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Wellenleitermikroskopie : eine neue Methode zur Kraftmessung in biologischen Systemen

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Academic year: 2022

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Wellenleitermikroskopie

Eine neue Methode zur Kraftmessung

in biologischen Systemen

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Naturwissenschaften

(Dr. rer. nat.)

vorgelegt von

Karl-Friedrich Giebel

Universit¨at Konstanz

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Physik

(2)

Titelbild:

Symbolische Abbildung einer keimenden Pilzspore auf einem Wellenleiter.

Dissertation der Universit¨at Konstanz Tag der m¨undlichen Pr¨ufung: 17. Juli 2003 1. Referent: Prof. Dr. Paul Leiderer

2. Referent: Prof. Dr. Martin Bastmeyer, Universit¨at Jena 3. Referent: Prof. Dr. Peter Nielaba

Autor: Karl-Friedrich Giebel

Ver¨offentlicht im Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) (www.ub.uni-konstanz.de/kops)

Copyright c 2003 by Karl-Friedrich Giebel.

All rights reserved.

(3)

Abstract

In this thesis a new microscopy method is introduced to investigate biological forces, the Waveguide Microscopy (WLM). This optical technique allows to measure forces occuring on substrates in a sub-nanonewton range with microscopic lateral resolution. The core of the method are thin planar waveguides, which are elastically deformable and which are used as substrate. If a local force is applied on such a waveguide, its thickness and therefore its op- tical resonance frequency changes. By measuring the shift of the optical resonances the local thickness can be obtained; and with the knowledge of the elastic properties of the waveguide the normal force exerted on the substrate can be calculated.

In the first part of this work three different optical setups and the waveguide substrates are characterised regarding sensitivity, lateral resolution and mechanical stability. It turns out that the preparation of the planar waveguides is the crucial point of the method. Waveguides comprised of a soft rubber film between two metal layers on a substrate, which are also long- time stable against culture media and biological preparation can be obtained. This offers the possibility of in situmeasurements on biological cells. The force sensitivity of the waveguides is better than 20 nN, and the lateral resolution smaller than 3µm.

In the second part of this thesis biological experiments with spores of funghi and adhering cells are presented. Both classes of experiments show not only the applicability of the method to the corresponding force range, but are also relevant in the particular fields of research. In the case of the spores of funghiColletotrichum graminicolaa correlation between the osmotic potential and the capability of leaf penetration could be demonstrated. Besides the influence of different mutants and transformants has been investigated. In particular time-resolved measurement show theWLM as an attractive technique to measure biological forces.

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(5)

Inhaltsverzeichnis

Einleitung 3

1 Grundlagen 5

1.1 Kr¨afte in biologischen Systemen . . . 5

1.1.1 Appressorienbildung bei Pilzsporen . . . 5

1.1.2 Zelladh¨asion . . . 11

1.2 Grundlagen der Wellenleiteroptik . . . 13

1.2.1 Entstehungsbedingungen der Wellenleitermoden . . . 15

1.2.2 Modenbreite und Lau߬ange . . . 18

1.3 Polymere . . . 18

1.3.1 Was sind Polymere? . . . 19

1.3.2 Mechanische Eigenschaften von Polymeren . . . 20

2 Experimenteller Aufbau und Wellenleiter–Pr¨aparation 22 2.1 Anforderungen an die Methode . . . 22

2.2 Das abbildende Wellenleitermikroskop . . . 24

2.3 Das Linienfokus–WLM . . . 27

2.3.1 Resonanzanregung im Strichfokus . . . 27

2.4 Das Punktfokus–WLM . . . 31

2.5 Pr¨aparation der Wellenleiter-Schichtsysteme . . . 32

2.5.1 Pr¨aparationsschritte . . . 35

2.5.2 Quervernetzen des Polymers . . . 36

2.5.3 Einfluß des Glimmens und der Aufdampfparameter . . . 38

2.6 Verwendete Software . . . 39

2.7 Typischer Versuchsablauf . . . 39

3 Das Wellenleitermikroskop 42 3.1 Lokale Schichtdicke des lichtleitenden Polymerfilms . . . 42

3.2 Mechanische Eigenschaften des Wellenleiters . . . 44

3.2.1 Deformation durch Gasdruck . . . 44

3.2.2 Deformation durch Glasfaser . . . 46

3.2.3 Krafteichung der Wellenleiter . . . 47

3.2.4 Kraftantwort und Relaxation . . . 48

3.3 Optische Eigenschaften der Wellenleitermikroskopie . . . 49

(6)

INHALTSVERZEICHNIS

3.3.1 Laterale Aufl¨osung und Abbildungsqualit¨at . . . 50

3.3.2 Einfluß der Polarisation . . . 52

3.4 Methoden der Bildauswertung . . . 52

3.5 Zusammenfassung der methodischen Experimente . . . 56

4 Ergebnisse und Diskussion der biologischen Experimente 58 4.1 Kraftmessungen an Pilzsporen . . . 58

4.1.1 Probenpr¨aparation und Versuchsablauf . . . 60

4.1.2 Dynamik der Keimung und erreichter Enddruck . . . 61

4.1.3 Vergleichsmessungen verschiedener Mutanten . . . 64

4.1.4 Einfluß des osmotischen Potentials . . . 66

4.2 Kraftmessungen an Zellen . . . 74

5 Ausblick 77

Zusammenfassung 80

Anhang A: Auswertesoftware f¨ur Wellenleitermikroskopie 82 Anhang B: Numerische Simulationen dielektrischer Schichtsysteme 87

Anhang C: Reinigung der Glassubstrate 89

Literaturverzeichnis 89

Danksagung 94

(7)

Einleitung

Die traditionellen Naturwissenschaften Physik, Biologie und Chemie sind in ihrer j¨ungeren Ent- wicklung zunehmend davon gepr¨agt, daß erst interdisziplin¨are Ans¨atze zu L¨osungen aktueller Probleme f¨uhren. So ist biologische Forschung ohne die Hilfestellung der Chemie heute nicht mehr denkbar; in manchen Bereichen der Physik gilt dies ebenfalls – man denke an Polymer- oder Oberfl¨achenphysik. Lange Tradition hat der Einsatz physikalischer Methoden in der Bio- logie; das historisch prominenteste Beispiel ist hier sicherlich das Mikroskop, das – methodisch und technisch vielfach weiterentwickelt – auch heute noch zu den wichtigsten Hilfsmitteln geh¨ort.

In dem Maße, in dem in den vergangenen Jahren neue Meßverfahren f¨ur kleinste L¨angen- skalen, wie die Raster-Kraftmikroskopie, entwickelt wurden, arbeitet man daran, diese auch in der Biologie verf¨ugbar zu machen. Ein vorrangiges Ziel ist hierbei, zellul¨are Vorg¨ange unter- suchen zu k¨onnen. Insbesondere im Bereich mechanischer Wechselwirkungen zwischen einer Zelle und ihrer Umgebung k¨onnen hier vollkommen neue Einblicke gewonnen werden, wie das folgende Beispiel verdeutlicht: Eine Zelle, aufpr¨apariert auf eine Matrix von Mikronadeln, de- formiert diese w¨ahrend ihrer Bewegungen. Abseits jeder biochemischen Methode lassen sich durch dieses vergleichsweise anschauliche Experiment eine Reihe von Fragestellungen unter- suchen. Neben der reinen Kraftmessung, wie sie im Laufe der folgenden Kapitel noch eine zentrale Rolle spielen wird, lassen sich aus der Kraftdichteverteilung R¨uckschl¨usse auf die in- nere Struktur der Zelle ziehen; es l¨aßt sich durch chemische Modifikation der Nadeloberfl¨ache die Art der Adh¨asionsbindung untersuchen; die Dynamik der Kraftentwicklung kann aufgel¨ost werden. Da es sich bei adh¨asionsvermitteltem Zellwachstum und bei Zellmigration um zentrale Eigenschaften lebender Mikroorganismen handelt, die in vielen – gerade auch angewandten – Bereichen eine Rolle spielen, sind durch dieses Experiment, das an verschiedenen Zellarten durchgef¨uhrt wurde, wichtige Gr¨oßen zug¨anglich, die ein Verst¨andnis der zugrundeliegenden Vorg¨ange erm¨oglichen.

Ein popul¨ares Anwendungsgebiet ist hier die Erforschung der neuronalen Regeneration. Vie- le Anstrengungen werden unternommen, um die Frage zu kl¨aren, warum zellul¨are Regeneration – beispielsweise nach Verletzungen – im zentralen Nervensystem nicht m¨oglich zu sein scheint.

Der Zelladh¨asion k¨onnte hierbei eine entscheidende Bedeutung zufallen. Sollte es m¨oglich sein, die beim Zellwachstum auftretenden Kr¨afte zu messen, k¨onnte die Frage, welche Proteine diese Adh¨asion vermitteln, n¨aher untersucht werden. Der Anstoß zu dieser Methodik gab denn auch eine Kooperation zwischen zwei Arbeitsgruppen f¨ur Physik und f¨ur Neurobiologie.

(8)

Einleitung

Einen Mittelpunkt der Arbeit bilden daher Untersuchungen, die diesem Feld zuzurech- nen sind. Da das Ziel ist, der Biologie eine Methode zur Messung kleinster Kr¨afte auf mi- kroskopischer L¨angenskala zur Verf¨ugung zu stellen, kann diese Methode – die Wellenleiter- Kraftmikroskopie – in Folge aber auch f¨ur die Charakterisierung unterschiedlichster Systeme verwendet werden; neben den bereits angesprochenen Zelladh¨asionskr¨aften werden in dieser Arbeit vor allem Messungen an Pilzsporen vorgestellt. Nach g¨angiger Auffassung k¨onnen Spo- ren zwei unterschiedliche Wege bei der Infektion eines Wirtes gehen: die Sch¨adigung der zu infizierenden Struktur, beispielsweise eines Pflanzenblattes, durch biochemisch-enzymatische Prozesse oder durch mechanische Druckwirkung. Welche Kr¨afte hierbei wirken k¨onnen, sieht man am bekannten Beispiel des Pilzes, der durch eine Asphaltdecke zu brechen imstande ist.

Die Frage, welches jedoch der dominierende Mechanismus ist, wird seit langem intensiv disku- tiert. Da viele Sch¨adlinge beim Anbau von Nutzpflanzen eine erhebliche Bedeutung besitzen, sind diese Fragen nicht nur f¨ur die Grandlagenforschung interessant, sondern besitzen dar¨uber hinaus auch wirtschaftliche Relevanz.

Bei derWellenleiter-Kraftmikroskopie, die f¨ur die speziellen Erfordernisse biologischer Ex- perimente im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelt wurde, handelt es sich um eine mi- kroskopoptische Methode, die mithilfe spezieller Meßsubstrate – flexibler, planarer Wellenleiter – hochsensitive Kraftmessungen erm¨oglicht. Insbesondere die Variabilit¨at des Einsatzbereiches und die M¨oglichkeit von in-situ-Messungen am lebenden Organismus machen das Verfahren f¨ur den biologischen Einsatz interessant.

Die folgende Arbeit gliedert sich in einen methodisch-physikalischen und einen experimentell- biologischen Teil. W¨ahrend in Kap. 1 die theoretischen Voraussetzungen f¨ur das Verst¨andnis der Methode und der biologischen Systeme geschaffen werden, behandelt Kap. 2 die Versuchsauf- bauten, die f¨ur die Messungen konzipiert wurden. Es folgt die Darstellung der Experimente zur notwendigen Charakterisierung der Wellenleiter-Kraftmikroskopie sowie der speziell ent- wickelten Meßsubstrate (Kap. 3) und schließlich die der biologischen Versuche selbst (Kap. 4).

Ein Ausblick auf zuk¨unftige Vorhaben und die Zusammenfassung der Ergebnisse schließen die Arbeit ab.

Teile dieser Arbeit wurden ver¨offentlicht:

K.–F. Giebel, S. Herminghaus, M. Riedel, P. Leiderer, U. Weiland, M. Bastmeyer,Imaging of Cell/Substrate Contacts of Living Cells with Surface Plasmon Resonance Microscopy, Biophysical Journal 76(1999) 509

C. Bechinger, K.-F. Giebel, M. Schnell, P. Leiderer, H. B. Deising, M. Bastmeyer,Optical Measurement of Invasive Forces Exerted by Appressoria of a Plant Pathogenic Fungus, Science285 (1999) 1896

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Kapitel 1

Grundlagen

Im ersten Abschnitt diese Kapitels werden die Grundlagen f¨ur das Verst¨andnis der beiden untersuchten biologischen Systeme,

1. Sporen des pflanzenpathogenen Pilzes Colletotrichum graminicolaund 2. Oligodrendrocyten des Goldfisches

gelegt und erl¨autert, warum die Kenntnis der Kraftwirkung auf Oberfl¨achen in diesem Zusam- menhang interessant ist. ¨Uber alternative Methoden, die zur Kraftmessung eingesetzt wurden, wird ein ¨Uberblick gegeben. Da die vorliegende Arbeit eine optische Resonanzmethode zur Kraftabbildung einsetzt, die speziell zur Messung dieser Art Kr¨afte entwickelt wurde, stellt der zweite Abschnitt relevante Grundlagen der Optik, insbesondere Wellenleiterresonanzen vor.

Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelten zweidimensionalen Wellenleiter besitzen eine ela- stische Polymerzwischenschicht, die sie zur Messung von Kr¨aften geeignet machen. Der dritte Abschnitt behandelt daher die daf¨ur wichtigen Eigenschaften von Polymeren.

1.1 Kr¨ afte in biologischen Systemen

1.1.1 Appressorienbildung bei Pilzsporen

In Landwirtschaft und Medizin gleichermaßen gef¨urchtet sind Infektionen durch Pilzsporen, da sie sowohl bei Nutzpflanzen, bei Tieren und Menschen auftreten k¨onnen. Um an die N¨ahr- stoffe im Inneren der Wirts-Pflanzenzellen zu gelangen, muß die keimende Pilzspore deren Zellwand durchdringen. Zur ¨Uberwindung dieser Barriere haben Pilze erstaunlich viele inva- sive Strategien entwickelt, die seit Jahren Gegenstand intensiver Forschung sind. Neben der Grundlagenforschung verspricht man sich hieraus auch m¨ogliche Wege, Pflanzenkrankheiten zu kontrollieren [Men96]. Bei der Infektion wird die Zellmembran entweder durch Sekretion zerset- zender,lysischer Enzyme, durch mechanische Krafteinwirkung oder durch deren Kombination

¨

uberwunden. Ein wichtiger Weg der Infektion ist das Eindringen in die Pflanze, d.h. die Pe- netration, die bei bestimmten Pilzen durch den Aufbau eines außergew¨ohnlich hohen Drucks in sogenannten Appressorien erfolgt. Zur Messung dieses Druckes bieten sich physikalische Methoden an.

(10)

KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

Infektionsvorgang

Im folgenden wird der Infektionsvorgang der PilzeColletotrichum graminicola, einem Patho- gen der Maispflanze und Magnaporte grisea, einem Pathogen der Reispflanze, beschrieben (siehe [Men96, How91, How96, Eba98]). Der Infektionsvorgang beider Arten hat große ¨Ahn- lichkeiten, da jedoch Magnaporte grisea die am besten untersuchte Art ist, wird diese, wenn nicht anders erw¨ahnt als Beispiel herangezogen. Die experimentellen Arbeiten haben zwar teil- weise an beiden Arten stattgefunden; die im Ergebnisteil vorgestellten Messungen beschr¨anken sich jedoch aufgrund der umfangreicheren Ergebnisse aufColletotrichum graminicola.

Eine Pilzspore, die im trockenen Zustand auf dem Blatt der zu infizierenden Pflanze oder dem Substrat zu liegen kommt, beginnt in feuchter Umgebung zu keimen; d.h. sie bildet schlauchf¨ormige Strukuren, sogenannte Keimschl¨auche oder Hyphen aus. Deren vorderes En- de, der Apex, sucht eine geeignete Adsorptionsstelle und adh¨ariert dort. Das Spitzenwachstum der Hyphen wurde bereits 1892 von Reinhardt in [Rei92] beschrieben. Die Adh¨asion der Keim- schl¨auche wird zun¨achst passiv durch die hydrophobe Wechselwirkung vermittelt, des weiteren sind vermutlich Glycoproteine beteiligt. Im Falle von C. graminicola ist das Enzym Cutinase in der extrazellul¨aren Matrix (ECM), die die Sporen und Keimschl¨auche bedeckt, vorhanden und tr¨agt zur Adh¨asion bei [Men96].

Ist auf diese Weise eine geeignete Position gefunden, stoppt das Wachstum der Hyphe und es bildet sich ein extrem fest haftender Adh¨asionsring, der sich sogar durch Ultraschallbehand- lung nicht abl¨osen l¨aßt [How96]. Nun bildet sich das Appressorium aus, indem das vordere Ende des Keimschlauchs durch Bildung einer Wand abgetrennt wird und das Innere dieser Zelle mit Melanin ausgekleidet wird. Das Melanin ist ein schwarzes Farbpigment, das einerseits die Zell- wand verst¨arkt, um h¨ohere Drucke auszuhalten und andererseits die Porengr¨oße der Zellwand von 1-2 nm auf <1 nm reduziert [How91]. Durch die Melaninschicht k¨onnen Wasser-, nicht aber gr¨oßere Molek¨ule, dringen. In Abb. 1.1 ist links das Bild einer Spore vonC. graminicola abgebildet, in dem neben der Spore dunkel auch das Appressorium zu sehen ist (Pfeil). Die rechte Abbildung zeigt schematisch den Infektionsvorgang.

Die Melaninschicht des Appressoriums, die nur auf der Kontaktfl¨ache zum Substrat fehlt, ist ein wichtiger Bestandteil des Penetrationsvorgangs. Im Innern des Appressoriums (vgl. Schema in Abb. 1.1) werden Osmolyten (es wurden ¨uber 3-molare Glycerolkonzentrationen nachgewie- sen [Jon97, Men96]) eingelagert, so daß vermehrt Wasser in die Zelle eindringt. Dadurch baut sich ein sehr hoher osmotischer Druck im Innern auf, der bis zu 80 bar betragen kann.

Schließlich ist der Druck so hoch, daß ihm die Pflanzenzellwand nicht mehr standh¨alt und eine Penetrationshyphe in die Pflanze eindringt. In Abb. 1.2 ist ein Kryoschnitt durch ein M.

grisea-Appressorium gezeigt, dessen Penetrationshyphe durch eine Cellophanmembran dringt.

Nach dem Eindringen in die Pflanzenzelle bildet sich am Ende der Hyphe ein Infektionsvesikel, durch den der Pilz das Pathogen in die darunterliegenden epidermalen Zellen schleusen kann.

Biologische Fragestellungen

Aus biologischer Sicht ist nun eine der wichtigsten Fragen, welchen Anteil die mechanische Kraftwirkung, verursacht durch intrazellul¨aren Druck, an der Infektion besitzt. Nach einem

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1.1. KR ¨AFTE IN BIOLOGISCHEN SYSTEMEN

Abbildung 1.1:

Links: Mikroskopaufnahme einer

”bananenf¨ormigen“ Colletotrichum graminicola-Spore.

Der dunkle Fleck rechts von der Spore (Pfeil) ist das Appressorium, das mit einer 100 nm dicken Melaninschicht (schwarze Farbpigmente) ausgekleidet ist. Der horizontale Balken entspricht einer L¨ange von 10µm. Rechts: Querschnitt durch die Pilzspore auf einer Pflan- zenzelle w¨ahrend des Keim- und Penetrationsvorgangs. Das Appressorium bringt durch Osmose genug Kraft auf, um eine Pflanzenzellwand zu durchdringen [Bec99].

Modell von Wessels [Wes93] hat der hydrostatische Druck im Innern der Hyphe in einer nied- rigen Auspr¨agung die Aufgabe, das Spitzenwachstum zu unterst¨utzen, indem enzymgef¨ullte Vesikel in diesen Bereich transportiert werden und die Zellmembran dort erweitern. In seiner h¨oheren Auspr¨agung erm¨oglicht dieser Hyphendruck die Penetration der Wirtspflanze und un- terst¨utzt m¨oglicherweise gleichzeitig ablaufende biochemische Prozesse, die zur Aufl¨osung der Zellwand f¨uhren. In der Vergangenheit sind zur Untersuchung dieser und ¨ahnlicher Fragen eine Reihe von Meßverfahren entwickelt worden, die von Bastmeyeret al.in einem ¨Ubersichtsartikel beschrieben sind [Bas02].

Vom Innendruck der Hyphe kann nicht ohne weiteres auf die Kraftwirkung bei der Pene- tration geschlossen werden, da sich hier die Charakteristik der Pilz-Zellwand, die von vielen Faktoren abh¨angt, auswirkt. Die bisher angewandten Methoden lassen sich daher auch zwei Klassen zuordnen: Messungen des Turgordrucks und Messungen der wirkenden Kr¨afte. Einen Uberblick ¨¨ uber die verschiedenen Verfahren gibt Abb. 1.3.

Bisherige Methoden zur Kraftmessung

Die Methoden zur Messung des Turgordrucks (linke H¨alfte der Abbildung) umfassen die Plas- molyse (a), die Schmelzpunkt-Osmometrie (b) und die direkte Druckmessung mittels Mikro- pipette (c). Bei der Plasmolyse wird der Pilz einer hohen Osmolytkonzentration ausgesetzt, was zu einem der drei dargestellten Ergebnisse f¨uhrt: Plasmolyse tritt auf, wenn der Osmo- lyt durch die Zellwand, nicht aber durch die Plasmamembran diffundieren kann. In der Folge l¨osen sich die beiden Membranen voneinander. Sind die osmotisch aktiven extrazellul¨aren Mo- lek¨ule zu groß f¨ur die Poren der Zellwand, diffundiert Wassser aus der Zelle heraus, was zum Kollaps und der sogenanntenCytorrhyse f¨uhrt. Bei undurchl¨assiger Zellwand kann das Ph¨ano-

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KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

Abbildung 1.2: Kryoschnitt

Appressorium mit Penetrationshyphe eines M. grisea, Kryoschnitt (aus [How91a]).

men Kavitation – Gasblasen im Zytoplasma – auftreten. Experimente mit Polyethylenglykol (PEG) verschiedener Molek¨ulgr¨oße als Osmolyt k¨onnen nun R¨uckschl¨usse auf die Porengr¨oße der Zellwand und ¨uber das osmotische Potential den Turgordruck geben (u.a. [Dix99]).

Bei der Schmelzpunkt-Osmometrie nutzt man Zusammenhang zwischen der Schmelzpunkt- verschiebung von Eiskristallen aus Zytoplasma bei ver¨anderter Osmolyt-Konzentration. Der Schmelzpunkt l¨aßt sich mit einer Genauigkeit von 0.01-0.02 K bestimmen, was einer Kon- zentration von 5-10 mmol kg−1 entspricht [Mon96]. Die mithilfe dieser Methode gewonnenen Ergebnisse sind allerdings wenig verl¨aßlich, wie andere Messungen am gleichen System zeigen [How91]. Insbesondere bei melanisierten Zellw¨anden ist zudem eine exakte Charakterisierung des Schmelzvorgangs kaum m¨oglich.

Die unter (c) gezeigte Methode stellt die einzige direkte Druckmessung dar: Mit einer

¨olgef¨ullten Mikropipette wird die Zellwand des Appressoriums perforiert, wobei ein Teil des Zytosols in die Pipette str¨omt. Der Druck, der n¨otig ist, um das Zytosol in die Zelle zur¨uck- zupumpen, sollte dem Innendruck entsprechen.

Die Methoden zur Messung der Kraftwirkung (rechte H¨alfte der Abbildung) umfassen eben-

(13)

1.1. KR ¨AFTE IN BIOLOGISCHEN SYSTEMEN

a

b

c

d

e

f

g

Abbildung 1.3: Methoden zur Messung des Turgordrucks und seiner Kraftwir- kung

Links: Messungen zur Bestimmung des Turgordrucks. (a) Plasmolyse.(b) Schmelzpunkt- Osmometrie. (c) Direkte Druckmessung. Rechts: Messungen zur Bestimmung der Kraft- wirkung. (d) Agar Penetration. (e) Membran Penetration. (f ) Dehnungsmessung. (g) Wellenleiter-Mikroskopie. Weitere Erkl¨arungen siehe Text; aus [Bas02]

falls indirekte, (Agar- (a) und Membran-Penetration (b)), und direkte Verfahren, (Dehungs- messung(c)) sowie das Thema der vorliegenden Arbeit, die Wellenleiter-Kraftmikroskopie(d).

Die H¨arte von Wachstumsmedium, das durch Agar-Gel verfestigt wurde, kann mithilfe geeigneter Verfahren gemessen und dazu benutzt werden, das Penetrationsverm¨ogen von Pilzen zu bestimmen. Money hat im Rahmen mehrerer Arbeiten anSaprolegnia ferax gezeigt, daß der Turgordruck die Ursache f¨ur das invasive Verhalten der Spore ist (u.a. [Mon95]). Die Methode ist ebenfalls an Humanpathogenen zum Einsatz gekommen, aufgrund der geringen Agarh¨arte (0.1 MPa bei 8% (w/v) Agar) zur Messung an Planzenpathogenen jedoch wenig geeignet.

Penetrationsversuche an k¨unstlichen Membranen, wie sie bereits vor ¨uber hundert Jah- ren von Miyoshi vorgenommen wurden [Miy95], liefern hingegen eher brauchbare Ergebnisse.

W¨ahrend damals Goldfolien zum Einsatz kamen, die zur Kraft-Kalibrierung mit einer Nadel durchstoßen wurden, werden entsprechende Experimente heute mit Kevlar- und Mylarfolien durchgef¨uhrt, deren mechanische Eigenschaften genau bekannt sind [How91]. Auf diese Mes-

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KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

sungen wird noch in Abschnitt 4.1.4 bezug genommen.

Eine direkte Messung der Kraftwirkung des Appressoriums wird von Johnset al.beschrieben [Joh99]. Ein Siliziumbalken mit aufgedampftem elektro-resistivem Element stellt ein miniatu- risiertes Dehnungsmeßger¨at dar. Die Vorrichtung wird so positioniert, daß Hyphen von A.

bisexualis bei ihrem Wachstumsvorgang den Balken leicht deformieren. Mithilfe des gemesse- nen elektrischen Widerstands kann die Kraft mit einer Genauigkeit von 1µN bestimmt werden.

BeiA. bisexualis konnte auf diese Weise an großen vegetativen Hyphen eine Kraft von 107µN gemessen werden. Die zitierten Arbeiten von Money et al. legen allerdings nahe, daß Hyphen typischer Gr¨oße eine Kraftwirkung im Bereich von 12µN entfalten, so daß anzunehmen ist, daß die reine Wachstumskraft der Hyphen nicht f¨ur das invasive Verhalten alleine verantwortlich ist.

Bei der Infektion durch pflanzen- und humanpathogene Pilze ist daher weiterhin die Frage offen, welchen Anteil die Kraft gegen¨uber der enzymatischen Einwirkung auf die Wirtspflanze besitzt. Um die invasiven Kr¨afte unmittelbar messen zu k¨onnen, kann nur eine Methode einge- setzt werden, die der Hyphe eine zu penetrierende Oberfl¨ache anbietet, an der sie ¨aquivalent dem nat¨urlichen Fall adh¨arieren kann. Unter anderem ergibt sich daraus die Anforderung, daß ortsaufl¨osende Messungen m¨oglich sein m¨ussen, da die Kraftverteilung unterhalb des Appres- soriums ebenfalls untersucht werden m¨ußte.

Potential der Wellenleitermikroskopie

Mit der Wellenleiter-Kraftmikroskopie (WLM), die in der vorliegenden Arbeit beschrieben wird, ist eine Methode entwickelt worden, die eine Reihe dieser Anforderungen erf¨ullen kann.

Im folgenden werden einige Aspekte derWLM in einen Kontext zu den bisher bekannten Methoden gesetzt.

Absolute Kraftmessung Bisherige Versuche, diesen Innendruck im Appressorium mit- hilfe von Mikropipetten zu messen, scheiterten daran, daß die Appressorien bei Verletzung ihrer Wand zerplatzten. Dies verdeutlicht ihren hohen Innendruck. Nur durch eine indirek- te Methode der Erh¨ohung des osmotischen Drucks im extrazellul¨aren Bereich (d.h. außerhalb der Pilzspore) konnte dieser f¨ur Zellen ungew¨ohnlich hohe Druck abgesch¨atzt werden [How91].

Die in dieser Arbeit entwickelte Methode der Wellenleiterkraftmikroskopie ist geeignet, die absolute Kraft der Appressorien auf einer inerten Ober߬ache zu messen.

Zeitlicher Verlauf des Druckaufbaus In den bisherigen Experimenten war es nicht m¨oglich,in situden Druckaufbau in einem Appressorium zu verfolgen. Mit dem in dieser Arbeit entwickelten Verfahren kann der Aufbau des Drucks zeitlich verfolgt werden, in Abh¨angigkeit des umgebenden osmotischen Drucks.

Trennung zwischen biologischer Degradation und Appressoriendruck bei In- fektion Bei der Infizierung von Pflanzenbl¨attern werden zus¨atzlich zur rein mechanischen Kraftwirkung der Penetration Enzyme freigesetzt, die die Zellwand degradieren und somit die Penetration beschleunigen [How91]. Um in Laborexperimenten den Einfluß der Chemie auf

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1.1. KR ¨AFTE IN BIOLOGISCHEN SYSTEMEN

den Penetrationsvorgang vom rein physikalischen hydrostatischen Druck des Appressoriums zu trennen, sind Oberfl¨achen geeignet, die bez¨uglich dieser Enzyme inert sind.

Einfluß der Signale der Substratoberfl¨ache auf die Appressorienbildung Si- gnale, die die Appressorienbildung induzieren, sind Kalium- und Calcium-Ionen, Einfachzucker, Acrolein, pH- sowie Temperaturgradienten; ihre Bedeutung ist jedoch bisher unklar. Die Haupt- signale, die die zu infizierende Oberfl¨ache liefert, sind Hydrophobizit¨at, verursacht beispiels- weise durch Wachse [Lee93], H¨arte, bestimmte biochemische Komponenten der Pflanzenober- fl¨ache und ihre topographischen Eigenschaften [Men96].

Durch Variation der Substratoberfl¨ache und anschließender Kraftmessung kann der Einfluß dieser Parameter unabh¨angig gemessen werden.

Bedeutung des Melanins bei der Infektion Da neben den sogenannten Wildtypen auch Mutanten (durch nat¨urliche Prozesse) und Transformanten (gentechnisch ver¨anderte Typen) der Pilzsporen hergestellt werden k¨onnen, die keine Melaninw¨ande im Appressorium erzeugen, kann die Bedeutung des Melanins f¨ur den Pentrationsvorgang untersucht werden.

Mutanten ohne Melanin sind weder in der Lage, melanisierte Appressorien zu bilden, noch wirken sie pathogen. Erst durch Zugabe von geeigneten Melaninvorstufen wird die melanisierte Appressorienbildung und die pathogene Wirkung wieder hergestellt [Men96]. Dies zeigt sich auch darin, daß nichtmelanisierte Appressorien bei der Punktierung mit einer Mikropipette nicht zerplatzen [How91] und keine Penetrationshyphen ausbilden k¨onnen [Ras89].

In den in dieser Arbeit durchgef¨uhrten Experimenten kann durch Verwendung von nichtme- lanisierten Mutanten der Einfluß des Melanins auf die direkte Kraftwirkung gemessen werden.

Eine weitere wichtige Komponente der Zellwand ist das Chitin, das eines der haupts¨achlich strukturgebenden Polymere ist. Der Einfluß des Chitins auf die Stabilit¨at der Appressorien von C. graminicola wird durch Verwendung von genetisch transformierten Typen in [Wer02]

untersucht. An diesen Transformanten k¨onnen ebenfalls Kraftmessungen durchgef¨uhrt werden.

1.1.2 Zelladh¨asion

Wie eingangs erw¨ahnt, ist das zweite biologische System, an dem Kraftmessungen mit der hier vorgestellten Methode durchgef¨uhrt werden, der Goldfisch-Fibroblast. Hierbei handelt es sich um verh¨altnism¨aßig leicht zu kultivierende Zellen des Bindegewebes, die in der Lage sind, selektiv Verbindungen zu einem Substrat aufzubauen und wieder zu l¨osen. Dieses Verhalten wird als Zell-Matrix-Adh¨asion bezeichnet und ist von fundamentaler Bedeutung bei Wachs- tum und Migration der Zelle. Es ist daher nicht verwunderlich, daß diese Adh¨asion Gegenstand intensiver Forschung ist, da insbesondere in der medizinischen Forschung das Verst¨andnis des Zellwachstums Voraussetzung ist f¨ur Untersuchungen von Wundheilung, Tumorwachstum und neuronaler Regeneration. Die Bedeutung der Zelladh¨asion ist insbesondere in der Implantati- onstechnik offensichtlich.

Die bei der Zelladh¨asion auftretenden Kr¨afte sind seit einiger Zeit Gegenstand der For- schung. Zu ihrer Messung wurden bisher verschiedenste Methoden entwickelt, von denen einige in Tabelle 1.1 zusammengefaßt sind.

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KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

Mechanik der Zellmigration

Die gerichtete Bewegung eines wachsenden bzw. migrierenden Fibroblasten hat nach dem Mo- dell von DiMilla [DiM94] ihre Ursache in einem kontinuierlichen Umbau von Aktinfasern im Innern der Zelle (s. Abb. 1.4). W¨ahrend in Wachstumsrichtung Aktinfilamente auf- und im hin- teren Bereich der Zelle abgebaut werden, vermitteln Adh¨asionsmolek¨ule der Zellmembran, die an diese Filamente angekoppelt sind, die Adh¨asion zur extrazellul¨aren Matrix. Bei den Mo- lek¨ulen handelt es sich um transmembrane Glycoproteine wie Integrin, die zu Liganden der extrazellul¨aren Matrix (Kollagen, Laminin, Fibronektin) Verbindungen ausbilden k¨onnen. Die dabei auftretenden Zugspannungen werden auf das Zytoskelett ¨ubertragen und f¨uhren zu einer Vorw¨artsbewegung der Zelle.

Abbildung 1.4:Wachstums- bewegung der Zelle Nach DiMilla [DiM94] bil- det die Zelle an ihrem vor- deren Ende ein Lamellipodi- um, indem in Wachtumsrich- tung Aktinfilamente auf- und am hinteren Ende der Zel- le abgebaut werden. Integrin- rezeptoren in der Zellmem- bran vermitteln die Adh¨asi- on zur extrazellul¨aren Ma- trix und k¨onnen ¨uber ange- koppelte Aktinfilamente Zug- spannungen auf das Zytoske- lett ¨ubertragen, die in einer Vorw¨artsbewegung der Zelle resultieren.

Bedeutung der Adh¨asionskr¨afte

Den Adh¨asionskr¨aften f¨allt somit eine maßgebliche Rolle bei der Zellbewegung zu. Dies wird bereits dadurch deutlich, daß ein ¨Uberleben der Zellen in Kultur kaum mehr m¨oglich ist, wenn ihnen keine M¨oglichkeit des Adh¨arierens angeboten wird. In der Literatur finden sich eine Reihe von Untersuchungen ¨uber die Reaktion von Zellen auf unterschiedlich adh¨asive Oberfl¨achen;

in der Regel durch chemische oder mechanische Modifikation (z.B. [Bur95]). Es liegt daher nahe, die Adh¨asion als Wachstumsfaktor auch quantitativ zu untersuchen. In der Tat sind dazu bereits viele Arbeiten geleistet worden; der folgende Abschnitt und die Tabelle 1.1 geben hier¨uber einen ¨Uberblick .

(17)

1.2. GRUNDLAGEN DER WELLENLEITEROPTIK

Analog zu den Methoden der Pilzkraftmessungen des vorigen Abschnitts k¨onnen auch hier direkte und indirekte Kraftmessungen unterschieden werden. Zu den indirekten geh¨oren das Absp¨ulen mittels eines Fl¨ussigkeitsstrahles und anschließendem Z¨ahlen der verbliebenen Zellen ([Rub81] u.a.); diese Messungen geh¨oren zu den ersten, bei denen unterschiedliche Beschichtungen verglichen wurden. Das Abl¨osen der Zellen durch Zentrifugieren erm¨oglicht die genauere Bestimmung der dazu n¨otigen Kr¨afte (Thoumine et al. [Tho96]).

Direkte Messungen der Kr¨afte bedienen sich h¨aufig Cantilevern von Kraftmikroskopen.

Yamamoto [Yam98] oder Sagvolden [Sag99] haben auf diese Weise die Abl¨osekr¨afte von Fi- broblasten, bzw. Krebszellen bestimmt. Ganze Arrays von Cantilevern dienten Galbraith und Sheetz [Gal97] zur Vermessung von Fibroblasten. Da hier nicht dieAbl¨osekr¨afte gemessen wer- den, sondern die Kr¨afte, die beim Wachstum der Zellen auftreten. Die Fibroblasten bewegen sich dabei ¨uber das Array hinweg und verschieben die Spitzen lateral.

Eine weitere Gruppe von Kraftmessungen nutzt Meßsubstrate, die - zumindest was deren pr¨aparativen Aufbau betrifft - denen in der vorliegenden Arbeit verwendeten ¨ahnlich sind. Es handelt sich um flexible Silikonoberfl¨achen, auf denen die Zellen pr¨apariert werden. Zugspan- nungen, die auf das Substrat ausge¨ubt werden, f¨uhren zu Faltenwurf der Oberfl¨ache. Harris et al. konnten daraus mit entsprechenden Modellen des Polymerverbunds die Kraftdichten er- rechnen [Har80]. Erweitert wurde diese Methode von Jacobsen, der Latex-K¨ugelchen in das Substrat einbrachte, um die auftretenden Kr¨afte besser visualisieren und quantifizieren zu k¨onnen [Lee94].

Tabelle 1.1 gibt ¨uber die angesprochenen Arbeiten einen ¨Uberblick und stellte typische Meßergebnisse vor. Es wird deutlich, daß – abh¨angig vom jeweiligen System, aber auch von der Methode – die gemessenen Werte um mehrere Gr¨oßenordnungen variieren k¨onnen; um verl¨aßliche Angaben ¨uber Adh¨asionskr¨afte machen zu k¨onnen, muß die gew¨ahlte Methode aber sensitiv bis in den unteren Nanonewtonbereich sein.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist, daß alle Methoden lediglich Scherkr¨afte, die tangential zur Substratoberfl¨ache wirken, untersuchen. Wie aus dem vorigen Abschnitt bekannt ist, treten aber gerade bei adh¨asionsvermitteltem Wachstum Normalkr¨afte auf, die hier vernachl¨assigt werden. Wie im n¨achsten Abschnitt gezeigt wird, kann die Wellenleiterkraftmikroskopie diese L¨ucke schließen und hochaufl¨osende Kraftmessungen erm¨oglichen.

1.2 Grundlagen der Wellenleiteroptik

Physikalische Grundlage der Wellenleiterkraftmikroskopie ist die Lichtleitung in planaren Wel- lenleitern (vgl. Abb. 1.5). Das planare Schichtsystem besitzt eine deformierbare Zwischen- schicht, in der das Licht gef¨uhrt wird. Die Charakteristik der Lichtleitung wird durch die De- formation dieser Schicht beeinflußt. Sind nun die beteiligten Parameter optische Eigenschaften des Schichtsystems und mechanische Eigenschaften des Wellenleiters bekannt, dann kann von der Charakteristik der Lichtleitung wieder r¨uckgeschlossen werden auf die Deformation und damit auf die wirkende Kraft. In den n¨achsten beiden Abschnitten werden daher einerseits die Entstehung resonanter Eigenschwingungen und andererseits die mechanischen Eigenschaften des Wellenleiters, bzw. des in diesem Zusammenhang wichtigsten Teils, der Polymerschicht,

(18)

KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

Zellart Methode Messwert Autoren

Gewebezellen Abl¨osen (0.1–10µN)m2 [Opa87]

Am¨oben Abl¨osen 0.1–1 nNm2 [Opa87]

Lymphocyten Abl¨osen 0.5 nNm2 [Sun92]

Epithelzellen Zentrifugieren 100 nN [Tho96]

Fibroblasten Abl¨osen 300–400 nN [Yam98]

Krebszellen Abl¨osen 19–204 nN [Sag99]

Fibroblasten Cantileverarray 0.79–3.91 nNm2 [Gal97]

Fibroblasten Faltenwurf 200 nN [Har80]

Keratocyten K¨ugelchen 25 nN [Lee94]

Keratocyten Glasnadel 45–60 nN [Oli95]

Fibroblasten Faltenwurf 20–25 nN [Bur97]

Fibroblasten Faltenwurf 300-500 nN [Bur97]

Fibroblasten Nadelarray 10-50 nN [Tan03]

Tabelle 1.1: Zusammenstellung verschiedener Ver¨offentlichungen zu Zelladh¨asionskraft- messungen

beschrieben.

Abbildung 1.5: Planarer Wellenleiter

Eingekoppeltes Licht propa- giert aufgrund von Total- reflexion an zwei planaren Fl¨achen (

”zig-zag mode“).

Diese Lichtleitung in einem Wellenleiter kommt allgemein dadurch zustande, daß ein h¨oher- brechender Kern von einem niedrigerbrechenden Mantel umgeben ist. Das f¨uhrt dazu, daß Licht, das sich innerhalb des Kerns ausbreitet, oberhalb eines bestimmten Winkels (Grenzwin- kel der Totalreflexion) nicht mehr aus dem Kern austreten kann. Bei parallelen Grenzfl¨achen entstehen zus¨atzlich dazu Randbedingungen f¨ur resonante Eigenschwingungen, die Wellenlei- termoden, die sich innerhalb des Wellenleiters ausbreiten. Wie bei allen Resonanzph¨anomenen f¨uhrt dieser kollektive Zustand dazu, daß die Feldst¨arke innerhalb des Resonators stark an- steigt und auf diesen lokalisiert ist. Das bekannteste Beispiel f¨ur den technischen Einsatz dieses Ph¨anomens ist sicher die Glasfasertechnik. Insbesondere, wenn die Glasfaser mit einer Reonanzfrequenz betrieben wird, ist es m¨oglich, Licht nahezu verlustfrei ¨uber hunderte von Kilometern zur Nachrichten¨ubertragung zu leiten.

(19)

1.2. GRUNDLAGEN DER WELLENLEITEROPTIK

1.2.1 Entstehungsbedingungen der Wellenleitermoden

W¨ahrend die Ausbreitung von Licht bei Glasfaserleitung im Bild der geometrischen Optik noch anschaulich ist, muß zum Verst¨andnis der Modenanregung das wellenoptische Bild herange- zogen werden. Da der Wellenleiter in x-, sowie y-Richtung translationsinvariant ist, k¨onnen diese Komponenten der Wellenvektoren kontinuierliche Werte annehmen. F¨ur die Normalen- richtung des Schichtsystems gilt dagegen die Randbedingung 0 z d, die dazu f¨uhrt, daß die z-Komponente des Wellenvektors nur quantisiert vorkommen kann. Eine resonante Eigenschwingung kann dann entstehen, wenn die Dicke d der Schicht, in der Lichtausbreitung m¨oglich ist, ein ganzzahliges Vielfaches m der halben Wellenl¨angeλz/2in z-Richtung ist:

d+λz·Φθ,p,s

2π =m·λz

2 , (1.1)

mit Schreibweise der Komponenten des Wellenvektors

kzd+ Φθ,p,s=m·π (1.2)

Der SummandΦθ,p,s ber¨ucksichtigt bereits einen eventuellen Phasensprung an der Grenz- fl¨ache zu einem optisch dichteren Medium, wie es der in unseren Versuchen verwendete metalli- sche Wellenleiter darstellt. Die z-Komponentekzdes Wellenvektors ergibt sich, wie in Abb. 1.6 schematisch dargestellt, geometrisch aus dem Einfallswinkel θdurch kz =kcosθ.

Abbildung 1.6: Strahlen- geometrie im Wellenleiter Das Schichtsystem besteht aus drei Schichten mit den unterschiedlichen Brechungs- indizes n1 und n2. Die bei- den Grenzfl¨achen im Abstand d f¨uhren zu einer Quantisie- rung des z-Vektors der propa- gierenden Welle

k

z

n

1

n

2

k d θ x

z y

Da der PhasensprungΦθ,p,s abh¨angig ist von WinkelΘsowie der Polarisationsrichtung des einfallenden Lichts [Bor91], ergibt sich f¨ur p-polarisiertes Licht (elektrischer Feldvektor paral- lel zur Einfallsebene) eine andere Resonanzbedingung als f¨ur s-polarisiertes Licht (Feldvektor senkrecht zur Einfallsebene).

Aus Gleichung 1.2 kann bereits der Zusammenhang zwischen Einfallswinkel und Reso- nanzminimum abgelesen werden, der dazu benutzt wird, die Meßwerte in Deformation des Wellenleiters und damit in eine Kraft umzurechnen.

Das Brechungsverhalten des Lichts an einer Grenz߬ache (einfallende Seite i, transmittie- rende Seite t), das durch das Snellius-Gesetz beschrieben wird

(20)

KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

nisinθi =ntsinθt, (1.3)

l¨aßt sich aus den f¨ur die Wellenoptik grundlegenden Maxwell-Gleichungen in Materie

divB = 0 (1.4)

rotE+1 c

B

∂t = 0 (1.5)

divD = 4πρ (1.6)

rotH1 c

D

∂t = 4π

c j (1.7)

herleiten ([Hec89] u.a.), indem als zus¨atzliche Randbedingung die Stetigkeit der Normal- komponenten vonE- undB-Feld gesetzt wird. L¨osung der Maxwell-Gleichungen f¨ur eine ebene Welle an einer Grenzfl¨ache sind die Fresnel-Gleichungen (1.8 ff.), die die Amplitudenverh¨alt- nisse zwischen einfallender (i), reflektierter (r) und transmittierter (t) Welle f¨ur p-() und s-Polarisation () angeben.

r Er

Ei

=

tcosθi− √icosθt

tcosθi+

icosθt

(1.8)

t Et

Ei

= 1−r (1.9)

r Er

Ei

=

icosθi− √tcosθt

icosθi+

tcosθt

(1.10)

t Et

Ei

= 1−r. (1.11)

Die optischen Eigenschaften der beteiligten Schichten werden durch die Dielektrizit¨atskon- stanteniundtbeschrieben, die im allgemeinen komplexwertig sind und mit dem Brechungs- index ¨uber die Maxwell-Relation n ≡ √i zusammenh¨angen. Insbesondere bei Metall spielt der Imagin¨arteil der Dielektrizit¨atskonstanten eine Rolle, da er die Absorption aufgrund der endlichen ohmschen Leitf¨ahigkeit beschreibt. Die Fresnel-Gleichungen k¨onnen dazu benutzt werden, die Intensit¨at des transmittierten und reflektierten Lichts zu berechnen. ¨Ublicherweise wird dazu der Transfermatrix-Formalismus eingesetzt, der sowohl in kommerziell erh¨altlichen Programmpaketen als auch in der von M. Ochmann entwickelten Simulationssoftware einge- setzt wird [Och99]. Hierzu sei auch auf Anhang B verwiesen. Das Programm von M. Ochmann bildet die Grundlage f¨ur die hier durchgef¨uhrten numerischen Berechnungen und Simulationen.

Mit Hilfe dieses Werkzeuges ist es nun m¨oglich, die Anregung von Eigenschwingungen innerhalb des Schichtsystems anhand der reflektierten Intensit¨at zu erfassen. Diese Intensit¨at

(21)

1.2. GRUNDLAGEN DER WELLENLEITEROPTIK

Abbildung 1.7: Reflekti- vit¨at eines Wellenleiters Numerische Simulation eines Schichtsystems Glas/- Al(5nm)/PDMS(2µm)/- Al(5nm) in Abh¨angigkeit des Licht-Einfallswinkels.

Bei zunehmender Dicke der PDMS-Zwischenschicht verdichtet sich die Folge der Resonanzen. Die Reflekti- vit¨at ist hier auf 1 normiert.

Abbildung 1.8: Dicken- abh¨angigkeit

Numerische Simulationen der Resonanzwinkel-Positionen bei Variation der Dicke der lichtleitenden Zwi- schenschicht; ansonsten wurde das Schichtsystem aus Abb. 1.7 angenommen.

Bei zunehmender Dicke werden zus¨atzliche Minima sichtbar, die sich dann zu gr¨oßeren Winkeln verschie- ben. Die durchgezogenen Linien entsprechen dem p-polarisiertem, die gestri- chelten dem s-polarisiertem Licht.

sollte als Funktion des Licht-Einfallswinkels und der Dicke der dielektrischen Zwischenschicht Resonanzabsorption zeigen. In der Tat zeigt die entsprechende Simulation ein interferenztypi- sches Muster (vgl. Abb. 1.7); in der gezeigten Abbildung wurde eine Schichtdicke von 2µm Poly-Dimethylsiloxan angenommen. Charakteristisch ist hier die abnehmende Breite der Re- sonanzen mit zunehmendem Modenindex. Wie zu erwarten, liegen bei dickerer lichtleitender Zwischenschicht die Resonanzen enger beisammen. In Abb. 1.8 schließlich ist die Position der Resonanzminima gegen die Dicke der Zwischenschicht aufgetragen. Da mehrere Resonanzen auftreten, liegen hier viele Kurven ¨ubereinander; es ist zu erkennen, daß mit zunehmender Dicke

(22)

KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

weitere Resonanzen von kleinen Winkeln her erscheinen und zu gr¨oßeren Winkeln sich verschie- ben. Aus den beiden hier gezeigten Abbildungen wird deutlich, daß es f¨ur besonders sensitive Dickenmessungen aufgrund der großen Steigung in diesem Bereich zwar n¨utzlich sein kann, ein Resonanzminimum bei kleinen Einfallswinkeln zur Bestimmung zu nutzen, es andererseits sich hier um relativ breite Resonanzen handelt, die entsprechend schwierig zu lokalisieren sind. Auf diesen Aspekt wird in Kap. 3 eingegangen.

1.2.2 Modenbreite und Lau߬ange

Die innerhalb des WL angeregte Wellenleitermode besitzt aufgrund von ohmscher D¨ampfung und Streuung nur eine begrenzte Lebensdauer und zerf¨allt mit einer charakteristischen Halb- wertsbreite. Die Lebensdauer entspricht einer Laufl¨ange, die wiederum f¨ur mikroskopische An- wendungen von Bedeutung ist, da sie das Aufl¨osungsverm¨ogen der Methode begrenzt. Sie soll daher mithilfe der Frequenz-Zeit-Unsch¨arferelation

τω = 1 (1.12)

τ = 1

ck0 (1.13)

abgesch¨atzt werden, wobei∆τ die Lebensdauer der Moden,ω die Frequenz undcdie Lichtge- schwindigkeit im Dielektrikum bedeuten. In der Zeit ∆τ legt das Licht die mittlere Laufl¨ange Ly zur¨uck, so daß folgt:

Ly = cτ (1.14)

= 1

k0 (1.15)

Aus dem geometrischen Wellenleitermodell des Abschnitts 1.2.1 kann nun f¨ur kleine Winkel der Zusammenhang zwischen Wellenvektor∆k und Resonanzbreite∆Θ zu

k=k0cos(Θ)∆Θ (1.16)

angenommen werden, woraus sich der Zusammenhang zwischen Resonanzbreite und Lau߬ange ergibt:

Ly = 1

k = 1

k0cos(Θ)∆Θ . (1.17)

1.3 Polymere

Der wichtigste Teil der Wellenleiter ist die flexible, lichtleitende Zwischenschicht, die aus einem visko-elastischen Polymer besteht. Von ihren mechanischen Eigenschaften h¨angt ab, in welchem Maße der Wellenleiter auf ¨außere Kr¨afte reagiert.

(23)

1.3. POLYMERE

1.3.1 Was sind Polymere?

Polymere sind kettenf¨ormige Makromolek¨ule, die aus Monomeren ihrer Grundeinheit aufgebaut sind. Als Beispiel ist in Abb. 1.9 a das Monomer des Polydimethylsiloxans (PDMS) dargestellt, das in dieser Arbeit verwendet wurde. Die Bindung jedes Monomers hat bez¨uglich der n¨achsten Bindung einen festen Winkel, den sogenannten Valenzwinkel. Dieser ist jedoch r¨aumlich frei um die Valenzbindung drehbar (siehe Abb. 1.9). Dies erm¨oglicht, daß die Polymerkette eine große Zahl an Konformationen einnehmen kann, die sich energetisch wenig unterscheiden. Dies f¨uhrt zu den besonderen Eigenschaften der Polymere, wie z.B. ihrer hohen Flexibilit¨at und die Gummielastizit¨at.

Abbildung 1.9:

Links: Monomer des Po- lydimethylsiloxans (PDMS).

Rechts: der Valenzwinkel zwi- schen zwei Monomeren ist na- hezu starr; um die Valenz- bindung sind freie Drehungen m¨oglich. Dies verursacht die Flexibilit¨at der Polymerkette.

Wenn einzelne Monomere mehr als zwei funktionelle Gruppen besitzen, k¨onnen Verzwei- gungen zwischen den Ketten gekn¨upft werden, d. h. das Polymer wird vernetzt. Dies geschieht durch Erzeugung von Radikalen, beispielsweise durch UV-Bestrahlung oder durch chemische Reaktionen. In der vorliegenden Arbeit wurden diese beiden Methoden verwendet, um die vis- koelastischen Eigenschaften der Polymerschicht zu beeinflussen. In Abb. 1.10 ist schematisch eine Ansammlung von Kettenmolek¨ulen dargestellt. Links sind die Polymere verschlauft, rechts sind sie durch chemische Bindung vernetzt.

Abbildung 1.10:

Verschlaufung (links) und Vernetzung (rechts) von Ket- tenmolek¨ulen (aus [IFF91]).

(24)

KAPITEL 1. GRUNDLAGEN

1.3.2 Mechanische Eigenschaften von Polymeren

Die Reaktionen von Festk¨orpern und Fl¨ussigkeiten - also auch von Polymeren - auf ¨auße- re mechanische Kr¨afte bzw. Spannungen (Kraft/Fl¨acheneinheit) bewegen sich zwischen zwei Extrema: ideal elastisches und ideal viskoses Verhalten. Reale K¨orper weisen immer beide An- teile auf [Eli72]. Unter ideal elastischem Verhalten versteht man, daß ein unter einer Kraft deformierter K¨orper nach dessen Entfernen

”sofort“ in den Ausgangszustand ohne bleibende Verformung zur¨uckkehrt; das beinhaltet, daß die Zeitdauer der Kraftwirkung keine Rolle spielt.

Außerdem besteht f¨ur kleine Deformationen ein linearer Zusammenhang zwischen mechani- scher Spannung und Deformation, d. h. es gilt ein Hookesches Gesetz.

Viskose Substanzen dagegen verformen sich durch mechanische Spannungen irreversibel.

Ideal viskose K¨orper oder sogenannte Newtonsche Fl¨ussigkeiten wie z. B. Wasser fließen durch ihr eigenes Gewicht. Dabei ist die Verformungsgeschwindigkeit proportional zur auftretenden mechanischen Spannung, nicht aber (wie im elastischen Fall) zur Verformung selbst.

Bei Polymeren treten beide Eigenschaften auf, so daß man von viskoelastischem Verhalten spricht.

Elastizit¨at Bei der Dehnung von vielen Festk¨orpern (z. B. Metallen) tritt eine r¨ucktrei- bende Kraft auf, die energetischer Natur ist. Bei der Verformung werden die interatomaren Abst¨ande des Kristalgitters ge¨andert, wozu große Kr¨afte erforderlich sind. Die zugeh¨origen Elastizit¨atsmodule sind groß und die K¨orper k¨uhlen sich beim Ausdehnen ab. Die reversiblen Deformationen sind auf kleine Ausdehnungsfaktoren begrenzt.

Im Vegleich dazu zeigen Polymere einen anderen Elastizit¨atstyp, die sogenannte Entropie- oder Gummielastizit¨at. Beim Aus¨uben einer mechanischen Spannung auf einen Polymerk¨orper k¨onnen die einzelnen Kettenmonomere sich gegeneinander drehen, ohne ihre Bindungsl¨ange zu ¨andern. Dies f¨uhrt bei einer Dehnung dazu, daß der sonst bevorzugte verkn¨aulte Zustand gestreckt wird. Diese Streckung ist mit einer Entropieabnahme verbunden. Die r¨ucktreibende Kraft ist im Fall von Polymeren also vorwiegend entropischer Natur und hat zur Folge, daß die E-Module um Gr¨oßenordnungen kleiner sind und sich die Polymere beim Dehnen erw¨armen.

Bei Polymeren, die in diesem Zusammenhang auch Elastomere genannt werden, kann man hohe reversible Verformungen beobachten. Dazu m¨ussen die Polymere schwach vernetzt sein und sich oberhalb ihrer Glastemperatur befinden. Sind die Deformationen jedoch zu groß, dann ist das Verhalten nicht mehr ideal elastisch. Nach dem Entfernen einer Last bleiben die K¨orper etwas verformt.

Retardation von Polymeren - Kalter Fluß Bei Polymeren wird der Effekt beobachtet, daß es bei einer konstanten Spannung eine Zunahme an Deformation geben kann. H¨aufig findet man z. B., daß bei der Entfernung einer Belastung nur ein langsamer R¨uckgang der Deformation auftritt, wobei die Probe u. U. wieder in den Ausgangszustand zur¨uckkehrt. Dieses Kriechen oder Nachfließen des Materials wird auch als

”kalter Fluß“ bezeichnet [Eli72] und wird auch an den in dieser Arbeit untersuchten Wellenleitern beobachtet (siehe Kap. 3.8).

Da die Probe mehr oder weniger wieder in ihren Ausgangszustand zur¨uckkehrt, ist nach [Eli72] das im folgenden beschriebene Modell mit einer verz¨ogerten Elastizit¨at (im Gegen- satz zu einem Modell, das durch viskosen Fluß bestimmt ist) geeignet, dieses Verhalten zu

(25)

1.3. POLYMERE

beschreiben. Dabei werden ein elastisches Element (Hookesche Feder) und ein Newtonsches Reibungselement parallel geschaltet. Das Kriechen wird als eine Deformation unter konstanter Spannung aufgefaßt und die einzelnen Beitr¨age von Elastizit¨at und Viskosit¨at addiert:

σ=σe+ση =G·γ+η·(dγ/dt)

wobeiσ,σe undση die Gesamtspannung, die Spannung des Hookschen Elements bzw. des viskosen Elements, G den Elastizit¨atsmodul, η die Viskosit¨at und γ die Auslenkung bezeich- net. Integriert man diese Gleichung bei konstanter Spannung σ0 und setzt τ = η/G als die Retardationszeit, dann ergibt sich folgender exponentieller R¨uckgang der Auslenkung:

γ = (σ0/G)·[1−exp(−t/τ)] (1.18)

Dieser Zusammenhang wird f¨ur die verwendeten Wellenleiter in Kap 3.8 best¨atigt.

(26)

Kapitel 2

Experimenteller Aufbau und Wellenleiter–Pr¨ aparation

Im Rahmen dieser Arbeit wurden einerseits verschiedene Aufbauten zur Durchf¨uhrung der biologischen Versuche sowie zur Vermessung von Wellenleitereigenschaften realisiert, anderer- seits daf¨ur n¨otige neuartige Substrate entwickelt, die sich dazu eignen, Kr¨afte in biologischen Systemen zu vermessen. Im vorliegenden Kapitel werden nach einer Zusammenfassung der Anforderungen an die Methode drei verschiedene Typen von Wellenleitermikroskopen vorge- stellt, die wahlweise den Orts– oder den k–Raum abbilden; ein 2D–Ortsraum–Aufbau, ein 1D–Orts–1D–k–Raum–Aufbau, sowie ein rein den Fourierraum abbildendes Mikroskop.

Weiter werden die zur Pr¨aparation der Wellenleiter n¨otigen Schritte sowie die bei Ablauf des Experiments und Auswertung der Daten verwendete Software vorgestellt. Der letzte Abschnitt beschreibt einen typischen Versuchsablauf an einem biologischen System.

2.1 Anforderungen an die Methode

Versuche an biologischen Systemen mit neuen physikalischen Methoden stehen im Spannungs- feld zwischen den Anforderungen an den Umgang mit

”lebenden Proben“ und den Erfor- dernissen, die die Pr¨aparation von hochsensitiven Meßsubstraten mit sich bringen. Einerseits m¨ussen die Umgebungsbedingungen des Pr¨aparats so gestaltet werden, daß die Meßgr¨oßen (hier Adh¨asions– und Penetrationskr¨afte) nicht beeinflußt werden, andererseits sind typische

”nicht sterile“ Pr¨aparationsmethoden der Physik wenig f¨ur diese Anforderungen geeignet, die Kulturmedien, Brutschranklagerung, etc. erforderlich machen.

Aus biologischer Sicht m¨ussen folgende Parameter bei der Durchf¨uhrung der Versuche kontrolliert werden k¨onnen:

Zusammensetzung des Kulturmediums Lichtst¨arke, Temperatur

Sterilit¨at

(27)

2.1. ANFORDERUNGEN AN DIE METHODE

chemische und topographische Eigenschaften der Substratober߬ache

Insbesondere gilt dies f¨ur die im Experiment teilweise verwendeten Fisch-Zellkulturen, bei denen eine Reihe von Vorarbeiten unter sterilen Bedingungen durchgef¨uhrt werden m¨ussen; ge- ringere Anspr¨uche an die Umgebungsbedingungen stellen hingegen die untersuchten Pilzsporen.

Ziel der Messungen ist es, die Kraftwirkung von einzelnen Unterstrukturen des biologischen Pr¨aparates zu messen. Zur Interpretation der Ergebnisse ist es daher notwendig, gleichzeitig mit den Bildern desWLM auch lichtmikroskopische Aufnahmen am gleichen Ort zu machen.

Dies stellt einige physikalisch-technische Anforderungen an das zu entwickelnde Mikroskop:

Der gesamte Wellenleiteraufbau muß an ein Lichtmikroskop angeschlossen werden k¨onnen und damit stark miniaturisiert sein.

Die Fokusebenen von Licht- und Wellenleitermikroskop m¨ussen aufeinanderliegen und lokal korrelierbar sein, um die gleichen Strukturen abbilden zu k¨onnen.

Aufgrund der f¨ur Zellmikroskopie notwendigen hohen Vergr¨oßerung und des daraus re- sultierenden kleinen Bildausschnitts muß das Meßsubstrat in der x-y-Ebene verschiebbar sein; realisiert wird dies durch die Verwendung eines Kreuztisches f¨ur die Mikroskopie.

Um Resonanzkurven durchfahren und dabei lokale Zuordnung leisten zu k¨onnen, darf sich der aufgenommene Bildausschnitt des Wellenleiterbildes weder bei der Winkelverstellung noch bei l¨angeren Beobachtungsdauern ver¨andern.

Zur Kultivierung der biologischen Systeme muß ein Substrat gew¨ahlt werden, das einer- seits Adh¨asion und Wachstum erm¨oglicht, andererseits als Deckschicht des Wellenleiters geeignet ist. Es zeigt sich, daß damit bereits eine wesentliche Einschr¨ankung auf be- stimmte Metalle verbunden ist.

Die zu entwickelnden Wellenleiter m¨ussen einerseits optisch und mechanisch homogen sein, andererseits sollen die mechanischen Eigenschaften durch den Herstellungsprozeß variiert werden k¨onnen. Da sich die Kraftwirkungen von Pilzsporen und Zellen um mindestens drei Gr¨oßenordnungen unterscheiden, muß die Kraftantwort des WL auf die zu erwartende Kraft angepaßt werden. Dies geschieht durch die gezielte Beeinflussung der verwendeten Materialien (Polymere, Metallschichten) w¨ahrend ihrer Pr¨aparation.

Eine zus¨atzliche Anforderung der biologischen Proben an das Metall-Polymer-Metall–- Schichtsystem ist, daß ihre Deckschicht Adh¨asion und Wachstum erm¨oglicht. Neben der Ver- wendung geeigneter Metalle kann dies auch erreicht werden, indem die Oberfl¨ache mit spezi- fischen adh¨asionsvermittelnden Molek¨ulen beschichtet wird.

Im folgenden werden drei verschiedene Bauformen von WL-Mikroskopen beschrieben, die im Rahmen dieser Arbeit entstanden sind und mit denen vergleichbare Proben charakterisiert werden konnten. Diese drei unterschiedlichen WL-Mikroskope wurden entwickelt, da der zuerst

(28)

KAPITEL 2. EXPERIMENTELLER AUFBAU UND WELLENLEITER–PR ¨APARATION

konstruierte abbildende Versuchsaufbau (Kap. 2.2) zwar zusammen mit dem lichtmikroskopi- schen Bild unmittelbare Informationen ¨uber die untersuchten Strukturen liefern kann, aber in bezug auf die Abbildungsqualit¨at systembedingte M¨angel hat. Aus diesem Grund hat es sich als vorteilhaft erwiesen, zus¨atzlich die in 2.3 und 2.4 vorgestellten Aufbauten zu verwenden, die ¨uber einen anderen Bildentstehungsvorgang verf¨ugen. Jede der Bauformen bietet charakte- ristische Vorz¨uge, die abh¨angig vom durchzuf¨uhrenden Experiment ausgenutzt werden k¨onnen und auf die in Kapitel 3 im Detail eingegangen wird. Vergleichsmessungen an allen Bauformen erm¨oglichen Untersuchungen der Grenzen der WLM.

Die drei verschiedenen WL–Mikroskope unterscheiden sich im optischen Strahlengang und der Bildentstehung, was sich in den im weiteren Verlauf verwendeten Bezeichungen

”Abbilden- des WLM“ – analog zu dem den Ortsraum abbildenden Mikroskop –,

”Linienfokus–WLM“ – das eine Orts- und eine Dimension des k-Raumes abbildet – sowie

”Punktfokus–WLM“ – das zwei Dimensionen des k-Raumes abbildet – ausdr¨uckt.

2.2 Das abbildende Wellenleitermikroskop

Der Aufbau des abbildenden Wellenleitermikroskopes mit variablem Einfallswinkel orientiert sich an einem Aufbau zur Anregung von Oberfl¨achenplasmonen, der sogenanntenKretschmann–

Konfiguration. Dieser wurde erstmals von [Kre71] beschrieben und besteht aus einem Glaspris- ma zur Einkopplung des anregenden Lichtes, auf dessen Hypotenuse die lichtleitende Schicht aufgebracht ist, sowie in unserem Fall aus zwei beweglichen Armen f¨ur Beleuchtungs- und Abbildungsstrahlengang, die sich kreisf¨ormig um eine Achse in Hypotenusenebene des Pris- mas drehen k¨onnen. Durch eine entsprechende Mechanik ist gew¨ahrleistet, daß sich der Arm des Abbildungsstrahlengangs entsprechend dem des Beleuchtungsstrahlengangs bewegt. Ge- nau genommen k¨onnte bei Resonanzwinkeln unterhalb des Grenzwinkels der Totalreflexion im Gegensatz zum Kretschmann–Aufbau auf das Prisma verzichtet werden; aus Gr¨unden der Abbildungsqualit¨at wurde es jedoch ebenfalls verwendet.

In Abbildung 2.1 ist der Aufbau des realisierten WL–Mikroskops dargestellt. Eine Laserdi- ode 1 der Wellenl¨ange 670nm (LD) erzeugt ¨uber ein Linsensystem (BE) einen aufgeweiteten, parallelen Laserstrahl, der auf einen Spiegel trifft. Dieser Spiegel kann durch einen Schrittmo- tor um eine in seiner Ebene liegende Achse rotiert werden, so daß der Strahl um einen exakt bekannten Winkel abgelenkt wird. Eine nachfolgende Teleskopoptik (L1 und L2,f1= 50mm, f2 = 40mm) in Verbindung mit einem Polarisator (P) hat zur Folge, daß der aufgeweitete Laserstrahl in p-Polarisation eine feste Stelle auf dem Wellenleiter unter verschiedenen Winkeln beleuchtet.

Im Unterschied zur urspr¨unglichen Kretschmann-Konfiguration wird der Wellenleiter nicht direkt auf das Prisma pr¨apariert, sondern auf ein Mikroskopiedeckglas, das mit Immersions¨ol optisch an das Prisma angekoppelt wird. Das hat den Vorteil, daß die biologische Probe auf dem Deckglas separat pr¨apariert werden kann und erst vor Beginn der Messungen in das Mi- kroskop eingebracht wird. Beim Immersions¨ol muß darauf geachtet werden, daß es den gleichen Brechungsindex besitzt wie das f¨ur Prisma und Deckglas verwendete Glas, da sich innerhalb

110 mW, Fa. Laser 2000

(29)

2.2. DAS ABBILDENDE WELLENLEITERMIKROSKOP

Abbildung 2.1: Aufbau des abbildenden Wellenleitermikroskops

Das monochromatische Licht einer Laserdiode (LD) wird durch eine Optik (BE) aufge- weitet und parallelisiert und von einem rotierbarem Spiegel durch Teleskop (L1, L2) und Polarisator (P) auf die Hypotenusenseite des Prismas geleitet, auf der die zu untersuchen- de Probe liegt. Das reflektierte Licht wird mit einer Mikroskopoptik (L3 und L4) auf die CCD–Kamera abgebildet. Oberhalb der Probe ist schematisch das Licht–Mikroskop zu sehen (L5).

des Spaltes sonst ebenfalls Resonanzen in Form von st¨orenden Newtonschen Ringen ausbilden.

Da die Metallschicht zwischen Glas und Polymer sehr d¨unn (5-8 nm) und damit deutlich kleiner als die Abklingl¨ange des Feldes gew¨ahlt wird, kann dieses bei erf¨ullter Resonanzbedin- gung (s. Kap. 1.2) Wellenleitermoden anregen. Eine Resonanz manifestiert sich darin, daß das Licht an dieser Stelle nicht total reflektiert wird. Im Bild auf der CCD–Kamera, das durch den Abbildungsstrahlengang der Linsen L3 und L42 erzeugt wird, ist es dunkel. Durch den Hell–

Dunkelkontrast an verschiedenen Stellen erh¨alt man die Tiefe der Resonanz. Bei Variation des Einfallswinkels ver¨andern sich die Helligkeitsverh¨altnisse entsprechend der Resonanzbedingun- gen.

Mithilfe des computergesteuerten Schrittmotors wird unter mehreren hundert Winkeln je ein Bild aufgenommen, so daß sich aus jedem Bildpunkt komplette Resonanzkurven ermitteln lassen. Diese Resonanzkurven k¨onnen nun mithilfe einer Software (s. Anhang A) mit einem Fitverfahren ausgewertet und dadurch in ihrer Position bestimmt werden.

Zus¨atzlich zur WL-Oberfl¨ache wird das lichtmikroskopische Bild der untersuchten Stelle

¨

uber digitale Bildverarbeitungssysteme3 auf einem Computer digitalisiert, der auch die Steue-

2L3: M Plan Apo 50, Fa. Mitutoyo;L4: Mikroskopokular 10-fach, Fa. Zeiss

3DVS–3000, Fa. Hamamatsu

(30)

KAPITEL 2. EXPERIMENTELLER AUFBAU UND WELLENLEITER–PR ¨APARATION

rung des Spiegel-Schrittmotors ¨ubernimmt.

Abbildung 2.2 zeigt den zentralen Teil des Laboraufbaus. Insbesondere ist zu erkennen, wie das Experiment in den Kreuztisch des Lichtmikroskopes integriert ist. Am oberen Bildrand sieht man das Objektiv des Lichtmikroskopes, das auf die Hypotenuse des Prismas zeigt. Im Beleuchtungsstrahlengang (linke Seite) ist die Laserdiode, die Specklesscheibe zur Beseitigung der r¨aumlichen Koh¨arenz und die Ablenkeinheit zu sehen. Der Wellenleiter liegt waagerecht unter dem oberen Objektiv des Lichtmikroskops; unsichtbar darunter befindet sich das Prisma zur Einkopplung des Lichts. Das rechte, schr¨ag liegende Objektiv geh¨ort zur Abbildungsoptik des Wellenleitermikroskops; die zugeh¨orige CCD–Kamera ist nicht mehr im Bild.

Abbildung 2.2: Der Laboraufbau des Abbildenden WLM: Die linke Seite des Scheren- aufbaus enth¨alt die Laserdiode, die Ablenkeinheit und das Linsensystem; die rechte Seite den Abbildungsstrahlengang. Das senkrechte Objektiv am oberen Bildrand geh¨ort zu dem Lichtmikroskop, an dessen Kreuztisch der Aufbau befestigt ist.

Mit dem beschriebenen Aufbau ist es nun m¨oglich, ortsaufgel¨ost das Resonanzverhalten und damit die Topographie des Wellenleiters zu untersuchen, wie dies in [Her97] prinzipiell vorgestellt wurde. Der Vorteil dieser Methode ist, daß w¨ahrend der Experimente unmittelbar beurteilt werden kann, ob eine Stelle im Wellenleiterbild h¨alt, was sie im Lichtmikroskop

”ver- spricht“; das heißt, daß das zu untersuchende Objekt unmittelbar lokalisiert, identifiziert und mit dem lichtmikroskopischen Bild verglichen werden kann.

(31)

2.3. DAS LINIENFOKUS–WLM

2.3 Das Linienfokus–WLM

Bei Messungen mit dem AbbildendenWLMauf mikroskopischer L¨angenskala ergeben sich zwei wesentliche Einschr¨ankungen. Da die Gegenstandsebene des Abbildungsstrahlenganges nicht in der Ebene der Oberfl¨ache des Wellenleiters liegt, werden die Bilder in Laufrichtung der Mo- den gestaucht. Daher wird nur die Schnittgerade von Gegenstandsebene und WL–Oberfl¨ache scharf abgebildet, nicht aber die WL–Oberfl¨ache selbst, wie bei einem Mikroskop erforderlich.

Weiterhin haben Wellenleitermoden aufgrund der D¨ampfung eine charakteristische Laufl¨ange (s. Kap. 1.2.2). Sie werden durch den elektrischen Widerstand des Metalls ged¨ampft und streu- en an Unebenheiten, Oberfl¨achenrauhigkeiten und Verunreinigungen, weshalb sie nach einigen µm wieder austreten und sich mit dem von der Austrittsstelle reflektierten Licht ¨uberlagern.

Dies f¨uhrt zu einem

”Ausschmieren“ des Bildes in Laufrichtung der Moden, wie aus Gleichung 1.17 quantitativ bekannt ist.

Um diese Einschr¨ankungen zu ¨uberwinden, wurde die WL–Mikroskopie dahingehend er- weitert, daß in Laufrichtung der WL–Moden die Winkelinformation und senkrecht dazu die Ortsinformation erhalten wird. Dies geschieht mithilfe eines durch Zylinderlinsen erzeugten Strichfokus, der in der Ebene des Wellenleiters liegt.

2.3.1 Resonanzanregung im Strichfokus

Abbildung 2.3:

Funktionsprinzip des Wellenleitermi- kroskops mit fokussiertem Beleuch- tungsstrahlengang. Der fokussierte Lichtkegel deckt einen Winkelbereich der Gr¨oße Θ ab. Im reflektierten Licht fehlen die Teilstrahlen, f¨ur die die Resonanzbedingung gilt (Θ1 und Θ2). Das Kamerabild (CCD) liefert damit einen Bereich des Resonanz- spektrums des Wellenleiters am Ort des Fokus.

Um dieses Prinzip zu nutzen, wurde ein Aufbau konstruiert, bei dem die Wellenleitermoden durch einen fokussierten Laserstrahl angeregt werden. Abbildung 2.3 gibt eine schematische, zweidimensionale Abbildung dieser Idee wieder. Dabei trifft das Licht unter einem Winkelbe- reich Θ, der durch den ¨Offnungswinkel der Linsefz gegeben ist, auf den Wellenleiter. Licht- strahlen, welche die Resonanzbedingung zur Anregung von Wellenleitermoden erf¨ullen, fehlen im reflektierten Licht (Θ1 und Θ2). Das Kamerabild liefert demnach einen Bereich des Re- sonanzspektrums am Ort des Fokus. In der Praxis erzeugt man einen strichf¨ormigen Fokus auf dem Wellenleiter, so daß das Kamerabild f¨ur jeden Ort entlang des Fokus das Resonanz- spektrum zeigt. Orts- und Winkelinformation stehen damit senkrecht aufeinander, wie dies

(32)

KAPITEL 2. EXPERIMENTELLER AUFBAU UND WELLENLEITER–PR ¨APARATION

in Abb. 2.4, die das Kamerabild des entsprechenden Versuchsaufbaus zeigt, zu erkennen ist [Gra00].

Der Vorteil dieses Anregungsprinzips liegt darin, daß die optische Achse des einfallenden Lichtes senkrecht zur Oberfl¨ache des Meßsubstrates liegen kann. Diese Methode findet sich auch bei W. Hickel und W. Knoll, [Hic91], von denen sie 1991 zur Oberfl¨achenplasmonenmi- kroskopie eingesetzt wurde. R. Lawall und W. Knoll [Law95] ¨ubertrugen das Prinzip 1995 auf die Wellenleitermikroskopie, setzten sie jedoch nicht zur Messung von Kr¨aften ein. In Abb.

2.5 ist der von G. Graf realisierte Aufbau zu sehen. Charakteristisch f¨ur den Aufbau ist die Zylinderlinse, die unmittelbar vor der Probe einen Linienfokus erzeugt, der vom Objektiv auf den Wellenleiter abgebildet wird.

Zum Aufbau Der Beleuchtungsstrahlengang besteht aus einer fasergekoppelten sogenann- ten Pigtail-Laserdiode LD4, der Strahlaufweitoptik SA, dem Polarisationsfilter P und der Fo- kussieroptik (Zylinderlinse5 Z1 und Mikroskopobjektiv6 O). Der Polarisator P stellt die p–

Polarisation des anregenden Lichts sicher, d. h. er steht senkrecht zur Achse der Objektiv–

Zylinderlinse. Die Strahlaufweitung SA setzt sich zusammen aus zwei Plankonvexlinsen7 f1 und f2, in deren Fokusebene eine Lochblende8LB zur Filterung der Ortsfrequenzen angebracht ist. Das vom Wellenleiter reflektierte Laserlicht wird vom Strahlteiler ST in den Abbildungs- strahlengang ausgekoppelt und durchl¨auft zwei zueinander senkrechtstehende Zylinderlinsen9 Z1 und Z2 (Abstand doppelte Brennweite), um die Orts- und Winkelinformationen aus dem parallelen Strahl zu erhalten. Diese werden auf die CCD–Kamera10abgebildet. Auf diese Weise konnte in den durchgef¨uhrten Experimenten ein Strichfokus der L¨ange 50–120µm einen Win- kelbereich von typischerweise 20-30 auf die Kamera projizieren.

Um ortsaufgel¨ost Bilder aufnehmen zu k¨onnen, muß das Meßsubstrat senkrecht zum Li- nienfokus bewegt werden. Durch entsprechende Scanning-Verfahren kann zeilenweise ein Bild zusammengesetzt werden. Dieser Aufbau wird, wie in Kap. 3.3.1 beschrieben, dazu verwendet, die Laufl¨angeneinfl¨usse der Methode zu untersuchen, bzw. Vergleichsmessungen zu dem im ersten Abschnitt vorgestellten Aufbau durchzuf¨uhren.

4iFlex 1000 der Fa. Point Source

5f= 40 mm

6Zeiss Plan-Neofluar X63 NA= 1,4, ¨Olimmersion

7f= 25 mm undf= 80 mm

8Durchmesser 20µm

9f= 80 mm

10Modell CS 8310 BC der Fa. IDS Imaging

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2.3. DAS LINIENFOKUS–WLM

Resonanzen

n sin x

Abbildung 2.4: Resonanzbild des Linienfokus–WLM

Die Vertikale entspricht dem Ort entlang des Strichfokus, die Horizontale dem Ausfalls- winkel des reflektierten Lichtes entsprechend der Gr¨oße nsinθ, (n: Brechungsindex des Mediums zwischen Objektiv und Wellenleiter). Die Lage der Wellenleiterresonanzen des in diesem Fall homogen dicken Filmes ist mit Pfeilen markiert.

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