unterstützen Wohngemeinschaften — Phar- ma-Industrie kontert Kritiker — 30 Millionen DM für Leprakranke —Aus der DDR: 13 Kon- sultationen je Bürger im Jahr — Ausland:
Abtreibungen stagnieren — Verwaiste Em- bryos: Öffentlichkeit soll sich äußern 2781
Ku rzberichte
Wie hat die „Negativliste" gewirkt? — „Fall Bernbeck": Nach den Regeln der Kunst — Ethik-Kommissionen — Ausweg aus einem Dilemma — „Darmstädter Modell" für ambu- lante Tumornachsorge 2783, 2792
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 39 vom 26. September 1984 (1) 2761