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Amenorrhö: Diagnostik und Behandlung

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Eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung sowie Labortests können die Differenzialdiagnose der Amenorrhö eingren- zen. Bei primärer Amenorrhö richtet sich die diagnostische Abklärung nach dem Stand der körperlichen Entwicklung. Handelt es sich um eine sekundäre Amenorrhö, muss zunächst eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.

A M E R I C A N FA M I LY P H Y S I C I A N

Eine primäre Amenorrhö liegt vor, wenn die Patientin normale sekundäre Geschlechtsmerkmale aufweist, aber mit 16 Jahren noch keine Menarche hatte, schreiben Tarannum Master-Hun- ter und Diana L. Heiman im «American Family Physician». Von sekundärer Amenorrhö spricht man, wenn bei einer Frau, die zuvor normale Menstruationszyklen hatte, drei Monate lang keine Blutungen auftreten oder wenn bei einer Patientin, die zuvor eine Oligomenorrhö hatte, die Periode neun Monate lang ausbleibt. Die sekundäre Amenorrhö wird häufiger beobachtet als die primäre Amenorrhö. Ein Ausbleiben der Regelblutung kann zahlreiche Ursachen haben. Einige davon sind in der Tabellebeispielhaft aufgeführt.

Diagnostik

Das Vorliegen einer Amenorrhö erfordert eine ausführliche Ana- mnese, in der nach der Menarche und den Regelblutungen sowie nach Vor- und Begleiterkrankungen und nach einer eventuell er- folgten Chemo- oder Strahlentherapie gefragt wird. Der Medika- menten- und Drogenkonsum sollte genauso erfasst werden wie Ernährungsgewohnheiten, Gewichtsverlust und Sport. Die Berück- sichtigung der psychosozialen Situation und des Sexuallebens ist ebenfalls von Bedeutung. Die Familienanamnese kann Hinweise auf genetische Defekte beziehungsweise konstitutionelle Verzö- gerungen des Wachstums und der Pubertät geben.

Bei der körperlichen Untersuchung sind Körpergrösse und -ge- wicht sowie der Body-Mass-Index und das Vorliegen oder Feh- len sekundärer Geschlechtsmerkmale zu erfassen. Auf körper- liche Auffälligkeiten, die beispielsweise auf ein Turner-Syndrom oder einen Morbus Cushing hinweisen, ist zu achten. Auch die Schilddrüse muss untersucht werden. Bei der gynäkologischen Untersuchung können Anomalien wie Hymenalatresie oder Scheidenseptum auffallen. Akne und Hirsutismus können Aus- druck polyzystischer Ovarien sein.

Weist eine Patientin mit primärer Amenorrhö sekundäre Ge- schlechtsmerkmale auf, sollte zunächst eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Wenn in der Ultraschalluntersuchung ein Uterus nachgewiesen wird, ist abzuklären, ob eine Ob- struktion des Ausflusstrakts (Hymenalatresie, Scheidensep- tum) vorliegt. Fehlt der Uterus oder liegt eine Uterusanomalie vor, sollte eine Chromosomenanalyse erfolgen. Bei Mädchen, die noch keine sekundären Geschlechtsmerkmale aufweisen, müssen die Gonadotropine LH und FSH untersucht werden.

Liegt ein hypergonadotroper Hypogonadismus vor, empfiehlt sich eine Chromosomenanalyse.

Differenzialdiagnostik der primären Amenorrhö Primäre Amenorrhö bei Vorliegen sekundärer Geschlechts- merkmale

Bei Brustentwicklung, aber fehlender oder minimaler Scham- behaarung liegt meist ein Androgen-Resistenz-Syndrom vor –

Amenorrhö: Diagnostik und Behandlung

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■ Die sekundäre Amenorrhö ist häufiger als die primäre Amenorrhö.

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■ Einer primären Amenorrhö liegt nicht selten eine konstitutionelle Verzögerung des Wachstums und der Pubertätsentwicklung zugrunde. Weitere häufige Ursachen sind Hymenalatresie, Vaginalseptum oder Hemmungsmissbildungen der Genitalorgane (Vaginalaplasie, rudimentärer Uterus).

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■ Die sekundäre Amenorrhö wird häufig durch exzes- siven Gewichtsverlust, Sport oder Stress ausgelöst.

M M M

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die Patientin ist phänotypisch weiblich, genetisch jedoch ein Mann mit einem Maldescensus testis. Hier ist eine Chromoso- menanalyse erforderlich. Liegen Hoden vor, sollten diese wegen des hohen Entartungsrisikos entfernt werden.

Bei normalen sekundären Geschlechtsmerkmalen inklusive Schambehaarung sollte sonografisch oder mittels Kernspin- tomografie untersucht werden, ob ein Uterus vorliegt. Etwa 15 Prozent der Fälle einer primären Amenorrhö sind durch eine Agenesie der Müller-Gänge bedingt (Fehlen einer Vagina und Vorliegen eines abnormen – meist rudimentären – Uterus). Eine Chromosomenanalyse gibt Auskunft darüber, ob die Patientin genetisch eine Frau ist.

Bei normalem Uterus sollte an eine Obstruktion des Ausfluss- trakts gedacht werden. In diesem Fall kommt es zu zyklischen Bauchschmerzen, weil sich Blut in der Scheide und in der Ge- bärmutter ansammelt. Liegt keine Obstruktion vor, erfolgt die weitere Abklärung wie bei sekundärer Amenorrhö.

Primäre Amenorrhö bei Fehlen sekundärer Geschlechts- merkmale

In diesem Fall richtet sich die Abklärung nach den Ergebnissen der Laboruntersuchungen und der Chromosomenanalyse. Häu- figste Ursache eines hypogonadotropen Hypogonadismus bei primärer Amenorrhö (niedrige FSH- und LH-Werte) ist eine konstitutionelle Verzögerung des Wachstums und der Puber- tätsentwicklung, die oft familiär auftritt. In diesem Fall ist ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt.

Bei erhöhten FSH- und LH-Konzentrationen (hypergonadotro- per Hypogonadismus) und primärer Amenorrhö liegt entweder eine Gonaden-Dysgenesie oder eine vorzeitige Ovarialinsuffi- zienz vor. Häufigste Form der weiblichen Gonaden-Dysgenesie ist das Turner-Syndrom (Karyotyp 45, X0).

Differenzialdiagnostik der sekundären Amenorrhö Hypothyreose

Nach Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion können einige Monate vergehen, bis die Regelblutungen wieder ein- setzen.

Hyperprolaktinämie

Bei deutlich erhöhten Prolaktinspiegeln, Galaktorrhö, Kopf- schmerzen und Sehstörungen sollte eine Kernspintomografie (MRI) zum Ausschluss eines Hypophysentumors erfolgen.

Häufigste Ursache für eine Funktionsstörung des Hypophysen- vorderlappens sind Adenome. Ein Prolaktinspiegel von über 100 ng/ml sollte an ein Prolaktinom denken lassen und Anlass für ein MRI sein. Liegt kein Tumor vor, ist die Hyperprolaktin- ämie meist medikamentös bedingt (beispielsweise durch orale Kontrazeptiva, Psychopharmaka, Opiate).

Falls die Kernspintomografie ein asymptomatisches Mikroade- nom ergibt (< 10 mm), sollten wiederholt Prolaktin- und kern- spintomografische Kontrollen erfolgen. Mikroadenome wachsen langsam und sind nur selten bösartig. Ein Dopaminagonist kann die Symptomatik bessern und die Fertilität günstig beeinflussen.

Cabergolin (Dostinex®) ist wirksamer und besser verträglich als Bromocriptin (Parlodel®). Makroadenome müssen mit Dop- aminagonisten behandelt oder chirurgisch entfernt werden.

Normogonadotrope Amenorrhö

Obstruktion des Ausflusstrakts und hyperandrogene chroni- sche Anovulation sind häufige Ursachen der normogonadotro- pen Amenorrhö. Eine Obstruktion des Ausflusstrakts ist bei se- kundärer Amenorrhö meist auf ein Asherman-Syndrom (intra- uterine Synechien und Vernarbungen meist aufgrund einer Kürettage oder Infektion) zurückzuführen.

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Tabelle:Ursachen der Amenorrhö (Auswahl)

Hyperprolaktinämie Hypergonadotroper Hypogonadotroper Normogonadotrope Hypogonadismus Hypogonadismus Formen

Prolaktin ≤ 100 ng/ml: – Gonadendysgenesie – Anorexia oder – Kongenitale Formen (komplette

– Stillen (z.B. Turner-Syndrom) Bulimia nervosa Androgenresistenz, Agenesie

– Hypothyreose – Postmenopausale – ZNS-Tumor der Müller-Gänge)

– Medikamente Ovarialinsuffizienz – Chronische Erkrankungen – Hyperandrogene Anovulation (z.B. Psychopharmaka, – Vorzeitige Ovarial- wie Diabetes, Immundefekt, (z.B. Akromegalie, Morbus Antihypertensiva, Opiate) insuffizienz (z.B. durch Schilddrüsen- oder entzünd- Cushing, Syndrom der polyzysti- – Veränderter Metabolismus Chemotherapie, Bestrahlung liche Darmerkrankung schen Ovarien, exogen zuge-

bei Leber- oder Nieren- des Beckens, Mumps, auto- – Konstitutionelle Verzögerung führte Androgene, Androgen- insuffizienz immun oder genetisch von Wachstum und Pubertät sezernierender Tumor) – Ektope Synthese z.B. bei bedingt) – Exzessives körperliches Training – Obstruktion des Ausflusstrakts

Bronchialkarzinom oder – Exzessive Gewichtsabnahme (Zervixstenose, Hymenalatresie,

Teratom oder Mangelernährung Asherman-Syndrom, Scheiden-

– Hypothalamus- oder septum)

Prolaktin > 100 ng/ml: Hypophysen-Schädigung

– Hypophysenadenom – Empty-Sella-Syndrom

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Häufigste Ursache für die hyperandrogene chronische Anovu- lation ist das Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCOS). Das PCOS wird in erster Linie klinisch diagnostiziert, doch können Laboruntersuchungen erforderlich sein, um andere Ursachen eines Hyperandrogenismus wie Morbus Cushing oder Andro- gen-sezernierende Tumoren auszuschliessen. Das PCOS ist mit einer erhöhten Insulinresistenz assoziiert, was das Diabetes- risiko der Patientinnen auf das Zwei- bis Fünffache erhöht.

Die Primärbehandlung des PCOS besteht in einer Gewichts- abnahme durch Diät und körperliches Training. Ein mässiger Gewichtsverlust kann die Androgenspiegel senken, den Hirsu- tismus bessern, die Menstruationsblutungen normalisieren und die Insulinresistenz reduzieren. Die Einnahme eines oralen Kontrazeptivums kann zum Erhalt eines normalen Endome- triums beitragen, und ein Insulin-Sensitizer wie Metformin (Glucophage® und Generika) kann die Insulinresistenz und die Ovulationsfunktion bessern.

Hypergonadotroper Hypogonadismus

Die Menopause tritt bei den meisten Frauen mit etwa 50 ein.

Eine vorzeitige Ovarinsuffizienz betrifft etwa 1 Prozent der 40-jährigen Frauen und geht mit Amenorrhö, Hypoöstro- genismus und erhöhten Gonadotropinspiegeln einher. Die Störung kann reversibel sein.

Frauen mit vorzeitiger Ovarinsuffizienz haben ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und koronare Herzkrankheit. Auch kann das Krankheitsbild mit endokrinen Autoimmunerkrankungen wie Morbus Addison, Hypothyreose und Diabetes assoziiert sein, was durch entsprechende Laboruntersuchungen abge- klärt werden muss.

Hypogonadotroper Hypogonadismus

Die hypothalamische Amenorrhö geht mit Störungen der GnRH-Sekretion (Gonadotropin Releasing-Hormone) und der Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse einher. Die Erkran- kung wird häufig durch starken Gewichtsverlust, Sport oder Stress ausgelöst. Essstörungen wie Anorexia oder Bulimia ner- vosa müssen entsprechend behandelt werden. Normalisiert sich das Gewicht, treten meist auch wieder Menstruationsblu- tungen auf.

Junge Sportlerinnen entwickeln gelegentlich eine Trias aus Ess- störung, Amenorrhö und Osteoporose. Bei einer Erhöhung der Kalorienzufuhr oder einer Reduktion des Trainings kommt es oft wieder zu Regelblutungen. Besteht bei Sportlerinnen über einen längeren Zeitraum eine Amenorrhö, steigt (ebenso wie bei Patientinnen mit Essstörungen) die Gefahr einer Abnahme der Knochendichte. Die Einnahme eines oralen Kontrazepti- vums kann den Knochen-Turnover reduzieren, doch es kommt nicht zu einer signifikanten Erhöhung der Knochenmasse.

Wichtig ist eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vit-

amin D.

T. Master-Hunter (Department of Family Medicine, University of Michigan Medical School, Ann Arbor) et al.: Amenorrhea: Evaluation and Treatment. American Family Physician 2006; 73: 1374–1382.

Interessenkonflikte: keine

Andrea Wülker F O R T B I L D U N G F O R T B I L D U N G

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