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Problemlagen in der Pflegeversicherung - ein Überblick -

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Academic year: 2022

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Problemlagen in der Pflegeversicherung - ein Überblick -

Dr. Robert Paquet

für die Veranstaltung des DGB

„Wie weiter in der Pflege?“

am 13. Oktober 2011 in Berlin

(2)

Themen

• Status Quo Bewertung

• Pflegebedarf und Demenz

• „Pflegebegriff“

• Pflegelast und institutionelle Arrangements

• Arbeitskräfte/Fachkräftemangel

• Zwischenbilanz:

• Problem ist die Finanzierung

• (Weitere gesellsch. Rahmenbedingungen)

(3)

Erfolg der Pflegeversicherung

Sozialer Rechtsanspruch vs. Sozialhilfe/Caritas. Alternative

„Leistungsgesetz“ vs. Sozialversicherung: 1995 waren 80%

der Pflegebedürftigen auf Sozialhilfe angewiesen.

Als allgemeines Lebensrisiko anerkannt.

Von Anfang an als Pflichtversicherung konzipiert!

Umlagesystem oder Kapitaldeckung?

Aber immer als „Teilkasko“-System gedacht;

Verhältnis zur Alterssicherung

Entlastung der Kommunen (Investitionen?)

Impulse für die „Gesundheitswirtschaft“: Pflegemarkt … mit flächendeckender Infrastruktur etabliert …

Gesellschaftlich und politisch inzwischen weitgehend

akzeptiert. Ziel ist Weiterentwicklung, nicht Systembruch

(4)

Der Pflegebedarf steigt …

• heute 2,4 Mio. Leistungsempfänger, 2030 geschätzt 3,4 Mio.

• bei sinkender Bevölkerungszahl und steigendem Anteil der Hochaltrigen

• Heute jeder fünfte über 65, 2060 wird es jeder dritte sein.

• Jeder zweite muss im Laufe seines Lebens damit rechnen, pflegebedürftig zu werden.

Mit steigender Tendenz.

(5)

… und ändert sich.

heute 46 % häusliche Pflege durch Angehörige;

23 % durch professionelle ambulante Dienste;

31 % stationäre Pflege in Heimen.

Durch die Änderung der Familienstrukturen

(„Einpersonenhaushalte“): höherer Bedarf nach professioneller Hilfe

Pflege setzt später ein; dauert länger, wird

aufwendiger und erfordert höhere Qualifikation

Die Zugewinne der Lebenserwartung der über 80-Jährigen werden zu 2/3 in Pflege verbracht.

Stationärer Pflegebedarf wird zunehmen

(6)

Ort der Pflege

(7)

Demenz wird das größte Problem

• Ein Drittel der Männer und die Hälfte der

Frauen werden im Laufe ihres Lebens dement.

• führt fast zwangsläufig zu Pflegebedürftigkeit.

• verursacht längere und intensivere

Pflegeverläufe (höhere Pflegestufen; höherer professioneller Pflegebedarf; höherer Anteil stationärer Pflege)

• Zeiten der Demenz verursachen erhebliche Kosten: Bei gleichem Alter 1.000 Euro mehr!

(8)

Dynamisierung und Weiterentwicklung der Leistungen

• Zwischen 1994 und 2008 Stagnation: ca. 30 % Entwertung der Leistungen.

• Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz 2008 und 2010, sowie 2012/2014 div.

Verbesserungen (Pflegstufe „0“ etc.).

• Ab 2014 „Dynamisierung“ alle drei Jahre:

Nach Preisentwicklung, aber maximal die Steigerung der Grundlohnsumme (§ 30).

• Dynamisierung erfordert Beitragssatzerhöhung

(9)

“Pflegebegriff“ I

Nach § 14 SGB XI bietet die SPV als Hilfe bzw.

kompensatorisch sog. „Verrichtungen“ an:

Köperpflege; Ernährung; „Mobilität“ (Aufstehen, Zu- Bett-Gehen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung); hauswirtschaftliche Versorgung

Kommission der Bundesregierung - sechs Module:

Mobilität;

kognitive und kommunikative Fähigkeiten;

auffällige Verhaltensweisen;

Fähigkeit zur Selbstversorgung;

Umgang mit krankheits- und therapiebedingten

Anforderungen (z.B. Medikamenteneinnahme) sowie Gestaltung des Alltagslebens (z.B. Zeiteinteilung;

Tagesrhythmus).

(10)

“Pflegebegriff“ II

Auf somatische Einschränkungen fokussiert

„Defizitmodell“ operationalisiert als

„Minutenpflege“ (auch für Abgrenzung der Pflegestufen)

Demente mit „eingeschränkter

Alltagskompetenz“ werden nicht (sachgerecht) erfasst. Zentrales Problem: Beaufsichtigung … Betreuung.

Der neue Pflegebegriff mit fünf „Bedarfsgraden“

erfordert eine vollständig neue Bestimmung und Adjustierung der Pflegeleistungen …

(11)

Leistungsempfänger - Pflegestufen

(12)

Individuelle Pflegelast

Pflegende Angehörige, insbesondere Berufstätige, sind hohen emotionalen, körperlichen und sozialen Belastungen ausgesetzt. Heute werden ca. 1,6 Mio.

Menschen zu Hause gepflegt.

78 % bekommen Geldleistungen, seit 1995 kontinuierlich abnehmend.

Es pflegen vor allem die Ehe- und Lebenspartner

(gleichen Alters) und Töchter und Schwiegertöchter (mittleren Alters).

Unterstützung für pflegende Angehörige:

„zugehende Beratung“ (SPD) und Pflegestützpunkte

(13)

Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

• Das von der Regierung geplante

Familienpflegezeitgesetz bringt nur für Vollzeit-Arbeitnehmer etwas (Lebens-

Arbeitszeitkonten), ist aber kostenneutral.

• DGB will Weiterentwicklung des

Pflegezeitgesetzes von 2008 (10 Tage bezahlte Freistellung im Akutfall; bis zu 6 Monate

analog Elterngeld; bessere Berücksichtigung bei der Rente (wie Kindererziehungszeiten)).

(14)

Versorgungsstrukturen

Ca. 12.000 ambulante Pflegedienste mit rund 270.000 Beschäftigten; 11.700 stationäre

Einrichtungen mit rund 620.000 Beschäftigten (2009).

Seit Einführung der SPV Zunahme der Beschäftigten um rund 300.000.

Vorwiegend „mittelständische“ Betriebe.

typischerweise Investitionsprobleme …

„Mischformen“ nicht einfach zu realisieren …

„Flexibilisierung“ der Leistungen, bedarfsgerechte Kombi. und „Wahlmöglichkeiten“ für Betroffene ?

(15)

„österreichisches Modell“ I

SPD-Vorschlag: „24 Stundenpflege“ soll

Pflegepersonen den Weg aus dem Prekariat und der Illegalität in gesicherte und

sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ebnen.

für diese Arbeitsverhältnisse angestrebt: einheitliche Arbeitsbedingungen, wie Arbeitszeiten,

Mindestentlohnung und Anspruch auf Qualifizierung sowie Sozialversicherungspflicht und …

Tarifgebundenheit

Vorbild: das seit 2007 in Österreich geltende

„Hausbetreuungsgesetz“

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„österreichisches Modell“ II

Pflegebedürftige können staatliche Zuschüsse für die Betreuung in Privathaushalten bekommen, wenn sie Betreuungskräfte entweder selbst bzw.

vermittelt über Sozialverbände anstellen oder als Selbständige arbeitende Personen engagieren.

Bemerkenswert ist, dass Selbständige in Österreich mit der Gewerbeanmeldung versicherungspflichtig bei der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung werden.

Aufgaben der Betreuungskräfte sind klar von den Pflegemaßnahmen abgegrenzt, die nur

qualifizierte Pflegekräfte vornehmen dürfen.

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„österreichisches Modell“ III

Betreuungskraft muss für die Dauer der Arbeitsperiode in die Hausgemeinschaft der zu betreuenden Person aufgenommen werden (Wohnraum und volle Verpflegung).

Die aus Bundesmitteln gewährte und beim Bundessozialamt zu beantragende Förderung beträgt monatlich 550 €

Beim Nachweis der Notwendigkeit einer 24-Stundenbetreuung gibt es auch die Möglichkeit der Förderung für zwei angestellte Betreuungskräfte.

Zur Antragsberechtigung muss die zu betreuende Person bereits Pflegegeld der Stufe 23 beziehen und ihr monatliches Netto-Gesamteinkommen darf 2.500 Euro nicht überschreiten. Nicht zum Einkommen zählen jedoch das Pflegegeld selbst und diverse andere Sozialleistungen.

Bei Überschreitung der Einkommensgrenze bricht die Förderung nicht ab, sondern wird anteilig (vom maximalen Betrag 1.100 Euro) gewährt.

Auf diesem Wege ergibt sich tatsächlich die Chance, Betreuungspersonen in den betroffenen Haushalten legal zu beschäftigen. Zwar mit bescheidenem Einkommen, jedoch wenigstens mit einer regulären sozialen Absicherung.

Die Inanspruchnahme der Leistung läuft allerdings erst langsam an; die entscheidende Schwelle ist die Unterkunftsmöglichkeit im Haushalt der

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Pflegequalität

• Unterschiedlich mit breitem Spektrum

• Aber Vorsicht: Mediale Skandalisierung!

• „Qualitätsoffensive“ des

Pflegeweiterentwicklungsgesetzes: „Noten“

• System muss weiterentwickelt werden.

• DGB will „aussagefähigen ‚Pflege-TÜV‘“

• Sinn der Sache: Positive Anreize zur

Verbesserung, nicht Ruin der Einrichtungen

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Arbeitskräfte

• Nach destatis könnten 2025 rund 150.000

Pflegekräfte fehlen (= 112.000 Vollzeitkräfte).

• Arbeitgeberverband Pflege fordert für die kommenden 10 Jahre mehr als 77.000

zusätzliche Fachkräfte und 200.000 Hilfskräfte

• Zweifel am „Mangel“: z.B. PWC vs. B. Braun

• Werbung für die Erstausbildung und Potential in der Arbeitsmarktreserve.

• Ausbildungsfinanzierung über Umlage

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Arbeitskräfte Grafik

(21)

Pflegearbeit attraktiv machen

• Bessere Bezahlung und Ausbildung

• Abwanderung (ins Ausland) stoppen;

Zuwanderung problematisch

• „Abwanderung“ aus dem Beruf – und Strukturwandel der Beschäftigung …

• „Aufwertung“ der Pflegeberufe; Anerkennung u. Wertschätzung; Personalführungs-“Kultur“

• Verbesserung der Kooperation

• Reform der Ausbildung (mit Krankenpflege)

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Zwischenbilanz

• Bestandsaufnahme und Problembeschreibung (fast) ein Allparteien-Konsens

• Gute Absichten und viele Lösungsvorschläge gemeinsam.

• Das zentrale Problem ist: „Gute Pflege kostet!“

• Die Finanzierungsvorschläge gehen weit auseinander.

• Prognose der BMG: Bis 2014 lässt sich der Status quo finanzieren. Mit Dynamisierung:

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Finanzierungsprobleme

• Lohnentwicklung bleibt hinter BIP zurück

• Einkommensspreizung schwächt die Systeme unterhalb der BBG

• Seit der „Rürup-Kommission“ ist das

Nachhaltigkeitsproblem sattsam bekannt.

• Für SV-Systeme, bei denen

„Lohnersatzleistungen“ dominieren, ist die Beitragsfinanzierung unumstritten.

• Bei bedarfsorientierten Systemen gilt die

Alternative: Prämien vs. Bürgerversicherung

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„Stellschrauben“ der Bürgerversicherung

Beitragsbemessungsgrenze

Einbeziehung anderer Einkommensarten

Einbeziehung weiterer/aller Personenkreise

Namentlich die PKV (mehrere Versionen)

„Paritätische“ Finanzierung – Beteiligung der Arbeitgeber …

Offenes Problem: Familienmitversicherung

Offene Flanke: Steuerfinanzierung … (z.B. auch beim DGB-Vorschlag: Rentenbeitrag für

Pflegepersonen, über Seehofer bis hin zur neusten SPD-Version der BV) - Cave:

Schuldenbremse des Staates!

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Alternative Vorschläge

Union: individuelle Demographiereserve (aber kollektiv finanziert?)

CSU: Demenz/Behindertenhilfe über Steuern finanziert?

FDP: Individuelle Kapitaldeckung („Sparbuch“)?

Risiken des Kapitalmarktes; Sicherung des

„Kapitalstocks“ (egal ob individuell oder kollektiv)

Verwaltungsaufwand, Verteilungswirkungen und Sozialausgleich, Effizienz …

Grundsätzlich: „Untertunnelung“ oder Anbohren eines „Hochplateaus“ ?

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Weitere Probleme:

• Regionale Unterschiede (z.B. MDK-Gutachten)

• Pflege und GKV

• Professionalisierung der Pflegeberufe

• Mentalitätsaspekte

• Gesundheitswirtschaft : Rentabilität, Profite und Investitionen

• Grundsatzfragen haushaltsnaher Dienstleistungen

• Kommunale und soziale Infrastuktur

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Regionale Unterschiede I

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Regionale Unterschiede II

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Schnittstelle GKV und Pflege

Prävention; geriatrische Reha; Pflege hinausschieben …

Zuständigkeits- und Abgrenzungsprobleme (Beispiel

„Pflegebetten“ und „med. Behandlungspflege“)

Integrationsversorgung zwar rechtlich möglich, findet aber kaum statt.

Medizinische Versorgung(squalität) der Pflegebedürftigen (Mangel bei Fachärzten, Zahnärzten); Übermedikation, Multimorbidität, schlechtes Fallmanagement

„Heimärzte“: KV-Zulassung (bzw. § 119b SGB V Ermächtigung)

GKV und SPV haben unterschiedliche Finanzierungslogik!

Schnittstelle Eingliederungshilfe/Schwerbehinderung (Fahrkosten zum Facharzt?)

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Professionalisierung der Pflegeberufe

• Arztvorbehalt

• Kooperationsprobleme … mit Ärzten und mit

„Laien“, ohne die es aber nicht geht …

• Auch immer „soziale Schließung“

• „Akademisierung“ als Strategie fragwürdig

• Teilweise ein Management- und Kulturproblem

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Mentalitätsprobleme – kollektive Verdrängung

• Jugendlichkeitskult und Altersangst – Auflösung stabiler Milieus und sozialer Modelle des Alterns (Mehrgenerationenhäuser …); Vanity Fair; Die

Alten wollen sich (außerhalb der Partnerschaft) meist nicht um die Probleme anderer Alter

kümmern (Alten-WGs scheitern …)

• Ausbildung von Ingenieuren und Maschinenbauern!

• Wie populistisch ist „ambulant vor stationär“?

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Grundsatzfragen

haushaltsnaher Dienstleistungen

• Jedermanns-Qualifikation im Mindestlohnbereich

• Neben finanziellen auch kulturelle und

historische Schwellen der „Kommodifizierung“

• Kein attraktives Feld für „klassische“

Vollzeitarbeitnehmer; stattdessen „Grauzone“

zu Midi- und Minijobs sowie zum Ehrenamt.

• „Produktivität“ und Effizienz bei Dienst-

leistungen – Potential und Forschungsbedarf

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Kommunale und soziale Infrastruktur

Umgestaltung des Wohnumfeldes (KfW-Programm

„Altersgerecht umbauen“ etc.),

Leistungsanspruch nach § 40 Abs. 4 SGB XI auf 5.000 € verdoppeln … (SPD) ?

Kommunale Pflegepolitik in Quartier und Dorf (SPD)

Mobilität

Wie kann man „Pflege“ produktiver machen, auch z.B.

durch Technik-Einsatz. Bürokratie abbauen mit IT

„Pflege“ ist nicht nur ein Thema für die Gesundheits- und Sozialpolitik, sondern für viele Politikfelder.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Dr. Robert Paquet, Duisburger Str. 7, 10707 Berlin

Fon: (030) 88 68 07 34, Mobil: (0171) 658 18 45

rp@robert-paquet.de www.robert-paquet.de

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