• Keine Ergebnisse gefunden

Wenn die Leber im Alkohol ertrinkt

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Wenn die Leber im Alkohol ertrinkt"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

BERICHT

1078

ARS MEDICI 232016

Bei 40 bis 50 Prozent der Personen mit Alko - holfettleber und fortgesetztem Alkohol- missbrauch entwickelt sich innerhalb weni- ger Jahre eine alkoholtoxische Steatohepati - tis. Als Zeichen der chronischen Entzün dung sind die Transaminasen erhöht. Histolo- gisch charakterisiert sind ballonförmig auf- getriebene Hepatozyten, verursacht durch Störungen des Lipid- und Proteinstoffwech- sels. Die Erkrankung kann schleichend ver- laufen, aber auch mit schweren Krank- heitszeichen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust, Bauchschmer- zen, Aszites, Leukozytose, Gelbsucht, Fie- ber und Nierenversagen einhergehen.

Zweischneidige Kortikoidtherapie Die Schwere einer alkoholtoxischen Hepa- titis wird definiert durch die sogenannte

«Maddrey’s discriminant function», in die sowohl die Prothrombinzeit (in s) als auch der Bilirubinspiegel (mg/dl) mit einfliessen.

Bei Werten von 32 oder darüber liegt eine schwere alkoholtoxische Hepatitis vor.

20 bis 30 Prozent der Betroffenen verster- ben innerhalb des folgenden Monats, 30 bis 40 Prozent innerhalb des nächsten halben Jahres.

Neben einer absoluten Alkoholkarenz könne die Behandlung mit Kortikosteroi- den die Prognose verbessern, erklärte Prof.

Dr. med. Christophe Moreno, Hôpital Erasme, Brüssel. So zeigte sich bei 215 Pa- tienten mit schwerer alkoholischer Leber- krankheit, dass Teilnehmer, die mit Korti- kosteroiden behandelt worden waren, nach 28 Tagen signifikant höhere Überle- benschancen hatten (85%) als Plazebobe- handelte (65%). Neben der Kortikoidthe-

rapie waren Alter und Serumkreatinin un- abhängige prognostische Variablen.

Das gleiche Ergebniss zeigte sich in einer neueren Metaanalyse mit über 400 Patien- ten. Hier lag die 28-Tage-Überlebensrate bei Kortikoidbehandlung (Prednisolon 40 mg/Tag) bei rund 80 Prozent, während nur zwei Drittel der Nichtbehandelten

(66%) überlebten. Eindeutig im Vorteil waren die Kortikoid-Responder (91%) im Vergleich zu den Kortikoid-Non-Respon- dern (53%).

Über einen längeren Zeitraum scheint eine Kortikoidtherapie jedoch weniger wirksam zu sein. So waren in einer neueren Studie mit 1053 Patienten nach 1 Jahr weder unter Prednisolon noch Pentoxifyllin signi- fikante Überlebensvorteile gegenüber Pla- zebo zu verzeichnen (3). In allen Behand- lungsgruppen lag die Überlebensrate bei rund 60 Prozent. Mehr noch: In dieser Untersuchung zeigte sich auch kurzfristig (28 Tage) weder unter Prednisolon noch Pentoxifyllin ein signifikanter Überlebens- vorteil. Auch die Kombination beider Medikamente bringt im Vergleich mit Pred nisolon plus Plazebo keinen Vorteil, so Moreno (4). Allerdings scheint die Kom - bination aus Prednisolon und N-Acetyl - cystein die Überlebenswahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Einer der Gründe für die langfristigen Schwierigkeiten der Prednisolontherapie sei das erhöhte Infektionsrisiko unter Kor- tikoiden, sagte Moreno. So entwickelten 24 Prozent der Patienten mit Alkoholhepa- titis nach Beginn der Kortikosteroidthera- pie Infektionen, darunter am häufigsten bakterielle Entzündungen der Atemwege (5).

Was zunächst ein Überlebensvorteil war, nämlich das gute Ansprechen auf Kortiko - steroide, erwies sich später als Nachteil:

Während 43 Prozent der Responder unter Infektionen litten, waren dies bei den Non- Respondern lediglich 11 Prozent. Vor allem invasive Aspergillosen (bei insgesamt 16%

der Patienten mit schwerer Alkoholhepa - titis) verschlechterten die Überlebenschan- cen der Betroffenen drastisch.

Risikofaktor Malnutrition

Die meisten Patienten mit schwerer alko- holtoxischer Hepatitis sind schlecht er- nährt, und Malnutrition ist einer der am stärksten mit Komplikationen assoziierte Faktor. In einer Studie hatten intensiv ente- ral ernährte Patienten (> 21,5 kcal/kg/Tag) mit alkoholtoxischer Hepatitis nach einem halben Jahr bessere Überlebenschancen als konventionell ernährte (< 21,5 kcal/kg/

Tag) (6).

Letzte Rettung Lebertransplantation?

Für bestimmte Patienten, zum Beispiel für Steroid-Non-Responder, kann eine Leber- transplantation infrage kommen. Allerdings muss dafür mindestens ein halbes Jahr glaubhaft Abstinenz nachgewiesen werden.

Werden die ärztlichen Empfehlungen ernst genommen, sind die Überlebenschancen für Patienten nach einer Lebertransplantation deutlich erhöht. Nach 2 Jahren lebten noch 71 Prozent der Patienten mit schwerer alko holischer Hepatitis, die rasch nach der Diagnosestellung eine neue Leber erhielten, gegenüber nur 23 Pro zent der Patienten in der nicht operierten Kontrollgruppe (7). Klaus Duffner

Quelle: Moreno C: Management of alcoholic hepatitis. Sympo- sium: SASL Hot Topics in Hepatology: Viral autoimmune and toxic hepatopathies (symposium sponsored by AbbVie).

Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Gastroenterologie (SGG), 22.–23. September 2016 Interlaken.

Literatur unter www.arsmedici.ch

Wenn die Leber

im Alkohol ertrinkt

Schlechte Prognose für Patienten mit alkoholtoxischer Hepatitis

Die Prognose der Patienten mit alkoholischer Leberkrankheit ist schlecht. Betroffene versterben zu 30 bis 40 Prozent innerhalb des nächs- ten halben Jahres. Eine Kortikoidtherapie kann vor allem in der Früh- phase helfen. Gleichzeitig seien eine gute Ernährung und die Bekämpfung möglicher Infektionen essenziell, erklärte an der Jahrestagung der Schweizer Gastroenterologen in Interlaken Prof. Christophe Moreno.

Klaus Duffner

Kortikosteroide helfen akut,

steigern langfristig aber das

Infektionsrisiko.

(2)

Literatur:

1. Mathurin P et al.: Corticosteroids improve short-term sur vival in patients with severe alcoholic hepatitis (AH): indi vidual data analysis of the last three rando- mized placebo controlled double blind trials of corti- costeroids in severe AH. J Hepatol 2002; 36(4):

480–487.

2. Mathurin P et al.: Corticosteroids improve short-term sur vival in patients with severe alcoholic hepatitis:

meta-analysis of individual patient data. Gut 2011;

60(2): 255–260.

3. Thursz MR et al.: Prednisolone or pentoxifylline for al- coholic hepatitis. N Engl J Med 2015; 372: 1619–1628.

4. Mathurin P et al: Prednisolone with vs without pento- xifylline and survival of patients with severe alcoholic hepatitis: a randomized clinical trial. JAMA 2013;

310(10): 1033–1041.

5. Louvet A et al.: Infection in patients with severe alco- holic hepatitis treated with steroids: early response to therapy is the key factor. Gastroenterology 2009:

137(2): 541–548.

6. Moreno C: Intensive enteral nutrition is ineffective for pa tients with severe alcoholic hepatitis treated with corticosteroids. Gastroenterology 2016; 150(4):

903–910.

7. Mathurin P et al: Early liver transplantation for severe alcoholic hepatitis. N Engl J Med 2011; 365:

1790–1800.

BERICHT

ARS MEDICI 232016

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Das Team des neuen europäischen For- schungsprojekts INNOVATION will Ant- worten auf diese Fragen finden und somit neue Therapieansätze für Patientinnen und Patienten, deren

Diese Indikationen werden auch in den Monographien der Kommission E und der ESCOP für Mariendistel-Zu- bereitungen (nicht für die Droge!) genannt und sind damit medizinisch

CYP2C19 wird benötigt für die Aktivierung von PPI oder Clopidogrel, aber auch für den Abbau der Chemotherapeutika Cyclo­. phosphamid

Stärkere Anstiege der Werte können durch eine chronische Hepatitis, eine Leberzirrhose, Lebermetastasen, akute Hepatitis oder Gifte hervorge- rufen werden.. Ebenso durch

Auch bildet die Leber wichtige Vertreter des körpereige- nen Transportsystems: Albumin ist ein wichtiger Bote für kleine Moleküle wie Calcium, Magnesium oder freie Fettsäuren.. Aber

Schwangerschaft und Stillzeit: Aus den vorliegenden Daten lassen sich keine Hinweise für Bedenken hinsichtlich der Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit

Laborparameter Neben der Bestimmung von Leberenzy- men ist für die Diagnose die Se- rologie , also der Test auf Vi- rusbestandteile sowie Antikör- per gegen HBV wichtig: In

Sie haben daher aus gesundheitspolitischer Sicht erhebliches Ge- wicht“, sagte Staatssekretärin Melanie Huml, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG),