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Europäische Institutionen und Nordamerika

November 2009

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Inhaltsverzeichnis

1. Die Europäische Union: Aktuelle Entwicklungen in ausgewählten Politikbereichen 1.1 Einleitung: Neubesetzungen auf der europäischen Bühne

1.2 Vertrag von Lissabon: Verfassungskrise beendet

1.3 Migration: Engere Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres 1.4 Finanzkrise: Koordiniertes Vorgehen und verbesserte Aufsicht

1.5 Erweiterung und Nachbarschaftspolitik: Vergrößerung des Freundeskreises 1.6 Entwicklungspolitik: Gestiegene Herausforderungen in Zeiten der Krise 1.7 Ausblick

3 3 3 4 5 6 7 8 2. Die Protektionismusdebatte um die Buy American-Klausel im American

Recovery and Reinvestment Act 9

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1. Die Europäische Union:

Aktuelle Entwicklungen in ausgewählten Politikbereichen

1.1 Einleitung: Neubesetzungen auf der europäischen Bühne

Im Juni 2009 waren 62 Millionen Stimmberechtigte in der EU aufgerufen, das Europäische Par- lament (EP) neu zu wählen. Dabei hat sich der Trend weg von den großen und hin zu kleineren Parteien bestätigt. Die deutschen Wähler haben – der Bundestagswahl im September vorgrei- fend - die so genannten Volksparteien abgestraft und die kleineren Parteien gestärkt. Zwar wur- de die Union mit 37,9% nach wie vor stärkste Kraft, musste aber erhebliche Verluste gegenüber der letzten Europawahl hinnehmen. Die FDP legte im Vergleich zu 2004 um 4,9 Prozentpunkte zu und kam auf 11% der Wahlstimmen. Übersetzt man diese Zahlen in Abgeordnetenmandate, so kommen die Freidemokraten auf 12 Sitze im neu gewählten Parlament. Die liberale Fraktion Alliance of Liberals and Democrats (ALDE) bekam 84 von insgesamt 736 Sitzen und stellt damit die drittgrößte Fraktion im EP.

Als neuen Präsidenten hat das EP den polnischen Konservativen Jerzy Buzek als Nachfolger des deutschen Christdemokraten Hans-Gert Pöttering gewählt. Silvana Koch-Mehrin wurde als eine von 14 Vizepräsidenten bestätigt. Neuer Vorsitzender der ALDE-Fraktion wurde Guy Verhof- stadt. Der ehemalige belgische Premierminister folgte auf den Briten Graham Watson. Nach kontroversen Diskussionen wurde im Sommer entschieden, die Abstimmung über die Wahl des Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zunächst auf den Herbst zu verschieben. Barroso, der aktiv um die Stimmen der Liberalen geworben hatte, erhielt schließlich im September 382 von 718 gültigen Stimmen. 219 Abgeordnete, vor allem Grüne und Linke, votierten gegen Barro- so, der Rest enthielt sich. Bis auf Weiteres arbeitet die Europäische Kommission nun noch in ihrer derzeitigen Besetzung weiter, wird anschließend neu ernannt und durch das EP bestätigt.

Personelle Änderungen betrafen jedoch nicht nur die Europäischen Institutionen. Im August 2009 wurde der Vorsitzende der dänischen Venstre-Partei Anders Fogh Rasmussen zum NATO- Generalsekretär berufen. Damit wird für zunächst vier Jahre ein Liberaler das Generalsekretariat des Nordatlantikrates leiten. Rasmussen tritt dynamischer auf als sein Vorgänger Jaap de Hoop Scheffer. Zu seinem Antritt kündigte er unter anderem an, künftig stärker mit Russland zusam- menzuarbeiten.

Die institutionellen und personellen Veränderungen bergen neue Herausforderungen und Chan- cen. Einerseits gilt es, bestehende Kontakte zu Entscheidungsträgern weiter zu pflegen und zu intensivieren, andererseits eröffnen sich neue Gelegenheiten der Zusammenarbeit.

1.2 Vertrag von Lissabon: Verfassungskrise beendet

Mit dem von den Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten am 13. Dezember 2007 in Lissabon unterzeichneten Vertrag sollen die Institutionen der EU modernisiert und ihre Arbeits- methoden optimiert werden. Zu den wichtigsten institutionellen Änderungen des Vertrags von Lissabon gehört die weitere Stärkung des Europäischen Parlamentes, das in den meisten Politik- bereichen dem Ministerrat gleichgestellt werden soll, das neue Amt des Präsidenten des Europä- ischen Rates, die Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen im Rat der Europäischen Union, die Einführung eines „EU-Außenministers“, der zugleich Vizepräsident der Kommission ist, sowie die Ausstattung der EU mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit.

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Es ist damit zu rechnen, dass der Vertrag zum 1. Januar 2010 in Kraft treten kann, nachdem zahlreiche Hindernisse aus dem Weg geräumt wurden. In Deutschland musste laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts erst ein „Lissabon-Begleitgesetz“ verabschiedet werden, das die stär- kere Einbindung des Deutschen Bundestages regelt. Die letzte Sitzung des Bundesrats vor der Bundestagswahl am 27. September 2009 stand daher ganz im Zeichen der Europapolitik. Ein- stimmig gaben die Länder grünes Licht für die Begleitgesetze zum EU-Reformvertrag von Lissa- bon. Die EU-Begleitgesetze sehen vor, dass Bundesrat und Bundestag künftig stärker in die eu- ropäische Gesetzgebung einbezogen werden.

Irland hatte in einem ersten Referendum am 12. Juni 2008 gegen den Lissabon-Vertrag votiert.

Beim zweiten Abstimmungsversuch am 2. Oktober 2009 haben 67,1% der Iren Ja gesagt. Damit wurde der Lissabon-Vertrag mit klarer Mehrheit angenommen und die Europäische Union vor einer weiteren Krise bewahrt. In Brüssel reagierte man erleichtert auf diese Wendung. Irlands Präsident Brian Cowen hatte Zugeständnisse von Brüssel erhalten, um seinen Landsleuten den Vertrag beim zweiten Durchgang schmackhaft zu machen. So wird das Abtreibungsverbot im katholischen Irland nicht infrage gestellt und Irland ein ständiger EU-Kommissar garantiert.

Nur eine Woche nach dem irischen „Yes“ hat auch Staatspräsident Lech Kaczynski in Polen seine Unterschrift unter das Vertragswerk gesetzt.

Als letztes Land der 27 Mitgliedstaaten billigte schließlich auch Tschechien den Vertrag von Lissabon. Der bekanntlich europakritische Präsident Vaclav Klaus hatte nie einen Hehl aus seiner Ablehnung des Vertrags gemacht. Nachdem das tschechische Verfassungsgericht beschieden hatte, dass der Vertrag von Lissabon nicht im Widerspruch zur tschechischen Verfassung stehe, fing sein Widerstand langsam an zu bröckeln. Klaus erklärte sich aber erst zur Unterschrift be- reit, nachdem er sich von den EU-Staaten eine Ausnahme von der EU-Grundrechtscharta hatte garantieren lassen. Damit sehe er, Klaus, die umstrittenen Benes-Dekrete, welche zwischen 1940 und 1945 die Entrechtung und Enteignung der sudetendeutschen und ungarischen Minderheit regelten, garantiert. Rechtsgelehrte betonen indes, der Lissabon-Vertrag gelte nicht rückwir- kend, weshalb er Forderungen der Vertriebenen keineswegs stützen könne.

1.3 Migration: Engere Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres

Die Europäische Union sieht sich mit einem Mangel an Fachkräften konfrontiert. Um diesem entgegenzuwirken, gab der Europäische Rat im Mai 2009 grünes Licht für die Blue Card.1 Dies ist eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für nicht-europäische Fachkräfte nach dem Vorbild der US-amerikanischen Green Card. Mit der Blue Card erhofft sich die EU, für hochqualifizierte Arbeitskräfte attraktiver zu werden. So ist der Erhalt der Karte an feste Bedingungen geknüpft:

Arbeitnehmer müssen unter anderem einen Arbeitsvertrag, ein für das jeweilige EU-Land über- durchschnittliches Gehalt und entsprechende Qualifikationen nachweisen.

Die Europäische Kommission hat im Juni 2009 ihre Prioritäten für eine zukünftige europäische Innen- und Rechtspolitik vorgestellt. Die vorgesehene engere Zusammenarbeit der EU-Länder im Bereich Justiz und Inneres ist insofern wichtig, als das Europäische Parlament nach Lissabon in diesem Bereich gleichwertig mitentscheiden darf. Das so genannte Stockholm Programm (2010 – 2014) 2 wird das auslaufende Haager Programm voraussichtlich ab Dezember ersetzen.

1 http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/08/st17/st17426.de08.pdf

2 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2009:0262:FIN:DE:PDF

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Das neue Mehrjahresprogramm trägt den Untertitel: „Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger“. Dabei bildet Immigration einen Schwerpunkt des Dokuments.

Es fordert die Mitgliedstaaten auf, das Grenzmanagement zu verbessern und den Immigranten in der gesamten EU gleiche Rechte zu geben. Darüber hinaus drängt die Kommission auf eine stärkere Überwachung der Migrationsmuster und der Arbeitsmarkttendenzen. Sie fordert ferner ein einheitliches Asylverfahren und ein freiwilliges System, das eine ausgewogenere Aufteilung der Flüchtlinge auf die EU-Länder erlaubt. Zudem ist vorgesehen, mit den angrenzenden EU- Nachbarn zusammenzuarbeiten, um die Migrationsströme besser zu steuern und die Rolle der Europäischen Agentur für die Kontrolle an den Außengrenzen der EU, Frontex, zu stärken. Illega- le Immigranten sollen weiterhin in Auffanglagern untergebracht werden. Gleichzeitig sei aber auch die freiwillige Rückkehr zu fördern.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hat bereits harsche Kritik an dem Dokument geübt. Das Thema Zuwanderung mit demjenigen der Sicherheit zu verknüpfen und es vom Schutz der Menschenrechte zu trennen, sei ein falsches politisches Signal. Der Ausschuss schlägt daher vor, in der neuen Europäischen Kommission die Einwanderungs- und Asylpolitik eng mit dem Grundrechteschutz zu verknüpfen und beide Bereiche dem gleichen politischen Ressort zu unterstellen.3

Im Oktober 2008 war unter französischer Ratspräsidentschaft der als Grundlage der gemeinsa- men Asyl- und Einwanderungspolitik dienende „Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl“

angenommen worden. Darauf aufbauend hat die Kommission im September 2009 Vorschläge zu einem freiwilligen Neuansiedlungsprogramm unterbreitet.4 Das Programm sieht vor, die oft überfüllten Aufnahmezentren außerhalb der EU zu entlasten. Ein Büro für Asylfragen (European Asylum Support Office EASO) soll ab 2010 unterstützend tätig werden und die Koordination zwi- schen den Mitgliedstaaten verbessern. Der EU-Gipfel im Dezember 2009 wird sich sowohl mit dem Stockholm Programm, als auch mit den Kommissionsvorschlägen zum Neuansiedlungspro- gramm befassen.

Der Herbst dieses Jahres stand ganz im Zeichen der Migrationspolitik. Im Oktober 2009 hat die Europäische Kommission weitere Vorschläge angenommen, mit denen zwei Rechtsinstrumente des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geändert werden sollen: die Richtlinie über die Anerkennung und den Status von Personen, die internationalen Schutz benötigen, und Richtlinie zu den gemeinsamen Asylverfahren. Im selben Monat organisierte die schwedische Ratspräsi- dentschaft eine Konferenz zum Thema „Arbeitsmigration und Entwicklungspotential der Alters- mobilität“ im schwedischen Malmö. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die europäische Migrationspolitik an den dynamischen Arbeitsmarkt angepasst werden müsse, um einen besse- ren Ausgleich von Arbeitskräfteangebot und Nachfrage zu schaffen. So sei es dringend geboten, flexible Arbeitsmarktpolitiken zu entwickeln.5

1.4 Finanzkrise: Koordiniertes Vorgehen und verbesserte Aufsicht

Am 25. Februar 2009 veröffentlichte die Expertengruppe der Europäischen Kommission um Jacques de Larosière, ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), den de Larosière-Bericht.6 Dieser unterbreitete detaillierte Vorschläge zur Aufsicht der Finanzinstitute und -märkte. Konkret

3 CESE 1254/2009 fin

4 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2009/com2009_0447de01.pdf

5 http://www.se2009.eu/polopoly_fs/1.20379!menu/standard/file/chairs%20conclusions.pdf, 22.10.2009

6 http://ec.europa.eu/internal_market/finances/docs/de_larosiere_report_de.pdf

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beinhalten die Empfehlungen die Schaffung gemeinsamer Regeln für Investmentfonds, die Minde- rung von Manager-Boni, die Schaffung eines europäischen Systems für Finanzaufsicht und eines Kri- senmanagements für den Bankensektor.

Der Wirtschaftszweig, der neben den Banken am stärksten von der Krise gebeutelt wurde, war die Automobilindustrie. Prominentestes Beispiel in Deutschland ist der Fall Opel. Ebenfalls am 25. Febru- ar 2009 gab die Kommission daher eine Mitteilung über Maßnahmen zur Bewältigung der Krise in der europäischen Automobilindustrie heraus. Darin legt sie Maßnahmen für einen besseren Zugang zu Krediten, für klarere Regelungen zu staatlichen Sonderhilfen und zur Ankurbelung der Nachfrage nach Neufahrzeugen fest.

Diese und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden auf einem außerordentlichen Finanzgipfel am 1. März 2009 diskutiert. Europas Staats- und Regierungschefs verständigten sich auf den Erhalt des Binnenmarktes, die Förderung von Wirtschaftswachstum und die Ablehnung von Protektionismus. Zudem beschlossen sie eine Verdoppelung des "Notfallfonds" für Mitgliedstaaten in akuten Finanznöten auf 50 Milliarden Euro.

Die Europäische Kommission legte im Mai 2009 ihre Vorschläge zur europäischen Finanzaufsicht vor.7 Sie kündigte darin eine Reihe von Reformen an der aktuellen Struktur der Finanzdienstleistungsaus- schüsse an. Im Kern geht es um die Schaffung eines Europäischen Rates für Systemrisiken (European Systemic Risk Council, ESRC) und eines Europäischen Finanzaufsichtssystems (European System of Financial Supervisors, ESFS). Die entsprechenden Legislativvorschläge sollen im Herbst folgen.

Eine weitere Folge der Finanzkrise war der Staatsbankrott Islands und dessen Antrag auf EU- Mitgliedschaft im Juli 2009. Mehrere große isländische Banken mussten verstaatlicht werden, um den Kollaps zu verhindern. Die Bankenrettung brachte den isländischen Staatshaushalt in eine ge- fährliche Schieflage. Für diese bedenkliche Situation wurde vor allem die Regierung verantwortlich gemacht, die Anfang des Jahres zurücktrat. In diesem Kontext gewann der von Regierungschefin Si- gurdardottir propagierte EU-Beitritt des Landes immer mehr Befürworter. Insbesondere schien die Einführung des Euro eine solide Alternative zur deutlich geschwächten Isländischen Krone zu sein.

Auch das Europäische Parlament reagierte auf die Finanzkrise, indem es am 8. Oktober 2009 einen parlamentarischen Sonderausschuss zur Finanz- und Wirtschaftskrise einrichtete. Der Ausschuss soll in den nächsten zwölf Monaten das Ausmaß und die Auswirkungen der Krise in den Mitgliedstaaten untersuchen und Maßnahmen zum Wiederaufbau stabiler Finanzmärkte vorschlagen. Der Ausschuss- vorsitzende Wolfgang Klinz (FDP) sprach sich bei der Eröffnungsveranstaltung für die Notwendigkeit einer "maßgeschneiderten Regulierung" aus.

1.5 Erweiterung und Nachbarschaftspolitik: Vergrößerung des Freundeskreises

Der aktuelle Erweiterungsprozess der Europäischen Union vollzieht sich vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rezession. Die Krise trifft sowohl die EU, als auch die Erweiterungsländer. Der- zeit gibt es in der EU drei Beitrittskandidaten. Diese sind die Türkei, Mazedonien und Kroatien.

Im Laufe des letzten Jahres hat die EU drei neue Anträge auf Mitgliedschaft erhalten: Monte- negro (Dezember 2008), Albanien (April 2009) und Island (Juli 2009). Island wurde dieses Jahr noch nicht in die laufende Überprüfung der Kommission miteinbezogen, weshalb folgende Län- der derzeit als potenzielle Kandidaten gelten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien und Kosovo (gemäß Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates).

7 http://ec.europa.eu/commission_barroso/president/pdf/press_20090304_en.pdf

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Am 14. Oktober 2009 hat die EU ihr jährliches Strategiepapier für die Erweiterung in den Jahren 2009 und 2010 vorgelegt. Das Papier enthält eine Zusammenfassung der im Laufe der letzten 12 Monate erzielten Forschritte eines jeden Kandidaten und der potenziellen Kandidaten.8 Darüber hinaus liegen die jährlichen Fortschrittsberichte zu den Beitrittskandidaten vor.

Bezüglich der Lage der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes der Türkei etwa unter- streicht die Kommission, es bedürfe noch erheblicher Anstrengungen, bis das Land beitrittsreif sei. Insbesondere die Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum UN-Übereinkommen gegen Fol- ter (OPCAT) und die Umsetzung einiger Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschen- rechte, die Gesetzesänderungen erfordern, stünden noch aus. „Folter- und Misshandlungsvor- würfe sowie die Straffreiheit für die Täter werfen weiterhin große Besorgnis auf.“9

Im Hinblick auf die Fortschritte der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien resümiert die Kommission, das Land habe weitere Anstrengungen unternommen, um seine Fähigkeit zur Übernahme der aus einer EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu verbessern, ins- besondere in den Bereichen Verkehr, Zoll, Steuern, Freiheit, Sicherheit und Recht. In bestimmten anderen Bereichen wie Energie, Umwelt, Beschäftigung und Sozialpolitik seien geringere Fort- schritte erzielt worden.10

Der Beitrittskandidat Kroatien, so hebt die Kommission hervor, habe ebenfalls seine Fähigkeit zur Übernahme der aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen verbessert. In den meisten Bereichen seien vor allem bei der Rechtsangleichung, aber auch beim Aufbau von Ver- waltungskapazitäten, gute Fortschritte erzielt worden. Allerdings seien künftig weitere Anstren- gungen erforderlich, insbesondere im Hinblick auf die weitere Stärkung der zur vollständigen Umsetzung des Besitzstandes erforderlichen Verwaltungsstrukturen und -kapazitäten. Zudem müsse Kroatien seine Anstrengungen verstärken, um die Erfüllung der EU-Anforderungen in Be- zug auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und die Entwicklung der zur wirksamen Verwaltung der Außengrenzen notwendigen Infrastrukturen zu gewährleisten.11

Die vielleicht wichtigste Neuerung des Jahres 2009 im Bereich der Europäischen Nachbar- schaftspolitik (ENP) heißt Östliche Partnerschaft.12 Bei der im Mai 2009 gegründeten Partner- schaft handelt es sich um eine polnisch-schwedische Initiative, welche die bestehende Nachbar- schaftspolitik mit den Staaten Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, Ukraine und Belarus vertiefen und erweitern soll. Im Gegensatz zur ENP sind nur ehemalige postsowjetische Staaten in Osteuropa Ziel der Initiative. Im Zentrum stehen bilaterale Verhandlungen über Assoziations- abkommen, Visaerleichterungen, Grenz- und Energiesicherheit. Um die Zusammenarbeit zu ver- tiefen, sind jährliche Treffen der Außenminister und alle zwei Jahre ein Gipfeltreffen geplant. Bis 2013 sollen zudem 600 Millionen Euro zur Stärkung staatlicher Institutionen und Grenzkontrol- len, sowie zur Unterstützung mittelständischer Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.13

8 http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2009/strategy_paper_2009_de.pdf

9 http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2009/conclusions_on_turkey_de.pdf

10 http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2009/conclusions_on_fyrom_de.pdf

11 http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2009/conclusions_on_croatia_de.pdf

12 http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/de/ec/106824.pdf

13 Vgl. Meister, Stefan / May, Marie-Lena: DGAP Standpunkt. Die Östliche Partnerschaft der EU – ein Kooperations- angebot mit Missverständnissen, N°7, September 2009.

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1.6 Entwicklungspolitik: Gestiegene Herausforderungen in Zeiten der Krise

Das vergangene Jahr war auch im Bereich der europäischen Entwicklungspolitik von einem per- sonellen Wechsel geprägt. Der belgische EU-Kommissar für Entwicklungshilfe Louis Michel trat im Frühjahr 2009 vorzeitig von seinem Amt zurück. Der Liberale Michel hatte sich zuvor eine Auszeit genommen und für das Europäische Parlament kandidiert. Im Juli nahm er nach erfolg- reicher Wahl seinen Sitz im Europaparlament ein, wo er für die ALDE in den Ausschüssen für Entwicklung (DEVE) und Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) sitzt. Michels Sohn, Charles Michel, ist belgischer Minister für Entwicklungszusammenarbeit. Michels Interimsnach- folger in der Kommission, der flämische Außenminister Karel de Gucht, ist ebenfalls ein Libera- ler.

Im Oktober 2009 hat die Europäische Union zum vierten Mal zu den Development Days eingela- den, die dieses Jahr in Stockholm stattfanden. Eine der Hauptfragen war dabei, wie sich die glo- bale Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Entwicklungs- und Schwellenländer auswirkt und wel- che Konsequenzen daraus zu ziehen sind.

Als sicher gilt, dass die Krise auch die armen und ärmsten Länder erreicht und schlimm getroffen hat. In einer Mitteilung14 unterstrich die Kommission im September 2009 daher, dass infolge der Krise das Bewusstsein wachse, dass eine bloße Rückkehr zum Status quo ante nicht ausreiche.

Eine Fortsetzung der Entwicklungshilfe wie bisher genüge nicht. Finanziell gesehen bedeute dies, dass die öffentliche Entwicklungshilfe, Official Devlopment Aid (ODA), durch Finanzmittel aus anderen Quellen ergänzt werden müsse.

Die ODA-Quote will die EU bis zum Jahr 2015 auf 0,7% des Bruttosozialprodukts steigern. Dabei unternehmen die EU-Länder aber sehr unterschiedliche Anstrengungen. Während Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Schweden ihre ODA-Quoten bereits übererfüllt ha- ben, bleibt Italien bei bescheidenen 0,18%. Deutschland liegt mit 0,38% auf Rang 14 von insge- samt 22 Geberländern. Mehrfach wurde daher eine verbesserte Koordination der Geberländer und ihrer Zahlungen angemahnt, um sicherzustellen, dass das Geld auch da ankommt, wo es Gutes im Sinne der UN-Milleniumsziele (Millennium Development Goals) bewirkt.

Die EU unterstützt die Millennium Development Goals der Vereinten Nationen, die bis zum Jahr 2015 erreicht werden sollen. Zu den ehrgeizigen Zielen gehören unter anderem die Halbierung des Anteils der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut leidet, die Verringerung der Kinder- sterblichkeit, die Ermöglichung einer Grundschulausbildung für alle Kinder und die Verbesserung der Gesundheit von Müttern.

Die Kommission bekräftigte in einer Mitteilung im April 2009, dass die öffentliche Entwick- lungshilfe (ODA) allein nicht ausreiche.15 Die EU müsse auch andere verfügbare Quellen und Instrumente nutzen, um Unterstützung für die Ankurbelung von Wachstum, Investitionen, Han- del und Beschäftigung zu mobilisieren. Derart umfassende Anstrengungen sollten zu einem „Ge- samtkonzept der Union für die Entwicklung“ (Policy Coherence for Development, PCD) vereint werden, bei dem auf Instrumente wie Exportkredite, Investitionsgarantien und Technologietrans- fers zurückgegriffen wird. Die Mitgliedstaaten sollten sich also verstärkt um die Mobilisierung zusätzlicher entwicklungsrelevanter Finanzmittel bemühen. Das Ziel ist hoch gesteckt: Für jeden für die ODA ausgegebenen Euro sollen fünf Euro für andere Bereiche – also Technologietrans- fers, Handelsfinanzierung und private Investitionen - mobilisiert werden.

14 http://ec.europa.eu/development/icenter/repository/COM_2009_458_part1_de.pdf

15 http://ec.europa.eu/development/icenter/repository/COMM_PDF_COM_2009_0160_F_DE_ACTE.pdf

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Das Ziel ist ehrgeizig, die Wirtschaftskrise noch lange nicht ausgestanden, die Erfolgsbilanz 2009 bescheiden. So scheint die ernüchternde Devise zu lauten: „We need to narrow the target and broaden the instruments“16.

1.7 Ausblick

Die Reihenfolge der Antrittsbesuche des neuen deutschen Außenministers Guido Westerwelle war eine Überraschung. Westerwelle ist demonstrativ zuerst nach Polen gereist, um anschlie- ßend beim EU-Gipfel in Brüssel sowohl die europäischen Staats- und Regierungschefs, als auch den belgischen Außenminister Yves Leterme zu treffen. Anschließend reiste er über Luxemburg und die Niederlande weiter nach Frankreich. Am 5. November flog Westerwelle nach Washing- ton und sprach sich dort im Gespräch mit Hillary Clinton für eine starke transatlantische Part- nerschaft aus. Die viel beachtete Reihenfolge dieser Antrittsbesuche weist auf Westerwelles Wertschätzung der bilateralen Zusammenarbeit auch mit den kleineren Ländern hin und wird als Signal für die künftige Zusammenarbeit in Europa verstanden.

Motor des gesetzgeberischen und politischen Entscheidungsprozesses ist seit dem 1. Juli 2009 Schweden als vorsitzendes Mitglied im Europäischen Rat. Schweden hat sich vorgenommen, die großen Zukunftsfragen Europas auf die Agenda zu setzen und sich zuvorderst mit den Themen Klima und Energie, Recht und Inneres, Umwelt und Wachstum zu beschäftigen. Die schwedische Regierung setzt sich darüber hinaus für eine Fortsetzung der EU-Erweiterung und eine EU ein, die Frieden, Freiheit und eine nachhaltige Entwicklung auf globaler Ebene fördert.

Angesichts der andauernden globalen Wirtschafts- und Finanzkrise wird von den Ratspräsident- schaften ein besonders hohes Maß an Einsatz und Flexibilität gefordert. Dies gilt sowohl für Schweden, als auch für Spanien, das am 1. Januar 2010 den Ratsvorsitz übernehmen und bis zum 30. Juni innehaben wird. Die drei thematischen Schwerpunkte der spanischen Präsident- schaft sind die Errichtung eines neuen, weniger krisenanfälligen und nachhaltigen Wirtschafts- modells, die Stärkung eines sozialen Europas sowie die Klärung der Rolle der EU als Akteurin in einer multipolaren Welt. Als Leitideen sollen Innovation und Gleichberechtigung, insbesondere zwischen Männern und Frauen, den spanischen Bestrebungen die Richtung vorgeben.

16 Paul Collier, The Bottom Billion, Oxford University Press 2007: 192.

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2. Die Protektionismusdebatte um die Buy American-Klausel im American Recovery and Reinvestment Act

Das im Februar 2009 verabschiedete Konjunkturpaket der US-Regierung (American Recovery and Reinvestment Act) sollte der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise unter anderem durch die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen entgegen wirken. Die in dem Gesetzesentwurf ent- haltene „Buy American-Klausel“ rief jedoch internationale Kritik hervor und irritierte deutsche Handelspartner, die darin handelsverzerrende Maßnahmen erkannten. Versteckter Protektionis- mus ist nicht nur der falsche Weg aus der Krise, sondern kann die Situation sogar verschlimmern und die globale Wirtschaftsentwicklung hemmen.

Das Konjunkturpaket der US-Regierung und die Buy American-Klausel

Die Stimulierung der amerikanischen Wirtschaft stand ganz oben auf der Prioritätenliste, als die frisch gewählte Regierung Barack Obamas im Frühjahr 2009 ihre Arbeit aufnahm. Die Stimmung war hoffnungsvoll und die Mehrheitsverhältnisse im Kongress standen ausgezeichnet, um ein einheitliches Konjunkturprogramm auf den Weg zu bringen, das die Folgen der Wirtschaftskrise in den USA bekämpfen sollte. Nach weniger als einem Monat im Amt unterzeichnete Präsident Obama das 787 Milliarden US-Dollar schwere Konjunkturpaket. Der sogenannte American Reco- very and Reinvestment Act (ARRA) ging als das bedeutendste und umfangreichste Konjunktur- paket in die Geschichte der Vereinigten Staaten ein. Das Konjunkturpaket sollte Arbeitsplätze schaffen oder zumindest erhalten und langfristiges, stabiles Wirtschaftswachstum sichern. Ne- ben Steuererleichterungen und staatlichen Investitionen im Gesundheits- und Bildungssystem standen auch umfangreiche Maßnahmen für die Erneuerung der Infrastruktur und die Förderung alternativer Energiequellen auf der Agenda. Das Konjunkturpaket sollte gerade jenen Industrie- zweigen helfen, die besonders unter den Folgen der Wirtschaftskrise und unter sinkender Nach- frage litten. Gleiches galt für sozial Schwache und Arbeitslose, die unter anderem über bil- dungspolitische und gesundheitsfördernde Programme erreicht werden sollten. Die Steuerer- leichterungen machen mehr als ein Drittel (288 Milliarden Dollar) der gesamten finanziellen Aufwendungen des ARRA aus. Um Transparenz zu gewährleisten, sind Empfänger der Hilfen ver- pflichtet, alle drei Monate öffentlich Rechenschaft darüber abzulegen, wofür das Geld aufge- wendet wurde.

Die Einführung des Konjunkturpakets verlief nicht ohne Reibungen. Als der Gesetzesentwurf im Januar 2009 ins amerikanische Repräsentantenhaus eingebracht wurde, rief eine kleine, aber bedeutende Klausel des Entwurfs internationalen Protest hervor. Diese Klausel besagte, dass alle Projekte, die durch das Konjunkturpaket gefördert werden, Stahl und Metall ausschließlich aus heimischer Produktion verwenden dürften. Alle Infrastrukturprojekte wie der Neubau und die Instandsetzung von Brücken, Strassen und Gehwegen wären von dieser Regelung betroffen ge- wesen. Die Klausel wurde in den Medien und in der Politik häufig als Buy American bezeichnet, da diese Form von Protektionismus ausschließlich die heimische Stahlproduktion begünstigen sollte. Ausländische Produzenten hingegen wären diskriminiert worden, indem man ihnen den Zugang zum US-Markt versagt hätte. Die amerikanischen Stahlproduzenten haben seit längerer Zeit mit sinkender Nachfrage und fallenden Marktanteilen zu kämpfen, wohingegen ausländi- sche Produzenten vom niedrigen Ölpreis profitieren und ihre Stahlerzeugnisse auf den Welt- märkten billiger anbieten können.

Große amerikanische Firmen wie Caterpillar, General Electrics und Vertreter der Luftfahrtindust- rie standen der Buy American-Klausel sehr kritisch gegenüber. Dabei mag die Sorge um den Ex-

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port ihrer Produkte ins Ausland eine Rolle gespielt haben. Die Gefahr, dass andere Länder die Buy American-Klausel mit ähnlichen Handelsbeschränkungen vergelten könnten, bedeutete be- sonders für jene Hersteller eine Gefahr, die ihre Gewinne überwiegend außerhalb Amerikas er- zielen. Als der Gesetzesentwurf im Senat debattiert wurde, forderten vor allem die Republikaner grundlegende Änderungen des Entwurfs. Senator John McCain aus Arizona rief dazu auf, die Klausel ersatzlos zu streichen. Sein Vorschlag wurde jedoch abgelehnt und die Klausel zunächst beibehalten.

Protektionismusvorwürfe der europäischen Handelspartner

Während der Kongress über die Klausel debattierte, wuchs auf der anderen Seite des Atlantiks die Kritik an dem Gesetzesentwurf. Europäische und internationale Experten sprachen sich ge- gen protektionistische Tendenzen und eine Abschottung der amerikanischen Wirtschaft aus.

Nicht nur die Befürchtung, dass die Vereinigten Staaten mit der Buy American-Klausel gegen internationale Handelsverträge verstoßen, spielte dabei eine Rolle, sondern auch das Signal, das die USA mit der Klausel an die Weltwirtschaft aussendeten. Auch amerikanische Handelsexper- ten und Ökonomen warnten vor dem geplanten Vorhaben und dem staatlichen Eingriff in die freiheitliche Handelsordnung. Als mögliche Zukunftsszenarien wurden Vergeltungsmaßnahmen bis hin zu Handelskriegen ausgemalt, die die ohnehin schlechte Wirtschaftslage in den USA wei- ter verschlimmern könnten. Gegenmaßnahmen anderer Länder bedeuteten langfristig einen noch größeren Verlust von Arbeitsplätzen als die erhoffte kurzfristige Erhaltung von Jobs im produzierenden Gewerbe.

In Europa wurde das Problem im Rahmen des Weltwirtschaftsforums 2009 im schweizerischen Davos kontrovers diskutiert. Einige Vertreter beschworen das Gespenst der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren herauf, als der Staat ebenfalls immens in die Wirtschaftsordnung einge- griffen hatte. Vertreter der Europäischen Union warnten vor einem Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation und riefen die amerikanische Regierung mehrmals dazu auf, die Klau- sel zu streichen. John Bruton, Botschafter der Europäischen Union in den Vereinigten Staaten, drückte seine Besorgnis in einem Brief an den US-Präsidenten aus. Er warnte, die Klausel würde schlimme Folgen für den Welthandel haben. In ähnlicher Weise äußerten sich auch deutsche Politiker und Handelsexperten. Bundeskanzlerin Merkel warnte, die Krise könne sich sogar noch verschlimmern und sprach sich für eine multilaterale Koordinierung aus.

Der Vorwurf des Protektionismus an die amerikanische Regierung wurde besonders hervorgeho- ben, da Amerika – genau wie Deutschland – auf dem Gipfeltreffen der G 20 Ende 2008 verspro- chen hatte, die Wirtschaftskrise nicht mit Protektionismus zu bekämpfen. Die Buy American- Klausel wurde daher nicht nur als ein Verstoß gegen internationale Handelsverträge aufgefasst, sondern auch als Brechung dieses Versprechens. Insbesondere unter den Regeln der Welthan- delsorganisation und des NAFTA-Abkommens17 sind die USA verpflichtet, ihre Märkte ausländi- schen Konkurrenten offenzuhalten.

Obama schwächt Klausel ab

Präsident Obama reagierte auf diese globale Protestwelle und sprach sich nach den Reaktionen aus Europa und dem Inland gegen die Buy American-Klausel im Konjunkturpaket aus. Die Klau- sel wurde jedoch nicht vollkommen aus dem Gesetz entfernt, sondern lediglich abgeschwächt

17 NAFTA = North American Free Trade Agreement

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und so geändert, dass sie mit geltenden Handelsverträgen vereinbar war: die Bestimmung sollte weiterhin ihre Gültigkeit behalten, jedoch nur für Länder ohne Handelsabkommen mit den USA.

Unter anderem wurden somit die Europäische Union, Kanada und Mexiko von den strengen Auf- lagen ausgenommen.

Die Motivation, das Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden, um weitere Verheerungen durch die Wirtschaftskrise zu verhindern, mag für die US-Regierung entscheidend gewesen sein.

Der US-Senat verabschiedete das ursprünglich als überparteiliche Initiative geplante Konjunk- turpaket schließlich mit den Stimmen der Demokraten und lediglich drei republikanischen Voten.

Im Repräsentantenhaus stimmte kein einziger der republikanischen Abgeordneten für das Ge- setz. Nicht nur der einzigartige Umfang des Pakets wurde kontrovers diskutiert, sondern auch die Belastungen der nachfolgenden Generationen aufgrund der hohen Verschuldung.

Am 7. Februar 2009 unterzeichnete Präsident Obama das Gesetz und der American Recovery and Reinvestment Act trat einschließlich der deutlich harmloseren Buy American-Klausel in Kraft.

Die Gründe dafür sind einerseits auf die internationale Kritik und andererseits auf das Lobbying von Handelsexperten zurückzuführen. Dass die Klausel nicht vollständig aus dem Gesetz getilgt wurde, liegt an ihren prominenten Unterstützern. Unter ihnen befinden sich Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen wie die Alliance for American Manufacturing und die Internatio- nal Association of Machinists and Aerospace Workers. Besonders diese Interessenverbände recht- fertigten in ihren Publikationen die Buy American-Klausel und stellten den Erhalt von amerika- nischen Arbeitsplätzen in den Vordergrund. Gerade die Gewerkschaften waren eifrige Unterstüt- zer von Obama im Präsidentenwahlkampf und wurden durch das Konjunkturpaket begünstigt.

Somit kann die Klausel auch als ein Zugeständnis an die Wählerschaft des Präsidenten gewertet werden.

Um Unterstützung und Transparenz für das Konjunkturpaket zu gewährleisten, wurde die Inter- netseite www.recovery.gov ins Leben gerufen. Auf dieser Seite kann man sich über den Stand und das Ausmaß der staatlichen Zuwendungen informieren und anhand von Texten, Tabellen und Graphiken nachvollziehen, wohin das Geld fließt. Ab Anfang November 2009 werden hier auch die Abschlußberichte veröffentlicht, die Aufschluss über die Folgen der Staatshilfen geben sollen. Nach ersten Einschätzungen gibt es eine große Diskrepanz zwischen den Berichten der Regierung und den tatsächlichen Ergebnissen der Projekte. Erfolgsmeldungen, nach denen das Konjunkturpaket bereits 30.000 Jobs gerettet habe, werden in einer Untersuchung der Nachrich- tenagentur Associated Press als übertrieben dargestellt.18 Es gilt daher abzuwarten, was die tat- sächlichen Ergebnisse der staatlichen Hilfen sein werden.

Abschließende Betrachtung und Auswirkungen auf die Arbeit der Stiftung

In Wirtschaftskrisen sind Länder mehr als sonst versucht, ihre Volkswirtschaft mit protektionisti- schen Maßnahmen zu schützen. Abschottung der heimischen Märkte führt jedoch zur Störung des Welthandels. Staatliche Unterstützung von Industrien verzerrt die globalen Wettbewerbsbe- dingungen und Maßnahmen wie die Buy American-Klausel, die manchem auf den ersten Blick hilfreich und berechtigt erscheinen mögen, richten mehr Schaden als Nutzen an. Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind alle Länder auf offene Märkte und faire Spielregeln an- gewiesen, um die Krise zu bekämpfen und ein stabiles Wirtschaftswachstum zu gewährleisten.

18 Brett J. Blackledge und Matt Apuzzo, Associated Press: Stimulus jobs overstated by thousands,

http://www.google.com/hostednews/ap/article/ALeqM5jMNoef6xDenBbHWO0Im6rIjDmAgAD9BKIN400, Zugriff am 29.10.2009.

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Wie die G 20-Länder auf ihren Gipfeltreffen bereits deutlich machten, sind protektionistische Maßnahmen keine Antwort auf die Krise. Stattdessen bedarf es globaler Regeln, die Abstim- mungen erleichtern und Handelshemmnisse abbauen. Auch ein Abschluss der Doha-Handels- runde trüge zu diesem Prozess bei.

Für die transatlantischen Handelsbeziehungen ist eine engere Zusammenarbeit gerade jetzt sehr wichtig, um den freien Wettbewerb auch in Zukunft verteidigen zu können. Deutschland und die USA sind als die beiden größten Exportnationen in besonderem Maße auf freie Märkte angewie- sen. Das Transatlantische Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit trägt dazu unter anderem durch seine Veranstaltungen zur Förderung des Freihandels bei und fördert den Austausch zwischen amerikanischen und deutschen Experten. Über den Dialog können libe- rale Prinzipien auch in Zukunft auf beiden Seiten des Atlantiks gesichert werden. Wie die Debat- te um die Buy American-Klausel zeigt, waren die Reaktionen der europäischen Handelspartner ein wichtiger Faktor für das Umschwenken der amerikanischen Regierung. Deswegen fördert das TAD die Besinnung auf die freiheitlichen Grundwerte im transatlantischen Raum.

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Impressum:

Herausgeber: Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Verantwortlich: Dr. Jürgen D. Wickert, RBL-EINA Bereich Internationale Politik

Referat Politikberatung und Internationale Politikanalyse Autoren:

Karl-Marx-Straße 2 Christina Busch (TAD Washington DC) D-14482 Potsdam Claus Gramckow (TAD Washington DC)

Dr. Ellen Madeker (DPB Brüssel) Telefon: +49 (331) 7019-117

Fax: +49 (331) 7019-55117 Email: politikanalyse@freiheit.org

www.freiheit.org Der Wiederabdruck ist unter Angabe der Quelle erlaubt, November 2009.

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