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Das metabolische Syndrom

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Academic year: 2022

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PO S T G R A D U AT E ME D I C I N E

Das metabolische Syndrom bezeichnet eine Konstellation aus kardiovaskulären Risiko- faktoren, die mit einer Insu- linresistenz verknüpft sind.

Mit Diagnose und Therapie beschäftigen sich zwei Beiträge in «Postgraduate Medicine».

Die Diagnose eines metabolischen Syn- droms kann gestellt werden, wenn gemäss National Cholesterol Education Program (NCEP) drei der folgenden Krite- rien erfüllt sind:

●abdominelle Adipositas

(Hüftumfang ≥102 cm bei Männern und ≥82 cm bei Frauen)

●Triglyzeridspiegel ≥150 mg/dl (entspr. ≥1,69 mmol/l)

●niedrigere HDL-Cholesterinspiegel

≤40 mg/dl (≤1,03 mmol/l) bei Män- nern und ≤50 mg/dl (≤1,29 mmol/l) bei Frauen

●Bluthochdruck ≥135/85 mmHg oder antihypertensive Therapie

●Nüchternblutglukose ≥110 mg/dl.

«Wenn wir bei unseren Patienten das me- tabolische Syndrom bedenken, können wir mehr kardiovaskuläre Hochrisikopa- tienten identifizieren», meint der Autor

Gregory Doelle. Er stellt in Aussicht, dass bald noch weitere Risikofaktoren Einzug in die Richtlinien halten werden, etwa das hochsensitive C-reaktive Protein.

In seinem Beitrag stellt Doelle die ver- schiedenen Komponenten des metaboli- schen Syndroms vor.

Adipositas

ist ein Hauptrisikofaktor für Typ-2-Diabetes und für kardiovaskuläre Erkrankungen.

Fettleibigkeit gehört zum metabolischen Syndrom, obwohl nicht alle betroffenen Patienten tatsächlich eine Insulinresistenz aufweisen. Für die metabolischen Konse- quenzen ist einzig das viszerale Fett aus- schlaggebend, weil es als initiales Moment in der Entwicklung einer Insulinresistenz gilt. Die Behandlung des Übergewichts sieht der Autor in erster Linie in Diät und Bewegung. Daneben kämen im Einzelfall zusätzlich auch Appetitzügler in Betracht, obwohl der gewichtsreduzierende Effekt etwa von Sibutramin (Reductil®) und Orli- stat (Xenical®) mit 5 bis maximal 10 Pro- zent keine ganz grossen Sprünge erlaube.

Gewisse Hoffnungen setzt Doelle wie offenbar viele andere Experten in den Cannaboid-Rezeptorantagonisten Rimo- nabant (ARS MEDICI 21/2004), der aber noch nicht auf dem Markt erhältlich ist.

Dyslipidämie

Die kombinierte Hyperlipidämie gilt als Grundpfeiler des metabolischen Syndroms.

Die Konstellation besteht aus Hypertrigly- zeridämie, tiefen HDL-Cholesterinspiegeln und oft normalem LDL-Cholesterin, wobei die LDL-Partikel bei den Patienten oft klei- ner und dichter sind. Ob diese Besonder- heit eine klinische Bedeutung hat, weiss man noch nicht.

Die Diagnose einer Hyperlipidämie kann

nur gestellt werden, wenn der Patient nicht akut krank ist. Während das HDL- Cholesterin kaum von der aktuellen Nah- rungsaufnahme beeinflusst wird, ist das bei Triglyzeriden anders. Zuverlässig las- sen sie sich nur bestimmen, wenn der Pa- tient zwölf Stunden zuvor nicht gegessen hat, also nüchtern zur Blutabnahme kommt. Der Autor weist darauf hin, dass auch bestimmte Erkrankungen niedrige HDL-Spiegel hervorrufen können, wie etwa ein Hypothyreoidismus.

Die Behandlung der Dyslipidämie ist eben- falls primär nicht pharmakologisch, die Ansatzpunkte sind Gewichtsreduktion, Bewegung und fettarme Ernährung. Auch Statine sind wirksam. Die ATP-III-Guide- lines empfehlen sie, wenn LDL-Senkung das primäre Ziel ist und die Patienten Triglyzeridlevel unter 500 mg/dl (5,65 mmol/l) aufweisen.

«Das metabolische Syndrom ist ein Äqui- valent zur KHK», meint der Autor. Des- halb wird das Ziel ausgegeben, das LDL-

Das metabolische Syndrom

Bedeutung der kardiovaskulären Risikokonstellation

A R S M E D I C I 2 22 0 0 4 1 1 2 1

Ü B E R S I C H T A P E R Ç U

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

s ä t z e s ä t z e

●Das metabolische Syndrom ist eine Kombination aus gestörtem Glukose- und Lipidstoffwechsel, Übergewicht und abdomineller Fettansammlung, Dyslipidämie und Hypertonie.

●Bewegung, Diät und Gewichts- abnahme sind entscheidende therapeutische Massnahmen. Mit solchen Lifestyle-Veränderungen lässt sich die Insulinresistenz ver- ringern und das Fortschreiten zum Typ-2-Diabetes bremsen.

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Cholesterin unter 100 mg/dl (2,59 mmol/l) zu senken. Das erfordert in der Praxis fast immer ein Statin. Allerdings werden mit Statinen Triglyzeride und HDL-Cholesterin in der Regel nicht normalisiert.

Um dies zu erreichen, hat man im Rahmen des Coronary Drug Project und des Vete- rans Affairs High-Density Lipopotein Cho- lesterol Intervention Trial (VAHIT) Niacin (in der Schweiz nicht im Handel) respek- tive Gemfibrocil (Gevilon®) eingesetzt. Das Nikotinsäurederivat und das Fibrat konn- ten dabei, so der Autor, die gewünschten Lipidveränderungen bewirken und führ- ten zu einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse. Vorsicht ist allerdings bei der Kombination aus Fibrat und Statin gebo- ten, weil das Myositisrisiko erhöht ist. Es sollten Kreatinkinasespiegel bestimmt werden, wenn sich eine Myalgie ent- wickelt.

Hypertonie

Der Bluthochdruck ist oft kombiniert mit Fettleibigkeit. Gewichtsabnahme senkt auch den Blutdruck – ein Zusammenhang, der, wie der Autor schreibt, «die Überlappung der individuellen Komponenten des meta- bolischen Syndroms zeigt». Wie allerdings Insulinresistenz und Hochdruck zusam- menhängen, ist bislang ein Rätsel geblie- ben. Insulin wirkt als direkter Vasodilata- tor, wenn es als Kurzinfusion verabreicht wird; es erhöht aber andererseits die re- nale Natriumrückresorption und aktiviert den Sympathikus, wodurch sich unter dem Strich doch eine Blutdruckerhöhung als Folge denken liesse.

Auch in der Hochdrucktherapie steht an erster Stelle die nichtpharmakologische Therapie, also Salzrestriktion, kalorien- arme Diät und Bewegung. Allerdings ist eine medikamentöse Therapie letztlich doch fast immer erforderlich, will man die Blutdruckziele erreichen. Der Autor emp- fiehlt bei Hypertonikern mit metaboli- schem Syndrom in erster Linie Betablocker und Diuretika und schliesst sich damit der Auffassung an, dass diese Substanzen, anders als zunächst befürchtet, keine rele- vanten negativen metabolischen Auswir- kungen haben.

Gestörte Glukosetoleranz Erhöhte Nüchtern-Blutglukose gehört zum metabolischen Syndrom, ist aber ebenso wenig wie der manifeste Diabetes mellitus ein absolut notwendiges Kriterium. Eine eingeschränkte Glukosetoleranz gilt als ein Intermediärstadium im Fortgang vom metabolischen Syndrom zum Typ-2-Dia- betes. Sie ist für sich bereits mit einem er- höhten kardiovaskulären Risiko behaftet.

Die Messung der Blutglukose ist bei allen Patienten mit mutmasslichem oder gesi- chertem metabolischen Syndrom erforder- lich, meint Doelle.

Demgegenüber werden nach den NCEP- Richtlinien die Nüchtern-Insulinspiegel bis- lang nicht empfohlen. Allerdings, heisst es in einer assoziierten Arbeit in «Postgra- duate Medicine», korrelieren Plasmainsulin- konzentrationen eng mit dem Blutdruck bei adipösen und nicht adipösen Patien- ten. Normotensive Kinder von hochdruck- kranken Eltern sind häufiger insulinresis- tent als Kinder von normotensiven Eltern.

Die Insulinresistenz ist eine wesentliche Ursache für eine verschlechterte Glukose- intoleranz und die Entwicklung eines Typ2-Diabetes. Ob Insulinresistenz eine primäre Ursache des metabolischen Syn- droms ist, ist nach Meinung des Autors William Sivitz nicht sicher. Die Frage, wann genau tatsächlich eine Insulinresis- tenz vorliegt, ist ebenso wenig klar.

Früher, berichtet der Autor, sprach man davon, wenn ein Patient 100 Einheiten In- sulin brauchte, um seinen Glukosespiegel unter Kontrolle zu bringen. Heute postu- liert man die Insulinresistenz, wenn eine unnormal grosse Insulinmenge für eine normale biologische Reaktion erforderlich ist. Die klinische Diagnose, räumt der Au- tor ein, bleibt mit einer solchen Definition etwas unsicher und bis zu einem gewissen Grad subjektiv.

In bestimmten Situationen ist allerdings eine Insulinresistenz klinisch sehr wahr- scheinlich, sodass sich Tests ohnehin zu erübrigen scheinen, zum Beispiel bei adi- pösen Patienten mit tiefem HDL-Choleste- rin. Insulinresistenz ist oft bei dicken Men- schen vorhanden, die noch eine normale Blutglukose aufweisen. Bei ihnen sind die

Sekretionsraten basal und im Anschluss an die Mahlzeiten zweifach höher als bei schlanken Menschen. Tatsächlich lehrt die Erfahrung, dass Insulinkonzentrationen sehr hoch sind, wenn sich einTyp-2-Diabe- tes bereits ausgebildet hat. Eine Insulin- resistenz kann übrigens auch vorhanden sein bei Menschen, die nicht dick sind und keinen Diabetes haben, die aber andere Komponenten eines metabolischen Syn- droms aufweisen.

Auch bei gestörter Glukosetoleranz stehen Lifestyle-Veränderungen therapeutisch an erster Stelle, allerdings könnten auch In- sulinsensitizer in Betracht gezogen, wenn die Massnahmen fehlschlagen, meint der Autor.

Polyzystisches Ovarsyndrom (POS)

Das POS ist charakterisiert durch Anovula- tion, irreguläre Menstruation, Infertilität und Androgenüberschuss, der zu Akne und Hirsutismus führt. Das POS gehört zwar nicht zum metabolischen Syndrom, ist aber ebenfalls mit einer erhöhten Insulin- resistenz verknüpft und einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes und kardiovas- kulären Erkrankungen. Im Alter von etwa 40 Jahren hat fast jede zweite Frau eine anormale Glukosetolereanz, wie Untersu- chungen ergeben haben. Eine Therapie- studie mit Metformin (z.B. Glucophage® ) hat gezeigt, dass fast jede zweite Frau un- ter Monotherapie eine Ovulation erzielt, verglichen mit 24 Prozent unter Plazebo.

Allerdings werden noch bessere Ergeb- nisse durch Lifestyle-Veränderungen er-

zielt, meint Doelle. ●

Uwe Beise

Gregory C. Doelle: The clinical picture of me- tabolic syndrome. An update of this complex of conditions and risk factors. Postgraduate Medicine 2004; 116: 3038.

William I. Sivitz: Understanding insulin resis- tance. What are the clinical implications?

Postgraduate Medicine 2004; 116: 41–48.

Interessenlage: Die Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte.

Das metabolische Syndrom

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Ü B E R S I C H T A P E R Ç U

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