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SWR2 Tandem - Manuskriptdienst

Drei Stück Heimat im Koffer

Dinge, die mitgegangen sind in die Fremde

AutorIn: Regina Burbach Redaktion: Nadja Odeh

Sendung: Montag, 22.07.13 um 10.05 Uhr in SWR2

Wiederholung vom 10.02.11 um 10.05 Uhr in SWR2

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Bitte beachten Sie:

Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt.

Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

Mitschnitte der Sendungen SWR2 Tandem auf CD können wir Ihnen zum größten Teil anbieten.

Bitte wenden Sie sich an den SWR Mitschnittdienst. Die CDs kosten derzeit 12,50 Euro pro Stück. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-26030.

Einfacher und kostenlos können Sie die Sendungen im Internet nachhören und als Podcast abonnieren:

SWR2 Tandem können Sie ab sofort auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören:

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(2)

2 MANUSKRIPT:

Musik-Akzent Blerina:

Der Moment, wo man überlegt, ich lass mein Leben zurück und ich gehe nach woanders - es ist nicht so deutlich, dieser Moment, weil man emotional sehr bewegt ist, und man überlegt auch tagelang, was nehm’ ich überhaupt mit, also es ist nur ein Koffer.

Lena:

Als erste solche Dinge, das waren Fotos. Und mein Papa hat Kino gemacht, als ich noch klein war. Das waren sehr große Kisten mit diesen Filmrollen. Auf diesen Filmen sind meine Eltern ganz jung. Da gibt es noch meine Oma. Und - ich konnte das nicht lassen.

Georgina:

Eine kleine Silberkette mit Kreuz und eine kleine Bibel.

Suha:

Einen großen Bär und einen Hund.

Blerina:

Einen halben Dollarschein

Ermend:

Mein Reisepass.

Musik-Akzent Blerina:

Den Koffer hab ich schon Monate vor meinen Augen gehabt, aber es war immer schwer, den fertig zu machen, halt die Sachen zusammensuchen, weil, die

Gedanken waren da: Ach, ich sollte das fertig machen, aber man war emotional so mit anderen Sachen beschäftigt, dieses Abschiednehmen und: Was nehm’ ich überhaupt mit?

Musik-Akzent

Autorin

Was passt in einen Koffer? Wie viel wiegt ein gebundenes Buch? Ein Buch in der eigenen Sprache, das muss einfach mit. - Nur dies eine? Oder nicht doch noch eines mehr, oder zwei oder drei? Dafür dann vielleicht aber nur das eine Paar Schuhe. Und müssen wirklich alle die Fotos mit? Aber was macht das schon, die paar Fotos. Aber die Kleider, die kann man doch wirklich neu kaufen, und die Schuhe. - Welche

Gegenstände können in der Fremde ein Stück Heimat sein? Eine Verbindung zu dem zurückgelassenen Teil des Lebens? - Welche sind so klein, dass sie gut in einen Koffer passen, in diesen einen, einzigen, womöglich.

(3)

3 Blerina:

Damals hab ich in meinem Koffer gehabt: Die Fotos von meiner Familie, von meiner Kindheit, von der Zeit an der Uni, von der Zeit, wo ich als Lehrerin gearbeitet habe, die waren überhaupt das Erste, was ich in den Koffer gepackt habe. Und sehr wichtig war eine Kette von meiner Mutter, die sie immer getragen hat und mir dann

mitgegeben hat, und die ich immer noch heute besitze.

Und die dritte Sache war, bevor ich hierher kam, hab ich von einer Freundin von mir, sehr guten Freundin von mir, einen halben Dollar-Schein -Samira, wir haben

zusammen studiert-. Die andere Hälfte hat meine Freundin und die andere Hälfte hat sie mir gegeben. Und dann hat sie gesagt, wenn wir uns irgendwann sehen, dann können wir unsere Dollar-Scheine zusammentun. - Ich heiße Blerina und komme aus Albanien. Durres, ist eine kleine Stadt am Meer.

Musik-Akzent Blerina:

Der Grund warum ich hier gekommen bin, ist, ich bin durch Heirat hier. Ich hab einen Deutschen geheiratet damals. Ich war 26 Jahre alt, wo ich ihn kennen gelernt habe, und es war aber keine Liebesgeschichte, sondern es war eine, wie sagt man, Verkupplung?

Autorin: Eine arrangierte Hochzeit?

Eine ja, arrangierte Ehe. Bei uns manchmal diese Liebesbeziehung war schon tabu.

Also viele Ehen damals waren arrangierte Ehen. Für mich war Liebe schon auch sehr wichtig, wie gesagt, wir durften das nicht so ausleben.

Autorin:

Albanien an der Adria. Auf der Karte, rechts von Italien, dem Stiefelabsatz

gegenüber. Es war eines der isoliertesten Länder der Welt. 1990 durften albanische Bürger zum ersten Mal ausreisen. Das tat auch Blerina, sieben Jahre später. Dass sie keinen albanischen Mann heiratete, hatte viel mit der politischen Lage in Albanien zu tun. Die Leute waren so lange in ihrem Land eingesperrt gewesen, und als die Ausreise dann möglich war, sind viele Männer gegangen, haben ihre Familien zurückgelassen, ihre Verlobten oder Ehefrauen, und haben nie mehr von sich hören lassen.

Blerina:

Man hatte nicht die Sicherheit, wenn man eine Familie gründet mit albanischen Männern, so die Sicherheit: er bleibt.

Autorin:

Das war der eine Grund für Blerinas Weggehen, der andere war:

Blerina:

Die Leute, die mal studiert haben, hatten eine Arbeit, aber die war so wenig

ausgezahlt. Ich hab als Mathe- und Physiklehrerin gearbeitet und es war lächerlich, was man dafür bekommen hat, es war ein Beruf, der nie anerkannt wurde.

Musik-Akzent

(4)

4 Georgina:

Mein Name ist Georgina und ich komme aus Ghana, und ich bin in Deutschland seit 2004. Als ich war nach Deutschland gekommen, meine Mutter hat mir eine

Silberkette mit Kreuz gegeben und eine kleine Bibel, dass ich muss immer die Bibel lesen, wenn hab ich eine Problem, ich muss immer beten. Und das hab ich immer dabei, zu Hause. Dann ich immer in meine Kopf, meine Mutter ist bei mir.

Und als ich war in Deutschland, mein Lieblingsgegenstand war mein Handy, weil habe ich drei Kinder in Ghana.

Autorin:

Ghana zu verlassen und woanders zu arbeiten, war für Georgina die einzige Möglichkeit, als alleinstehende Mutter ihre Kinder durchzubringen. Von ihrem Einkommen als Krankenschwester in Ghana war das undenkbar. So aber können alle drei Kinder eine Ausbildung machen und haben eine Zukunft.

Georgina und Autorin:

- Mein erster Sohn ist 23, der zweite ist 15 und der dritte ist zehn. Bei meiner Mutter, alle drei Kinder bei meiner Mutter. - Morgens früh, wenn ich aufstehe, ich muss meine Kinder anrufen und fragen, wie geht’s. Mittags auch, abends auch. Und wenn ich schlafen gehe, mein Handy ist immer dabei, weil in der Nacht, wenn etwas

passiert, ich hab meinen Kindern gesagt, bitte ruft mich an sofort auf meinem Handy.

Meine Handy, wenn das klingelt, sofort ich muss aufstehen und antworten: Was ist los? Und mein Handy ist immer, immer dabei. Und die Bibel meiner Mutter und das Kreuz auch.

- Autorin: Ein Kreuz, eine Bibel und ein Handy. Wirst du deine Kinder nach Deutschland holen?

- Ja, gerne, die Kleine, weil die erste und die zweite ist schon groß, meine erste Sohn ist jetzt in University, Hochschule, aber den Zehnjährigen wollte ich gerne hier

bringen.

- Autorin: Wie lange dauert es noch, bis der Kleine kommt?

- Das kann ich nicht sagen, aber ich hoffe, das dauert nicht so lange.

Musik-Akzent Lena:

Ich hatte zu Hause nicht so viele Koffer. Und ich habe bei all meinen Freunden gefragt: Wer hat Koffer, die er nicht immer benutzen will? Deswegen meine Koffer waren alle sehr altmodisch. Weil ganz normale neue Koffer wollte keiner mir geben.

Vielleicht kannst du dich erinnern, diese alten Koffer, mit diesen Ecken.

Mein Name ist Lena, ich bin aus Kiew, Hauptstadt von der Ukraine.

Als ich weg war, ich war schon 36, ich hatte eine Familie, ich hatte zwei Kinder, und meine Eltern waren noch da. Und das war schon keine sowjetische Zeit mehr. Und bei mir war ganz großer Grund, das war Tschernobyl. Kiew ist ganz nah von

Tschernobyl. Als Tschernobyl explodiert war, war ich schwanger mit meinem Sohn.

Damals das war 1986, das war noch Sowjetunion. Und wir waren da auf unserer Parzelle. Das war noch 40 Kilometer näher zu Tschernobyl, und wir hatten keine Information gekriegt, nichts. Und danach habe ich ganz viele Probleme mit meiner Gesundheit bekommen.

(5)

5 Autorin:

Lena trat mit ihrer ganzen Familie die Reise nach Deutschland an, mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihren Eltern, und mit so einigen Koffern. Die Familie mietete einen Kleinbus. Der war so vollgestopft mit Gepäck, dass sie alle darin kaum sitzen

konnten. Etliches vom Hausstand musste mit, Spielzeug für die Kinder. Und Lena hatte allein hundert Bücher eingepackt. Ein paar andere Sachen, die ihr sehr viel bedeuteten, die wogen fast nichts und waren aus Papier, und zusammengerollt, und Lena verstaute sie in einem sicheren Winkel in dem vollgestopften Auto, damit sie nur ja nicht beschädigt würden.

Lena:

Diese Bilder von meiner Oma wollte ich unbedingt mitnehmen. Meine Oma, das war meine Lieblingsperson in meiner Familie. Sie heißt Veronika, und das war immer ein starker Wunsch, dass ich eine Tochter kriege, und dann gebe ich ihr diesen Namen, und jetzt ist meine Tochter Veronika 16, gerade geworden.

Meine Oma, sie konnte ganz perfekt malen, und wir hatten auch ein paar Bilder von ihr, aber ich musste bei Zoll sie lassen, das war ukrainischer Zoll, und obwohl ich alle Bescheide hatte, aber sie haben gesagt, nein, oder Sie müssen ganz große Strafe bezahlen. Ich hatte kein Geld dabei, weil, wir hatten schon das ganze Geld

ausgegeben, damit ich überhaupt fahren konnte. Ich hatte ein bisschen Geld, aber nicht so große Summe, was sie wollten. Und sie haben einfach diese Bilder

abgenommen, einfach so. Und nur eine ist geblieben, ganz kleine Stück, sie hat auf Seidenstoff mit schwarzer Tusche gemalt, diese kleine hab ich noch.

- Autorin: Hat der Zoll das kleine Bild gesehen?

- Nein, das war unter meinen Sachen. Dieses Kleine hab ich einfach vergessen, aber ohne Absicht.

Musik-Akzent Suha:

Mein Name ist Suha, aus dem Irak, geboren in Bagdad, ich bin geflüchtet in die Türkei.

Autorin:

Suha floh vor den Auswirkungen des Irakkrieges von 2003 ganz allein mit ihren drei Kindern. Ihr Weg nach Deutschland war lang.

Suha:

Aber mein Bruder, mein großer Bruder, der hat mich geschenkt drei Steine, und er hat gesagt: Das ist von deinen Eltern einer, und einer von deinem Bruder und einer von deiner Schwester. Und hab ich mitgebracht hier in Deutschland, und ich sehe jeden Tag die Steine und weine ganz lang. Und danach hab ich verloren, ich weiß nicht, wo ich die drei Steine verloren habe. Denn ich habe hier in Deutschland viele Stationen, Hannover, Braunschweig, Leipzig, Chemnitz, dann nach Bremen, und ich weiß nicht, wo habe ich sie verloren. Und danach hab ich gekriegt geschenkt einen Bär, einen kleinen Hund, Spielzeug von Kindern, und hab ich geschrieben alle meine Familie Namen, Beispiel Name von meiner Mutter, Salima, ein großer Teddybär, und der andere Toma, das sind alles Stofftiere,

- Autorin: Von denen jedes ein Familienmitglied symbolisiert, der Hund ist dein Bruder und die Giraffe die Schwester.

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6 - Ja, so ist es. Das ist meine Schwester eine Giraffe, und eine Schwester ein, Frosch, und eine Hund Beispiel mein Bruder, ich habe sechs Brüder und zwei Schwestern und meine Eltern. Und an Weihnachten sage ich: „Frohe Weihnachten, Papa, frohe Weihnachten Mama.“ - Mein Mann sagt, bist du verrückt, was machst du da?

Musik-Akzent Autorin:

Kofferpacken, um ein neues Leben anzufangen. Um für immer fortzugehen vielleicht.

- Der Koffer: Aufgeklappt steht er vor einem. 80 Zentimeter lang, 60 breit, 24 hoch.

Das macht so etwa ein Zwölftel Kubikmeter an Raum. Viel ist das nicht für all die bedeutungsvollen Dinge aus dem Teil des Lebens, den man zurücklässt. - Was aber, wenn man nicht mal diesen einen einzigen Koffer mitnehmen kann?

Ermend:

Ich bin einfach so gegangen mit den Klamotten, die ich gehabt habe, bin ich von Nachtschicht gekommen.

Autorin: Also du hattest gar kein Koffer?

Nee, hab ich keinen Koffer gehabt. Ich habe nur meine Klamotten mitgehabt, bin ich von Arbeit gekommen, und einen Koffer hab ich die Möglichkeit nicht gehabt

mitzunehmen. Und dann bin ich in die Deutsche Botschaft, hab ich die Möglichkeit gefunden, da reinzukommen und - das war’s. Kann ich keinen Koffer mitnehmen. Nur meinen Pass, nichts anderes. So war das. Aber, egal, wir haben das geschafft. - Ich bin Ermend aus Albanien. Ich bin 1990 aus Albanien geflüchtet. Wir haben protestiert gegen die Regierung.

Autorin:

Er spricht wie von einer Nebensache, dabei ist das, woran er damals beteiligt war, das auslösende Ereignis der Bewegungen für Freiheit und Demokratie in Albanien.

Es war riskant und gefährlich. Und was Ermend an jenem Morgen nach seiner Nachtschicht unternahm, war alles andere als ein normaler Gang zu einer Botschaft.

- Wie schon erwähnt, in Albanien gab es keine Reisefreiheit, albanische Bürger hatten keinen Pass, nur einen Personalausweis. Im Sommer 1990 begehrten die Menschen auf. Innerhalb weniger Tage suchten 5.000 Albaner Zuflucht in vier

europäischen Botschaften. Jugendliche durchbrachen mit einem LKW die Mauer der Deutschen Botschaft in Tirana. Danach gelangten Tausende Flüchtlinge hinein. Und Ermend, von der Nachtschicht kommend, war dabei. Er war 26 Jahre alt damals.

Ermend:

Wir waren über 3.000 Leute in der Deutschen Botschaft. Wir waren haben gegen die kommunistische Regierung protestiert. Wir waren die ersten, die damals in Albanien protestiert haben gegen die kommunistische Regierung. Wir waren, ganz Albanien komplett zugeschlossen, konnten wir nicht nach draußen. Das war Sommer 1990.

Autorin: Es war also eine lebensbedrohliche Situation für dich.

- Ja, das war so.

Autorin:

Zwei Wochen blieben die albanischen Flüchtlinge, unter ihnen Ermend, in der Deutschen Botschaft. Dort wurden ihnen Pässe ausgestellt. Auf den Straßen war Revolution.

(7)

7 Mit Dutzenden Linienbussen, unter strengen Sicherheitsmaßnahmen wurden die Flüchtlinge zur Hafenstadt Durres gebracht. Dort warteten die Fähren nach Italien.

Ermend:

Das ist mein erster Pass. Das ist für mich wie ein kleines Juwel, weil, das war für mich der erste Pass, dass ich ins Ausland reisen konnte. Das war meine erste Reise von Albanien ins Ausland. Aber damals ich hab keine Möglichkeit gehabt, was mitzunehmen, meine wichtigen Gegenstände, die ich in Albanien gehabt habe. Aber der Reisepass, das ist sehr wichtig für mich. Und zweite: ein Jackett von meinem Vater.

Musik-Akzent

Georgina:

Eine Silberkette mit Kreuz.

Suha:

Ein großer Bär, ein Hund.

Lena:

Diese Bilder von meiner Oma.

Blerina:

Ein halber Dollarschein.

Autorin:

Ja was ist eigentlich daraus geworden, aus diesem Dollarschein, von dem Blerina die eine Hälfte hat und die andere Hälfte ihre Freundin Samira in Albanien? Ist es denn jetzt schon dazu gekommen, dass sie den Dollar-Schein zusammen kleben konnten?

Blerina:

Leider noch nicht, ich hab sie seit zehn Jahren nicht gesehen. Aber dieser

Gegenstand ist da, und ich betrachte ihn immer und denke an sie. Also immer, wenn ich diesen Gegenstand sehe, dann erinnere ich mich an die schönen Spaziergänge am Meer in meiner Stadt und an die schönen Gespräche, an der Promenade. Da war es üblich, dass immer abends dann alle Leute auf der Straße waren und ihre

Spaziergänge gemacht haben.

Musik-Akzent

Autorin:

Die ins Exil mitgenommenen Gegenstände sind oft so klein und unscheinbar, aber dennoch können sie in der Fremde ein Halt sein. Und dort dann, wenn die Fremde nicht mehr gar so fremd ist, kommen andere Dinge hinzu, wie bei Georgina aus Ghana das Handy, das im Moment, hier in Deutschland, für sie eines der wichtigsten Dinge ist.

Georgina:

Meine Freunde und Bekannte ruft mich auf dem Haustelefon, nur meine Kinder, ruft mich an meinem Handy an. Ich habe Handy zu meinen Kindern geschenkt, drei Handy, alle hat ein Handy und kann mich hier anrufen.

Manchmal in Schule, wenn Pause ist, ruft er mich an: „Mama, wie geht’s, ich bin auch gut, wir sind jetzt in Pause und ich hab schon gegessen, alles in Ordnung.“

(8)

8 Dann sag ich: „Ja, okay, Gott sei Dank.“ (lacht). Ja, und mein Handy ist immer,

immer dabei. Und meine Mutter’s Bibel und Kreuz auch.

Musik-Akzent Autorin:

Manchmal liegen diese kleinen Stücke Heimat jahrelang irgendwo im Schrank, weit hinten in einem Wäschefach, und man beachtet sie nicht weiter und denkt nicht an sie. Aber dann, auf einmal, werden sie hervorgeholt. Und dann muss man sie einfach in die Hand nehmen und halten. Und es ist, als würde aus ihnen neue Kraft strömen und einem durch die Hände und die Haut ins Blut. Und das Blut würde dann wärmer strömen als vorher. Das hört sich pathetisch an, aber so ist es. So warm in der Nüchternheit und der Hektik des Alltags. Man fühlt sich aufgehoben und verbunden mit der früheren Zeit und den Orten und mit sich, wie man war, aber auch mit sich, wie man ist, und mit den Menschen, die mit einem waren und sind. Als würden solche Dinge das Selbst zusammenhalten. Oder manchmal auch erst ein Selbst aus einem machen. - Wie aber steht jemand dazu, der solche Dinge von Anfang an nicht hatte? Grundsätzlich gesehen, braucht man die Gegenstände, um sich zu Hause zu fühlen?

Ermend:

Nee, eigentlich nicht. Weil, die Erinnerung, die man hat, hat alles mit. Wenn man nicht vergisst, wo ich herkomme, und meine Familie, was ich da habe. Eins, was ich habe, wie gesagt, hab ich nur meinen Pass. Das reicht mir, dass ich mich erinnere, woher ich komme.

Musik-Akzent Blerina:

Nun, die Frage, ob man solche Sachen braucht, um glücklich zu sein - Ich würde sagen „Jein“. - Wenn man Gegenstände sieht, es erinnert einen an etwas. Es ist klar, wir haben unsere Erinnerungen, das kann uns auch keiner nehmen. Aber

Gegenstände sind etwas, die man anfasst, wo man, wenn man die sieht, dann sagt:

Aha. Das ist was der Mensch auch so manchmal braucht.

Lena:

Und unsere Erinnerungen sind bei uns, in unserem Kopf, aber nicht bei unseren Kindern, und zum Beispiel meine Tochter war fünf Jahre alt, als wir weg waren, sie kann sich nicht erinnern. Aber diese Dinge, das ist wie Gruß für sie von ihrer

Großoma, und für weitere Generationen, das sind auch wie ein Hallo von anderen Generationen unserer Familie.

Musik-Akzent Lena:

Wenn du solche Sache hast, das bedeutet, ja, du hast jemanden nicht vergessen.

Zum Beispiel jetzt sehe ich diese Filmrolle. Ich kann sehen, meine Mama lächelt, meine Mama ist ganz jung, sie hat noch keine Krankheiten. Papa hat aufgenommen, das war Hochzeitsreise von meinen Eltern. Sie sind ans Schwarze Meer gefahren.

(9)

9 Das war Mai, ganz kalt war noch, und sie konnten nicht schwimmen, klar, aber meine Mama ist so toll spazieren gegangen und, ja, das war diese alte schwarzweiße

Kinofilm, damals noch ganz dünn, 8 Millimeter, und keine Stimme war dabei, leider.

Aber meine Mama, sie lebt noch, ihre Stimme hab ich auch aufgenommen auf Video- Kamera.

Musik-Akzent Blerina:

Es war vor einem Monat. Ich hatte erwähnt, dass meine Tochter jetzt die Kette, die meine Mutter mal getragen hat, sehr fanatisch aufbewahrt. Und sie hat so eine kleine Kommode und da hat sie ihre Sachen. Nur eine Schublade von dieser Kommode gehört mir. Und aus Versehen hab ich aber die Schublade, wo sie ihre Sachen drin hat aufgemacht und was lese ich da: „Vorsicht, persönliche Gegenstände, nicht anfassen.“ - Und ich hab gelacht. War schön.

Suha:

Gleiche mein kleiner Sohn. Er war zehn Jahre alt. Er hat mir gesagt: „Mama, bitte nicht meine Klamotten alle verteilen oder, lassen bitte sammeln und ich möchte sie behalten für meine Kinder. Mama, bitte sammle alles in einem Koffer. Versprochen Mama?“ - Ich sage: „Ja, versprochen. „

Ermend:

Jede Familie hat Erinnerungen. Aber die Situation, als ich da war damals, konnte ich nichts mitnehmen. Aber trotzdem ich hab noch zwei Gegenstände. Der erste ist der alte albanische Pass, wo ich damals hier nach Deutschland gekommen bin, der Reisepass, das ist nicht mehr gültig, ich habe das nur zu Hause als meine

Erinnerung. Und das Zweite, was ich habe, ist: ein Jackett von meinem Vater. Das ist, als mein Vater das erste Mal hierhergekommen ist, und hat einen Anzug nähen lassen. Und er hat erst mal angezogen, ist hierhergekommen, und ist er eine Zeit hiergeblieben, und dann dieses Jackett hat er hier gelassen. Und hab ich noch. Ich kann das nicht wegschmeißen. Und dann hat er gesagt: Jetzt kann ich diesen nicht gebrauchen.“ - „Ja, okay“, hab ich gesagt, „dann lass mal hier, dann brauch ich das.“

(lacht)

Musik-Akzent

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