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Archiv "Hirnforschung: Sehen, wo man fühlt" (25.01.2008)

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A172 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 425. Januar 2008

T E C H N I K

G

efühle haben gegenüber Ver- stand und Vernunft in der philosophischen Tradition vergan- gener Epochen keine wesentliche Rolle gespielt. Erst in jüngster Zeit hat sich durch Experimente und Er- kenntnisse der Neurowissenschaf- ten allmählich die Einsicht durchge- setzt, dass Emotionen wesentlich für Denk- und Entscheidungspro- zesse sind und Wissen und logisches Denken allein nicht ausreichen, um gut zu entscheiden. Vor allem die Fortschritte in den bildgebenden Verfahren, allen voran der funktio- nellen Magnetresonanztomografie (fMRT), haben es dabei möglich ge- macht zu beobachten, welche Re- gionen des Gehirns bei welchen mo- torischen Verrichtungen oder men-

talen und emotionalen Prozessen und Zuständen aktiviert sind.

Im Rahmen des interdiszipli- nären Forschungsprojekts „animal emotionale“ (www.animal-emotio nale.de) soll die Rolle von Emotio- nen als Bindeglied zwischen Erken- nen und Handeln aus philosophi- scher und neurowissenschaftlicher Sicht untersucht werden. Leitidee ist dabei die Annahme, dass Emoti- on und Kognition sich notwendig wechselseitig erfordern und ein durchgängig affektiver Weltbezug für höhere kognitive Leistungen un- abdingbar ist. Der philosophische Ansatz hierzu wird am Institut für Kognitionswissenschaften an der Universität Osnabrück im Projekt

„Emotion und Weltbezug“ themati- siert, wohingegen an der Abteilung für medizinische Psychologie der Universitätsklinik Bonn unter Lei- tung von Prof. Dr. med. Dr. phil.

Henrik Walter diese Leitidee empi- risch untersucht wird. Dort will man in dem Teilprojekt „Emotionale Selbstregulation und kognitive Kontrolle“ unter anderem die Frage

beantworten, wie einmal hervorge- rufene emotionale Zustände durch kognitive Prozesse beeinflusst wer- den können. So wird mittels fMRT- Einsatz untersucht, welche Faktoren emotionale Selbstregulation ermög- lichen, wann diese hilfreich ist und inwiefern die Art und Weise der Re- gulation das Emotionserleben be- stimmt. Für ihre fMRT-Studien nutzt das Team aus Neurologen und Psychologen zwei MR-Tomografen im benachbarten MRT-Zentrum der Life & Brain GmbH, einer Ausgrün- dung unter anderem des Bonner Uni- versitätsklinikums. Die leistungs- starken Geräte (1,5 Tesla und drei Tesla) stehen dort ausschließlich für Forschungszwecke zur Verfügung.

20 bis 40 Teilnehmer würden in der Regel für eine Scan-Studie rekru- tiert, bei genetischen Untersuchun- gen auch bis zu 80 Probanden, erläu- tert Diplom-Psychologin Dina Maria Schardt. Im Rahmen des Projekts er- forscht sie die neuronalen Grundla- gen sowie die durch das Verhalten bestimmten (behavioralen) und die psychophysiologischen Korrelate HIRNFORSCHUNG

Sehen, wo man fühlt

Die funktionelle Magnetresonanztomografie ermöglicht zunehmend mehr Einblicke in die Arbeit des Gehirns.

Anhand dieses bildgebenden Verfahrens wollen Wissenschaftler jetzt auch Aufschluss über die Regulation von Emotionen gewinnen.

* Im dritten Teilprojekt geht es um „Emotionen und soziale Interaktion in einer Neurobiologie der Moral“, das heißt um die Frage, inwiefern emotio- nale und soziale Fakto- ren zu moralischen Ent- scheidungen beitragen.

MAGNETRESONANZTOMOGRAFIE

Bei der Magnetresonanz- oder auch Kernspintomografie werden in der Regel die Wasserstoffatome im Körper einem extrem hohen Magnetfeld ausgesetzt. Dadurch richten sich die Atomkerne im Körper aus. Durch kurze Radiowellenimpulse werden sie aus dem Gleichgewicht und zum Rotieren gebracht. Dabei wirken die rotierenden Kerne wie kleine Sendeantennen und induzieren in körpernahen Spulen einen elektromagnetischen Strom, der gemessen werden kann. Nach diesem Prinzip bringt der Tomograf auch Atomkerne im Gehirn schichtweise zum Senden. Aus den Schichtbildern mit den unterschiedlichen Signalen errechnet der Computer ein dreidimensionales Bild.

Die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) erweitert die klassische Magnetresonanztomografie um einen funktionellen Anteil. Durch fMRT-Aufnahmen ist es möglich, Stoffwechselvorgänge, die aufgrund von Aktivität entstehen, sichtbar zu ma- chen und den Ort der Aktivität zu berechnen. Das Verfahren beruht darauf, dass aktivierte Kortexareale mehr Sauerstoff und Blut verbrauchen und sich dies auf den berechneten Bildern erkennen lässt.

Kritisch angemerkt werden muss zur fMRT, dass die Hirnaktivität dabei nur indirekt (über den Stoffwechsel der neuronalen Aktivität) gemessen wird, dass die Messmethodik im fMRT zeitlich unpräzise ist und dass viele Hirnareale noch nicht ausrei- chend erforscht sind beziehungsweise komplexe Funktionen haben.

Darstellung der verschiedenen Betrachtungs- ebenen einer fMRT-Aufnahme.

Die farbigen Bereiche markieren einen erhöhten Stoffwechsel und somit eine Hirnaktivität.

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der Regulation vor allem negativer Emotionen einschließlich deren In- teraktion mit genetischer Disposition und Geschlecht. Je nach Untersu- chung fallen fünf bis sechs Stunden Arbeitsaufwand je Probanden an, da- von circa 2,5 Stunden für die Durch- führung der Hirn-Scans einschließ- lich Vorbereitung und Nachbefra- gung. So erhält jeder Teilnehmer ein Informationsblatt zur Studie sowie einen fMRT-Fragebogen und muss eine Einverständniserklärung unter- schreiben. Nimmt der Proband zu- sätzlich an einer genetischen Unter- suchung teil, ist hierfür eine geson- derte Einwilligungserklärung erfor- derlich. Maximal acht Probanden lassen sich so pro Tag durch die Scanner schleusen.

Eine Versuchsanordnung sieht bei- spielsweise so aus, dass der Proband in der Röhre auf einem Bildschirm

Bilder mit ekelerregenden, Furcht einflößenden oder neutralen Motiven betrachten muss, insgesamt 96 Bilder in vier Blöcken à neun Minuten Dau- er. Jede Aufnahme wird ihm rund acht Sekunden lang gezeigt. Vor je- dem Bild wird in zufälliger Anord- nung die Anweisung eingeblendet:

„Gefühle unterdrücken“ oder „Ge- fühle zulassen“. Anhand des lokalen Sauerstoffverbrauchs der neuronalen Zellen lässt sich errechnen, welche Regionen des Gehirns besonders ak- tiviert sind (Kasten). Als zusätzliche Variable wird die elektrodermale Ak- tivität gemessen, die emotionalbe- dingtes Stressempfinden des Proban- den widerspiegelt.

Vor allem die Amygdala als zen- trale subkortikale emotionsrelevante Struktur und der präfrontale Kortex als Region mit exekutiver Kontroll- funktion und direkten neuronalen

Verbindungen zu subkortikalen Strukturen stehen dabei im Mittel- punkt der Untersuchung. In den bei- den Mandelkernen als Teil des lim- bischen Systems werden die Sinnes- eindrücke mit Gefühlen wie Angst, Wut oder Freude verbunden. Da nachgewiesen wurde, dass der prä- frontale Kortex die Funktion der Amygdala nicht nur bei ausdrück- lich instruierter, sondern auch bei in- tuitiver, nicht instruierter Emotions- regulation beeinflusst, soll vor allem die funktionelle Verbindung dieser beiden Hirnareale während der Aus- übung von emotionsregulatorischen Prozessen genauer untersucht wer- den. Das Forschungsprojekt wird von der VW-Stiftung im Rahmen des Pro- gramms „Schlüsselthemen der Geis- teswissenschaften“ seit Ende 2005 für zunächst drei Jahre gefördert. n Heike E. Krüger-Brand

Stammzellen können zur Bekämpfung schwerer Krankheiten wie Leukämie eingesetzt werden.

17 Register auf drei Kontinenten sind durch das Computernetzwerk EMDIS (European Marrow Donor Information System) verbunden, um vor allem für Leukämiepatien- ten weltweit einen Spender für die Blutstammzelltransplantation zu finden. Das Netzwerk ermöglicht den angeschlossenen Registern ei- nen schnellen Zugriff auf die Daten von mehr als 80 Prozent der welt- weit registrierten 11,4 Millionen Blutstammzellspender. Der nationa- le und gegebenenfalls internationale Suchprozess nach einem geeigneten Spender von Blutstammzellen ist komplex und erfordert eine enge Zusammenarbeit der beteiligten In- stitutionen.

Um die Suche noch effizienter zu gestalten, wurde EMDIS 1992 vom Zentralen Knochenmarkspender- Register Deutschland (ZKRD;

www.zkrd.de/emdis.html) in Zu- sammenarbeit mit dem Anthony Nolan Trust (London) und dem France Greffe de Moëlle (Paris) ge- startet. Seither hat das ZKRD in die- sem System die führende Rolle in

der technischen Konzeption, Wei- terentwicklung und Verbreitung übernommen. Das ursprünglich für Europa entwickelte Informations- system umfasst neben den euro- päischen Kooperationspartnern in Belgien, Frankreich, Großbritanni- en, Italien, Norwegen, Österreich, Schweden, der Schweiz, Spanien und Tschechien auch drei US-amerikani- sche Register und Australien. In Kür- ze sollen Kanada und Taiwan folgen.

Die Bedeutung des Informations- systems wird anhand der im Jahr 2006 in Deutschland vorgenomme- nen Entnahmen von Blutstammzel- len deutlich: Von den 3 039 Entnah- men wurden 1 877 für internationa- le Patienten durchgeführt. Ähnli- ches gilt für die mehr als 100 000 Leistungen, die über das ZKRD für Patienten weltweit erbracht wurden.

Damit nimmt Deutschland die Posi- tion des Exportweltmeisters ein. Für mehr als die Hälfte dieser interna- tionalen Patienten wurde der Spen- der über EMDIS gefunden.

EMDIS ist ein asynchrones Kom- munikationssystem zwischen Da-

tenbanken. Die Daten werden durch verschlüsselte E-Mails übertragen, wobei eine spezielle Kommunikati- onsschicht mit Sequenznummern ei- ne sichere Datenübermittlung garan- tiert. Für die nationalen Register ist die Teilnahme an dem plattformun- abhängigen Netzwerk frei. Auch die benötigten Software-Tools erhalten die Mitgliedsländer kostenfrei. Die Register müssen lediglich die Schnittstellen zur nationalen Soft- ware implementieren. EB

EMDIS – BLUTSTAMMZELLSPENDEN-INFORMATIONSSYSTEM

Werkzeug für die Suche nach Spendern

Foto:ddp

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